Sonntag, 21. Juni 2020

Trumpdämmerung?


Keine noch so ungeheuerliche Fehlleistung kann einen Trumpfan davon abhalten seinen cult-leader frenetisch anzufeuern.
Trump scheint immun gegen Skandale zu sein und auch am 20.06.2020 bewundern seine in Tulsa zusammengerotteten Jünger seine Ehrlichkeit. Ausgerechnet.
Der Mann, der bald 20.000 Lügen im Amt verbreitet hat und derartig dreist Fakenews verbreitet, daß sogar Twitter und Facebook beginnen seine Hetzpostings zu kennzeichnen oder gar zu löschen, wird dafür geliebt so ehrlich zu sein.


Seit dreieinhalb Jahren keimt fast jeden Tag der Gedanke auf ‚das muss Trump jetzt aber auch bei seinen eigenen Anhängern sehr schaden‘ und jedes Mal stellt sich das als Irrtum heraus.

Gestern am 20.06.2020, einen Tag nach dem zunächst angesetzten Termin am Juneteenth, dem Gedenktag zur Erinnerung an den 19. Juni 1865, dem Ende der US-Sklaverei, rief Trump seine Hardcore-Unterstützer in Tulsa, Oklahoma zusammen.
Auch dieser Ort ist, wie das Juneteenth eine einzige Provokation an die BLM-Proteste.

 [….] Donald Trump beginnt an diesem Wochenende seine Wahlkampftour. Ausgerechnet in Oklahoma, wo ein weißer Lynchmob im Mai und Juni 1921 Hunderte Schwarze ermordete. [….] Der republikanische Bürgermeister freut sich, dass der Präsident seine Stadt mit einem Besuch beehrt. "Es wäre schwierig, einen Staat zu finden, in dem die Kluft zwischen dem großartigen Amerika der reaktionären politischen Trump-Fantasie und der brutalen amerikanischen Wirklichkeit größer ist als in Oklahoma", schrieb der Theaterkritiker Frank Rich vor Kurzem anlässlich der Wiederaufführung des patriotischen Musicals "Oklahoma!".
Und es gibt auch kaum einen Ort in den Vereinigten Staaten, der für eine solche politische Kundgebung mehr vorbelastet wäre. Hier kam es vor einem Jahrhundert zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf Dutzende, wahrscheinlich Hunderte Menschen starben, die meisten davon Schwarze, deren Besitz geplündert und deren Wohnungen niedergebrannt wurden. Ein weißer Mob ging schwer bewaffnet gegen die Schwarzen vor; die Häuser wurden sogar aus der Luft angegriffen.
Noch bis vor wenigen Jahren wurde dieses Massaker regelrecht totgeschwiegen. Es gab keine gerichtliche Untersuchung, niemand wurde bestraft, es gab keinen Ausgleich für die Schäden in Millionenhöhe. Die meisten Amerikaner erfuhren erst kürzlich davon, als es die Streaming-Serie "Watchmen" (2019) in düsteren Schwarz-Weiß-Bildern vorführte. [….]


Neben Juneteenth/BLM, Tulsa gab es mit der Corona-Pandemie natürlich eine dritten triftigen Grund besser keine Trump-Massenveranstaltung stattfinden zu lassen.
Aber die Realität ist für echte Trumpster irrelevant und so rüstete sich die stramm republikanische Stadt im stramm republikanischen Staat Oklahoma für einen Massenastrum von mehreren Hunderttausend #MAGA-Hutbürgern ohne Masken für ihre Große Superspreader-Wahlkampfparty.


Eine Millionen Besucher hatten sich online angemeldet, so daß außerhalb der 20.000 Menschen fassenden Halle große Plätze mit Videoübertragungen vorgesehen waren.
Trump wollte niemand abweisen und sein angeknackstes Selbstbewußtsein im Bad der „TRUMP! FOUR MORE YEARS!“-Rufen aus Millionen Kehlen wieder aufpeppen.


Daraus wurde allerdings gar nichts, denn es kamen insgesamt nur 6.111 Menschen. Die Ränge in der Halle blieben leer.
Offenbar war das Weiße Haus von einer TikTok-Aktion getrollt worden.
Möglicherweise hunderttausende Teenager hatten sich online für die Tulsa-Maga-Rally registrieren lassen, um Trump in Euphorie zu versetzen, dann aber nicht zu erscheinen.

 [….] Vielleicht wird Donald Trumps Auftritt in Tulsa, Oklahoma, dereinst als der Moment in die Geschichte eingehen, in dem das Ende seiner Präsidentschaft absehbar wurde. Es sollte seine triumphale Rückkehr in den Wahlkampf werden. Der Auftritt des amerikanischen Präsidenten am Samstag war vorab von seinem Team mit Superlativen gefeiert worden. Mehr als eine Million Bestellungen für Tickets habe es gegeben. Der Andrang sei so groß, dass außerhalb der 19 000 Besucher fassenden Halle eine weitere Bühne aufgebaut wurde, um der Massen Herr zu werden. Die Realität sah dann so aus, dass die Halle zu mindestens einem Drittel leer blieb und sich vor der Außenbühne lediglich ein paar versprengte Fans des Präsidenten einfanden. Es wirkte wie eine Götterdämmerung, und Trump sprach wie ein Mann, der spürte, dass gerade etwas zu Ende geht. […..]

IQ45 war sichtlich irritiert, verhaspelte sich noch mehr als sonst und kehrte schließlich erschöpft, schwitzend, schwach und schlurfend mit ganz langem Gesicht ins Weiße Haus zurück.


So sehen Loser aus.

[….] Trump aus dem Tritt
In Tulsa wollte Trump den Neustart seiner Kampagne feiern, gar den Neustart des ganzen Landes. Es wurde ein Neustart der Peinlichkeiten. Und das hatte nicht nur mit seiner wirren Rede zu tun.
[….] Eine gute Stunde vorher hatte Trumps Kampagne auf Twitter einen Hilferuf abgesetzt: Es sind noch Plätze frei! Kommt! Als das Vorprogramm beginnt, ist die Halle kaum zur Hälfte besetzt. Das hat es lange nicht gegeben. [….] Fast eine Million Tickets seien vergeben worden, prahlte Trump Anfang der Woche. Die Halle werde bis zum Rand gefüllt sein. Es kamen dann so wenige, dass nicht mal mehr ein Ticket nötig war, um in die Halle zu kommen. Am Ende waren knapp 6200 Besucher da, teilte die Feuerwehr von Tulsa mit. [….] 


In Tulsa wurde Ende Mai/Anfang Juni 1921 eines der schlimmsten Massaker an Afroamerikanern in der Geschichte der USA begangen. Weiße brachten fast 300 Schwarze um. In seiner Rede erwähnt Trump weder den Juneteenth noch das Massaker.
Und die Hundertausenden friedlichen Demonstranten, die nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd am 25. Mai wegen Polizeigewalt auf die Straße gehen, für Trump sind sie alle Verrückte. "Wenn man diese Irren auf den Straßen sieht, da ist es doch verdammt schön, Waffen zu haben." Die Menge jubelt. Den Namen von George Floyd nimmt der US-Präsident nicht in den Mund. [….] Mehr als 45 Millionen Menschen haben sich seit Beginn der Pandemie arbeitslos gemeldet. Die Wirtschaft erlebt den heftigsten Einbruch seit Jahrzehnten. Trumps Plan, mit einer starken US-Wirtschaft in den Wahlkampf ziehen zu können, hat das Corona-Virus zunichte gemacht. [….]  Trump verdreht die Fakten, bis sie ihm passen. Er prahlt mit seinen angeblichen Erfolgen. Er übertreibt maßlos seine angeblichen Verhandlungskünste. Und stellt seinen mutmaßlichen Gegenkandidaten Joe Biden als leicht vertrottelten Dümmling dar, der zu verschnarcht sei, um Präsident werden zu dürfen.
Hier geht es nicht um Politik. Hier geht es um die Show. [….]






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