Montag, 11. Mai 2020

Finstere Aussichten.


Ein denkbares Szenario für den 03.11.2020 scheint mir zu sein, daß Donald Trump aufgrund des erneut extrem schwachen demokratischen Kandidaten, des die Republikaner extrem bevorzugenden US-Wahlsystems, Voter-suppression, schwacher Wahlbeteiligung der U30-Generation und Manipulationen in seine zweite Amtszeit geht. Mutmaßlich wieder mit einer deutlichen Stimmenminderheit; er hatte schon 2016 fast drei Millionen Stimmen weniger als Hillary Clinton.
Man darf die stupide Kampagnenfähigkeit der Republikaner nie unterschätzen; sie verwenden konsequent und skrupellos „talking points“, drücken den um political correctness bemühten Demokraten ihre Themen auf und verfügen über nahezu unbegrenzte Mittel.
Sie schrecken vor keiner noch so perfiden Lüge zurück, setzen auf brutales „negative campaigning“, appellieren an die finstersten xenophoben, rassistischen und homophoben Stimmungen.
Sie greifen schonungslos auf das gesamte Arsenal der verbotenen Waffen zu und lassen sich niemals von Fakten verwirren.

Auf der anderen Seite sind da die legendär schlechten Wahlkämpfer der Demokraten, die so rücksichtsvoll und auf Ausgleich bedacht sind, daß sie lieber jeden Vorteil so lange zerreden bevor sie eine Attacke auf die GOP starten. Statt sich auf den politischen Gegner zu konzentrieren, frönen sie ihrem Drang sich zu fraktionieren, rätseln unter welchen Bedingungen die Fans des einen weißhaarigen Endsiebziger-Geronten (Sanders) möglicherweise bereit sein könnten für den anderen weißhaarigen Endsiebziger-Geronten (Biden) zu stimmen.
Jede auch noch so abstruse Umleitung zum Wahlsieg wird mit Wonne beschritten, während die Trumpster auf direktem Weg voranmarschieren.


Außerdem ist da noch der Kandidat Biden selbst, dem zwar niemand abspricht eine ehrliche Haut mit den besten Absichten zu sein, aber er war immer ein Mann der zweiten Reihe, der sicher nicht die hellste Kerze auf der Torte ist und sein Haltbarkeitsdatum beträchtlich überschritten hat.
Es mangelt ihm an Schlagfertigkeit und Charisma. Undenkbar, daß er einem pöbelnden Trump in den TV-Duellen gewachsen ist.
Zudem verfügt Biden über kein Amt, kann sich nicht beweisen und sitzt zur Passivität verdammt in seinem Keller. Hilflos überlässt er Trump allein die Bühne; völlig unfähig Themen zu setzen und Sendezeit zu generieren.
Seine einzige Chance sind weitere schwere Eigentore der Trump-Pence-Administration. Aber wie sich jeden Tag aufs Neue zeigt, ist IQ45 nahezu unverwundbar.


Natürlich hängt alles von der weiteren Corona-Entwicklung ab; möglicherweise ist in einem halben Jahr schon das halbe Weiße Haus verstorben oder die US-Ökonomie liegt so am Boden, daß gar keine regulären Wahlen mehr durchgeführt werden können.

Sollte Trump erneut gewinnen, mache ich mir am meisten Sorgen um Ruth Bader-Ginsburg. Ob sie weitere vier Jahre durchhält, ist sehr fraglich.
Sollte Trump aber weitere rechtsradikale korrupte Fanatiker wie Beer Kavanaugh in das oberste Gericht schicken, wären die USA für Jahrzehnte kein Rechtsstaat mehr.
Donald Trump selbst könnte ein weiterer Wahlsieg vor einer Flut von Anklagen bewahren. Mit Hilfe seiner Begnadigungs-Power und des jetzt schon völlig korrumpierten Justizministeriums würde er sein gesamtes kriminelles Umfelt vor dem Knast bewahren.



Ob die nächste Amtszeit für den notorisch arbeitsscheuen Golfer ein Vergnügen wird, darf aber bezweifelt werden.
Die US-Wirtschaft befindet sich in einer katastrophalen Lage, China wird immer mächtiger und der gesamten Trump-Administration fehlt es an Allem um das Ruder rumzureißen.
Arbeitsmarktzahlen, Börsendaten, Etatdefizite werden sich nicht mehr dafür eignen, um damit zu prahlen.

Zudem spricht einiges dafür, daß die Demokraten trotz einer Niederlage im Kampf um das Präsidentenamt dieses Jahr auch die Senatsmehrheit zurück gewinnen könnten. Mindestens fünf republikanische Senatoren zittern nämlich um ihre Wiederwahl und haben in ihren Heimatstaaten mit erheblichem Gegenwind zu kämpfen.

[….] The U.S. Senate has 53 Republicans and 47 Democrats (including two independents). There are 35 seats up in 2020 - including special elections in Arizona and Georgia - of which 23 are held by the GOP. Democrats will need to gain 3 or 4 seats to take control. [….]

Realistischerweise müssten sie allerdings fünf Senatoren dazu gewinnen, da der Demokrat Doug Jones vor zwei Jahren in Alabama nur aufgrund extrem ungewöhnlicher Umstände gewann und vermutlich seinen Sitz in dem zutiefst roten Staat wieder an einen Republikaner verlieren wird.


Richtig gute Chancen den Senat blauer zu gestalten bestehen nicht, aber die Demokraten haben nicht völlig irreale Möglichkeiten in Colorado gegen Cory Gardner, in Arizona gegen Martha McSally, in North Carolina gegen Thom Tillis und in Maine gegen die mehr als berüchtigte Susan Collins.
Mit viel Glück gibt es auch noch Chancen in Iowa gegen Joni Ernst und in Montana gegen Steve Daines.


Hätten die Demokraten in beiden Kongresskammern die Mehrheit, wäre es für Donald-I-don’t-take-responsibility-at-all-Trump ganz angenehm. Es wäre ein perfekter ewiger Sündenbock da; für alles, das schief geht, müssten die Demokraten als Schwarzer Peter dienen. 
Das wäre auch der perfekte Vorwand nur noch mit Dekreten zu regieren und Vizepräsident Pence gegen Ivanka auszutauschen. Damit würde seiner fanatisierten Kult-Anhängerschaft signalisiert nun endgültig mit den verhassten Washingtoner Profipolitikern und Parteien gebrochen zu haben.
Andererseits könnte der Senat den Personalwünschen der Familie Trump empfindlich schaden.
Ein weiterer rassistischer Nazi für den Supreme Court käme nicht mehr so leicht durch den Senat.
Es bräche eine epische juristische Schlacht zwischen Weißem Haus und Kongress aus. Die Chancen dabei stünden nicht schlecht für die Trumps, da bereits in den ersten vier Jahren die Supreme Court-Mehrheit gedreht wurde und zudem hunderte ultrakonservative Demokraten-hassende Bundesrichter ernannt wurden.

Die USA würde in dieser Schlacht unweigerlich zum Failed State, in dem der Trump-Familie als letzte Superpower der alleinige militärische Oberbefehl bliebe.
Keine schönen Aussichten.


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