Donnerstag, 22. März 2018

Wenn die Guten nicht sein dürfen.

Na fein, nun hat unser NATO-Partner Türkei die Provinz Afrin zu Klump gebombt, tausende getötet und auch noch den letzten friedlichen Zipfel Syriens in ein Schlachtfeld verwandelt.

Afrin hat eine Fläche von 2033 km² und besteht aus sieben Gemeinden: der Stadt Afrin im Zentrum, Jindêrês, Scharan, Mobetan/Mahbatli, Rajo, Bulbul, Maydana und Schiyê, mit insgesamt 366 Dörfern oder Weilern wie z. B. Katma, Kastall, Qîbar und Rajo. Der Name Afrîn bedeutet auf Kurdisch „(gesegnete) Schöpfung“. Zu sagen, dass man aus Afrin kommt, ist in der Gegend um Aleppo die verklausulierte Form um auszudrücken, dass man Kurde ist.
(Wikipedia)

Der türkische völkerrechtswidrige Angriffskrieg gegen Afrin begann vor genau zwei Monaten.
Jetzt weht dort der türkische Halbmond.

[….] Die Einnahme von Afrin ist für Erdoğan innenpolitisch ein Triumph erster Güte. Aber auch in Syrien werden die Karten neu verteilt. Zwischen dem Euphrat und der türkischen Provinz Hatay beherrscht die Türkei nun einen größeren Streifen syrischen Gebiets. Außerdem hat sie im Süden von Afrin die Rolle als Schutzmacht über das Rebellengebiet von Idlib übernommen. Ein großer Teil der Rebellengruppen in Idlib hat sich im Verlaufe der »Operation Olivenzweig« Erdoğans Hilfstruppen angeschlossen und firmiert nun entweder unter der alten Bezeichnung »Freie Syrische Armee« (FSA) oder unter »Nationale Armee«. Diese Armee setzt sich aus vielen kleinen, oft nur lokal verankerten und jihadistisch orientierten Gruppen zusammen. Das mindert ihre Schlagkraft, hat aber für Erdoğan den Vorteil, dass diese Gruppen nicht in der Lage sind, eine von der Türkei unabhängige Politik zu entwickeln.
Außerdem kann die türkische Regierung ihre Hilfstruppe noch immer als gemäßigt verkaufen, denn die Nachfolgeorganisation der von al-Qaida gegründeten al-Nusra-Front namens »Komitee zur Befreiung Syriens« (HTS) ist nicht dabei. Mit einer soliden territorialen Basis, starkem Einfluss auf den größten Teil der nichtkurdischen Oppositionsgruppen und einer Armee aus Syrern hat Erdoğan nun gute Aussichten in Syrien. [….]

Die deutsche Bundesregierung begleitete dieses Verbrechen mit intensivem Wegsehen, Schweigen und Ignorieren.
Merkel wusch ihre christlichen Hände in Unschuld und nutzte die Gelegenheit noch mal ordentlich Reibach zu machen – mehr Krieg im Nahen Osten bedeutet auch mehr Geld verdienen mit deutschen Waffenexporten.

[….]  Trotz Exportstopp - GroKo genehmigt Rüstungslieferung nach Saudi-Arabien
Der Bundessicherheitsrat hat eine Lieferung von acht Patrouillenbooten an Saudi-Arabien genehmigt - obwohl sich Union und SPD auf einen Exportstopp verständigt hatten. Eine Klausel macht die Lieferung möglich.
Die Bundesregierung hat die Lieferung von acht Patrouillenbooten an das Königreich Saudi-Arabien genehmigt - ungeachtet der Beteiligung des Königreichs am Jemen-Krieg. Das teilte Wirtschaftsminister Peter Altmaier dem Wirtschaftsausschuss des Bundestags in einem Schreiben mit, das SPIEGEL ONLINE vorliegt. [….]

Glückwunsch Frau Merkel. Das ist wieder ein Paradebeispiel dafür wie die Kanzlerin die Fluchtursachen verschärft und den Migrationsdruck gen Nordeuropa stark vergrößert.

[….. ] Tatsache ist: Soldaten der Türkei haben über 200.000 Zivilisten aus Afrin vertrieben. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan beteuert zwar in dieser unverfrorenen Scheinheiligkeit, die in der internationalen Politik dieser Tage längst zum guten Ton gehört, dass der Einsatz dem Schutz der Nato-Grenzen diene. Tatsächlich sollen sich die Truppen der Türkei vor Ort aber aufführen wie eine Besatzungsmacht. Denn einmal mehr will der türkische Präsident Erdogan vor allem die Kurden erniedrigen und mächtig Eindruck bei den Nationalisten schinden.
Rüstungsexportregeln? Praktisch eine Posse.
Tatsache ist auch: Die Vertreibung im Nordwesten Syriens ist ein weiteres trauriges Beispiel für deutsche Beteiligung an Krieg und Aufruhr in den Krisengebieten dieser Welt. Denn auch in Afrin rollen deutsche "Leopard 2"- Panzer durch die Straßen. Was theoretisch nicht sein kann, weil die deutschen Rüstungsexportregeln zu den strengsten der Welt zählen, ist praktisch schon lange eine Posse: Deutsche Rüstungskonzerne umgehen die Gesetze mit Erfolg und liefern weiter Bomben und Munition in Länder wie Ägypten oder Saudi-Arabien. [….. ] Die Flüchtlingsrouten, die Europas gelobte Länder mit den gebeutelten Regionen dieser Erde verbinden, sind verstopfter denn je, sie platzen aus allen Nähten. Erfahrene Beobachter erzählen aus Syrien, dass die Zustände im Land aktuell so schlimm wie noch nie sind – das will etwas heißen im Rahmen eines Krieges, der seit Jahren jedes menschliche Ermessen überschreitet. Deutsche Firmen bereichern sich an diesem Leid, dort und anderswo, vor allem im Nahen Osten, und die deutsche Regierung lässt sie gewähren.
[….. ] Jeder von uns, dem das nicht zu denken gibt, den das nicht zum Handeln jeglicher Art anregt, macht sich unterlassener Hilfeleistung schuldig. Wer stattdessen jammert, dass wieder ein paar Flüchtlinge mehr in sein Kaff kommen, sollte sich schämen. Es ist eine Frage der Verantwortung. Und es klingt so verdammt abgedroschen, aber das macht es nicht weniger wahr: Was sind unsere Sorgen im Vergleich zum Leid der Menschen in Syrien oder im Jemen – außer verdammt klein? Refugees welcome: so 2015? Nein, Refugees welcome: jetzt erst recht! [….]

Seit acht Jahren geht das Gemetzel in Syrien. An die 500.000 Menschen wurden getötet, 12 Millionen vertrieben. Das Land ist unbewohnbar.
So gut wie alle Player haben auf ganzer Linie – moralisch, militärisch und humanitär – versagt.
Deutschland, die EU, die NATO, die Arabische Liga, die USA, Russland, die Türkei – sie alle sollten sich in Grund und Boden schämen.
Lediglich die kleinen, eher schwachen Anrainer Libanon und Jordanien haben wenigstens Humanität gezeigt, indem sie Millionen Flüchtlinge aufnahmen.

Es gibt eigentlich nur eine echte Macht, die das Richtige tut, sich einsetzt, militärisch etwas bewirkt und viele Menschenleben rettet – die YPG, die auch von dankbaren deutschen und amerikanischen Verteidigungsministern mit Waffen und Munition versorgt wurde.
Im Kampf gegen den IS waren die kurdischen Volksverteidigungeinheiten YPG die wichtigsten Verbündeten des Westens.
Es ist nur der YPG zu verdanken, daß nicht alle Jesiden abgeschlachtet wurden.

[….] Die Volksverteidigungseinheiten (kurdisch Yekîneyên Parastina Gel, Kürzel YPG) sind eine bewaffnete kurdische Miliz in Syrien und kontrollieren verschiedene mehrheitlich kurdisch besiedelte Gebiete in Nordsyrien, darunter auch solche mit einem bedeutenden Anteil an arabischer Bevölkerung. Die YPG werden als bewaffneter Arm der kurdisch-syrischen Partei der Demokratischen Union (PYD) betrachtet. Sie werden oft als syrische Fraktion der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) angesehen. Die Führung der YPG gab trotz deren Nähe zur PYD und PKK an, unabhängig zu sein und nicht der PKK anzugehören. [….]

Statt nun aber die YPG zu lobpreisen, kann ich noch nicht mal eine YPG-Flagge in diesen Blog einstellen, weil ich dann möglicherweise Besuch von der Staatsanwaltschaft bekomme.
Zu verdanken hätte ich das dem zu schweren xenophobischen Lügen neigenden ehemaligen Bundesinnenminister de Maizière, der offensichtlich das tut, was der kurdenpanische Erdoğan von Deutschland verlangt.

[….] Man kann in diesem Land nämlich ziemlich schnell ins Visier der Sicherheitsbehörden geraten; zum Beispiel, wenn man ganz normale Nachrichten über den Krieg der Türkei gegen die Kurden in Syrien verbreitet. Wenn dabei solche Symbole, wie Sie sie hinter mir sehen, enthalten sind, dann können Sie ganz schnell unangenehmen Besuch von der Polizei erhalten. Dabei handelt es sich um eine in Deutschland völlig legale Organisation syrischer Kurden, die so genannten YPG. In der Türkei allerdings gelten sie als Terroristen, und deshalb fordert der türkische Präsident immer wieder, dass deren Anhänger auch in Deutschland verfolgt werden. Genau diesen Gefallen hat ihm die Bundesregierung jetzt offensichtlich getan. [….]

Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich….


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