Dienstag, 22. Oktober 2013

Neues von TVE - Teil V


Das finde ich schon recht amüsant, wie die professionellen Politbeobachter über eine große Koalition urteilen und sich ausmalen was alles erreicht werden könnte.
Ich staune.
Merkel ist 1990 das erste Mal Ministerin geworden. Seit 23 Jahren ist sie also entweder Mitglied der Regierung und/oder Parteichefin, bzw Oppositionsführerin.
Nach fast einem Vierteljahrhundert Dauermerkel glauben Journalisten immer noch sie würde reformieren wollen?
Da kann man genauso erfolgsversprechend während der Polarnacht in einem Iglu hocken und darauf hoffen einen schönen braunen Teint zu bekommen.
Tatsächlich las ich sogar angesichts der TVE-Affäre mehrmals, daß die große Koalition die Kraft finden könnte, die Staatskirchenleistungen endlich mal abzuschaffen.
Sehr witzig! Das hat die letzten 94 Jahre nicht funktioniert und nun soll ausgerechnet Angela Phlegma die alten Zöpfe abschneiden?
Und das als Führerin einer Koalition, in der alle drei beteiligten Parteien jenes Ansinnen noch vor wenigen Wochen abgeschmettert hatten?

Im klaren Widerspruch zur Verfassung kassieren die Kirchen ab.

Trauriges Jubiläum: „94 Jahre Verfassungsbruch“

[…]    Am 14. August 1919 trat die Weimarer Reichsverfassung (WRV) in Kraft. Damit jährt sich der dort in Artikel 138 verankerte und heute in Artikel 140 des Grundgesetzes übernommene Auftrag, die historischen Staatsleistungen an die evangelische und katholische Kirche abzulösen, zum 94. Mal. Die Humanistische Union hat anlässlich dieses Jahrestages aktuelle Daten zu den Staatsleistungen präsentiert: Demnach werden sich die zweckfreien staatlichen Zuwendungen an beide Kirchen in diesem Jahr auf die Gesamtsumme von 481,4 Millionen Euro belaufen. Das entspricht nach HU-Berechnungen einer Steigerung von 6,6 Mio. Euro im Vergleich zum Vorjahr.   Obwohl die evangelische Kirche weniger Mitglieder hat (23,9 Millionen) als ihr katholisches Pendant (25,7 Millionen), erhält sie mehr Gelder. Insgesamt fließen in diesem Jahr fast 280 Millionen Euro von den Staatskonten in ihre Kassen. Die katholische Kirche erhält vom Staat 202 Millionen Euro. Den höchsten Betrag zahlt Baden Württemberg an die beiden Kirchen aus (108 Millionen Euro), der geringste Betrag fließt im Saarland (637.000 Euro).  […]  Die seit Jahren abnehmenden Mitgliederzahlen in beiden Kirchen veranlassen den Staat offenbar nicht, über das erfüllen des Verfassungsauftrags nachzudenken. Anstatt die Leistungen einzustellen, entrichten alle Bundesländer – mit Ausnahme von Hamburg und Bremen, die keine Staatsleistungen kennen – jedes Jahr steigende Rekordsummen an die zwei Kirchen, „die ohnehin zu den reichsten Religionsgemeinschaften der Welt gehören.“ Anträge zur Umsetzung des Verfassungsauftrages im Bundestag wurden zuletzt mehrheitlich abgelehnt. […]

Unsere Volksvertreter inszenierten dies  als wahren Tiefpunkt des Parlamentarismus‘.
Nein, arm sind sie wirklich nicht die Kirchen.

Pro Tag werden werden in Deutschland 25 Millionen Euro in „Kirchensteuer“ bezahlt. In Wahrheit ist das natürlich keine Steuer, sondern Mitgliedsbeiträge, die der  Staat als Inkassounternehmen für Katholen und Evangelen eintreibt.
Eine feine Sache. 
Die christlichen Kirchen kassieren also allein in Deutschland über eine MILLION EURO PRO STUNDE!
Damit werden aber nicht etwa die „sozialen Leistungen“ finanziert. [….] Von den allein in Deutschland über eine MILLION EURO PRO STUNDE an die Kirchen gezahlten Mittel werden aber auch nicht Bischofsgehälter oder Theologenausbildung bezahlt.
Auch das stopft der Steuerzahler – von denen eine relative Mehrheit nicht Mitglied einer Kirche ist – RKK und EKD noch zusätzlich in den Allerwertesten. 
[….] Offensichtlich werden wir aber von Volksvertretern bestimmt, die in ihrer überwältigenden Mehrheit die Mehrheit der Konfessionslosen ignorieren und die darüber hinaus auch noch die Verfassung ignorieren.

Gerade 40 Sekunden benötigte der Bundestag, um den lästigen Tagesordnungspunkt abzuhandeln. Im Schnellverfahren votierten am frühen Freitagmorgen die wenigen noch im Plenum anwesenden Abgeordneten um 0.26 Uhr ohne Aussprache, aber mit großer Mehrheit dafür, weiterhin das Grundgesetz zu ignorieren. Wenn es um das gute Verhältnis zu den beiden Großkirchen geht, kommt es für die Fraktionen von CDU, CSU, FDP, SPD und Grünen nicht so drauf an. Gemeinsam stimmte die ganz große Koalition gegen einen Gesetzentwurf der Linkspartei, der den Einstieg in den Ausstieg aus den historisch begründeten Staatsleistungen an die Kirchen bedeutet hätte.
Unglaublich, aber wahr: Damit bleibt ein seit 94 Jahren bestehender Verfassungsauftrag nach wie vor unerfüllt. Dabei ist der Auftrag eindeutig: "Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst“. […]


Man stelle sich vor irgendeine andere Organisation, die seit Jahrzehnten systematisch Kinderficker in ihren Reihen vor der Staatsanwaltschaft schützt, würde in ähnlich unverfrorener Weise die Hand beim Steuerzahler aufhalten!

Die kirchliche Abzocke auf Kosten der Allgemeinheit kennt aber keine Grenzen. (…)

Klar, die Gelegenheit ist günstig, weil die Öffentlichkeit jetzt erstmals Interesse daran entwickelt, was engagierte Atheisten schon lange wissen: Die Kirchen sind steinreich, kassieren auch bei Ungläubigen ab und brüsten sich mit sozialen Leistungen, für die in Wahrheit der Staat bezahlt.

Die dunkelkatholischen Kräfte sind möglicherweise nicht ganz so schnell mit Facebook und Twitter, aber andererseits sind sie auch nicht machtlos.
Während Papst Franz in Rom TVE eben nicht entlassen hat, sondern ihn sogar nach eigenem Empfinden „ermutigt“ aus seiner Audienz entließ, rotten sich auch in den sozialen Netzwerken die Tradis zusammen, die erbittert gegen jede Transparenz in den Kirchen streiten.
Heute ganz neu auf dem Markt ist beispielsweise eine kleine Facebook-Gruppe des Namens „Gegen die Jagd auf Bischof Tebartz-van Elst.“
Seine Fans posten dort eifrig „Entlastungsmaterial“ und empören sich über die angeblich so linken Medien.
Eifrig schiebt man dabei die Schuld an finanziellen Missständen anderen in die Schuhe.

Jetzt wird es auch eng für Jochen Riebel (Staatsminister a.D.), der wie kein anderer auf den Bischof öffentlich unter der Gürtellinie eingeschlagen hat.
J.M.: Vielleicht sollte er einfach das vormachen, was er für den Bischof gefordert hat: Zurücktreten. In seiner Funktion als Vermögensverwaltungsrat scheint er mir jedenfalls untragbar.
A.R.: Der Verwaltungsrat mit seinen abgehallfterten Politikern sollte sich Asche aufs Hauot streuen und schweigen ! Heuchler . Lügner und Denunzianten geben sich ein Stelldichein !

Wem nutzt die Menschenjagd? Fakt ist: Die Medien haben jedes Maß verloren und sollten sich schämen!

Fakt: Es gibt keine Badewanne für 15.000 Euro. Das ist schlicht eine bösartige Falschmeldung, um den Bischof als Verwender hinzustellen!

Und weiter geht die Jagd. Er wird "Protz-Bischof" genannt, obwohl nichts bewiesen ist. Selbst sein Upgrade in die Erste Klasse der Lufthansa, der erste angebliche Aufreger, hat er privat (!) bezahlt.

Was sich hier noch als Privatansicht einiger hundert Menschen daher kommt, wird aber längst auch in millionenfacher Auflage von BILD, Cicero oder Manager Magazin verbreitet.
Springers „Welt“ vermutet eine  Intrige gegen TVE und auch das eher moderate „Hamburger Abendblatt“ sorgt sich massiv um das Wohl der Kirche.

Der Öffentlichkeit ist nichts mehr heilig. Wer derzeit die geradezu hysterische Debatte um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst verfolgt, kann sich nur noch wundern. [….] Sein Fehlverhalten rechtfertigt nicht die Jagd, die eine säkulare Öffentlichkeit gegen den "Kirchenfürsten" treibt. Immer "neue Vorwürfe", die im Kern dieselben sind, werden herausgekramt und zugespitzt, selbst seriöse Zeitungen wie die "FAS" spekulieren über eine angebliche Autismus-Erkrankung. Schmähungen folgen auf Enthüllungen, Verleumdungen auf Anschuldigungen. Verteidiger gibt es kaum noch. […] Kirche ist eben nicht in erster Linie politisch, sondern eine Gemeinschaft der Gläubigen. Wer Kirche auf Bischöfe, Stromnetze und Asylpolitik reduziert, verkennt das enorme soziale und spirituelle Leben in den Gemeinden. Hier finden junge wie alte Menschen einen religiösen Raum, der Heimat ist. Hier engagieren sich viele Menschen für andere – jugendliche Gruppenleiter für Kinder, Frauen und Männer für alleinstehende Senioren, Christen für Flüchtlinge. Und hier liegt das Fundament für gesellschaftliches Engagement, von Kindergärten und Schulen über Krankenhäuser bis zur Caritas.

In einem Punkt hat Herr Iken Recht. Es ist erstaunlich, daß gerade die Frankfurter Zeitungen, die zu TVEs Bistum gehören besonders kritisch über ihren Bischof berichten – zumal die F.A.Z., bzw F.A.S. extrem konservativ ist.
Es scheint offensichtlich; je näher man dem Limburger Oberhirten kommt, desto unsympathischer empfindet man ihn.
Nirgendwo gibt es so scharfe Worte der Abscheu, wie in seiner unmittelbaren Umgebung.
Es ist offenbar Abstand bis ins säkulare Hamburg oder das protestantische Berlin notwendig, um TVE beizuspringen.

Der ultrafromme Peter Hahne (ZDF, Springer) schreibt in der BamS, welche 10,5 Millionen Leser erreicht, über TVE.

Ich habe nie verstanden, warum die Kirchen, sowohl die evangelische als auch die katholische, so defensiv [mit dem Thema Kirchensteuer – T.] umgehen. Denn die 9,8 Milliarden Euro – so viel waren es 2012 – fließen doch in Bereiche, die die Kirchen besser wahrnehmen, als der Staat es vermag: Notfall- und Militärseelsorge, Caritas und Diakonie, Jugend- und Seniorenarbeit und die selbst unter Atheisten gefragten Kitas und Schulen. […Ich] halte […] das Theater um die 30 Millionen Euro für ein denkmalgeschütztes Ensemble in Limburg für lächerlich, zumal es ja wohl nicht aus den Kirchensteuern finanziert wurde, sondern vom „Bischöflichen Stuhl“. Der wurde vom Staat als Entschädigung für die Enteignung der Kirchen vor mehr als 200 Jahren gespeist. […]
So viel an Hass und Häme wie gegen Tebartz habe ich selten erlebt. Es schreit zum Himmel, wenn erklärte Christen oder Kirchenleute sich daran beteiligen und mit ihrem Spott Talkshow-Honorare kassieren.

In der noch auflagenstärkeren BILD (Reichweite 12,4 Mio Leser täglich) durfte Alexander „regierender“ Graf von Schönburg-Glauchau, Seine Erlaucht, Chef des gräflichen Zweiges des einst standesherrlichen Hauses Schönburg, Ehemann von Irina Verena Prinzessin von Hessen-Kassel-Rumpenheim, Großneffe von Prinzgemahl Philipp von Großbritannien und somit auch von Queen Elisabeth II. und Bruder der ultrakatholischen Fürstin Gloria von Thurn und Taxis seine Sicht der Causa TVE präsentieren.

Die kirchenfeindliche Stimmung in diesem Land ist langsam ekelhaft. Wie bei Hau-den-Lukas darf jeder mal ran. Vielleicht ist es langsam an der Zeit, die Kirche im Dorf zu lassen. Die Kirche ist mehr als die Verfehlungen eines Mannes. Die Kirche besteht aus Menschen. Darunter sind Heuchler. Aber auch Heilige.
Im Übrigen gilt das Jesuswort: „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein!“

Bischof Tebartz, der Unglücklich tut offenbar gut daran, den Bettel noch nicht hinzuwerfen. Er hat noch mächtige Unterstützer in diesem Land.

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