Samstag, 11. Februar 2017

Erste Schulz-Opfer

Noch lebt der Schulz-Hype. Das neben Allensbach und INSA konservativste Meinungsforschungsinstitut Emnid sagt soeben einen neuen SPD-Rekord voraus.
Die zur Londoner Kantar Group gehörenden Bielefelder messen nun 32% für die Sozis.

Merkels Leute beginnen intensiv mit Dreck zu werfen, um den designierten SPD-Kanzlerkandidaten auszubremsen.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber hat dem SPD-Kanzlerkandidaten Marzin Schulz Doppelmoral vorgeworfen. "Kandidat Schulz inszeniert sich als angebliches Sprachrohr des kleinen Mannes und Kämpfer für mehr Gerechtigkeit - versorgt aber seine Mitarbeiter auf Kosten der hart arbeitenden Leute", sagte Tauber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Wenn Schulz "jetzt mal in der Realität ankommt, dann können wir endlich anfangen, in der Sache zu streiten", forderte er. [….]
(dts, 11.02.17)

Um die Unionswadenbeißer Tauber und Scheuer intellektuell nicht zu überfordern, haben konservative Mitarbeiter der EVP-Fraktion den deutschen Unionswahlkämpfern eine Anleitung zur Anti-Schulz-Schmutzkampagne zur Verfügung gestellt. Tauber mußte also nur wie ein Papagei nachplappern.

[….] Bei dem Papier, das dieser Zeitung vorliegt, handelt es sich um zwei Schriftsätze, die aus der konservativen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament stammen. Ein dreiseitiges Schriftstück listet unter der Überschrift "Positionen und Verhalten" Positionen von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz in seiner Zeit als Präsident des Europäischen Parlaments auf. Etwa seine Haltung zu Russland, der Türkei oder zum Stabilitätspakt. Auch sein Abstimmungsverhalten wird nachvollzogen. Ein zweites, neunseitiges Papier "Stand 9.12.2016" hat es da eher in sich. Es ist eine Argumentationshilfe für Wahlkämpfer. Die Zusammenstellung beschäftigt sich etwa unter der Überschrift "Nette Posten für Schulz-Vertraute" damit, wohin sich Mitarbeiter aus seinem Stab beruflich orientiert haben. [….]

CDU und CSU kennen sich aus mit Schmutzkampagnen.

Spon 11.02.2017

 Das geht seit 1949 so; statt eigene Konzepte vorzustellen, wird auf der unehelichen Geburt Willy Brandts herumgeritten, die fünfte Kolonne Moskaus beschworen, vor dem Ende der Freiheit gewarnt, rote Socken plakatiert.

Mit dem Erstarken der SPD dürfen wir uns also auf verschärfte Attacken aus den C-Parteizentralen einstellen.

Dabei geschieht etwas für große Koalitionen höchst Ungewöhnliches: Die kleinen Parteien, die sich in dieser Konstellation ideal als nicht kompromissverwässerte Kämpfer präsentieren können, fallen komplett aus und schrumpfen sogar noch.

Insbesondere die Grünen versagen seit 2013 auf ganzer Linie.
Hat die einstige Öko-Partei noch irgendetwas zu sagen zur dramatischen Entscheidung des vorläufigen Endes der Elbvertiefung, weil der Schierlings-Wasserfenchel nicht ausreichend berücksichtigt wurde?
Gibt es grüne Überlegungen zur stockenden Energiewende? Irgendwelche Pläne wo man Stromtrassen verlegen könnte?
Haben die vier Verwirrten, Özdemir, Göring-Kirchentag, Hofreiter und Peter eigentlich mitbekommen, daß in Washington ein anderer Präsident regiert?
Kann man irgendeine Position der Grünen zum Megathema der Abschiebungen ausmachen, oder nickten die braven Mehrheitsbeschaffer je nach Konstellation das ab, was ihr Koalitionspartner in den Ländern möchte?
Ist es wenigstens theoretisch vorstellbar, daß das underperformenden Grüne Spitzenduo jemals zu erkennen gibt, ob sie lieber mit Merkel in die Kiste wollen, oder doch auf R2G setzen?

Angesichts dieser erschreckend schlechten Performance muß man sich nicht wundern, daß sich die Grünen bundesweit im freien Fall befinden. Aktuell werden 7% gemessen, die 5%-Hürde ist nah.
Rutschen die debakulierenden Ökopaxe darunter, wird es schwer für die SPD den Kanzler zu stellen.

Ratlose Grüne
[….] Die Grünen sind traumatisiert – traumatisiert von 2013. Damals stürzten sie aus lichten Umfragehöhen ab auf 8,4 Prozent und mussten der Linksfraktion schmachvoll den Titel der Oppositionsführerin im Bundestag überlassen. Als Ursachen werden üblicherweise genannt: das Steuerprogramm, die Pädophilie-Affäre, die Veggie-Day-Debatte.
Acht Monate vor dem nächsten Urnengang geht in der Ökopartei die Angst um. Manchem gilt es schon als Erfolg, wenn es gelingt, das Ergebnis von 2013 zu wiederholen. [….] Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt sagte kürzlich, Sicherheit sei grün – Polizeikritik aber auch. Mit Blick auf die Flüchtlinge tat sie kund, es reiche nicht mehr, sich mit einem „Refugees Welcome“-Button zu zeigen. [….] Zudem hat sich mit dem Erstarken der SPD die strategische Lage grundlegend geändert. Bisher waren nicht allein die Grünen davon ausgegangen, dass Angela Merkel die Kanzlerschaft nicht zu nehmen sein würde, weil die Union auf jeden Fall vorne liegen werde. Deswegen und wegen der Unberechenbarkeit der Linken sprach vieles für den schwarz-grünen Kurs Göring-Eckardts und des zweiten Spitzenkandidaten Cem Özdemir.
Sobald es nicht mehr ausgeschlossen erscheint, dass am Schluss die SPD obsiegt, werden es sich linksliberale Wechselwähler dreimal überlegen, ob sie ihr Kreuz bei den Grünen machen – erstens weil es dann auch von ihnen abhängen könnte, ob Schulz Kanzler wird, und zweitens weil sie nicht wissen, ob eine grüne Stimme dem Sozialdemokraten ins Amt hilft oder Merkel im Amt belässt. [….]
 (Markus Decker, FR, 07.02.2017)


NACHTRAG:

Gerade finde ich noch einen taz-Artikel aus dem Oktober 2013 zur letzten Spitzenkandidatur Göring-Eckardts. Darin heißt es unter anderem:


[….] "Wofür aber steht die Kirchenfrau Göring-Eckardt? Man weiß es nicht. Irgendwie fürs Soziale. Für die Kindergrundsicherung, auch für die Frauenquote und die Homo-Ehe. Aber ebenso für öffentlich gebackenen Kuchen, also für altbackene, betuliche Fürsorglichkeit. „Für Mut. Gegen Armut“ stand auf einem der Wahlplakate mit ihrem Konterfei.
Klingt gut, nicht wahr? Aber nur, wenn man vergisst, dass Göring-Eckardt einmal eine glühende Verfechterin der Agenda 2010 war. Später, als klar war, dass Hartz IV viele Probleme nicht lösen, dafür aber zahlreiche neue schaffen wird, hat sie sich flugs von ihrem Agenda-Engagement distanziert. Steuererhöhungen? Mal so, mal so.
Nun sind die Grünen eine Partei wie jede andere auch, Machtkämpfe hier, Taktieren dort. Trotzdem nervt es gewaltig, dass Spitzenpolitik heute vor allem uneindeutig, verschwommen und lavierend daherkommt. Dass man sich nur noch schlecht orientieren kann. Das ist das Erfolgsrezept Angela Merkels. Und das macht die grüne Kopie nicht besser." [….]

Es ist in den nächsten vier Jahren nicht besser geworden mit der frommen Kirchentags-Opportunistin aus Thüringen.
 



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