Donnerstag, 9. Januar 2014

R2G

Gerade bin ich etwas verwirrt ob einiger Kommentare in der Presse.

Sigmar Gabriel bastele, so heißt es, heimlich an einer rotrotgünen Bundesregierung. Er tue nur so, als ob er ein braver Merkel-Partner wäre und setze in Wahrheit ganz linke Politik durch.

Als Indizien für diese These gelten Nahles‘ Kompromisslosigkeit beim Mindestlohn und diverse Personalentscheidungen.

Der SPD-Außenpolitiker Gernot Erler wird nach Angaben des Auswärtigen Amtes neuer Russland-Koordinator der Bundesregierung. Erler, der in diesem Jahr 70 Jahre alt wird, gehört zu den engen Vertrauten von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). […..]
Um die Personalie hatte es nach SPIEGEL-Informationen heftigen Streit gegeben. Der bisherige Amtsinhaber, Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff, wollte sich nicht aus dem Amt zurückziehen. Der Russlandbeauftragte wird von Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel gemeinsam bestimmt.
Hinter der Personalfrage verbirgt sich eine Richtungsentscheidung: Erler, der slawische Sprachen studierte, steht für eine russlandfreundliche Linie. Es müsse Schluss sein mit dem Russland-Bashing, forderte er in diesem Jahr. Er äußerte Verständnis für das Misstrauen Moskaus gegenüber dem Westen.
CDU-Politiker Schockenhoff dagegen plädiert für eine harte Linie gegenüber der Regierung von Präsident Wladimir Putin. […..]

Weitere Beispiele:

In einem SZ-Kommentar wird erklärt, daß Gabriel vielleicht nicht gerade plane die große Koalition bald platzen zu lassen, aber er bereite den Boden dafür, daß 2017 einem rotrotgrünen Bündnis nichts mehr im Wege stehe.

[…] Das zeigen seine beiden jüngsten Personalentscheidungen: SPD-Generalsekretärin soll die Gewerkschafterin Yasmin Fahimi werden, Schatzmeister der Bundestagsabgeordnete Dietmar Nietan. Fahimi sitzt im Vorstand eines Vereins, dessen einziger Zweck es ist, Rot-Grün (oder eben, da es dafür in der näheren Zukunft kaum reichen dürfte: Rot-Rot-Grün) inhaltlich vorzubereiten. Und Nietan engagiert sich in der sogenannten SPD-Denkfabrik, die schon seit Jahren für Bündnisse mit Linken und Grünen plädiert. Während Gabriel also brav die Kabinettsdisziplin einhalten und sich dem Fortgang der Energiewende widmen kann, dürften aus dem Willy-Brandt-Haus demnächst Gesprächsfäden zur Linken gesponnen werden. […] Sollten sie damit Erfolg haben, könnte die Geschichte der leidigen Beziehungskiste Rot-Rot-Grün eine ironische Wendung nehmen: Dann könnten anstelle der Linken die Grünen zum Faktor werden, der dem Bündnis im Weg steht. Noch befindet sich die Partei im Stadium der Neuorientierung, doch bereits jetzt ist erkennbar, dass sie steuerpolitisch wieder in die Mitte einschwenken wird. Sollte Schwarz-Grün in Hessen funktionieren, könnte das außerdem die Lust beträchtlich steigern, es auch im Bund mal zu versuchen. Und da sich Sigmar Gabriel gerade der Energiewende bemächtigt, dürfte er bald zu einem Lieblingsgegner der Grünen werden.  […]

Da ich spätestens seit 2005 intensiv für R2G werbe, sollte ich froh über den mutmaßlichen Kurs der SPD-Spitze sein.
Allein, mir fehlt der Glaube!
Eine SPD, die sich wirklich darauf besinnt ein eigenes Rückgrat zu haben, die Dieter Hildebrandts Axiom „die SPD scheißt in jede Hose, die man ihr hinhält“ aufgibt, die endlich nicht mehr lieber Appendix einer CDU, sondern selbstbewußte Gestalterin ist, kann sich nicht in der causa Seehofer und in der Causa Pofalla so erbärmlich feige wegducken, wie es jetzt geschieht.
Das dröhnende Schweigen der Genossen wird sogar noch verwerflicher, wenn man beobachtet, daß nun auch Teile der CDU auf den NPD-Kurs einschwenken.
Wenn es irgendwas nütze, wäre ich froh dieser miesen Koalition nicht zugestimmt zu haben. Aber das wäre wohlfeil und kostet nichts.

Schützenhilfe für Horst Seehofer: Thüringens CDU-Fraktionschef Mike Mohring fordert nun ebenfalls einen harten Kurs gegen Einwanderer aus Osteuropa. Auch einen Beitrittsstopp für die EU bringt er ins Spiel.
[….]  Erstmals bekommt die CSU Unterstützung für ihre Forderungen: Bei ihrer Klausurtagung in Kloster Volkenroda will die CDU-Fraktion in Thüringen am Freitag ein europakritisches Positionspapier beschließen. Zentrale Punkte sind die Forderung nach einem Erweiterungstopp für die EU - und die Schützenhilfe für die CSU-Kollegen in Bayern beim Thema Armutseinwanderung.
Zwar sei man froh über die Freizügigkeitsregelungen in der EU, heißt es in dem Papier, das SPIEGEL ONLINE vorliegt. "Gleichzeitig brauchen wir aber auch Regelungen, dass die erstmalige Zuwanderung nicht in die Sozialsysteme laufen kann."
Die etwa 30 CDU-Politiker sprechen sich für einen kompletten Beitrittsstopp für weitere europäische Länder aus. "In beitragswilligen Staaten wie Montenegro, Mazedonien, Albanien, der Türkei oder auch Island gibt es zahlreiche nationale Probleme, die zuvor in den Ländern selbst zu lösen sind", heißt es. "Die derzeit heftig geführte Debatte um mögliche Zuwanderungen in die deutschen Sozialsysteme durch die Integration Bulgariens und Rumäniens zeigt deutlich, dass diese Frage vor weiteren EU-Erweiterungen dringend gelöst werden muss."
[….] "Wir wollen kein zentralistisch organisiertes und regiertes Europa", heißt es darin. "Kleinteilige Richtlinieninitiativen der Europäischen Kommission bedrohen die Akzeptanz Europas bei den Bürgerinnen und Bürgern." [….]

Eine SPD, die solche braunen Umtriebe schweigend hinnimmt, soll das Rückgrat haben, um bald R2G zu planen?

Thüringen ist übrigens das Bundesland, in dem gegen die CDU-Ministerpräsidentin staatsanwaltlich ermittelt wird und just der ehemalige CDU-Innenminister ganz knapp am Knast vorbeigeschrammt ist.
Und die SPD-Thüringen spielt gerne den Mehrheitsbeschaffer als Juniorpartner in einer schwarzroten Koalition, obwohl eine deutliche Rot-Rote Mehrheit da ist.


Der ehemalige Innenminister Christian Köckert wurde am Mittwoch vom Landgericht in Meiningen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
Ein Jahr und drei Monate Gesamtfreiheitsstrafe lautete das Urteil der ersten Strafkammer des Landgerichts Meiningen am Mittwoch gegen Christian Köckert. Diese wird zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem muss der Verurteilte 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und die Kosten des Verfahrens tragen.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich der frühere Innenminister der CDU und ehrenamtliche Beigeordnete der Stadt Eisenach in zwei Fällen der Vorteilsannahme und Abgeordneten-Bestechung schuldig gemacht hat.
[…] Staatsanwältin Katrin Höhn [hatte] eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten ohne Bewährung gefordert.

Und dann ist da auch noch die Linke, die zwar in vielen Ost-Bundesländern ein willkommener und vernünftiger Koalitionspartner ist, aber im Bund leider immer wieder ins Unseriöse abgleitet.
Gegenüber der EU versucht sie sich gerade als CSU 2.0. als linke Tea Party.
So Leid es mir tut; aber da muß ich den Seeheimern Recht geben. Mit solchen Leuten kann man keine Bundesregierung bilden.

 [….]  Auslandseinsätze, Rüstungsexporte, Arbeitsmarkt - das sind so die Baustellen, auf die Gysi muss, will er ein rot-rot-grünes Bündnis vorbereiten. Und dann ist da noch die Europawahl im Mai, die bei der Fraktionsklausur Zunder bedeuten dürfte. Grund ist ein Leitantrag der Parteispitze für den Europaparteitag im Februar. Der Haupttext ist eher erwartbar, er kritisiert Sozialabbau in der EU und die Übermacht der Banken, will Frieden, Ökostrom, durchlässigere Grenzen. Die Einleitung aber klingt, als sei Brüssel die Zentrale des Bösen. Die EU, heißt es da, sei "zu einer neoliberalen, militaristischen und weithin undemokratischen Macht" geworden. Statt internationaler Solidarität bringe Europa "mehr faschistische Parteien, rechtspopulistische Hetzer und mehr Menschenjagd in und an den Grenzen" hervor und stürze "Millionen Menschen ins Elend".
Linke Reformer wie der Außenpolitiker Stefan Liebich sind entsetzt. "Das ist eine Aufforderung, nicht zur Europawahl zu gehen", sagt er. [….]  Wer Wagenknecht fragt, ob dieses negative Europabild dem von Rechtspopulisten nicht gefährlich ähnlich sieht, guckt in ein nachdenkliches Gesicht. 350.000 Stimmen hat die Linke bei der Bundestagswahl an die Alternative für Deutschland (AfD) verloren. "Wir dürfen das nicht beschönigen", sagt sie. "Die AfD spricht die Europafrage geschickt an. Bei vielen, die die angebliche Euro-Rettung aus gutem Grund ablehnen, kann sie damit punkten." [….]  "Ich glaube, dass da Trennschärfe gefragt ist", warnt die linke Innenpolitikerin Petra Pau, die aus ihrem Wahlkreis Berlin-Marzahn nur zu gut weiß, dass Europaskepsis, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit auch in linken Hochburgen Tür an Tür wohnen können. Und auch in der Linksfraktion im Bundestag gibt es Leute, denen vorgeworfen wird, sich in Sachen Europa aufs Nationale zurückzuziehen. Diether Dehm ist so einer, er war mal Schlagersänger, jetzt ist er europapolitischer Sprecher und überzeugt, dass die EU ein undemokratischer Moloch ist, ohne Trennung von Exekutive und Legislative, den Standards des Grundgesetzes weit unterlegen. [….] 

So sehr ich für R2G bin und alles einer CSU an der Macht vorziehe – ich sehe keine Anzeichen dafür, daß es bald soweit sein könnte.


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