Mittwoch, 27. März 2019

Einfältige, einfache Evangelibanin

Schlimm, schlimm, schlimm, wenn man in den norddeutschen Niedrig-Niveau-Nachrichten wie „Himmel und Elbe“, „Abendblatt“ oder „Chrismon“ mit den Schwafelattacken mittelalter evangelischer Theologinnen konfrontiert wird.
Natürlich hat es auch eine positive Seite; man versteht sofort wieso die EKD trotz Frauenpriestertum und ohne Zölibat noch schneller Mitglieder als die pädosexuellen Kollegen von der RKK Mitglieder verliert.
Diese Plapper-Protestantinnen sind in ihrer Oberflächlichkeit, Beliebigkeit und intellektuellen Flachheit unerträglicher als jeder schwulenhassende Hardcore-Bischof aus Bergoglios Reihen.

(….) Evangelische Theologie ist heutzutage ziemlich weiblich, aber das ist wahrlich kein Aushängeschild für den Feminismus. Da sich gebildete und intelligente Menschen beiderlei Geschlechts ohnehin von der Kirche abwenden, bleiben offenbar keine durchschnittlichen Frauen der rapide schrumpfenden Kirche als Pfarrerinnen erhalten, sondern es sind die geistig Schlichtesten, die sich zu Geistlichen entwickeln.

(…..) Frappierend ist insbesondere die Unfähigkeit dieser Kategorie der Plapper-Bischöfinnen über ihren eigenen Tellerrand hinauszublicken.

Genau wie Kollegin Käßmann, nimmt auch Breit-Keßler stets sich selbst und ihr eigenes Leben zum Maßstab.
In ihren Texten erzählt sie aus ihrer Familie, ihrem Alltag, beschreibt was ihr gefällt und überträgt das dann flugs auf alle anderen.

Die ganze bischöfliche Theologie ließe sich auf den Kernsatz: „Seid alle so wie ich, dann wird alles gut!“ reduzieren.

Auch in der heutigen Kolumne geht das so. (….)

Die frömmelnden Frauen im Norden halten sich ebenfalls streng an dieses Muster.

  Den Begriff Schuld kann man auf viele Arten und Weisen betrachten [….] Ich erinnere mich noch gut an eine Situation, in der ich als Kind einen Freund aus Wut beschuldigt habe, etwas getan zu haben, und er dann eine Strafe von seinen Eltern erhielt, die er eigentlich gar nicht verdient hatte. Ich hatte hinterher Scham-und Schuldgefühle, konnte schlecht schlafen. Als mein Kumpel mir vergab, fühlte ich mich wie von einer Last befreit.  [….] Und vielleicht kann auch der Glaube helfen, wenn man sich sicher ist, dass Gott immer zu einem hält, egal was man gemacht hat.

 „Und wo bleibt das Positive?“, wurde der Schriftsteller Erich Kästner seinerzeit  immer wieder gefragt, wenn er seine zeitkritischen Gedichte und Kolumnen veröffentlichte. [….] Witze, die mitunter gerade aufgrund ihrer Arglosigkeit, in der sie daherkommen, umwerfend wirken, uns erheitern und im selben Moment zum Nachdenken bringen. Zu diesen gehört für mich jener: „Was sagt eine Schnecke, die auf dem Rücken einer Schildkröte sitzt? – Hui!“ Das ist nicht nur einer der besten Schneckenwitze, die ich kenne. Er ist darüber hinaus auch tiefsinniger, als er zunächst klingt. Ich sehe zumindest sofort die Schnecke vor mir, der der Fahrwind die Fühler um die Ohren schlenkert. [….]

[….] wenn ich in die Kirche gehe, ist für mich der Segen am Schluss des Gottesdienstes immer ein Höhepunkt. Weil er Kraft gibt, vielleicht
Auch beruhigend ist. Ich habe danach immer das Gefühl, unter Gottes Schutz zu stehen – zumindest für den Tag oder den Anfang der Woche [….] Manche empfinden es als Segen, Freunde oder eine nette Familie zu haben. Und das Schönste ist, jeder kann ihn geben: Die Eltern ihrem heiratswilligem Sohn, die Ehefrau ihrem Mann auf den Arbeitsweg, eine Kollegin einer anderen für eine Reise.
[….]

„Ich musste sofort an die Worte meiner Mutter denken: Auch in brenzligen Situationen ruhigbleiben.“ Entscheidend ist zudem ein festes Wertegerüst, ein Glaube oder eine Hoffnung. Kürzlich erzählte mir eine Freundin, sie stecke in Gedanken jede gute Erfahrung in ihrem Leben in einen imaginären „Mutmachkoffer“. Bei Bedarf schöpfe sie aus diesem Fundus, wenn sie verzagt sei und sich selbst Mut zuspreche. Ganz ähnlich ist es mit unserer christlichen Tradition:
Sie ist ein unerschöpflicher Fundus von Mutmachgeschichten.

Ich lese gerade begeistert ein Buch über Hummeln. [….] Nicht nur, dass die pummeligpelzigen Tierchen die Gesetze der Erdanziehung überlisten und darin ein Wunder sind. Wie viele Abermillionen von Tomaten, Gurken und Johannisbeeren werden jährlich durch sie bestäubt! Was für einen riesigen Nutzen wir von diesen putzigen Lebewesen haben, war mir bis dahin nicht bewusst.[….]

Die norddeutschen Top-Theologinnen erstaunen nicht nur mit der sagenhaften Banalität ihrer Gedanken, sondern auch mit einer geradezu unheimlichen Unfähigkeit zur Abstraktion. Sie scheinen allesamt überhaupt nicht über ihren eigenen Horizont hinausblicken zu können und sehen die Gesellschaft als glückliches Abziehbild der 1950er Jahre, als der Mann arbeiten ging, die glückliche Hausfrau ihm auf dem Weg ihren Segen wünschte und alle zufrieden in die Kirche gingen.

Andere Lebensentwürfe, die nicht der Bilderbuchfamilie entsprechen kennen sie gar nicht; echte Probleme wie Drogen, Depressionen oder Gewalt kommen ihnen gar nicht in den Sinn. (….)

Vor zwei Wochen lief mir aber ausgerechnet im Meinungsteil der Süddeutschen Zeitung Skydaddys Lieblingstheologin Petra Bahr über den Weg.
Dr. Bahr, 52, Landessuperintendentin in Hannover, echauffiert sich gar fürchterlich über das weltliche Fasten.
Dabei handele es sich um eine Mode der Einfältigen und Doofen, die irgendwie ihre innere Leere zu füllen trachteten.

[…..] Keine Schokolade, kein Netflix und keine negativen Gedanken. "Sieben Wochen ohne" passen zum Partytalk und an den Rand des Elternabends. Manche Gespräche klingen wie ein Bieterwettbewerb. Fasten zwischen Aschermittwoch und Ostern ist zur Mode geworden, ein selbstauferlegter Rigorismus mit unheiligem Ernst. Es geht nicht mehr nur um Konsum, Kalorien und Komfort. Es geht um Lebenssteigerung, ja Erlösung. Viel ist vom Ich die Rede, das unter der Lebensstil-Adipositas des "Zuviel" ächzt. Die Fastenzeit gehört in dieser Deutung dem abgelenkten, schwachen, faulen, schwerfälligen Geist. Das Ich muss leiden. [….]

Eine typische Evangeliban-Herangehensweise: Eine Beobachtung aus ihrem persönlichen Umfeld wird als empirische Studie angesehen und verallgemeinert.

Ich kenne zum Beispiel niemand, der fastet. In meinem Hamburger Umfeld tut das keiner. Daraus würde ich aber nicht ableiten, daß generell niemand auf der Welt fastet.
Anders Frau Bahr, die flugs einen regelrechten Hype durch alle Gesellschaftsschichten ausgemacht haben will.
Nun ist die Frau „Landessuperintendentin“ und bei so einem Superlativ-Ungetüm ist das christliche „Ätsch, ihr Atheisten!“ natürlich nicht weit.

Netflix- und Schokoladen-Fasten ist nämlich nicht nur irgendeine Mode, sondern auch noch eine Schlechte. Das Original-Fasten der Christen sei viel angenehmer und besser. Das wäre weniger brutal und gnadenlos.

[…..]Selbsterlösung ist im Christentum unmöglich. Deshalb sind Bußzeiten Zeiten der Gnade, nicht der selbstverordneten Gnadenlosigkeit. Wer in christlichem Geist fastet, genießt die Ausnahmen von den Regeln: auf Reisen, bei Festen, in Trauer oder am Sonntag. Die säkular-religiösen Fastenregeln sind da viel strenger als jede klösterliche Vorschrift. […..]

Diese Kurve bekommt jede Theologinnen-Kolumne:
Erhobener Zeigefinger, IHR macht es falsch und ich Christin bin viel besser. Ätsch.

Besonders ärgerlich ist so ein apodiktischer Satz wie Die säkular-religiösen Fastenregeln sind da viel strenger als jede klösterliche Vorschrift, da es sich dabei um reine Erfindung handelt, die auch noch schwurbelig unsinnig daher kommt.

Das Bahr-Oxymoron „säkular-religiös“ impliziert, daß wir Atheisten und heimlich immer noch an die überlegene Religion anlehnen. Damit verknüpft sie aber auch noch eine völlig aus der Luft gegriffene „Fastenregel“.
Als ob es einen Papst-artigen Ober-Atheisten gäbe, der sich Fastenregeln ausdenke, denen wir nun alle zu folgen hätten.
Blanker Humbug. Es gibt keine Regeln für den temporären Verzicht auf Schokolade und Netflix.
Theologin Bahr versteht grundsätzlich nicht, was Freiheit des Individuums bedeutet, so sehr ist sie in ihr kirchliches Regelwerk verstrickt.
Um ihre eigene erbärmliche Abhängigkeit von einem Märchenbuch voller menschenfeindlicher und absurder Regeln schönzureden, postuliert sie einen phantastischen Popanz: Die Säkularen haben noch viel bösere Regeln als wir!
Whataboutism – die letzte Rettung, wenn einem Ideologen gar kein positives Argument für seinen eigenen Wahn mehr einfällt.

Und hier kommen wir zum Kern der Bahr-Kolumne: Sie schreibt aus einer tiefen Verletzung heraus. Sie führt sich auf wie eine enttäuschte Verkäuferin eines Markenprodukts, die hilflos zusehen muss wie ihre ehemaligen Kunden zu den NoName-Produkten wechseln.
Dabei nimmt sie irrigerweise an, ihre Produkte wären generell unverzichtbar. Wer die Kirchen verlasse, fühle eine innere Leere, sei unausgefüllt, suche nun verzweifelt nach einem anderen Lebenszweck, müsse die hinterlassene Lücke unbedingt irgendwie füllen. Ohne das metaphysische Gerüst kann im Bahr-Oberstübchen niemand existieren und daher wäre er gezwungen sich ein unzureichendes Substitut zu suchen.
So mildern Kirchisten den Trennungsschmerz gegenüber den vielen Hunderttausenden, die jedes Jahr ihren Verein verlassen.
 Aus Bahrs Sicht gehen die nicht, weil sie die Kirche nicht brauchen. Nein, wer die Kirche verlasse, werde von anderen minderwertigen Lehren angezogen.
Theologen betrachten Atheismus immer gern als Alternative zur Religion. Als einen anderen quasi religiösen Player. Das ist selbstverständlich auch blanker Unsinn. Atheismus ist so sehr eine Religion wie Asexualität eine Sexpraktik ist.
Ich bin nicht verzweifelt, weil ich Atheist bin und suche nun händeringend nach Halt.
Bahr begreift es nicht und kann als typische Christin natürlich nicht anders, als auch noch nachzutreten: Ihr seid doof und müsst nun zur Strafe leiden, weil ihr die tolle Kirche verlassen habt, Ätschi!

[…..]  Die wechselseitige Kontrolle der Fastenprogramme in Freundeskreisen hat bisweilen etwas Sektiererisches. "Wie, du fastest nicht?", bekommt zu hören, wer fröhlich zum Weinglas greift. Die Offenheit, mit der über die Fastenprogramme geredet wird, scheint proportional zur artikulierten Kirchenfremdheit zu wachsen. Kaum ist der Mensch der Kirche als vermeintlicher Moral- und Strafanstalt mit großer Geste entkommen, wird die Bestrafungsapp fürs Smartphone zum maßgeschneiderten Strafgericht. […..]  Der Abschied vom Christentum hinterlässt eine diffuse Sehnsucht nach Lebensintensivierung und ein neues Flagellantentum im Namen der gesteigerten Selbstwahrnehmung. Hart und unerbittlich wird der alte zum neuen Menschen perfektioniert, Fasten ist die neue Bußübung. Buße ist ein Wort aus der abgelegten Welt des Christentums, das der Sache nach aber seine beste Zeit noch vor sich hat. Das Christentum stört nämlich die Selbsterlösungshoffnungen, welche die neuen Bußprediger schüren, die sich heute Life-Coaches nennen. Buße meint: weniger bequem, weniger satt, weniger abgelenkt von den zentralen Lebensfragen zu sein. Wer will ich sein, wer könnte ich sein, was ist aus mir geworden? Buße als Übung muss nicht in gedrückter Stimmung passieren, mit Chorälen in Moll und verordneter Traurigkeit. Die Zeit vor Ostern ist kein auf Dauer gestellter Karfreitag, keine Zeit der Angstlust, die sich aus sicherer Distanz in wohligem Schauer dem Bild des gefolterten Christus aussetzt.
 [….]

Deswegen lobe ich mir den kernigen Kardinal, der mir klar sagt, wie er mich hasst und daß ich in die Hölle komme. Da sind die Verhältnisse geklärt.
Müller oder Burke würden mir nicht andichten aus lauter Trauer über die Abkehr von Katholizismus „ein neues Flagellantentum im Namen der gesteigerten Selbstwahrnehmung“ zu betreiben.
Bahr ist da (möglicherweise unbewußt) perfider und bösartiger, indem sie mit lauter völlig falsche Annahmen unterstellt, die allein ihrer eingeschränkten Phantasie entspringen.
Sie kann keinen Millimeter über ihren eigenen Tellerrand gucken und interpretiert dümmliche Apps ernsthaft zu Ersatzdrogen um, die den Kirchenentzug drosseln sollten.
Facebook-Verzicht als Methadon der Säkularen?

Das was Bahr jetzt als Kirchenersatz-Drogen ausfindig macht, um ihre These von der schrecklichen Lücke, die ein Kirchenaustritt hinterlasse, zu bestätigen, sind in Wahrheit nur Moden wie es sie schon immer gab.
Selbstwahrnehmungs-Übungen, Life-Coaching, Lebensintensivierung gab es in Wahrheit schon mindestens hundert Jahre bevor die Menschen anfingen massenhaft aus der Kirche auszutreten.

Das war das Ansinnen der Naturalisten um 1900, die FKK-Bewegung, das war Ausgangspunkt für Samuel Hahnemanns Homöopathie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, darum ging es bei Freud in den 1930ern, bei den frühen Drogenerfahrungen mit Kokain und Heroin in den 1920ern, beim Opium, bei den Bhagwan-Jüngern in den 1970ern, beim Aerobic der 1980er, bei unendlich vielen anderen Gurus, bei den extrem populären Wassertret-Kuren der katholischen Pfarrers Kneipp in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts oder auch bei dem Electric Light Bath von 1891 mit der der berühmte John Harvey Kellogg die Masturbation besiegen wollte.

Menschen sind anfällig für solche Heilversprechungen und Moden.
Das gab es auch, als noch nahezu 100% der Europäer Christen waren.

Sehr erbärmlich, wenn im Jahr 2019 eine Superintendentin daraus abliest, wie sehr Menschen angeblich unter der Abkehr von ihrer Kirche leiden.

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