Sonntag, 15. Oktober 2017

Niedersachsenwahl.



Im Grunde ist die Wahl in Österreich (8,6 Mio Einwohner) wichtiger als die Landtagswahl in Hannover (7,8 Mio Einwohner), weil da die Regierung eines EU-Landes bestimmt wird.
Ich kann mich aber heute nicht mit Strache und Kurz beschäftigen, weil ich dafür gastroenterologisch zu instabil bin.

Also, Thema Niedersachsen. Die vorgezogene Landtagswahl, die notwendig wurde, weil unter etwas dubiosen Umständen eine Grüne bei einer Einstimmenmehrheit der rotgrünen Landesregierung in die CDU übergetreten war.
Neuwahlen schienen nur mit Schwarzgelb enden zu können, da die CDU uneinholbar mit mindestens 12 Prozentpunkten in den Umfragen vor der SPD lag.

Geklappt hat das parteitaktische Spiel von CDU und einer FDP, die kategorisch eine Ampel ausschloss, nicht.

Die CDU stürzte ab, AfD und FDP ruckelten kontinuierlich ebenfalls nach unten.
Das Ergebnis ist nun bizarrerweise offensichtlich haargenau so wie im derzeitigen Landtag; rot und grün zusammen fehlt genau ein Sitz zur absoluten Mehrheit.
Die SPD überholt die CDU, FDP verliert, AfD kommt nur auf 6%, Grüne stürzen ab, Linke legen zu; bleiben aber ganz kurz unter der 5%-Marke.
Nach den gerade mal gut 20% von der Bundestagswahl, konnte Martin Schulz die 37% von heute kaum fassen und fühlte sich stolz und bestärkt.
Die größte Schulz-Profiteurin Andrea Nahles betonte dementsprechend in jede Kamera wie gestärkt er sei, daß er sicher Parteivorsitzender bleibe.
So ein Tag, so wunderschön wie heute. Die SPD hat das beste Ergebnis seit Schröder (1998) und die CDU stürzt in dem konservativen Agrarland auf den tiefsten Wert seit 50 Jahren.
Hurra. Alles ist super. SPD-Erneuerung eingeleitet. Schulz und Nahles haben Erfolg; ihre Jobs sind sicher.
Das ist jedenfalls die Perspektive des Willy Brandt-Hauses.

Man kann das allerdings auch anders sehen und da ich ein böser Schwarzmaler bin, tue ich das auch:

·        Die SPD hatte diesmal Glück, weil der AfD-Landesverband besonders korrupt und zerstritten ist, so daß weniger Protest nach rechts ablief.
·        Der Fall Elke Twesten schadete den Grünen extrem; dadurch wanderten fast 100.000 Wähler aus dem Rotgrün-Lager zu Rot.
·        Es gibt immer nach Bundestagswahlen einen Gegentrend bei den nächsten Landtagswahlen, so daß aus einer Art Mitleidseffekt nach den 20% vom 24.09.17 nun die SPD besonders profitierte.
·        Bernd Althusmann war ein lahmer Pleiten-Pech-und-Pannen-Kandidat, der erstens eine Dr.-Affäre aussaß und zweitens als ehemaliger Kultusminister eine schwere Hypothek beim Thema Bildung mitschleppte.

Schlimmer ist aber etwas anderes für die Bundes-SPD. Stefan Weil ist ähnlich wie Martin Schulz kein urbaner Charismatiker, sondern eher ein Durchschnittstyp Marke „Sparkasse“, der nicht mit furiosem Redetalent oder blendenden Aussehen auffällt.
Aber da Weil anders als Schulz nicht nur einen enormen Rückstand auf die CDU einholte, sondern sogar an ihr vorbeizog, zeigt das nun umso gravierender wie vollständig Schulz als Wahlkämpfer versagt hatte.
Weil hat all das geschafft, was Schulz partout nicht gelingen wollte: Themen gesetzt, sich klar gegen den CDU-Kandidaten abgesetzt und Kompetenz verströmt.

Es ist schon etwas abenteuerlich, wenn Nahles und Schulz nun aus dem Beweis für ihre Unfähigkeit vom 24.09. den Schluss ziehen gestärkt weiterwurschteln zu können.

Ein kleiner Tritt noch in Richtung Linke-Wähler:
Wieso wählt man eine linke Partei, die höchstwahrscheinlich unter der 5%-Hürde bleibt (es wurden schließlich 4,6%), wenn schwarz und rot Kopf an Kopf liegen und man auch den Ausschlag zu Gunsten von Rotgrün geben könnte?
Die 4,6% sind nun verloren, werden nicht im Parlament vertreten sein. Hätte nur jeder vierte Linken-Wähler stattdessen rot oder grün gewählt, würde es für eine Rotgrüne Landesregierung reichen.
Durch dieses nicht taktische Denken der Linken-Wähler haben sie nun höchstwahrscheinlich die sehr rechte Niedersachsen-CDU in die Regierung geholt, was diametral den Interessen der Linke-Sympathisanten widersprechen dürfte.

Interessant werden dürfte nun auch die ohnehin schwierige Regierungsbildung in Berlin. Bisher hat man noch nicht einmal zusammengesessen, um Bernd Althusmanns angepeilten Sieg in Niedersachsen nicht zu gefährden.
Mit dieser Taktik ist Frau Merkel grandios gescheitert.
Nun aber müssen sich Schwarz und Gelb und Grün bald mal treffen; also genau die drei Parteien, die alle in Hannover kräftig auf die Mütze bekommen haben, während die drei anderen Bundestagsparteien, die zukünftige Opposition, alle hinzugewannen.
Seehofer ist ohnehin schwer angeschlagen; nun ist auch Merkel noch zusätzlich gerupft und die FDP mußte bitter lernen, daß sie mit ihrer Maximalforderungs- und Ausschließeritis-Großsprecherei die sicher geglaubte Regierungsbeteiligung losgeworden ist.

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