Freitag, 7. Februar 2014

Bis zur Nasenspitze.


In Berliner latschen gerade ein paar öffentlichkeitsaffine Homosexuelle auf der Straße umher, um zum Auftakt der Olympischen Spiele von Sochi gegen Putins unfreundliche Schwulengesetze zu protestieren.
In den sozialen Netzwerken wurde zu einer Schweigeminute aufgerufen.

Los geht’s um 16:30 am Brandenburger Tor: Die Veranstaltung eröffnet Helmut Metzner von der Hirschfeld-Eddy-Stiftung. [….] Um 17.05 Uhr spazieren wir zur nahe gelegenen Russischen Botschaft, Unter den Linden.
Um 17.14 Uhr, parallel zur Eröffnung der Olympischen Spiele, beginnt die Schweigeminute.
Danach gehen wir zur Rainbow Flame am Potsdamer Platz.
(Facebook-Gruppe „Gleiche Rechte für alle Lebensmodelle“ 07.02.14)

Die Reaktionen in Russland kann man sich gut vorstellen.
Beeindruckt von den Aktionen in Berlin und anderen Orten wird der russische Ministerpräsident Dmitri Anatoljewitsch Medwedew sein Kabinett einberufen, eine Problemkerze aufstellen und betroffen die Situation der Schwulen erörtern.
Schnell werden sie einsehen, daß es keine Diskriminierungen mehr geben darf. Zum 01.März 2014 wird dann die Homoehe in Russland eingeführt. Parallel dazu werden die homophoben orthodoxen Bischöfe inhaftiert und Putin outet sich als Schwuler.

Ja, irgendwie ist es rührend, wie die „Aktivisten“ sich parallel zur Eröffnungsshow in Sochi abmühen.
Das erinnert mich an das F.K.Wächter-Bild, von dem Sternengucker, der erst auf einen Schemel steigt und dann durch sein Fernglas in den Nachthimmel starrt.

Generell bekommt das russische Volk von Protesten im Ausland so gut wie nichts mit. Es interessiert sich nicht und wird auch nicht on den von Putin kontrollierten Medien thematisiert. Und selbst wenn so eine homo-freundliche Demo in Paris oder Berlin in Russland bemerkt würde, änderte das nichts an Putins Kurs, da er in dieser Angelegenheit mit der übergroßen Mehrheit seines Volkes übereinstimmt.

Es ist Zeit für mehr Ehrlichkeit im Umgang mit Diktaturen. Wen nwir als Weltgemeinschaft unbedingt gigantische Sportereignisse wie Olympiaden und Fußballweltmeisterschaften haben wollen, werden zukünftig fast ausschließlich totalitäre Staaten als Austragungsorte in Frage kommen. In einer normal dimensionierten Demokratie könnte man in Zeiten der Dauerwirtschaftskrisen niemals die Kosten von 40 oder 50 Milliarden Dollar für zwei Wochen Schneeballspielen rechtfertigen. Es gäbe massive Proteste. Die plebiszitär immer aufmüpfigere Bevölkerung ließe sich auch keine Umsiedlungen, Vertreibungen aus ihren Wohnungen oder ökologischen Kahlschlag gefallen, wie es fast immer bei solchen Giga-Ereignissen vorkommt.
Ob die Franzosen heute noch achselzuckend zusehen würden, wenn wie zu den Spielen 1992 in Albertville die halben Alpen weggesprengt werden?
Westliche Demokratien fürchten sich außerdem vor den Sicherheitsmaßnahmen, die im 21. Jahrhundert leider notwendig geworden sind.
Bewerbungen für Olympische Spiele fallen inzwischen in Europa sehr schwer, weil das Volk irgendwie gefragt werden muß. Und das Volk sagte zuletzt immer „Nein“

Eine Fußball-WM oder Sommerolympiade in einer normalen Stadt wie zuletzt London durchzuführen, dürfte schwieriger werden, weil sich die Gegner dieses Wahnsinns zunehmend Gehör verschaffen.

Im Frühjahr sagten die Schweizer Nein Danke.

Das Projekt zur Durchführung der XXIV. Olympischen Winterspiele 2022 im Kanton Graubünden muss zurückgezogen werden. Mit 52,7 Prozent Ja-Stimmen und einer Beteiligung von über 59 Prozent haben die Stimmenden des Bergkantons eine Kandidatur bachab geschickt.

Die Bayern gaben den Funktionären letzten Sonntag ein vierfaches NEIN.
Bevor jemand schon sein Scheckbuch zückt, weil er aus Sorge um die darbenden IOC-Funktionäre eine Spende nach Lausanne schicken möchte, sollte ich darauf hinweisen, daß die IOC-Mitglieder noch einen winzig kleinen Notgroschen von 1,1 Milliarden Euro gebunkert haben.

Nervös werden die Inkarnationen der Korruption um die Herren Blatter und Bach aber dennoch.
Nun plötzlich merken sie, daß ihre offensichtliche Geldgier und Bestechlichkeit, die sich unter anderem in den Entscheidungen für Katar (dort sterben derzeit versklavte Arbeiter auf den Baustellen) und Sochi (dort macht man jetzt schon mal Jagd auf die Schwulen) zeigte, ihr Image gründlich ruiniert haben.
Schon in China 2008 reagierte das IOC mit einem Maulkorberlass für die Sportler, die es wagen würden Zensur und Menschenrechtsverletzungen in Peking anzusprechen.

Die Quittung kommt 2013 aus Deutschland und der Schweiz: Mit solchen Funktionären will man sich nicht mehr ins Bett legen.

Die Mehrzahl der Staaten dieses Planeten kommt ohnehin nicht als Austragungsort in Frage, weil sie einfach nicht reich genug sind, um zweistellige Milliardensummen wie zuletzt in China oder Russland verpulvern zu können.
Da muß man schon auf Sonderfälle wie Katar zurückgreifen, wo ein durch Bodenschätze der Emir reicher als Gott ist.
Und die lästigen Menschenrechte stören da auch nicht.
Frauen haben nichts zu melden und wenn beim überstürztem Aufbau von Fußballstadien ein paar hundert Sklaven verrecken, macht es auch nichts.

Unter barbarischen Bedingungen lässt Katar die Stadien für die Fußball-WM 2022 bauen. Hunderte sind schon gestorben, die Überlebenden werden wie Zwangsarbeiter behandelt und - wenn überhaupt - nur lächerlich entlohnt. Von der Ankündigung, die Kultur für die Welt zu öffnen, ist in Katar nichts mehr übrig.

Vielleicht sollte man den Gastgeber an seine eigenen Worte erinnern, vielleicht sollte man ihn an diesen jetzt messen. Vor gut drei Jahren erhielt Katar den Zuschlag für die Fußball-Weltmeisterschaft 2022, und der Botschafter des Emirats in Deutschland sprach aus, welche Bedeutung es habe, dass ein solches Ereignis zum ersten Mal dieser Gegend anvertraut wird. Es zeige "die Öffnung der Kultur und der Gesellschaft Katars für die Welt".
Wenn man die Berichte von den Baustellen des Landes hört, kommt man an der Feststellung kaum vorbei: Nichts liegt den Herrschern dieses Landes ferner als dies. […] Schon vor einigen Monaten wurde bekannt, dass allein im Juli und August des vergangenen Jahres 44 Arbeiter aus Nepal in Katar zu Tode gekommen sind. Nun berichtet die englische Tageszeitung The Guardian unwidersprochen, dass dies bei Weitem nicht alle Toten sind: 382, nur aus Nepal, nur in den beiden vergangenen Jahren.

Wer das nicht will, soll solche Veranstaltungen nicht an Diktaturen vergeben und sie gewaltig downsizen.

Die wahren Schuldigen an diesen Zuständen sind nicht Wladimir Wladimirowitsch Putin oder Scheich Hamad bin Chalifa bin Hamad bin Abdullah bin Jassim bin Muhammed Al Thani, sondern die hochkorrupten Sportfunktionäre, die das entscheiden.
Das sind aber Typen, die nicht vom Himmel fallen, sondern in den hiesigen Sportvereinen von den Millionen Mitgliedern gewählt werden.
FDP-Mitglied Thomas Bach war erster Präsident des 2006 nach der Vereinigung von DSB und NOK neu gegründeten Deutschen Olympischen Sportbundes, DOSB.
Der DOSB ist Dachverband der über 90.000 deutschen Sportvereine, in denen wiederrum fast 30 Millionen Deutsche zahlende Mitglieder sind.

Daß der gute Mann hoch korrupt ist, weiß jeder. Ein Klick auf Wikipedia genügt.

In die Kritik geriet Thomas Bach, als im April 2008 bekannt wurde, dass er seit der Jahrtausendwende einen Beratervertrag mit der Firma Siemens hatte, der im Jahr 2008 mit 400.000 Euro vergütet wurde und zusätzliche Spesen in Höhe von 5.000 Euro pro Tag vorsah. Siemens-Aufsichtsräte kritisierten, dass bei solch hohen Honoraren eine zusätzliche tageweise Bezahlung „absolut unüblich“ sei. Bach soll für den Siemenskonzern Einladungen aus dem arabischen Raum organisiert haben.
Von der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche bekam er in seiner Funktion als Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees am 14. Juni 2008 den Negativpreis Verschlossene Auster für die besonders restriktive Informationspolitik des Komitees verliehen. Dieses dulde „seit vielen Jahren Korruption und Interessenkonflikte bei der Vergabe der Spiele“ und betreibe mit seiner „Informationspolitik das Gegenteil von ‚fair play‘“, so die Begründung.

Die Blatters und Bachs fällen die Entscheidungen und sitzen auf einem Milliardenvermögen.
Solche Minusmenschen sollte man nicht in ihre Ämter wählen, sondern aktiv für Transparenz in seinem Sportverein sorgen. Wer sich als zahlendes Mitglied nicht dafür interessiert, sollte sich nicht Jahre später, wenn das von ihnen geplante Megaereignis gerade beginnt.

Dümmlich und oberflächlich wie immer auch die Phrasen zum heutigen Olympiabeginn der Grünen Fraktionsvorsitzenden.

Für faire Spiele - trotz Putin
Zur Eröffnung der Olympischen Spiele in Sotschi erklärt Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende:
Zur Eröffnung der Winterspiele wünsche ich allen Sportlerinnen und Sportlern gute Wettkampfbedingungen, faire Spiele und viel Erfolg.
 Leider ist der Spaß am sportlichen Wettkampf überschattet von undemokratischen Verhältnissen in Russland. Wir verurteilen scharf, wie mit den in der Region von Sotschi lebenden Minderheiten umgegangen wird - die Verletzung der Menschenrechte und die homophobe Gesetzgebung in Russland sind nicht hinzunehmen. Sotschi ist auch ein abschreckendes Beispiel dafür, wie rücksichtslos Natur und Umwelt zerstört wurden, um Sportstätten zu errichten.
Die Spiele sollen ein Fest, ein Ort der Begegnung und des fairen sportlichen Wettkampfes sein. Die Olympischen Winterspiele 2014 wurden leider nicht an einen geeigneten Ort vergeben, sondern direkt an einen Autokraten. Seit Monaten ist klar: Diese Olympischen Spiele finden nicht in Sotschi statt, sondern bei Putin.
(Kathrin Göring-Kirchentag, 07.02.14, PM 104/14)

Die heuchelnde Religiotin läßt natürlich aus, wie ihre EKD mit der rassistisch-homophoben russisch-orthodoxen Kirche kooperiert.
Sie erwähnt auch nicht, daß der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) ihr grüner Parteikollege Michael Vesper ist. Vesper war grüner Bauminister und stellvertretender Ministerpräsident in NRW unter Rau und Clement.
Ein Topp-Grüner drehte also mit an der Entscheidung pro Sochi.




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