Samstag, 30. April 2016

America first

Die liberalen Medien sind schuld an Trumps Aufstieg.
Das ist ausnahmsweise nicht nur das übliche Gejammere der ganz rechten GOPer, sondern auch die Klage seriöser Politikwissenschaftler und Medienbeobachter.
Die amerikanischen Journalisten hätten Trump längst inhaltlich stellen müssen und ihn knallhart auf seine ständigen Widersprüche festnageln sollen.
„Go after him“ heißt das im Medien-Englisch.

Stattdessen freuten sich die Sender und Zeitungen von links bis rechts über die Aufmerksamkeit und Quoten, die Trump ihnen bescherte.
In aller Ausführlichkeit wurde jede noch so sinnlose Tat von ihm weiterverbreitet, medial multipliziert.
Hunderte Reden, tausende Statements und über ein Dutzend offizielle Fernsehdebatten bestritt Trump ohne jemals konkret zu werden. Er muß sich noch nicht mal Mühe geben seine Unwissenheit zu kaschieren, sondern wirbelt mit Füllstanzen wie „and many more“, „and so many other things“ um sich, wenn es darum geht, was er eigentlich tun würde als Präsident.
Devot ließ sich die gesamte Journaille über ein halbes Jahr damit abspeisen, er werde später mal eine außenpolitische Rede halten.
Als seine außenpolitische Grundsatzrede im Washingtoner Mayflower-Hotel endlich, diese Woche gehalten wurde und sich als die erwartete Karikatur aus vollkommen undurchführbaren und paradoxen Absichten herausstellte, kümmerte es immer noch niemand.

Klar, im Ausland gibt es schon mal einen Journalisten, der wenigstens versucht aus Trumps wirren Hetzreden Konkretes abzuleiten.

So! Oder so! Oder anders!
[….] Trump wirft Obama vor, alte Verbündete verprellt zu haben und droht dann damit, die Nato-Partner der USA zu einem stärkeren finanziellen Engagement zu zwingen. Er sagt, er wolle "raus aus dem Business", anderen Staaten die Demokratie beizubringen, um ein paar Sätze später zu betonen, wie wichtig es sei, in der Welt "für die Erfolge der westlichen Zivilisation" zu werben. Er meint, Amerika müsse wieder "unberechenbarer" werden, aber verspricht den Freunden der USA, künftig wieder ein verlässlicher Partner zu sein.
Trump will das Verhältnis zu den Chinesen verbessern, aber auch einen Handelskrieg mit ihnen anfangen. Er ist gegen Interventionismus, und wirft Obama vor, dabei zuzuschauen, wie der "Islamische Staat" Christen abschlachte. Er beklagt, die USA hätten "jahrzehntelang in das Militär investiert, um Europa und Asien zu verteidigen" und spricht wenig später von der Notwendigkeit, "das Militär neu aufzubauen".[….][….]

Im Spektakel-Amerika des Jahres 2016 bedeuten aber massive Fehltritte und Lügen keine Konsequenzen mehr.
Immerhin in diesem Punkt hatte Trump recht: Er könnte vermutlich wirklich jemand auf der Straße in Manhattan erschießen, ohne daß es ihm schadete.

Teebeutlertum und flächendeckend verboulevardisierter Journalismus haben eine solche Wähler-Indolenz bewirkt, daß Skandale, verbale Ausfälle, größtdenkbare „insults“ ohne Konsequenzen bleiben.

Man wundert sich kaum noch, wenn konservative, fromme Parteifreunde übereinander herfallen.
So abartig Trump auch sein mag; sein Konkurrent Ted Cruz ist schlimmer und wird in weiten Teilen seiner eigenen Partei noch mehr gehasst, als die Beleidigungsmaschine Trump.

„Ich habe demokratische Freunde und republikanische Freunde. Ich komme mit fast jedem aus, aber ich habe niemals mit einem schlimmeren Hurensohn zusammengearbeitet.“
So redet der Republikaner und ehemalige Sprecher des amerikanischen Repräsentantenhauses, John Boehner, über den Republikaner und Präsidentschaftskandidaten Ted Cruz. Cruz sei „der leibhaftige Teufel“ („Lucifer in the flesh“), und für alle, die es bis dahin nicht verstanden hatten, fügte der 66-Jährige am Mittwoch in Kalifornien hinzu: „Nur über meine Leiche wird er Präsident werden.“

Ein interessantes Niveau, welches die moralischen, bibeltreuen Republikaner an den Tag legen.


Wie Donald Trump selbst sein Credo „Make America Great Again“ auslegt, kann man unter anderem in den „Panama Papers“ nachlesen.
Ein Großskandal. Der vor zehn oder 20 Jahren das sofortige Aus im Rennen um die US-Präsidentschaft bedeutet hätte.
Aber heute ist das egal.

[….] Der mögliche US-Präsidentschaftskandidat taucht in den Panama Papers auf. Er verdient Millionen mit einem Luxus-Hochhaus, in das sehr viel Geld aus Briefkastenfirmen fließt.
[….][….] Trump, vor allem wegen seiner Hochhäuser in Manhattan bekannt, entdeckte gerade Mittelamerika. Panama kannte er, weil er dort ein paar Jahre zuvor seinen Schönheitswettbewerb "Miss Universe" ausgerichtet hatte. Nun war die Zeit reif für ein größeres Projekt, also für ein Bauprojekt: Trump Ocean Club International Hotel and Tower, 70 Stockwerke, 500 Wohnungen, 370 Hotelzimmer. Ein Symbol des aufstrebenden Lateinamerika. [….] Trumps Verbindungen zu den Klienten Mossack Fonsecas sind allenfalls indirekt, aber sein Projekt Ocean Club war unter diesen Klienten durchaus begehrt.
Wie begehrt, zeigen die Panama Papers: Mossack Fonseca hat etlichen Interessenten dabei geholfen, Wohnungen im Trump Ocean Club zu kaufen und damit selbst eine Menge Geld verdient. Die Juristen in Panama-Stadt kümmerten sich um die Formalitäten, forderten Unterlagen an und besichtigten im Auftrag ihrer weltweit verstreuten Klienten die Immobilien. [….][….] In mancher Hinsicht erinnert der Turm in Panama zudem an die politische Karriere Donald Trumps, der sich dieser Tage um die Nominierung der Republikanischen Partei für das Weiße Haus bewirbt. Es geht darum, mit einem großen Namen Aufmerksamkeit zu erregen und sich großen Ertrag zu sichern, ohne aber ein allzu großes Risiko einzugehen. Und sollte die Unternehmung am Ende schiefgehen, stehen genügend Partner oder Sündenböcke bereit, um die Kosten und die Schuld zu tragen. In Wirtschaft wie Politik kann es ein Erfolgsrezept sein, dass man einerseits wie die Überfigur wirkt, sich andererseits aber nicht zu sehr verstricken lässt.
[….] [….][….][….]

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen