Dienstag, 30. November 2021

Eso-Ego-Trip

 

Es gibt Myriaden Gründe dafür, nicht religiös zu sein.

Die antihumanistische Moral, die verbrecherische Geschichte, der massenhafte sexuelle Missbrauch, die Geldgier, das Küngeln mit menschenverachtenden Diktatoren der Religionen. Der vielen offensichtlich falschen und unsinnigen Lehren. Flache Erde, Erschaffen der Frau aus der Rippe des Mannes, 900 Jahre alte Menschen, sprechende Schlangen, Kreationismus.

Außerdem erfordert Religiosität enorm viel Irrationalität. Da beten Menschen, um ihren Autoschlüssel wiederzufinden, glauben, Jesus helfe ihnen dabei, eine Klassenarbeit zu bestehen oder nicht beim Schwarzfahren erwischt zu werden. Das also tut Jesus, aber er unternimmt nichts, um das Verhungern von 20.000 kleinen Kindern pro Tag zu verhindern?

Jesus sorgt dafür, daß die entlaufene Katze wieder nach Hause kommt, konnte sich aber nicht aufraffen den sechs Millionen entsetzlich zu Tode gequälten Menschen in deutschen Konzentrationslagern zu helfen? Jesus hilft Krebs zu überstehen, heilt aber grundsätzlich keine Amputierten?

Das ist ein weiterer Punkt, der extrem gegen Religion spricht: Sie erfordert sagenhaften Egoismus.

Ein seit dem Urknall vorhandenes Wesen, das sich neben Quadrillionen Sonnensystemen auch um diesen einen unwichtigen kleinen Planeten Erde am Rande der Milchstraße kümmert, es dort mit rund 120 Milliarden Menschen-Seelen zu tun hat, die bereits gelebt haben, soll sich aber die Zeit nehmen, genau zuzuhören, wenn eine dieser irrelevanten Ameisen im Beichtstuhl sitzt und mit dem Pfarrer darüber spricht, wie oft in der letzten Woche masturbiert wurde? Was für eine sagenhafte Anmaßung, überhaupt auf die Idee zu kommen, daß so ein Gott sich ausgerechnet mit einem selbst beschäftigen sollte!

Die Inselverarmung in einem menschlichen Gehirn muss deutlich sein, wenn sein Besitzer sich für derartig bedeutend hält, daß ein im kosmischen Dimensionen agierender Schöpfer-Gott, akribisch darauf achtet, ob der kleine Homo Demens mit seiner nahezu unmessbar kurzen Femto-Lebensspanne, beim Mathetest abgeschrieben hat oder beim Anblick der Brüste der Nachbarin eine Erektion bekommt.

Der religiotische Ego-Wahn wird im Esoterik-Bereich ungebremst fortgeschrieben. Da sind Menschen, die fest davon überzeugt sind, die Erschaffer des Universums, die Erzengel würde ausgerechnet mit ihnen sprechen, sie wären Jesus und Maria persönlich begegnet.

Dabei verbindet die Astrologie die größten Dinge mit dem Kleinsten und Unwichtigsten.

An Astrologie zu glauben, ist natürlich ausgesprochen dumm. Aber wer kann schon etwas dafür, dumm zu sein? Insofern ist Dummheit auch verzeihlich.

An Astrologie zu glauben, ist aber auch sehr narzisstisch und das macht diesen Glauben so unsympathisch.

[…..]  Weit draußen in der Unendlichkeit verschwendet sich Hamal. Den Wasserstoff in seinem Inneren hat der Stern bereits aufgebraucht und er verballert weiter Brennstoff. Hamal strahlt etwa mit der 60-fachen Leuchtkraft der Sonne. Der Riesenstern verströmt seine Energie in knapp 66 Lichtjahren beziehungsweise etwa 622 Billionen Kilometern Entfernung zur Erde, es ist schon ein Stückchen. Dort draußen kreist der Himmelskörper um eine Kraft, die womöglich sogar jene des Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße übertrifft: das menschliche Ego. Hamal ist der hellste Punkt im Sternbild Widder. Für Astrologiegläubige bedeutet dies, dass er Leben und Erleben der Menschen auf der Erde beeinflusst. Wie viel Brennstoff es Hamal wohl kostet, sich um die irdisch-banalen Wünsche der Erdlinge zu kümmern?  Horoskope klingen meist wie eine Anmaßung kosmischen Ausmaßes. All die Sterne und Planeten da draußen wirken auf die Gesundheit, die Beziehungen und die Karriere der Menschen? Dieses egozentrische Weltbild scheint noch immer weit verbreitet zu sein, der irrationale Glaube an die Macht der Sterne findet weiterhin Anhänger. Diese Horoskopisten zeichnet offenbar ein leicht gesteigerter Hang zum Narzissmus aus, […..]  Gerade nämlich haben Wissenschaftler […..]  eine Studie publiziert, die diesen Schluss nahelegt. Die Forscher widmeten sich der Frage, anhand welcher Charaktermerkmale sich am ehesten vorhersagen lässt, ob ein Mensch an Astrologie glaubt. […..]  Als stärkster Prädikator entpuppte sich eine gesteigerte Selbstverliebtheit. Narzissmus stehe womöglich deshalb mit einem Glauben an Astrologie in Verbindung, so Andersson, weil beide Phänomene im Kern stark egozentrisch geprägt seien: Die ganze Welt, ach was, das ganze Universum mit seinen Galaxien, Sternen und Planeten dreht sich um mich und meine Wünsche! […..]

(SZ, 30.11.2021)

Montag, 29. November 2021

So eine Überraschung!

Bevor ich einen Internetzugang und damit eine Emailadresse bekam, war es für jeden ganz selbstverständlich, einen Vorrat an Briefmarken zu haben, die Post aus dem Briefkasten zu nehmen und selbst Briefe einzuwerfen.

Jeder kannte die Portopreise. In den 1990ern gab es diese längere Phase, als der Standardbrief, die Schallmauer von einer Mark erklommen hatte. Das schien einerseits sehr teuer, war aber andererseits so eine angenehm runde Summe, daß die Post lange keine weitere Erhöhung vornahm.  Ab dem 1. September 1997 aber, kostet das Porto  1,10 DM. Ich erinnere mich genau daran, weil dem zuständigen CSU-Bundespostminister Wolfgang Bötsch nicht eingefallen war, daß ein Bedarf an 10 Pfenning-Briefmarken entstehen könnte.

Ein echter Schildbürgerstreich. 83 Millionen Menschen in Deutschland saßen auf ihren gehorteten 1DM-Briefmarken, die über Nacht quasi unnütz geworden waren, strömten in die damals noch reichlich vorhandenen Postfilialen und prallten schon an den „keine 10-Pfening-Marken!“-Aushängen an der Tür ab. Es war zum Verrückt-werden, oft wurden Briefe aus der Not heraus mit 2 DM frankiert.

Vorausschauendes Denken ist in der Politik offensichtlich ein Problem, wenn es um Zeiträume geht, die über einer Wahlperiode liegen.

So sind Landesspolitiker, die alle vier oder fünf Jahre gewählt werden, ganz offensichtlich nicht in der Lage, von der Geburtenrate auf die Zahl der eingeschulten Kinder sechs Jahre später zu schließen.

Als ich in den 1970ern auf das Gymnasium kam, waren wir fünf Parallelklassen à 37 bis 38 Schüler. Einige Fächer konnten wegen des Lehrermangels erst mit Jahren Verspätung unterrichtet werden, die versprochenen Lateinkurse kamen nie zu Stande. Chemie begann erst in der 10. Klasse. In der Pausenhalle hing eine große Karikatur von einem grotesk mit Schülern überfüllten Pausenhof, vor denen ein einzelner Lehrer stand. In seiner Sprechblase stand „Guten Tag, ich bin die Lehrerschwemme, seid Ihr der Pillenknick?“

Über Jahrzehnte hielt sich das Klischee von den arbeitslosen Lehramtsstudenten, die alle Taxi fahren mussten, weil die Verhütung in den 1960ern zu immer weniger Kindern führen würde. Mein Leben lang musste ich aber als Angehöriger eines „geburtenstarken Jahrgangs“ erleben, wie überrascht man an Schulen, Ausbildungsbetrieben und Universitäten von unserer Anzahl war.

Woher kommt die Überraschung?

Müssten Kultusminister nicht aus den Geburtenzahlen präzise Prognosen für zukünftige Schüler- und Azubi-Zahlen anfertigen können? Sollte es nicht möglich sein, aus dem Alter der Lehrer zu extrapolieren, wann diese in Rente gehen?

Aber das ist höhere Mathematik.

CDU-Mann Bötsch hatte es bei der Verknappung der 10-Pfenning-Briefmarken von 1997 mit einer unmittelbaren Folge der Preiserhöhung von 100 Pf auf 110 Pf zu tun.

Der am meisten überraschte Minister ist aber Jens Spahn. Der Mann, der so katastrophal regiert, daß wohl nur einer von 83 Millionen Bürgern glücklich ist: Andi Scheuer, der lange Zeit wie einst George W. Bush davon ausgehen musste, für ewig der schlechteste Präsident seit Washington/Minister seit 1945 zu sein und dann angesichts der Horrorperformance Trumps/Spahns in erstaunlich mildem Licht dasteht.

[….] Der zum Glück bald Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat parallel die Logistik der Impfstoffverteilung schon wieder vermasselt. Die bestellten Mengen werden vorerst nicht ausgeliefert werden können, Haus- und Betriebsärzte, die einen Großteil der Booster-Kampagne stemmen sollen, müssen sich gedulden. Kam wohl wieder überraschend, dass die sechs Monate nach der Zweitimpfung auch wirklich nach sechs Monaten um sind und die Menschen, die eine Drittimpfung brauchen, auch wirklich alle möglichst schnell einen Piks haben wollen. [….]

(Julian König, 29.11.2021)

Ich wiederhole mich, aber das Unerträglich an der Corona-Pandemie ist gerade ihre Vorhersehbarkeit. Es tritt immer das ein, das seit Monaten prognostiziert wird. Die nicht irren Bürger, also etwa zwei Drittel der Bevölkerung, müssen in vollkommen überraschte Politikergesichter gucken, die spahning grinsend erklären, das hätten sie wirklich nicht kommen sehen.

Jens Spahn schafft dabei sogar den doppelten und dreifachen Bötsch, indem er von den unmittelbaren Folgen seiner eigenen Maßnahmen völlig überrumpelt wird.

Er ist verblüfft, als nach einem guten Jahr weltweiter intensiver Forschung an Corona-Impfstoffen, ein Corona-Impfstoff entwickelt wird. Ein Impfkonzept, eine Lieferungs-Infrastruktur hat er nicht vorbereitet.

Er ist furchtbar überrascht, als nach den Schulferien wieder die Schule losgeht und sich nicht wie von Zauberhand von ganz allein Luftfilterungsanlagen in den Klassenräumen materialisiert haben.

Er führt Maskenpflicht ein und staunt, daß Masken knapp werden.

Er wundert sich über die Knappheit von Schnelltests, nachdem er selbst im Sommer die Produktion der Tests runterfahren ließ und nun 2G+ einführt.

Er staunt über die Probleme, Impftermine zu bekommen, nachdem er die Impfzentren schließen ließ.

Er wird komplett überrumpelt, als nach der Alpha-, Beta- und Gamma-Variante des SarsCov2, noch eine weitere Mutante entsteht. Omikron in the house! Potzblitz.

Er ist wie vom Donner gerührt, als nach seiner dringenden Aufforderung, sich impfen und boostern zu lassen, während er gleichzeitig die Impfstofflieferungen an die Arztpraxen um 50% kürzt, die Moderna- und BioNTech-Vorräte alle sind.

Wer hätte denn DAS ahnen können?

[…..] Der Druck auf Ungeimpfte ist in den vergangenen Wochen kontinuierliche erhöht worden, zugleich ergingen Aufrufe zu Boosterimpfungen – so auch in Frankfurt am Main. Dort aber muss die Stadtverwaltung nach eigenen Angaben ihr Impfangebot schon wieder einschränken, wegen fehlender Dosen. Ab Dienstag seien keine Impfungen mehr an der Hauptwache möglich und auch Sonderimpfaktionen müssten abgesagt werden, teilt die Stadt mit. Grund sei, dass die vom Gesundheitsamt bestellten Impfungen vonseiten des Bundes einseitig reduziert worden seien. »Ganz Frankfurt ist stinksauer auf Berlin – und mir fehlen ehrlich gesagt die Worte«, erklärt Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD).  Besonders bitter: Nur wenige Stunden, nachdem Feldmann den Startschuss für einen sogenannten »Impfexpress« gegeben hatte, musste bereits dessen Ende verkünden. Laut seinem Gesundheitsdezernenten Stefan Majer mussten Impfteams bereits Impfwillige wegschicken - weil sie nicht genügend Impfstoff zur verfügung hatten. »Und das in einer Situation, in der die Infektionszahlen nur eine Richtung kennen – steil nach oben. Dafür fehlt den Menschen zu Recht jedes Verständnis«, so Feldmann. […..]

(SPON, 29.11.2021)

Es scheint fast so, als ob Jens Spahn im Angesicht seines Ministerendes den Karren absichtlich noch so tief in den Dreck fahren will, daß der nächste Gesundheitsminister den Saustall kaum wieder in Gang bekommen kann.

Je katastrophaler die Lage, desto größer die Chance für Spahn, daß die Wähler beginnen werden, seinen Nachfolger verantwortlich zu machen. Je heftiger das Sterben auf den Intensivstationen, je länger der Lockdown über die Wintermonate, desto eher wird man vergessen, was Spahn angerichtet hat.

[….] So katastrophal ist das Erbe von Jens Spahn

Er ist das Gesicht des Missmanagements in der Corona-Krise geworden: Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Offenbar planlos versucht er seit über einem Jahr der Pandemie Herr zu werden – und stolpert über eigene Versprechen. Wer sein Nachfolger wird, ist unklar. Sicher ist jedoch: Allein das Chaos zu beseitigen ist eine Herkules-Aufgabe. Der zweite Corona-Winter, die vierte Infektionswelle. Doch wer dem Bundesgesundheitsminister zuschaut, könnte meinen, wir befänden uns im ersten Krisenmonat. Nicht entschlossenes Handeln und klare Kommunikation bestimmen die Corona-Politik, sondern hektisches Ausbessern verpasster Gelegenheiten. So wollte Spahn die Auslieferung von Biontech-Impfstoff an Ärzte begrenzen, während die Zahl der Corona-Neuinfektionen rasant steigt. [….] Gleichzeitig hat Spahn alle Bürger ab 18 Jahren zur Booster-Impfung aufgerufen – ohne den Vorgang zuvor konkret zu planen. Das Ergebnis: Chaos und meterlange Warteschlangen vor und in den Arztpraxen und den Impfzentren. Das Hauptproblem: Es steht vor Ort zu wenig Impfstoff zur Verfügung. Wie die „Bild“ berichtet, haben 100.000 Ärzte für diese Woche 8,57 Millionen Dosen Impfstoff bestellt – 4,65 Millionen von Biontech und knapp 4 Millionen von Moderna. Doch es kann wohl nur knapp die Hälfte der bestellten Menge von Biontech ausgeliefert werden. [….]  In Niedersachsen droht ab Montag der Ausfall von bereits vereinbarten Impfterminen und die Verschiebung des Starts in 180 zusätzlichen Impfpraxen. Doch nicht nur der Impfstoff, auch die Corona-Selbsttests sind knapp. Auch hier das Problem: Hohe Nachfrage trifft auf ein zu kleines Angebot. Vielerorts ist es derzeit nicht möglich, Tests zu bekommen – im Sommer wurde aufgrund der entspannten Lage die Produktion heruntergefahren. [….]

(MoPo, 29.11.2021)

Jens Nero hinterlässt eine toxische Landschaft.

Sonntag, 28. November 2021

Willkommen Omicron

 Die Fußballstadien sind voll, RTLs „Let’s Dance“-Show ist auf LIVE-Tour, dazu rotteten sich gestern 11.000 Menschen in der Kölner Lanxess Arena zusammen; heute sind es ähnlich viele im

Düsseldorfer ISS Dome. (Nur die Stationen Stuttgart und München fielen aus.)

In meiner nächsten Einkaufsstraße ist es relativ eng; daher gibt es dort keinen richtigen eingezäunten Weihnachtsmarkt, aber doch eine ganze Reihe überdachter Glühwein-Sauftresen, an denen sich die Hamburger maskenlos eng, wie in einer Sardinendose zusammenpressen, grölen, lachen und singen.

Die Jungen lassen noch mal richtig die Sau raus – wer weiß, wie lange es noch geht?

[….] Die Corona-Zahlen schießen täglich in die Höhe, die Inzidenz steigt kontinuierlich, dazu kommt die Gefahr vor einer neuen, noch schwereren Covid-Variante mit dem Namen Omikron: Die vierte Welle hat Hamburg fest im Griff. Und doch feiern auf dem Kiez in St. Pauli die Massen weiter.  [….]

(MoPo, 28.11.2021)

Es braut sich aber etwas zusammen. Zumindest in den Bundesländern, die nicht BW, Bayern oder Ex-DDR sind, ahnen die Bürger, wie ungemütlich es noch werden könnte; strömen daher zu den Impfstationen. Entweder zur Erstimpfung oder zum Boostern.

Jens Spahn und das Bundesgesundheitsministerium sind natürlich überrascht von der Realität, die genauso eintritt, wie sie prognostiziert wurde.

Daher hatte der gefährlichste Minister Nachkriegsdeutschlands die Impfzentren vorher schließen lassen und rationiert nun die Impfstoffausgabe.

Wo in Hamburg Corona-Impfungen möglich sind, bilden sich groteske kilometerlange Schlangen. Viele standen fünf Stunden und mehr in der Kälte vor dem Impfzentrum in der Elbphilharmonie an; oft vergeblich. Wer sich konform der Regierungsempfehlungen verhielt, hat wenig Chancen auf kompletten Impfschutz.

[….] Ich möchte geboostert werden – und hab’s genauso gemacht wie vom Senat empfohlen. 1. Hausarzt angerufen: In diesem Jahr keine Termine mehr. 2. Das Impftermin-Tool der Stadt probiert: nichts mehr frei. 3. Termin bei den Impfzentren der Krankenhäuser suchen: ausgebucht. 4. Praxis von der Liste derer kontaktiert, die auch Nicht-Patienten impfen: „Vergessen Sie es, wir sind noch bei den über 70-Jährigen und Praxisfremde aktuell sowieso nicht.“ Vierte Welle, herzlich willkommen, ich bin dabei!  [….]

(Mathis Neuburger, MoPo, 25.11.2021)

Das Impfen in den Hausarztpraxen ist weitgehend zusammengebrochen, weil Jens Spahn in seiner ganzen Weisheit, die BioNTech-Ausgabe auf 30 Dosen pro Woche und Praxis beschränkte. In der Folge davon ging auch der vorrätige Moderna-Impfstopf aus.

[….] Corona Hamburg: Dramatischer Impfstoffmangel – Hausärzte sind frustriert.  Praxen bekommen viel weniger BionTech und Moderna als bestellt, Termine werden abgesagt. Ärzteverband attackiert Spahn. [….]

(Hamburger Abendblatt, 27.11.2021)

Wer in den letzten Wochen das Glück hatte, einen regulären Booster-Termin zu ergattern, hat sich vielfach zu früh gefreut.

Die von Spahn im Regen stehen gelassene Stadt, muss reihenweise Absagen rausschicken.

Bei so viel Unglück, kommt auch noch Pech hinzu.

Am gestrigen Samstag sollten Impfwillige sich von 13 bis 19 Uhr an der Impfstelle Kühnehöfe in Altona einfinden und ohne Anmeldung mit Biontech, Moderna und Johnson & Johnson erst- oder zweitgeimpft oder eine Auffrischung erhalten können – Anmeldung nicht nötig. Die Nachfrage war enorm; schon um 12.00 Uhr standen Hunderte im Regen Schlange. Allein; es war vergeblich. Diese Impfstelle wurde von den Behörden schlicht „vergessen.“ Nach ein paar Stunden wurden sie von der Polizei nach Hause geschickt. Willkommen in Schilda.

Unterdessen hat die Inzidenz im Bundesland Sachsen die Marke von 1.200 überschritten. Allerdings sind die Zahlen vom heutigen Sonntag natürlich nur unter Vorbehalt zu bewerten, da nach zwei Jahren Pandemie immer noch einige Gesundheitsämter nicht im Fax-Zeitalter angekommen sind und am Wochenende keine Zahlen melden können. Der Grund dafür ist auch ein Schildbürgerstreich: Die Öffnungszeiten. Von Freitag 17.00 Uhr bis Montag 08.00 Uhr sind sie nicht besetzt.

Nach 16 Jahren Schlafwagen-Regierung Merkel, ist Deutschland eine Komiker-Nation geworden. Hoffnungslos abgehängt, vom Rest der Welt ausgelacht.

Es ist weit nach 12. Die Regierung muss sofort handeln.

[…..] Wenn es eine Frage gibt, die sich der Ampel-Koalition nicht mehr stellt, ist es die nach der Schonfrist. Früher einmal ist, auch wenn das vermutlich nie gestimmt hat, von 100 Tagen die Rede gewesen, während derer eine neue Regierung sich sortieren kann. Dann erst sollte es erste Zensuren geben. Olaf Scholz und seiner Mannschaft bleiben nicht einmal 100 Stunden. Die ersten Vorentscheidungen darüber, ob das Ampel-Bündnis sich bewährt oder nicht, fallen schon, bevor der erste Amtseid gesprochen ist. Noch ehe er vom Bundestag gewählt wird, muss der neue Kanzler beweisen, dass er in der Lage ist, Schaden vom Land abzuwenden. Die sich auftürmende vierte Corona-Welle und die bedrohlich ansteckende Omikron-Variante des Virus zwingen zum Handeln. Jetzt. […..] Was immer sich die erste Ampel-Koalition auf Bundesebene auch vorgenommen haben mag für den Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit oder die gesellschaftliche Modernisierung - nichts davon kann gelingen, wenn die neue Regierung an ihrer vordringlichsten Aufgabe scheitert: die Gesundheitskatastrophe einzudämmen. […..]

(Daniel Brössler, 28.11.2021)

Und nun, was haben die Großen und Wichtigen der Ampel zu diesem überfällig dringenden Handlungsbedarf zu sagen?

Die Kanzlerkandidatin und designierte nächste Außenministerin klärt auf.

[….] «Wir haben uns zehn Tage Zeit gegeben, um zu sehen, sind wir bei den Booster-Impfungen, sind wir bei den Schutzmaßnahmen weit genug gekommen», sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock in der ARD. Der neue Bund-Länder-Krisenstab solle die Situation täglich unter die Lupe nehmen. Nach diesen zehn Tagen werde man gemeinsam analysieren, ob weitere Maßnahmen nötig seien. […..]

(STERN, 25.11.2021)

Erst mal in Ruhe abwarten, dann noch mal überlegen.

Kann man sich nicht ausdenken.

No Hope For The Human Race.

Samstag, 27. November 2021

Evangelen-Sumpf.

Wenn erzkonservative Dunkelkatholiken mit liberaleren Katholo-Laiinnen über den künftigen Kurs ihrer Kirche streiten, kontern sie die gängigen Hauptforderungen (Ende des Zölibats, Anerkennung Homosexueller, Frauenpriestertum) gern mit einem Todschlagargument:
Das alles biete doch die protestantische Konkurrenz und aus der EKD träten sogar noch mehr Menschen aus, als die RKK Mitglieder verliere.

Die organisierten Frommen der EKD; von Göring-Kirchentag über Steinmeier bis de Maizière; ärgert das natürlich. Sie verweisen auf die traditionell lockeren –Kirchen-Bindungen der protestantischen Bevölkerung in Deutschlands Nord-Osten. Die Kirchensteuerbelastung ist in beiden Konfessionen gleich.

Aus meiner Sicht gleichen die größeren Skandale auf der katholischen Seite – massenhaftes Kinderfi**en und Raffgier – das öde Image und schwächere Personal der evangelischen Kirche aus.

Grundsätzlich sind aber beide Konfessionen unrettbar auf dem absteigenden Ast, weil sie beide auf der Bibel mit all ihren aus der Zeit gefallenen Grausamkeiten – Sklaverei, Homohass, Frauendiskriminierung und Antisemitismus – fußen.

Wer will sich schon auf einen Gott stützen, der achselzuckend den Holocaust zuließ, täglich Myriaden Kinder elend verhungern lässt, während Bischöfe in Palästen wohnen und zudem selbst eine höchst unsympathische Vergangenheit hat?
Immerhin ließ Gott=Jesus bei der Sintflut aus Ärger über seine eigenen Konstruktionsfehler, nahezu seine gesamte Schöpfung, Mann und Maus, elendig verrecken.  Außer natürlich die australische Fauna. Kängurus und Koalas wurden offensichtlich von einem anderen Gott hergestellt; die kannte Jesus noch nicht, daher kommen sie nicht in der Bibel vor. Ähnlich wie Bisons, Pumas oder Panther.

Die Unterschiede der Konfessionen sind historisch betrachtet marginal. Natürlich war Luther ein besonders unangenehmer Menschenfeind, der intensiv danach trachtete Bauern und Juden zu vernichten.  Seine Kirche kannte viereinhalb Jahrhunderte nur Männer auf den Kanzeln, störte sich nicht an Sklaverei und war sicherlich nie schwulentolerant. Mit Hitler und der NSdAP verstanden sich die Nachfolger Luthers daher prächtig – in der „Judenfrage“ war man sich völlig einig.

Bei dem Mega-Thema der Katholiken der letzten 20 Jahre, also dem Sichtbarwerden der des weltweiten massenhaften sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Priester und Nonnen; man denke nur an die Massengräber, die katholische Bildungseinrichtungen in Kanada umgeben; haben die Evangelen keineswegs eine weißte Weste.

(….) Ein Abscheulichkeits-Maximum erreichte die kirchliche Kinderfolter im 19. und 20. Jahrhundert in Kanada. Dort wurden in 139. katholischen Einrichtungen rund 150.000 indigene Kinder gefoltert und tausende davon umgebracht.   Im Mai 2021 entdeckte man in der westkanadischen katholischen „Residential School“ bei Kamloops (British Columbia), die bis 1978 betrieben wurde, 215 Kinderleichen, die die Geistlichen einfach heimlich verscharrt hatten.  Wenige Wochen später, der nächste Fund. Diesmal waren es 751 anonyme Kindergräber bei einem katholischen Kinderheim in der Provinz Saskatchewan. (….)

(Wenn das Mitleid aufgebraucht ist, 05.07.2021)

Da sie keinen Zölibat kennen, locken Protestanten nicht so gezielt Pädo- und Paraphile in ihre Nachwuchsförderung, so daß kleine Jungs heute, in von der protestantischen Kirche getragenen Einrichtungen, nicht ganz so wahrscheinlich sexuell missbraucht werden. Aber natürlich ist die abscheuliche, sadistische Grausamkeit, unter der Hunderttausende deutsche Kinder nach 1945 in evangelischen Heimen leiden mussten, auch nicht besser als das was in katholischen Internaten geschah.

Auch die evangelische Kirchenführung von heute tut alles dafür, um zu vertuschen und sich um Entschädigungszahlungen zu drücken.

[….] Die Katholiken sind in der Aufarbeitung ihrer Missbrauchsfälle weiter als die Glaubensgeschwister. Die evangelische Kirche braucht endlich einen unabhängigen Missbrauchsbeauftragten. [….]

(Annette Zoch, SZ, 07.11.2021)

Aber auch in der Frage der Raffgier auf Kosten der Armen und Schwachen, darf man die evangelische Kirche nicht unterschätzen.

Der katholische Erzbischof Heße hatte in Hamburg bekanntlich geradezu vorbildlich die treuesten Mitglieder aus der Kirche gejagt, indem er katholische Schulen schloss, um mit dem Verkauf der Grundstücke Geld zu machen.

(….)  Mit Heße stimmt mein Weltbild wieder.  Der Mann stammt wie so viele Bischöfe aus der ultrakonservativen Kardinal-Meisner-Schule und hat dort alles gelernt, was man braucht, um die Katholiken zu vertreiben.

Er ist unsympathisch, raffgierig, fundamentalistisch, lügnerisch und hat zudem wie es sich für einen guten Kölner Toptheologen gehört auch persönliche Kinderficker-Altlasten, indem er die Täter schützte und den Opfern den ausgestreckten Mittelfinger zeigte.

Binnen kurzer Zeit schaffte er es, sich in Hamburg maximal unbeliebt zu machen, schloss ein Dutzend Hamburger Schulen – inklusive einer Pflegeschule im Jahr 2020.

(….) Neues Opfer der hanseatischen Katholiken ist die Pflegeschule des Krankenhauses Groß-Sand in Hamburg-Wilhelmsburg.    Es ist ja bekannt, daß wir in Deutschland eine derartige Pflegekräfte-Schwemme haben, daß niemand noch mehr Krankenschwestern oder Altenpfleger gebrauchen kann.    Außerdem haben wir in Hamburg insgesamt genau eine Pflegeschule im Großraum Harburg-Bergedorf; da kann man sie doch ebenso gut schließen.

[…..] Die Krankenpflegeschule am katholischen Krankenhaus Groß-Sand in Wilhelmsburg wird Anfang Oktober geschlossen. Hamburg verliert damit die einzige Krankenpflege-Schule südlich der Elbe. Der Schritt stößt bei den Betroffenen und den Hamburger Behörden auf Bedauern und Unverständnis.   Mitarbeitende, Schülerinnen und Schüler seien aus allen Wolken gefallen, als die Schließungspläne verkündet wurden, erzählt eine Betroffene NDR 90,3. Die Schule sei im Quartier etabliert, hätte akademisch überdurchschnittliche Absolventinnen und Absolventen und wurde sich finanziell quasi selbst tragen. […..]

(NDR, 06.07.2020)

Es ist daher auch ganz unverständlich wieso ausgerechnet in den eher sozial schwachen südlichen Stadtteilen Menschen den Pflegeberuf erlernen wollen.  Haben die denn noch nie von der Friedrich-Merz-Alternative gehört? Statt umständlich so einen Pflege-Unsinn zu lernen, könnten sie doch lieber in Hedegefonds und Private Equity investieren. Wissen das die Migranten auf der Veddel etwa nicht? (…..)

(Neues vom Raffgier-Erzbistum, 25.08.2020)

Kinder auf die Straße setzen, um dann mit der freigewordenen Immobilie Kasse zu machen – so geht Christentum.

Daher will auch die evangelische Kirche in Hamburg mitmachen und nimmt sich ein Beispiel an Heße.

Direkt neben der Christuskirche in Hamburg-Eimsbüttel befindet sich die „KinderVilla“.

[….] 1991 gründeten mehrere Eltern den Verein Kindervilla Fruchtallee e.V. – eine inklusive Kita für Kinder mit und ohne Entwicklungsauffälligkeiten. Kitaleiterin Wortmann beschreibt das Konzept als besonders in Eimsbüttel: „Inklusion ist für uns ein Lebensmodell und ein Anker für die Kinder.“ Es gibt 50 Kita-Plätze, davon zehn für Kinder mit Behinderungen.  [….]

(MoPo, 24.11.2021)

Das Pachtgrundstück gehört zwar der Stadt Hamburg, aber das Gebäude der Kirche. Und der sind die 50 Blagen lästig, denn sie wittert einen hochlukrativen Immobiliendeal.    2013 hatte die Christuskirche der „KinderVilla“ einen langfristigen Mietvertrag zugesichert. Da die Hälfte der Mieteinnahmen ohnehin an den Staat fließt, ging es scheinbar nicht um riesige Summen.

Der Verein investierte 15.000 Euro in die Renovierung der Kita-Räume.

Aber in den letzten acht Jahren sind nicht nur die Immobilienpreise, sondern auch die Mieten in Hamburg drastisch angestiegen. Was schert also die Kirche ihr Geschwätz von gestern, wenn der Rubel richtig rollen könnte?

[….] Drei Jahre später änderte sich das – „langfristig“ ersetzte die Kirche plötzlich durch „befristet“ für fünf, maximal sieben Jahre. Weniger Mitglieder, weniger Kirchensteuern. „Wir müssen schauen, wie wir unsere Gelder einsetzen“, sagt Claudia Dreyer, Vorsitzende des evangelischen Kirchengemeinderats in Eimsbüttel. Weil sich die Vermietung der Fruchtallee 22 nicht mehr rentiert, will die Kirche mit eigenen Institutionen einziehen. „Dadurch werden andere Immobilien frei, die wir lukrativer vermieten können.“ [….]

(Eimsbüttler Nachrichten, 24.11.2021)

Die Kirchengemeinde kündigte 2016 den, ihrer Ansicht nach so wenig lukrativen Kindern wegen Eigenbedarfs. Das wäre ja noch schöner, wenn man wegen der paar Gören keinen Reichbach machen könnte. Drei Jahre gab sie der „KiVi“ Zeit für die behinderten und nicht behinderten Kinder andere Räume zu finden.

Immobilien in Hamburg zu finden ist schwer – am schwersten in Hamburg-Eimsbüttel.  Wenig überraschenderweise blieb daher die Suche nach Räumen (214-315 qm) mit einer Außenfläche (100-150 qm) zu maximal 20 Euro/qm Miete in Eimsbüttel erfolglos.

Kita-Leiterin Anke Wortmann ist verzweifelt; mutmaßlich wird ihre inklusive Einrichtung nicht überleben. Die Kinder würden auf andere Kitas in Stadtgebiet verstreut, Freundschaften auseinandergerissen, die Behinderten wieder in geschlossenen Einrichtungen verschwinden und die Mitarbeiter ihre Jobs verlieren.

Der Kirche ist es egal – raus mit dem Pack.

[…..] Für viele der in der Kindervilla betreuten Kinder bleibt diese besondere Kindertagesstätte ein Ankerpunkt bis ins Erwachsenenalter. Dort wird eine Gemeinschaft gelebt, in der die Diversität von den Kindern bis hin zu den Beschäftigten gelebte Normalität darstellt. Durch diese tief verankerte Haltung zur Inklusion leistet die Kindervilla einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag, der weit über die Kinderbetreuung hinausgeht. Der Vermieter hat 2021 unmissverständlich signalisiert, dass die Kindervilla das Gebäude an der Christuskirche bis Sommer 2023 freimachen müsse, da eigene Nutzungspläne mit der Immobilie verfolgt würden. [….]

(SAT1, 10.11.2021)

Freitag, 26. November 2021

Weniger überraschend geht es nicht.

Das größte Ärgernis der Corona-Pandemie ist nach der ersten großen Verunsicherung des Frühjahrs 2020, daß wir nun so viel über das Virus, die Infektionswege und die Verhinderung der Ausbreitung wissen. Und uns dennoch so dämlich verhalten.

Am Anfang musste man so viel lernen.

Was ist ein Lockdown, welche Geschäfte sind offen, welche nicht, wen schützen welche Masken, wie desinfiziert man Masken, wie lange wäscht man sich die Hände, um Sars-CoV-2 loszuwerden, woher bekommt man Desinfektionsmittel, welche Impfstoffe werden entwickelt, wie viele Piekse braucht es, wo und wie lässt man sich impfen, wie lange hält der Schutz, wie funktionieren die Coronatests, wie macht man einen Selbsttest, was ist der Unterschied von AG-Test und PCR-Test, was bedeutet R-Wert, was ist eine Inzidenz, Herdenimmunität, schwedischer Sonderweg, Alpha-, Beta-, Delta, Omicron, Spike-Protein, Ny-Variante, Viruslast, Hospitalisierungsquote, flatten the curve, Triage, No Covid, Long Covid, wer sind Kekulé, Streek, Drosten, Lauterbach, Schmidt-Chanasit, Brinkmann, was bedeutet Kontaktverfolgung, wie bekomme ich die Corona-App, wozu taugt Luca, was bedeuten 2G, 3G und 2G+, was ist PEI, was ist RKI und was ist STIKO, was können FFP2-Masken, das medizinische Masken nicht leisten, wer bekommt staatliche Corona-Hilfen?

Es mussten viele Informationen in die Hirne von 82 Millionen Bundesbürgern.

Manchmal staune ich immer noch, wenn ich mitten in einem großen Supermarkt stehe, um mich gucke und wirklich jeder einzelne Kunde eine FFP-Maske trägt. Könnte man sein Ich aus dem Jahr 2019 in den November 2021 beamen, würde es sich sehr wundern. Die Abstandsmarkierungen auf dem Boden, die Plexiglasverkleidungen um Kassierer und Verkäufer, die allgegenwärtigen Desinfektionsspender.

Wenn aber schon das gemeine Volk, das wirklich nicht besonders schlau ist, BILD-Zeitung liest, sich in Querfront-Blasen herumtreibt und doofe Parteien wählt, all diese epidemiologisch relevanten Begriffe und Verhaltensweisen kennt, wie kann es dann sein, daß die zuständigen Fachleute in den Bundesbehörden weiterhin so auf dem Schlauch stehen und immer wieder unvorbereitet tumb-tapsig in neue Wellen stolpern?
Wieso gestaltet sich das Großversagen des Bundesgesundheitsministers und der Bundesregierung immer als Déjà Vu? Wieso kommen wir einfach nicht weiter?

Dr. Mai Thi Nguyen-Kim kann ich wie immer nur loben und wärmstens weiterempfehlen, aber es wird nicht ihr letztes Corona-Video sein, weil Delta eben nicht die letzte Variante ist.

Etwas, das auch seit einem Jahr gebetmühlenhaft wiederholt wird, ohne irgendeine Wirkung bei den politisch Verantwortlichen zu zeigen, ist der Spruch ‚statt 3. Impfung für die 1. Welt, sollte man die 1. Impfung für die 3. Welt in Angriff nehmen‘.

Idealerweise können wir gleichzeitig gehen und Kaugummi kauen, wie der Amerikaner sagt. Also in Deutschland die Impflücke schließen, eifrig boostern und gleichzeitig genügend Vakzine nach Afrika schicken. Daran hapert es aber.

In vielen Afrikanischen Ländern wurde so gut wie noch gar nicht geimpft.


Also passiert dort das, was ebenfalls alle Virologen voraussagten: In der weitgehend ungeimpften Bevölkerung kann sich Sars-CoV2 ungehindert ausbreiten und neue Mutationen hervorbringen.

So geschah es just in Südafrika mit der neuen, noch gefährlicheren und noch ansteckenderen Omicron-Variante B.1.1.529.

Neue Variante B11529 scheint zum ersten mal echte massive Durchbruchsvariante zu sein. Die vielen Mutationen sprechen für Entstehung in HIV Patienten. Was tun: Grenzen SA dicht. PCR Suche nach N11529. Boostern so schnell wie möglich. Durchbruch gegen Booster unwahrscheinlich.

(Karl Lauterbach, 26.11.2021)

Wieso ist neue Variante B11529 so gefährlich? Wie kommt man darauf? Weil sie fast alle Mutationen von Alpha, Beta, Gamma und Delta zusammen hat. In 2 Wochen kennt man Wirkung Impfung. Wenn Impfung angepasst werden muss käme neuer Impfstoff in 3 Mon. Booster wirken wahrscheinlich.

(Karl Lauterbach, 26.11.2021)

Das musste so kommen, weil wir Erste-Welt-Egoisten vergessen haben, daß es eine Globalisierung gibt, wir uns nicht virologisch gegen den Rest der Welt abschotten können und den teuren Impfstoff weitgehend für uns selbst reservieren.

Das gehört alles in die Schublade „sehenden Auges hineingerannt“.

[……] Die Corona-Neuinfektionen steigen und steigen, das Schlimmste, das lässt sich nüchtern in Zahlen beschreiben: Über alle Altersgruppen hinweg beträgt die sogenannte Fallsterblichkeit von Sars-CoV-2 deutschlandweit derzeit etwa 0,8 Prozent. Von den 76 000 Menschen, die am Freitag mit einer Infektion in die Meldedaten eingingen, werden in wenigen Wochen etwa 600 nicht mehr am Leben sein.  Man habe schlicht das Schlimmste nicht sehen wollen, sagte zerknirscht der künftige Vizekanzler Robert Habeck im TV-Talk von Maybrit Illner - wobei kaum zu übersehen ist, wie Deutschland in die Katastrophe rast. Hunderte Menschen sterben jeden Tag an dem Virus, die Intensivmedizin brennt, Schlimmes, das man nicht sehen will, passiert längst vor unseren Augen. Statt wenigstens jetzt zu reagieren, zanken sich ehemalige und zukünftige Koalitionäre vor Fernsehkameras, wer genau denn schuld ist an dem Schlamassel und was nun alles kommen könnte, als gehe es um die drohende Pleite einer Gummibärchenfabrik. Beispiel Impfpflicht. Joa, hätte man vielleicht schon längst machen können, kann man vielleicht auch immer noch, bringe aber wenig, um das Virus sofort zu bremsen, heißt es hier und da in Berlin. Das stimmt sogar, nur: Heute nichts tun zu wollen, weil es ja erst morgen etwas hilft, das hat schon während der zweiten und der dritten Welle dazu geführt, dass Maßnahmen viel zu spät kamen. Sehr viele Menschen haben diese Schauen-wir-mal-Rhetorik mit dem Leben bezahlt. [……] Dabei predigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler - von der WHO in Genf bis zum Virologie-Institut der Berliner Charité - seit Monaten: Den Kampf gegen das Virus gewinnt die Welt nur, wenn sie schnell, global und entschlossen reagiert, jeder Tag zählt. [……] Wer Impfpflicht und Lockdown ausschließt, wird am Ende die Triage hinnehmen müssen. [….]

(Felix Hütten, SZ, 27.11.2021)

Perfide Chancen

 Wie kann man Politik nur langweilig finden?

Im Moment verfluche ich die Stunden, in denen ich arbeitenderweise außer Haus sein muss.  Am liebsten würde ich 24/7 Zeitungen lesen, Kolumnen konsumieren und TV-Diskussionen über die Ampel angucken. Es ist eine ungeheuer spannende Zeit, in der etwas Neues entsteht, geheime Personal-Tableaus bewertet werden und insbesondere die vielen Spindoktoren versuchen, der allgemeinen Wahrnehmung ihr Narrativ aufzuoktroyieren.

Das wird gelegentlich allerfeinste Realsatire, die kein Kabarettist ironisch weiter überzeichnen könnte. Ausgerechnet die bräsige eingeschlafene-Füße-Union, die in 16 Jahren so ziemlich jede Entwicklung gründlich verschlafen hat, hält die Ampel für zu unmodern.

[….] Union kritisiert fehlenden Aufbruch im Ampel-Koalitionsvertrag.  Die Union hat den Koalitionsvertrag der geplanten Ampel-Regierung als unzureichend kritisiert. "Wir erkennen nicht den Aufbruch", sagte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) am Mittwoch in Berlin. Es sei auch nicht zu erkennen, wie die Vorhaben der geplanten neuen Bundesregierung finanziell untermauert seien. In dieselbe Kerbe schlug CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak. Der Koalitionsvertrag sei "blass" und "unkonkret". Die Ampel-Parteien hätten zudem etwa die Chance verpasst, ein Digitalministerium zu gründen. [….]

(AFP, 24.11.2021)

Klar, so ultra-hip und sexy, wie Trendsetterin Merkel kommt Rot-Gelb-Grün nicht rüber.

In Wahrheit hyperventilieren CDU und AfD angesichts all der gesellschaftlichen Änderungen vor Schock.

[….] Da müssen Konservative einiges schlucken: Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP verheißt eine gesellschaftspolitische Zeitenwende. [….] Denn egal, wie man die klima-, verkehrs-, außen- oder steuerpolitischen Vorhaben der Ampel-Koalition bewerten mag - gesellschaftspolitisch bedeutet der Vertrag tatsächlich eine Wende. Mal angefangen bei einem sehr konkreten Beispiel auf Seite 116 des Koalitionsvertrags: Ärztinnen und Ärzte, heißt es da, sollen "öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen", ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen. "Daher streichen wir § 219a StGB". [….] Man darf die (auch symbolische) Wirkung dieser Entscheidung nicht unterschätzen, denn wie sehr sich gesellschaftlicher Wandel und die Frage nach einer progressiven Politik in der Haltung zur Abtreibung spiegelt, kann man derzeit in vielen anderen Ländern beobachten; in den USA oder natürlich in Polen, wo legale Abtreibungen fast nicht mehr möglich sind. [….] Es sind viele solcher großen Kleinigkeiten, die sich im Koalitionsvertrag finden: Das Wahlalter soll durch eine Änderung des Grundgesetzes auf 16 Jahre abgesenkt werden, die Abgabe von Cannabis an Erwachsene wird legalisiert, wenn zwei Frauen ein Kind bekommen, werden "automatisch beide rechtliche Mütter des Kindes, sofern nichts anderes vereinbart ist". Man muss nicht mehr verheiratet sein, um ein Kind zu adoptieren. Auch wenn Angela Merkel von den Konservativen ihrer Partei stets vorgeworfen wurde, gesellschaftspolitisch einen zu liberalen Kurs zu fahren (Ehe für alle!), muss man nach Lektüre des Koalitionsvertrags feststellen: Sozialgrünliberale Gesellschaftspolitik sieht dann doch noch mal ein bisschen anders aus.  [….]

(Katharina Riehl, SZ, 26.11.2021)

Lustig ist natürlich auch die Nazi-Blogger-Leerdenker-Querfront-Covidioten-Szene, die mit diesem Ampelvertrag eine europäische UdSSR aufziehen sieht.

[….] Im größeren Kontext gesehen passt dieser Kampf gegen die Souveränität Deutschlands zum einen zur Abneigung Merkerls gegen die nationale Heimatliebe (Entreißen der Deutschlandflagge) und zum anderen zu den ungeheuerlichen Angriffen gegen die Selbstbestimmung, Souveränität und Freiheit der Einzelperson, wie man sie in der Corona-Krise auf besonders sadistische Weise erprobt. Der Internationalsozialismus zeigt hier sehr schnell seinen verdorbenen Wesenskern. [….]

(PP, 25.11.2021)

Wenn die irren Aluhüte derartig getriggert werden, befindet sich die Ampel offensichtlich auf dem richtigen Weg.

Eine vollständige Kabinettsliste haben wir noch nicht, aber das Personal dürfte erheblich besser als die C-Phlegmaten aus der Merkel-IV-Resterampe sein.

Jeder Partei-Anhänger der drei Ampel-Fraktionen beklagt natürlich ihm fehlende Essentials, die dem Zwang zu Kompromissen geopfert wurden.  Willkommen in der Realität. Wenn eine Partei weniger als 50% der Stimmen erhält und somit auf Koalitionspartner angewiesen ist, wird ihr Programm gerupft; wird sie gezwungen Dinge zu tun, die sie eigentlich nicht will. Nach meiner Erinnerung haben aber weder SPD, noch Grüne, noch FDP eine absolute Mehrheit bekommen; im Gegenteil; sie waren noch nicht einmal knapp dran.

Bei dem einen entscheidenden Großthema, der Pandemiebekämpfung, herrscht unter den Berliner Beobachtern allerdings Einigkeit:
Das ist Murx. Schwach, viel zu wenig. Die fatale Rücksichtnahme auf covidiotisch angehauchte FDP-Phantasien wird die Corona-Seuche verlängern und mehr Tote als nötig produzieren.

[….] Was für Hasenfüße

Wird das neue Regierungsbündnis mit seinen ersten Beschlüssen Corona besiegen? Wer das hoffte, hat nun allen Grund zu verzweifeln. Was muss noch passieren, damit endlich entschlossener gehandelt wird? Das war wohl nichts. Als wilder Tiger abgesprungen und dann doch allenfalls als Schmusekätzchen gelandet. [….] Die Inzidenz springt Tag für Tag auf ein neues Rekordhoch, die Krankenhäuser und Rettungsdienste melden Engpässe und Personalmangel auf allen Ebenen, Patienten werden manchmal über Hunderte von Kilometern verlegt, und um Intensivbetten muss mittlerweile stundenlang gerungen werden. Bereits jetzt leiden und sterben Menschen, deren Leid und Tod auf die Verknappung der Ressourcen im Gesundheitswesen zurückgeht. Zwischenfrage: Was muss eigentlich noch passieren, damit entschlossener gehandelt wird? Und zwar nicht irgendwann, sondern sofort.

Die jetzigen Entschlüsse sind so, als würde man in einer Flutkatastrophe ankündigen, mehr Schwimmlehrer einzustellen und ein paar Schwimmflügel und Badeenten zu verteilen. Das hilft akut überhaupt nicht, langfristig allenfalls ein bisschen. Man weiß gar nicht, in wie viele Tischkanten man beißen soll angesichts dieser hasenfüßigen Beschlüsse, an die Christian Lindner noch ein Flehen um Kontaktbeschränkungen angeschlossen hat. Mindestens so wichtig ist die Frage, auf wen man wütender sein soll: auf die in vielerlei Hinsicht zu lange untätige Noch-Regierung oder auf die sich taubstumm gebende Noch-nicht-Regierung. Dem Coronavirus ist es allerdings egal, ob sich Deutschland gerade in einem Interregnum befindet oder nicht. [….]

(Werner Bartens, SZ, 25.11.2021)

Es gibt zwar noch eine Chance, die größer als Null ist, daß Karl Lauterbach Gesundheitsminister wird und damit die Pandemie mit dem gebotenen Ernst bekämpft werden könnte, aber wahrscheinlich ist das nicht. Insofern dürfen wir uns wohl darauf gefasst machen, daß Spahns beleidigte-Leberwurst-Worte eintreten werden.

[….]  Minister Spahn warnt erneut vor der hochansteckenden Delta-Variante des Coronavirus: Am Ende dieses Winters sei jeder in Deutschland "geimpft, genesen oder gestorben" sagte er. […..]

(ZDF, 22.11.2021)

Statt solcher lapidar-lakonischen Feststellungen, wäre es natürlich wünschenswert einen Gesundheitsminister zu haben, der das nicht achselzuckend hinnimmt, sondern mit aller Kraft daran arbeitet, den Anteil der Geimpften größer und den Anteil der Toten kleiner zu machen. Dazu könnte er partielle Impfpflichten verhängen, bundesweite eindringliche Impfkampagnen starten, die Impfzentren geöffnet lassen und genügend BioNTech zur Verfügung stellen. Stattdessen tat er nichts oder das diametrale Gegenteil des Sinnvollen.

Zu einer totalen Umkehr ist die Ampel aber zu feige und so wird es verdammt viele Tote geben, so wird die Pandemie verlängert, der ökonomische Schaden maximiert und der Frust der Jugend und der geimpften Mehrheit angestachelt.

Leider kann man die Probleme nicht voneinander separieren. Wenn die Corona-Politik der Ampel so sehr versagt, daß es zu Lockdowns, dem Herunterfahren des öffentlichen Lebens und kollabierenden Gesundheitseinrichtungen kommt, hilft auch die klügste Sozial-, Klima- oder Finanzpolitik nichts mehr.

Dann wird Deutschland insgesamt in den Sumpf gezerrt.

Wenn aber alle Ungeimpften in den nächsten Monaten an Covid 19 erkranken, werden sie es nicht mehr mit der Alpha-Variante vom März 2020 und hochmotivierten Intensiv-Medizinern zu tun haben, sondern sie bekommen es mit der aggressiveren Delta-Variante und völlig ausgelaugten demoralisierten Pflegern zu tun. Schon kommt aus dem weitgehend ungeimpften Afrika eine neue Veriante.

Das dürfte für einige der AfD-Knallfrösche, die jetzt noch stolz auf der Seuchentribüne des Bundestags hocken verdammt unangenehm werden. Das gilt natürlich auch für die weiteren nicht AfD-affinen Impf-Verweigerer.

[….] Hans-Georg Predel, Facharzt für Innere Medizin und Sportmedizin und Leiter des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule Köln:

 Medizinisch gesehen ist das ein GAU für ihn. Junge, gesunde und immunstarke Menschen wie Joshua Kimmich überstehen eine Covid-19-Erkrankung zwar in der Regel gut, aber es besteht doch ein nicht zu vernachlässigendes Risiko eines schwereren Verlaufs in der akuten Phase. Das hängt von vielen individuellen Faktoren ab wie etwa einem desregulierten Immunsystem. Ein noch größeres Risiko ist, Long Covid zu entwickeln, also eine Chronifizierung von Symptomen.  […]

(Sportschau, 25.11.21)

[……] Die Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Alice Weidel, hat sich mit dem Coronavirus infiziert. Weidel habe sich, „nachdem sie grippeähnliche Symptome feststellte, einem Corona-Test unterzogen“, sagte ihr Sprecher Daniel Tapp am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. „Sie hat sich umgehend in häusliche Quarantäne begeben“, fügte er hinzu.  Weidel hatte im Bundestagswahlkampf Grundrechtseinschränkungen zur Eindämmung der Pandemie beklagt und dabei stets betont, sie selbst sei noch nicht gegen Covid-19 geimpft.  […..]

(Berliner Zeitung, 11.11.2021)

[….] Der Thüringer AfD-Landes- und Fraktionschef Björn Höcke soll sich mit dem Coronavirus infiziert haben. Das geht nach Recherchen von MDR THÜRINGEN aus Landtags- und Sicherheitskreisen hervor. [….] Höcke selbst hatte die Corona-Pandemie im MDR THÜRINGEN-Sommerinterview 2020 für beendet erklärt. [….]

(MDR, 25.11.2021)

Idealerweise versterben einige dieser superprominenten Aluhüte. Vielleicht bringt das mehr Menschen aus der Impf-feindlichen Szene dazu, noch mal nachzudenken.

Sinnlos-Ikone Daniela Katzenberger, Schauspielerin Eva Herzig, Nena und der Wendler dürfen gern die nächsten Corona-Opfer sein.

Mittwoch, 24. November 2021

Habemus Ampel

Nach zwei Monaten Verhandlungen liegt nun der 177-seitige Koalitionsvertrag vor. Die Ressorts sind wie folgt auf die Parteien verteilt:

SPD:   Kanzler, Kanzleramtsminister, Verteidigung, Gesundheit, Bau, Innen/Heimat, Entwicklungshilfe, Soziales

Grüne:   Vizekanzler, Außen, Umwelt/Verbraucher, Wirtschaft/Klima, Familie, Landwirtschaft/Ernährung.

FDP:  Finanzen, Justiz, Verkehr/Digital, Bildung/Forschung

Das sieht durchaus so aus, als ob sich die FDP ihre Lieblingsministerien sichern konnte, bei denen man Wohltaten verteilen kann, die Grünen für die modernen Themen stehen, während die SPD die Brocken aufgehalst bekam, mit denen man nichts gewinnen kann und Ärger vorprogrammiert ist. Das Lobby-durchseuchte Gesundheitsministerium, die notorisch Skandal-anfälligen Geheimdienste, die hoffnungslos marode Bundeswehr, die Migrationsproblematik und alles, das peinlich durch Nazi-Seilschaften auffällt.

Parteipolitisch wäre es angenehmer, solche Aufgaben der FDP zu überlassen, so daß sie sich mit der schlechten Presse herumschlagen muss. Praktisch ist es aber kaum zielführend, die schwierigsten Posten, der Partei mit dem hilflosesten Personal zu geben.  Die SPD hat die besten Leute, muss also auch die dicksten Bretter bohren.

Erstaunlicherweise urteilen Journalisten, Gewerkschaften, Umweltverbände, Unternehmer jetzt schon über die nächste Regierung. FFF und Greenpeace wissen bereits ‚das reicht nicht‘, um den Klimawandel aufzuhalten, der Kohleausstieg gehe viel zu langsam. Unternehmer verzweifeln während ihrer immer neuen Rekordgewinn-Margen am 12-Euro-Mindestlohn, der Kohlebergbau stöhnt über den viel zu schnellen Kohleausstieg und es gibt sogar eine Gruppe, die rundherum zufrieden ist: Die Queeren; sie bekommen alles, von dem sie zu träumen wagte, erfüllt. LGBTIQ-Durchmarsch auf allen Ebenen. Dazu noch das Ende des skandalösen §219a und die Cannabis-Legalisierung.

Die letzten Punkte werden mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zügig abgearbeitet, weil keine der drei Koalitionsparteien ernsthafte Vorbehalte im Regenbogenbereich hat und es um keine Vorhaben geht, die viel Geld kosten.

Das auch als kleiner Hinweis an alle Nicht- und Protestwähler, die in den sozialen Medien beklagen „die Politiker“ wären doch alle gleich, es wäre egal wer regiere.

Nein, das ist es eben nicht. Hier sehen wir eine ganze Kaskade von gesetzlichen grundsätzlichen gesellschaftlichen Änderungen, die eben nicht in einer Koalition mit den Ewiggestrigen der CDUCSU gehen.

Abgesehen von diesen gesellschaftspolitischen Neuerungen halte ich alle Urteile über Sozial-, Finanz-, Klima-, Energie-, Gesundheits-, Pandemie-, Bau-, Außen- und Verteidigungspolitik für reine Vorurteile. Niemand kann heute wissen, wie die Ampel, deren drei Parteien alle noch nicht diesem Vertrag zugestimmt haben, am Ende der Legislatur dastehen wird.

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Wer erinnert sich an den Groko-Vertrag vom März 2018? Große Teile des damals Vereinbarten sind nicht nur längt vergessen, sondern auch angesichts der neuen Entwicklungen (Pandemie!) obsolet.

Verurteilungen der neuen Regierungen sind also extrem verführt und ob es für Greenhorn Lindner, der noch nie eine Behörde leitete, noch nie Regierungsverantwortung trug, über gar keine Erfahrungen verfügt, so ein Spaziergang wird, Kassenwart zu sein, sei auch dahin gestellt. Das Finanzministerium inklusive Zoll hat 63.000 Mitarbeiter, die alle von einem Mann ohne jede Steuer- oder Finanzexpertise dirigiert werden sollen?

Ein normales Einarbeiten und Hineingleiten in den Regierungsalltag wird es ohnehin nicht geben.

[….] In gut 70 Jahren Bundesrepublik durfte sich noch jede neue Regierungskoalition der Macht in dem Wissen nähern, dass sicher auch schwierige Tage kommen, aber dass bis dahin noch ein bisschen Zeit vergeht. Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat das Schlimmste nicht erst noch vor sich, sie steckt schon mitten drin. So wie das ganze Land. In seinem täglichen Lagebericht vermeldet das Robert-Koch-Institut am Mittwoch einen Rekord. 66 884 Menschen haben sich neu mit Corona infiziert. Der Inzidenzwert beträgt 404,5.  […]

(SZ, 24.11.2021)

Insbesondere die FDP wird sich von Sprüchen ihrer Hauptköpfe Wissing, Buschmann, Lindner und Kubicki distanzieren müssen.

Vor dreieinhalb Wochen hatte der parlamentarische Geschäftsführer und künftige Bundesjustizminister Marco Buschmann noch großmäulig getönt:

[….] SPD, Grüne und FDP beenden die epidemische Lage von nationaler Tragweite. Denn es droht keine systemische Überlastung des Gesundheitssystems mehr. Trotzdem gehen von Corona weiter Gefahren aus. Aber die sind mit milderen Mitteln beherrschbar. [….]

(M. Buschmann, 27.10.2021 im FAZ-Interview)

Und vor erst zwei Wochen ließ FDP-Generalsekretär und zukünftiger Bundeverkehrsminister Wissing, also quasi der neue Scheuer, wissen:

[….] „Unser Gesundheitssystem ist stabil, die Gesundheitsversorgung der Bürger gesichert, die ‚epidemische Notlage von nationaler Tragweite’ kann aufgehoben werden“ [….]

(FDP-Generalsekretär Volker Wissing, 08.11.2021)

Kubicki und Lindner äußerten nicht weniger hanebüchenen Corona-Unsinn, der jedem Aluhut-Blog Ehre macht.

Es ist nicht sehr angenehm sich vorzustellen, daß Minister mit so einer katastrophalen Fehlwahrnehmung im Kabinett sitzen.

Aber die Entwicklung zeigt auch wie rasant FDP-Positionen abgeräumt werden können. Die Neu-Minister werden diese Sätze sicher jetzt schon bedauern und sogar das böse Wort Impfpflicht; bisher ein absolutes rotes Tuch für die Gelben; wird auf einmal als ultima ratio in den Mund genommen.

Möglicherweise begreifen sogar Lindners Leute, wie verheerend und falsch die Ausschließeritis-Bekundungen in einer Pandemie sind. Keine Impfpflicht, keine Lockdowns zu wollen, ist das Eine. Wer möchte das schon gern?

Aber fest zu versprechen, es werde niemals dazu kommen, obwohl jedem Experten klar war, daß wir in eine Situation stolpern, in der das eben nicht mehr zu vermeiden ist, kann man „bescheuert“ (Sascha Lobo) nennen.  Vielleicht beißen sich Wissing und Buschmann zukünftig noch mal auf die Zunge, bevor sie öffentlich losschwurbeln.

Auch die zukünftige Außenministerin Baerbock hatte vor der Wahl bei jeder Frage nach der Impfpflicht gelogen, das wäre rechtlich gar nicht machbar. Nun ist sie eingeknickt und erklärt öffentlich, eine Impfpflicht könne durchaus möglich sein.

Buschmann, Lindner und Spahn hatten zudem bis vor wenigen Tagen insofern gelogen, als sie Impfpflicht und Impfzwang gleich setzten.

[….] Man muss sich aber die Frage stellen, was mit einer allgemeinen Impflicht gewonnen wird. Verantwortungsethisch muss man berücksichtigen, dass viele Gesundheitsminister vortragen, dass sie mit einer solchen Pflicht Personal verlieren würden. Da wäre eine harte Testpflicht das bessere Instrument. Zudem könnte man eine allgemeine Impfpflicht kaum durchsetzen. Ich kann mir in unserem Rechtsstaat nicht vorstellen, dass die Polizei bei jemandem vorfährt, ihn ins Auto packt und die Person dann unter Zwang geimpft wird. [….]

(M. Buschmann, 08.11.2021)

Die durch das politische Totalversagen in Deutschland zusätzlich mindestens 100.000 Toten, sind offenbar kein ausreichender Ansporn für Lindner oder den immer noch gegen eine Impfpflicht streitenden Jens Spahn, Maßnahmen zu ergreifen, um Menschenleben zu retten.

[…..] SPIEGEL: Wie oft haben Sie sich schon dafür verflucht, dass Sie von Anfang an eine Impfpflicht ausgeschlossen haben?

Spahn: Noch nie. Wollen Sie im Ernst über eine allgemeine Impfpflicht reden? Ich habe das Bild schon vor Augen, wie wir Sahra Wagenknecht dann mit der Landespolizei zum Impfen schleppen. Das ist absurd, eine allgemeine Impfpflicht wäre nicht durchzusetzen. Das würde unser Land zerreißen.  […..]

(SPON, 11.11.2021)

Weil das absurd ist, nimmt Spahn lieber weitere 100.000 Tote in Kauf. Das ist viel weniger absurd?

(Verbotene Corona-Gedanken, 12.11.2021)

Das ist a) perfide und b) für einen Volljuristen und zukünftigen Justizminister höchst unseriös.

Spahn und Buschmann beschreiben hier nämlich Impfzwang, den in der Tat niemand fordert, der auch nicht durchsetzbar wäre.  Impfpflicht bedeutet aber gerade nicht, Wagenknecht von Spezialkräften fesseln, abholen und gegen ihren Willen impfen zu lassen. Sie könnte weiterhin ungeimpft bleiben. Eine Altenpflegerin könnte auch nicht gegen ihren Willen geimpft werden. Sie würden aber daran gehindert werden, ihren alten Job auszuüben, hätten keinen Zutritt mehr zu allen 2G-Räumen. Sofern sie allein zu Hause sitzen bleiben, dürfen sie da gern ungeimpft bleiben.

Noch kann man also insbesondere bei der FDP nicht von seriöser Arbeit sprechen.

Aber weder haben SPD, Grüne und Linke den Koalitionsvertrag abgesegnet, noch kennen wir die vollständige Kabinettsliste, noch ist Olaf Scholz zum Kanzler gewählt. Und vier Jahre Ampel-Regierung sind schon gar nicht vorbei.

Für endgültige Urteile müssen wir noch warten.

Dienstag, 23. November 2021

Geduld am Ende.

Das stimmt schon, so schlecht wie Angela Merkel war noch kein Bundeskanzler, wenn es um Personalentscheidungen ging. Jung, Köhler, Wulff, Klöckner, Scheuer, Spahn, Glos, Kristina Schröder.

Merkel steht auch für Endlos-Verhandlungen, die mit windelweichen Formulierungen ausklingen, aus denen jeder alles und nichts lesen kann. Ihre Jamaika-Verhandlungsführung Ende 2017 war ebenso katastrophal, wie die Tatsache, daß sie überhaupt sechs Monate bis zur Bildung einer nächsten Regierung im März 2018 brauchte.

Verglichen mit dem halben Jahr Merkel-Gewürge 2017/2018, funktioniert die Ampel-Regierungsbildung geradezu blitzartig.

Leider lässt sich die Situation so gar nicht vergleichen, weil damals die alte auch die neue Kanzlerin sein würde. Es gab kein Macht-Vakuum; die alte Koalition war auch die neue Koalition. Im November 2021 befindet sich Merkel schon halbwegs im Ruhestand. Wir werden nicht nur einen neuen Kanzler bekommen, sondern die nächste Regierung wird mit 99%iger Wahrscheinlichkeit von anderen Parteien getragen.

Neben den vielen Großkrisen wie Klima, Belarus und EU-Chaos, tobt in Deutschland eine tödliche Pandemie. Die Lage entgleitet, weil seit Monaten keine adäquaten Entscheidungen mehr getroffen werden.

Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz liegt am heutigen 23.11.2021 bei 399,8.

Im Bundesland Sachsen beträgt die Inzidenz 970!

Die Intensivstationen sind voll, die Krankenhäuser beginnen mit der Triage, müssen also Menschen zum Sterben verurteilen, die sie mit vollen Kapazitäten retten könnten.

Insgesamt starben in Deutschland bisher 99.433 Menschen an Covid 19, davon 309 Personen innerhalb der letzten 24 Stunden.

Alle 4,6 Minuten stirbt in Deutschland ein Mensch an einer Infektionskrankheit, gegen die es a) einen Impfstopf gibt, der b) auch noch leicht und und kostenlos zur Verfügung steht.

Was für ein gewaltiges Politversagen des zuständigen Gesundheitsministers.

Schon allein die sofortige Ablösung Spahns ist Grund genug, um die Ampelregierung sofort antreten zu lassen. Zwei volle Monate nach der Bundestagswahl herrscht aber nichts als Stillstand.

Aber nicht nur bewegen sich die Herren und Damen nicht, lassen sich nicht in die Karten gucken – nein, es ist offensichtlich auch die große Hasenfüßgkeit ausgebrochen. Alle wollen Bella Figura machen und nicht mit den unangenehmen dringenden Aufgaben betreut werden. Der einzige Kandidat, der kann und möchte, Karl Lauterbach, wird aus Quoten- und Proporz-Gründen wohl nicht zum Zug kommen. Alle anderen machen sich in die Hose, weil man in dem Job schlechte Presse bekommen könnte.

[….]  Die Verhandlungen über die Ampelkoalition sind kurz vor dem Abschluss, noch wird wohl auch darüber gefeilscht, welche Partei und dann welcher Politiker oder welche Politikerin dieses Ressort übernehmen wird. Aber eines kann man nach Wochen der Gespräche sagen: Keine Partei will das Gesundheitsministerium.  Währenddessen rollt die vierte Coronawelle, die Welt steckt mitten in einer Pandemie, die Schätzungen zufolge womöglich bald 20 Millionen Menschen getötet haben wird, allein 100.000 in Deutschland. [….] Keine Partei beansprucht den Posten, der mindestens in der ersten Hälfte dieser Legislaturperiode mit großen Herausforderungen verbunden ist, der aber auch so viele Möglichkeiten bietet, Einfluss zu nehmen, wie keine andere. [….] In der FDP weckt das Gesundheitsressort schlechte Erinnerungen an die schwarz-gelbe Koalition von 2009 bis 2013 – an deren Ende die Partei erstmals aus dem Bundestag flog. [….] So sehr die Liberalen also die Ampeldebatte über das neue Infektionsschutzgesetz dominieren und so sehr sie sich mit ihrem Widerstand gegen Corona-Schutzmaßnahmen profiliert haben: Die Pandemie möchten sie lieber nicht selbst managen müssen. Viel besser gefällt ihnen die Vorstellung, aus dem Bundesjustizministerium vor Einschränkungen von Freiheitsrechten zu warnen. [….] Die Grünen würden sich ebenfalls lieber vor der Aufgabe drücken. Von sich aus spielt das Gesundheitsministerium in ihren Planspielen keine Rolle, und dass es ihnen die Umstände am Ende aufzwingen könnten, das versuchen sie noch zu verhindern. Dabei können sie in Gesprächen bitter klagen über die Haltung der FDP in der Pandemie, und sie bekommen ordentlich Druck aus den eigenen Reihen, sich nicht von den Liberalen treiben zu lassen – und doch lassen die Grünen es darauf ankommen, dass der künftige Koalitionspartner bald die Gesundheitspolitik prägen könnten. [….]  Karl Lauterbach würde gern Minister werden, nur die SPD will nicht, dass Lauterbach Minister wird. Er gilt in den eigenen Reihen als Einzelkämpfer, mit dem Absprachen schwer möglich seien. [….]

(SPON, 23.11.2021)

Unterdessen erscheinen schon Vermissten-Anzeigen.

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, sagt Hermann Hesse. Im Falle der Ampel ist das offensichtlich leider sehr unangenehme schwarze Magie.

Montag, 22. November 2021

Wenigstens hat er ausgesorgt.

Bekämen wir mit der Ampel einen anderen Gesundheitsminister als Karl Lauterbach, wäre das eine Riesenenttäuschung und zeigte wieder einmal, daß Deutschland eben keine Meritokratie ist, in der die am besten Qualifizierten die schwierigen Jobs machen. Lauterbach scheint immer leer auszugehen.

Andererseits reicht meine Phantasie nicht aus, um mir einen noch schlechteren Minister als Jens Spahn vorzustellen. Der Mann ist in jeder Hinsicht ein so katastrophaler Versager, daß ein x-beliebiger FDP-Hinterbänkler besser sein sollte.

Der erzkonservative 1980 in Ahaus geborene Raffgierige, der immer die Hand aufhält, wollte bis vor wenigen Wochen noch CDU-Bundesvorsitzender werden, träumte letztes Jahr von der Kanzlerschaft. Inzwischen mehren sich die Hinweise auf ein endgültiges Polit-Aus. Eigentlich hatte er sich damit abgefunden, ein bißchen als stellvertretender CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender im oppositionellen Abklingbecken zu sitzen, um bei den Bundestagswahlen 2025 oder 2029; da wäre er immer noch unter 50 Jahre alt; Regierungschef zu werden.

Die Wähler vergessen schnell und die Partei kann bei den nächsten Bundestagswahlen schließlich nicht nur auf +70er wie Merz setzen.

Aber Spahns Abstieg verläuft 2021 zu rasant. Geradezu jämmerlich, wie er am letzten Donnerstag bei der Corona-Debatte des Bundestags von der letzten Hinterbank aus beklagte „die Dynamik der letzten Wochen haben nur wenige vorausgesagt“. Funkes „Abendblatt“ nennt es „Tiefpunkt seiner Karriere“ und „Abstieg des Jens Spahn“. Das ebenso konservative „Handelsblatt“ senkt ebenso entschieden die Daumen.

[….] Zu egoistisch, zu erfolglos, zu wenig loyal – Der Abstieg des Jens Spahn in der CDU. [….] Spahn verliert nicht nur im Amt des Gesundheitsministers an Bedeutung. Auch in seiner eigenen Partei erleidet der 41-Jährige dieser Tage einen schmerzlichen Machtverlust. Bis vor wenigen Wochen galt er noch als potenzieller Nachfolger des scheidenden CDU-Chefs Armin Laschet. Und es ist kein Jahr her, dass Spahn seine Chancen für eine Kanzlerkandidatur sondierte.  All diese Ambitionen wirken wie aus einer anderen Zeit. [....] Als Merz am Dienstag skizzierte, wie er als möglicher CDU-Chef die Parteispitze aufstellen will, handelte er die Personalie Spahn in wenigen Sekunden ab. Er danke Spahn, dass er nicht für den Vorsitz kandidiere, sagte Merz und fügte hinzu: Stattdessen könne er ja künftig in der Unionsfraktion zusätzliche Aufgaben übernehmen, „etwa in der Funktion eines stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden“. In der CDU muss Spahn aus der ersten Reihe in die dritte wechseln. Bisher war er einer von fünf stellvertretenden Parteivorsitzenden. Doch zumindest unter Merz ist dort für den Gesundheitsminister kein Platz mehr. [….]  Spahn habe sich immer wieder illoyal verhalten, betonen viele in der Partei. Und das sei ein Hauptgrund, warum die drei Bewerber um den Parteivorsitz wenig Lust hätten, ihn in ihrem Team zu haben. So wird darauf verwiesen, dass Spahn im vergangenen Jahr auch an der Seite von Armin Laschet stand und dessen Kandidatur um den CDU-Chefposten unterstützte. Trotzdem gab es im Winter Gerüchte, Spahn sondiere in der Partei seine Chancen für eine Kanzlerkandidatur – hinter Laschets Rücken. [….] Doch mit der Zeit kamen einigen Förderern und Verbündeten Zweifel, Spahn wirkte zu egozentrisch auf sie. Lange waren die Junge Union (JU) und die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) ein verlässliches Unterstützerlager. Aber auch das hat sich geändert.  JU-Chef Tilman Kuban hilft nun Merz. Der Wirtschaftsflügel hält zum bisherigen Vorsitzenden Linnemann, der jetzt im Team Merz spielt. [….] 

(Handelsblatt, 18.11.2021)

In seinen letzten Ministertagen zeigt der junge Millionär drastisch wie nie, daß er nicht nur ein instinktloser Politiker ist, sondern zudem auch noch mit besonderer Unfähigkeit glänzt.

Neben konservativen Journalisten, schäumen auch seine Parteifreunde vor Wut. Söder poltert heute, Gesundheitsminister Spahn betreibe eine desaströse Kommunikation. Der Mann ist ein hoffnungsloser Fall.

[….] Jens Spahn lernt es einfach nicht [….] Wenn auf eine Sache Verlass ist in dieser Pandemie, dann darauf, dass Aussagen von Jens Spahn oft nur eine relativ kurze Halbwertszeit haben. In fast schon verblüffender Regelmäßigkeit hat der Bundesgesundheitsminister Ankündigungen gemacht, die er wenig später relativieren oder gar zurücknehmen musste. Sofern sie nicht längst von jemand anderem zerpflückt worden waren. Das war bei der vorschnellen Ankündigung von kostenlosen Schnelltests im Frühjahr nicht anders als bei der überstürzten Ankündigung im Oktober, die epidemische Notlage sei nicht mehr notwendig. Und auch das ist leider wahr: Jens Spahn scheint offenbar nicht dazuzulernen. Er wird sich in den letzten Tagen seiner Ministerzeit wohl nicht mehr bessern. Denn auch am Montag war es mal wieder Zeit für eine Kehrtwende. Schließlich hatte Spahns Ministerium in der vergangenen Woche zur Überraschung aller plötzlich verkündet, die Auslieferung des in der Bevölkerung besonders beliebten Biontech-Impfstoffs ab sofort deckeln zu wollen.  [….]

(Sebastian Späth, T-online, 22.11.21)

Die CDU-Fans von der FAZ konstatieren; es sei Spahn, der die katastrophalen deutschen Impfquoten zu verantworten habe.

Obwohl er ohnehin nur noch „geschäftsführend im Amt“ und das mutmaßlich nur noch wenige Wochen, gibt es Stimmen, ihn sofort endgültig zu entlassen. Der Mann richtet einfach zu viel Schaden an.

[….] Fade im Abgang  [….] Jens Spahn muss zurücktreten. Das mal vorweg. Nein, nicht wegen seiner aktuellen Impfstoffposse. Die legt eigentlich nur noch eine Schippe drauf, auf den Haufen Mist, den der CDU-Politiker in den Pandemiejahren zusammengekarrt hat.  Aber spätestens mit seinem erst Mitte Oktober völlig ohne Not vorgebrachten Vorstoß, die epidemische Lage von nationaler Tragweite in Deutschland am 25. November auslaufen zu lassen, hat er bewiesen, dass er dem Titel nach vielleicht noch Gesundheitsminister, vor allem aber ein Meister der Fehleinschätzung ist. Dass ihm die kommenden Ampelmännchen dabei auch noch in all ihrer stupiden Liberalität gefolgt sind, macht es keinen Deut besser. Wer bei einem Blick auf die aktuellen Coronazahlen nicht erkennen mag, dass das Land sich in einer epidemischen Notlage von nationaler Tragweite befindet, sollte sich besser nach einem neuen Job umsehen. Nur aber bitte nicht in der Gesundheitspolitik.  Spahns Spitzenidee, in so einer Notlage überhaupt nur daran zu denken, die Ausgabe eines Impfstoffs zu bremsen, lässt einen nur noch ratlos den Kopf schütteln. [….]

(Gereon Asmuth, 22.11.2021)

Ob Spahn überhaupt noch etwas von seiner Karriere retten kann, wird immer mehr bezweifelt.

Die beliebtesten rechten Sonnyboys Karl-Theodor von und zu Guttenberg und Norbert Röttgen erholten sich nie von dem Verlust ihres Ministeramtes. Bei Spahn sammelte sich aber viel mehr Wut an.

[…..] Der Absteiger: Die katastrophalen Wochen des Noch-Gesundheitsministers Spahn. [….] In Deutschland aber stürzen sich die Menschen jetzt, da die Drittimpfungen anstehen, auf das hierzulande entwickelte Produkt von Biontech – und lassen Moderna links liegen. Das veranlasste Spahn vergangene Woche zu einem Manöver, das ihm jede Menge Ärger einbrachte. Per Brief unterrichtete er die Länder von seinem Plan: Künftig dürften Praxen nur noch 30 Dosen Biontech pro Woche bestellen. [….] Die Botschaft, die bei vielen Menschen ankam, lautete wohl eher: Der Moderna-Ladenhüter soll der Bevölkerung jetzt aufgezwungen werden. Fataler kann man wohl kaum kommunizieren in einer Phase, in der die Pandemie in Deutschland heftig wütet; in der es dringend angesagt ist, die Menschen schnellstmöglich mit ihrer Boosterimpfung zu versorgen – und vor allem: die viel zu große Masse an Zweiflern zu überzeugen.  Das Echo war verheerend, vor allem Ärzte reagierten frustriert. [….] Spahn und seine Leute haben sich vom selbst herbeigerufenen Impfboom in diesen Wochen überrumpeln lassen und nicht ausreichend Biontech-Impfstoff vorgehalten. [….] »Mit der Delta-Variante kommen wir sicher durch Herbst und Winter, wenn sich viele impfen lassen und wir das 3G-Prinzip im Innenraum haben«, sagte Spahn Ende August. Da hatte das Robert Koch-Institut schon Wochen zuvor den Beginn der vierten Coronawelle festgestellt. [….] Nun stolpert die Politik anscheinend planlos durch die nächste Krise. Hektisch werden Impfzentren wieder geöffnet, Praxen kämpfen gegen die Überlastung. Eine lange vorbereitete, echte und durchschlagende Impfkampagne? Fehlanzeige.Für Spahn bedeutet all das eine Vollbremsung in seiner Karriere. [….]

(Veit Medick, SPON, 22.11.2021)

Langjährige Beobachter staunen über so viel Doofheit.

[….] Hat der Gesundheitsminister auf Abruf eigentlich Berater? Und überlegt er sich vorher, was er sagt? Der CDU-Politiker schafft es erneut, ohne Not die Menschen zu verunsichern und die Ärzte zu verärgern. [….]

(Werner Bartens, SZ, 22.11.2021)

Wenn er klug wäre, würde Jens Spahn sich in seine 5-Millionen-Euro-Villa nach Dahlem zurückziehen und seinen Reichtum genießen. Aus seiner Sicht haben sich die vier Jahre als Minister ausgezahlt. Nicht politisch, nicht für die Karriere, aber im Wortsinne finanziell.

Stets war Spahn daran bedacht über Beteiligungen, durch Gefälligkeiten und Quasi-Bestechungen sein Regierungsamt auszunutzen, um sein Portemonnaie zu füllen. Und so war der Jung-CDUler aus einfachen Verhältnissen schon mit Ende 30 Millionär.

Kaum Gesundheitsminister geworden, kaufte er eine seiner schicken Berliner Luxuswohnungen zum Spottpreis von 980.000,- von Leyck Dieken; um sie kurz danach selbst für 1,6 Mio anzubieten. Dieken war vorher Pharmalobbyist u.a. bei Ratiopharm und wurde von Spahn als Chef der Gematik im Bundesgesundheitsministerium zum doppelten Gehalt des Vorgängers eingesetzt.

Spahn war stets korrupt, benutzt seinen Job, um sich persönlich zu bereichern. Sein Ministerium kaufte direkt von Burda-Manager Daniel Funke, Spahns Ehemann, auf direktem Wege Masken, während hunderte günstigere Hersteller heute noch auf die Bezahlung warten oder nie einen Auftrag bekommen haben.

In Spahns Welt dürfte die Kürze seiner Ministerkarriere ihn a posteriori darin bestätigen wie richtig es war, sich von Anfang an alles versilbern zu lassen.