Seine Zustimmungswerte sind schwach; sogar FOX-News
meldet das. Daher tobt Trump vor Wut.
Zum 100-Tage-Jubiläum gibt auch erste große Demonstrationen gegen seine
Regierung.
Wirklich beunruhigen muss ihn das allerdings nicht. Seine
Macht ist nicht nur nicht gefährdet, sondern er sitzt fester im Sattel, denn
je. Der Welt-Intellektuelle, Historiker und Faschismus-Experte Timothy Snyder
beantwortet die Frage, ob Trump Faschist ist, mit einem klaren „Ja“. Viele wollten
sich diese Erkenntnis aber nicht eingestehen, weil das zum Handeln zwinge.
Trump dominiert Exekutive, Legislative und Judikative
nach Belieben. Die Gewaltenteilung ist weitgehend entfallen. Letzte aufmüpfige
Richter werden verhaftet.
[….] Es ist eine weitere
Eskalationsstufe im Konflikt zwischen der US-Regierung unter Donald Trump und
der Justiz: Am Freitag verhafteten Bundespolizisten des FBI in Milwaukee,
Wisconsin, die Bezirksrichterin Hannah Dugan. Der Vorwurf: Behinderung der
Justiz. Dugan, 65, hat sich vor ihrer Berufung als Richterin einen Namen als
Sozialanwältin gemacht.
Acht Tage zuvor hatte Dugan
vor Gericht eine Verhandlung wegen Körperverletzung gegen den mexikanischen
Staatsbürger Eduardo Flores-Ruiz geführt. Noch während Flores-Ruiz vor ihrer
Richterbank saß, erhielt sie die Information, dass insgesamt sechs Beamte vom
FBI, der Ausländerbehörde ICE, des Zolls und der Drogenbehörde DEA vor dem
Gerichtssaal ständen, um Flores-Ruiz festzunehmen. […]
(Bernd Pickert, 27.04.2025)
Presse und Notenbank, die man nicht zu den traditionellen
drei Staatsgewalten zählt, die aber dennoch unabhängig von der Exekutive
arbeiten sollen, bringt Trump ebenfalls längst unter seine Kontrolle. Es ist Faschismus.
[….] Donald Trumps Umbau
der Vereinigten Staaten von einer der ältesten Demokratien der Welt zu einer
protofaschistischen Kleptokratie schreitet beinahe ungebremst voran. Zwei der
drei offiziellen Staatsgewalten hat der US-Präsident bereits weitgehend geschleift:
Die Judikative, allen voran der Supreme Court , fällt entweder Urteile zu
seinen Gunsten oder wird von Trump ignoriert. Die Legislative, den Kongress,
umgeht der Präsident, der per Dekret regiert, weitgehend; die Republikanische
Partei hat sich ihm ohnehin ausgeliefert.
Sein nächstes Opfer könnte die amerikanische Notenbank Federal Reserve
(Fed) sein. Der US-Präsident liebäugelt damit, Fed-Chef Jerome Powell, den er
selbst 2017 als obersten Währungshüter nominiert hatte, durch einen
willfährigen Handlanger zu ersetzen. Der soll auf sein Geheiß die Leitzinsen
niedrig halten, damit sich Amerikas Wirtschaft mit billigen Krediten vollpumpen
und durch Zölle vor ausländischer Konkurrenz geschützt wachsen kann. Andere Schlüsse
lassen Trumps Tweets und sonstige Äußerungen nicht zu. [….] Zwar gehört
die Fed nicht zu den drei Staatsgewalten, die eine Demokratie im Kern
ausmachen. Aber genau wie regierungskritische Medien und das Recht auf freie
Meinungsäußerung gehört die politische Unabhängigkeit der Zentralbank zur DNA
jeder liberalen, demokratischen Marktwirtschaft. [….]
(Tim Bartz, SPON, 23.04.2025)
Aufmüpfige Studenten, Filibusternde Demokraten oder Kongressmitglieder beim Sit-In muss der
orange Autokrat wirklich nicht fürchten.
Die Masse der US-Amerikaner ist viel zu ungebildet, um zu
antizipieren, was ihnen da gerade droht und wie wichtig es wäre, rechtzeitig zu
handeln. Was das Ende der Rechtsstaatlichkeit für sie bedeutet, begreifen sie
nicht.
[…..] Abgesehen davon, dass es ethisch ohnehin
unvertretbar ist, wenn man die Rechtsstaatlichkeit abschafft, führt das auch zu
einem wirtschaftlichen Zusammenbruch. Das spielt sich gerade direkt vor unseren
Augen ab. Aber wenn man nicht glaubt, dass die Demokratie in Gefahr ist, kann
man auch nicht darüber reden, was das in einem breiteren sozialen oder
wirtschaftlichen Sinn bedeuten würde. Und jetzt sind wir alle ein Jahr zu spät
dran. Nicht alle. Aber das Land ist ein Jahr zu spät dran. Denn wir hätten das Jahr
2024 damit verbringen sollen, darüber zu reden, was passiert, wenn Oligarchen
an der Macht sind, wenn es Zölle gibt, wenn die staatlichen Institutionen nicht
funktionieren, und eben vor allem, wenn keine Rechtsstaatlichkeit mehr gibt.
Das ist der eine Teil der Antwort.
Der andere Teil der Antwort
ist, dass die Amerikaner sich selbst als außergewöhnlich ansehen. Dabei sind
sie, sind wir sehr provinziell. Es fällt uns schwer, uns vorzustellen, dass es
zu drastischen Veränderungen kommen könnte. Wenn es doch zu drastischen
Veränderungen kommt, heißt es dann: Das ist noch nie jemandem passiert. So wird
der Provinzialismus zu einem ständigen Gefühl der Überraschung. Ein Problem der
Amerikaner ist, dass sie nicht mit Menschen aus Brasilien, den Philippinen,
Polen, der Ukraine oder wo auch immer reden und denjenigen zuhören, die
erfolgreiche Erfahrungen gemacht haben. Und soweit ich weiß, sprechen
amerikanische CEOs auch nicht mit deutschen CEOs über die 1930er-Jahre und
welche Lehren deutsche Geschäftsleute aus dieser Zeit gezogen haben. [….]
(Prof. Timothy Snyder, 25.04.2025)
Die SADOPOPULISTISCHE Ausprägung des Trump-Faschismus
amüsiert die religiotischen Mitglieder des Trump-Kultes so hervorragend, daß
sie darüber die Realität vollständig verdrängen.

[…..] Was ich mit
Sadopopulismus meine, ist das Regieren durch die Verteilung von Schmerz. Man
verspricht also nicht mehr, dass die Regierung allen helfen wird. Was sie
sagen, ist, dass die Regierung im Grunde allen schadet, aber einigen mehr als
anderen. Und sie bieten die Möglichkeit an, zum inneren Kreis zu gehören. Wir
bieten ihnen die Möglichkeit, den Schmerz eines anderen als Voyeur zu erleben.
Das ist es, was meiner Meinung nach so beliebt ist. Da stimme ich Ihnen zu, das
ist jetzt eindeutig der Fall. Die Trump-Leute schieben ja nicht mehr Menschen
ab als die Biden-Regierung. Aber sie machen daraus ein Spektakel des Schmerzes.
Das ist ihr Stil. So wie die Angriffe auf Selenskij oder die Ablehnung von
jedem, der versucht, etwas Positives in der Welt zu tun. Die Regierung
funktioniert nicht wirklich, und alles, was sie tun können, ist, andere zu
entlassen, zu verletzen, zu schikanieren, abzuschieben und zu überwachen. Und
so gibt es eine Politik des Sadismus. Es ist mir nicht so wichtig, ob das jetzt
jeder als Faschismus ansieht, aber ich möchte darauf hinweisen, dass das
Spektakel des Schmerzes sehr gut mit dem Faschismus übereinstimmt, weil man
eine Politik von „wir“ und „sie“ auf der Grundlage eines Spektakels schafft.
Und wenn man sich die Videos ansieht, die die Sprecherin des Präsidenten,
Karoline Leavitt, als „fun videos“ bezeichnet, dann ist das genau das.
Das ist durchaus eine
faschistische Herangehensweise. Man soll sich mit den Leuten identifizieren,
die diese Menschen abschieben. Dann fragt man sich nicht: Wer sind diese Leute
eigentlich? Kamen die vor ein Gericht? Hat jemand wirklich Verbrechen begangen?
Sie sollen sich mit denjenigen identifizieren, die die Macht haben, Schmerz
zuzufügen. Also ja, das ist definitiv Sadismus. Ich glaube aber nicht, dass man
sagen kann, dass das nicht faschistisch sei. Ich finde, dass diese Videos ziemlich eindeutig
faschistisch sind. [….]
(Prof. Timothy Snyder, 25.04.2025)
Die Zeichen stehen also günstig für Trump: Extreme
Machtfülle in Kombination mit einem indolenten und verblödeten Urnenpöbel.
Eigentlich.
Uneigentlich gibt es aber multiple Faktoren, mit denen
sich Trump laufend selbst in die Füße schießt. Am augenfälligsten ist sicher
seine ökonomische Inkompetenz. Mit seinem Zoll-Chaos wird er ziemlich sicher
eine Rezession auslösen, die seine Fans im Portemonnaie merken werden.
Und beim Geld hört die Freundschaft auf.
Aufgrund der Unterqualifikation seiner gesamten
Regierung, die sich nur auf Destruktivität versteht, wird aber auch das
Funktionieren all dessen, das US-Amerikaner für selbstverständlich halten, mittelfristig
betroffen sein. Snyder hält einen daraus resultierenden Bürgerkrieg für
durchaus möglich.
[…..] Das hängt von uns ab.
Meiner Meinung nach ist das, was die Trump-Leute versuchen, unhaltbar. Diese
Anstrengungen, die amerikanische Bundesregierung gleichzeitig zu schwächen und
sie in ein Instrument der Unterdrückung zu verwandeln, ist in sich widersprüchlich.
Die Leute werden nicht nur lang-, sondern auch kurzfristig mit einer Regierung
unzufrieden sein, die ihnen ganz selbstverständliche Dinge verweigert, so wie
Gesundheitsversorgung, Datenschutz, Infrastruktur, Rente, Verbraucherschutz.
All die Aufgaben einer normalen Regierung ignorieren sie, stattdessen sehen sie
es als ihren Job an, Menschen zu unterdrücken, angefangen mit Menschen ohne
Papiere. Das ist auf lange Sicht ein sehr unbefriedigendes Projekt. Das wird
die Bundesregierung zum Einknicken bringen. Bundesstaaten werden sich fragen,
ob es noch sinnvoll ist, Teil dieser Union zu sein. Und natürlich wird es die
Menschen dazu bringen, zu protestieren. Das geschieht ja schon. Das ist alles
nicht haltbar. […..] Ich glaube nicht, dass es dazu führen wird, dass
die USA von einer in sich kohärenten Diktatur übernommen werden. Aber es kann
zu verschiedenen Zusammenbrüchen führen. Und klar, wenn das zu einem
Zusammenbruch des Gesundheitswesens führt, des Verbraucherschutzes, zu
Zusammenbrüchen wegen des Klimas, also zu Waldbränden oder Ähnlichem, dann
werden sie versuchen, das auszunutzen. Darüber müssen wir nachdenken.
[….]
(Prof. Timothy Snyder, 25.04.2025)