Mittwoch, 31. Januar 2018

Fromme Ansichten

Frank Walter Steinmeier ist jetzt als Bundespräsident sogar noch beliebter als zuvor und er ist immerhin schon seit 2005 einer der beliebtesten Politköpfe der Deutschen.
Ich stimme nicht in den Chor seiner Fans ein, da ich als überzeugter Atheist Menschen misstraue, die sich öffentlich fromm und geradezu fanatisch kirchenaffin geben. Steinmeier ist derartig religiös, daß er in einer Sozi-Liga mit Nahles, Thierse und Griese mitspielt.


Zugegeben, Steinmeier ist vermutlich grundehrlich und auch nicht auf den Kopf gefallen. Undenkbar, daß er sich als Außenminister peinliche Blößen wie der stets uninformierte Luftikus Westerwelle geben würde oder Ausraster wie Kinkel zuließe.
Steinmeier ist auch kein latent betrügerischer Schwätzer wie 15 CDU/CSU-Politiker, die ihre Doktorarbeit fälschten oder plagiierten, um sich ohne Aufwand mit Titeln schmücken zu können.
So reißt Andi Scheuer („Wer betrügt, fliegt!“) eben ungeniert weiter das Maul auf, nachdem er (bei seinem Dr.-Titel) betrog und nicht flog.
Steinmeiers Dissertation wurde auch auf Herz und Nieren geprüft. Sie ist aber nicht nur 100% Original-Steinmeier, sondern soll, wie mir diverse Juristen versichern, auch noch ausgesprochen brillant sein.

Die tiefe religiotische Grundüberzeugung führt aber eben auch bei Steinmeier wie so oft zu enormer moralischer Kompromissfähigkeit.

Wenn man schon so fromm ist, darf man doch bei anderen Dingen lockerer sein.
Ein bekanntes Phänomen, das jeder kennt, der schon mal dachte „jetzt will ich aber nicht auch noch den Müll rausbringen; ich habe schließlich schon drei Stunden die Küche geputzt!“
Das eine hat mit dem anderen zwar nichts zu tun und der Müll muss dennoch dringend rausgebracht werden, aber psychologisch bildet man sich ein durch andere gute Taten davon befreit zu sein.
Deswegen sind fromme US-Evangelikale auch so gern bereit Trump das Pussygrabben, die Vulgarität und das Schweigegeld für Pornostars zu verzeihen.
Aus ihrer Sicht tut er nämlich so viel christliches (Schwule diskriminieren, Muslime rauswerfen, Waffen fördern), daß er die Freiheit hat sich Dinge zu erlauben, für die man Obama zutiefst verachtet hätte.
Obama war aus ihrer Sicht bekanntlich ein schwuler Muslim-Atheist aus Kenia, der zudem auch noch dunkelschwarz war und dem man somit nicht den kleinsten „weiteren Fehler“ verzeihen konnte.
So geht christliche Logik, die Steinmeier – natürlich in weniger radikaler Form – auch beherzigt.
Nachdem er nämlich Bundespräsident wurde, damit den höchsten protokollarischen Rang aller Deutschen einnimmt, veränderte sich seine Einstellung zu Menschen in Not.


Ein bißchen Pegida klingt schon an, wenn das Staatsoberhaupt auf „Wirtschaftsflüchtlinge“ herabblickt.

[…..] Mit Blick auf die Lage in Deutschland hatte Steinmeier die Unterscheidung zwischen Asylberechtigten und Wirtschaftsflüchtlingen bekräftigt. Politisch Verfolgte erhielten Asylrecht oder Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention und auch Bürgerkriegsflüchtlinge könnten in Deutschland Schutz erhalten.   "Die Suche nach einem wirtschaftlich besseren Leben, die individuell immer berechtigt sein kann, begründet aber nicht das Recht auf Aufnahme in Deutschland", hatte Steinmeier in einem Interview einer jordanischen Tageszeitung betont und hinzugefügt: "Vor allem um den politisch Verfolgten gerecht zu werden, müssen wir diese Unterscheidung wieder ernst nehmen." [….]

Da ist auch der stramm rechte TE ganz erregt vor Glück.

Man muss wohl ein echter Christ sein, um wie Steinmeier mit einem 218.000-Euro Ehrensold auf Lebenszeit ausgestattet, ausgerechnet in Jordanien, das pro Einwohner 100 mal mehr Flüchtlinge als Deutschland aufnimmt, darauf zu verweisen, daß die Armen in Deutschland nichts zu suchen hätten.

Was soll überhaupt ein „Wirtschaftsflüchtling“ genau sein, wenn sich von Tichy über Söder, Gauland, de Maizière, Steinmeier, Spahn, Kauder, Dobrindt und Scheuer alle so sicher sind, daß die keinesfalls nach Deutschland dürften?

Erwartet der Mann mit dem 218.000-Euro-Jahresgehalt (zuzüglich Personal, Büro, Fahrer, etc auf Lebenszeit), daß Menschen lieber klaglos verhungern, statt irgendwie zu versuchen zu überleben?

Zur gemeinsamen Veröffentlichung des Welternährungsbericht 2017 durch UN-Organisationen erklärt Uwe Kekeritz, Sprecher für Entwicklungspolitik:
 Der Anstieg der Hungerleidenden in der Welt auf 815 Millionen Menschen ist ein Armutszeugnis - auch für die deutsche Bundesregierung. Im Vergleich zum Vorjahr hungern weltweit gewaltige 38 Millionen Menschen mehr. Es zeigt sich: Die Auswirkungen der Klimakrise sind verheerend. Deutschlands Beitrag zum Klimaschutz stagniert seit Jahren. Die Krise im östlichen Afrika hatte sich lange angekündigt. Die Opposition hatte wiederholt an die Bundesregierung appelliert – passiert ist viel zu wenig.
 Dass im Jahr 2017 mehr als jeder Zehnte Mensch Hunger leiden muss, ist ein Skandal. Millionen Kinder leiden ihr Leben lang unter den Folgen. Dabei gibt es schon heute mehr als genug Nahrungsmittel auf unserem Planeten.
Die Politik der Bundesregierung verschärft den Hunger. Sie behauptet Fluchtursachen zu bekämpfen, genehmigt aber Waffenexporte in Krisengebiete und schließt Verträge mit zweifelhaften Regimen. Gleichzeitig fehlen weiterhin Mittel für die am wenigsten entwickelten Länder. Bundeskanzlerin Angela Merkel spielt die Klimakanzlerin aber steht beim Kohleausstieg auf der Bremse. Deutsche G7 und G20-Präsidentschaften kommen und gehen aber die strukturelle Unterfinanzierung für lebensnotwendige Hilfsmaßnahmen ist keinen Schritt weiter. Der eine CSU-Minister, Gerd Müller, schwärmt in Sonntagreden vom fairen Handel. Gleichzeitig öffnet sein Parteifreund, Minister Christian Schmidt die Schleusen für deutsche Agrarexporte. Darunter leidet vor allem die kleinbäuerliche Landwirtschaft - das Rückgrat der Welternährung.
Wir brauchen eine Bundesregierung die sich beherzt gegen den Hunger in der Welt einsetzt. Die  echten Klimaschutz betreibt, überzeugend für den fairen Handel einsteht und eine nachhaltige Agrarpolitik vorantreibt. Die zivile Krisenprävention statt Waffenexporte stärk und Fluchtursachen, nicht Flüchtlinge bekämpft.

815 Millionen Menschen, von denen täglich allein 15.000 – 20.000 Kinder verhungern, werden also von uns nicht nur ignoriert, sondern auch noch mit dem negativ konnotierten Etikett „Wirtschaftsflüchtling“ behaftet, sobald sie es wagen sich dort wegzubewegen, wo sie nur verhungern können.


Dabei liegt die deutsche Entwicklungshilfe seit Amtsantritt Merkel deutlich unter den Zusagen.
Während die Haushalte der Bundesländer und des Bundes 2017 alle so große Überschüsse generierten, daß man gar nicht mehr weiß wohin mit dem Geld – 45 Milliarden hatten allein die Groko-Sondierer zur freien Verfügung, um Wählergeschenke zu machen – denken wir gar nicht daran tatsächlich Fluchtursachen zu bekämpfen und Hungernden vor Ort zu helfen.
Dabei wäre das deutsche Volk durchaus bereit großzügiger zu sein – die zu 100% mit Christen besetzte gegenwärtige Bundesregierung tut es aber nicht.

CIVEY 31.01.2018
[….] „Die absolute Zahl der Hungernden ist seit dem Jahr 2015 nach Angaben der FAO wieder auf 815 Millionen Menschen gestiegen. Viele Krisen und Kriege, etwa in der Zentralafrikanischen Republik, im Südsudan, in Nigeria und Somalia sowie im Jemen dauern an. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die humanitäre Katastrophe weiter zuspitzt. DIE LINKE fordert daher nachdrücklich politische Lösungen, etwa im Jemen oder in Syrien, wo Berlin mit logistischer und finanzieller Unterstützung gezielt Einfluss auf den Kriegsverlauf nimmt. Die Bundesregierung muss zudem dringend Rüstungsexporte stoppen, vor allem nach Saudi-Arabien, dessen Regime die völkerrechtswidrige Seeblockade gegen den Jemen aufrechterhält. Hier schaut die Bundesregierung weg und verweigert eine klare, kritische Haltung. Die Welthungerhilfe weist zu Recht darauf hin, dass die soziale Ungleichheit einer der hauptsächlichen Gründe für Hunger ist. Deshalb muss die EU endlich ihre Handelspolitik ändern, die weiter auf die Ausbeutung der Rohstoffe der Länder des Globalen Südens setzt.“ [….]

Es ist sogar noch schlimmer, das wenige Geld, das Deutschland „für Flüchtlinge“ ausgibt, wird auch noch in unsere eigenen Taschen umgeleitet.

 […..] Die EU-Staaten, an führender Stelle Deutschland, nutzen Mittel der sogenannten Entwicklungshilfe zweckentfremdend zur Versorgung der in Europa angekommenen Flüchtlinge. Dies geht aus einer aktuellen Studie hervor. Demnach werden die Ausgaben etwa für die Unterbringung der Flüchtlinge dem Entwicklungsetat zugerechnet, um UN-Vorgaben zu dessen Höhe zu realisieren. Der so erreichte formelle Anstieg der Mittel geht der Studie zufolge mit einem realen Schrumpfen der Zahlungen an die am wenigsten entwickelten Länder einher. Im Fall der machtpolitisch aufstrebenden Bundesrepublik fungiert die Entwicklungshilfe zudem verstärkt als Hilfsmittel zur Durchsetzung geostrategischer Interessen sowie als Hebel zur Steigerung der Exporte in die Schwellenländer. Daneben zielt die deutsche Entwicklungspolitik nach Auskunft von Experten unmittelbar darauf ab, "den Flüchtlingszustrom zu reduzieren"; die Bundesregierung handle nach der Maxime, "Flüchtlinge von Deutschland fern zu halten". [….]


Dienstag, 30. Januar 2018

Und wieder leiden an der SPD…

Wenn es stimmt, was der SPIEGEL in seiner aktuellen Ausgabe schreibt, ist Martin Schulz bereits fest entschlossen in einer Groko selbst als Minister und Vizekanzler mitzumischen.

Dafür gibt es gute Argumente:
Da Merkel in allen vorherigen Koalitionen ihre Juniorpartner verzwergte, muss dieser alles tun, um ihr stark gegenüber zu treten. Der SPD-Parteichef kann der CDU-Chefin aber nur auf Augenhöhe begegnen, wenn er ebenfalls ein wichtiges Regierungsamt innehat und direkt in alle Kabinettsentscheidungen eingebunden ist.

Dagegen gibt es aber auch gute Argumente:
Schulz selbst hatte im Wahlkampf mehrfach ausgeschlossen als Minister in ein Kabinett Merkel einzutreten. Nachdem er am bereits am Abend des 24.09.17 eine Groko ausschloss, wäre das bereits sein zweiter radikaler Wortbruch.
Ein noch größeres Problem wäre aber die generelle politische Unfähigkeit des Würseleners ohne jede Regierungserfahrung. Seine taktische Doofheit zeigt sich bereits in der Tatsache, daß er sich ohne Not beim Thema Groko und Ministerjob festlegte. Weiß er nicht wie sehr einem die Ausschließeritis am Ende schadet?
Außerdem braucht die SPD Minister, die souverän agieren, möglichst brillieren und damit auch mehr Wählerzuspruch generieren.
Schulz bewies aber im Wahlkampf, beim Sondieren und verhandeln, daß er genau das eben nicht kann.

Schulz taktiert sich in Grund und Boden; zielsicher manövriert er sich in NoWin-Situationen.
Journalisten beklagen, daß sich die SPD nur erkennbar für den Familiennachzug einsetze; eine ungeschickte Prioritätensetzung sei das, weil in dem Punkt die große Mehrheit der Bevölkerung auf der harten CSU-Seite stünde und nur vergleichsweise wenige, dazu noch nicht mal Wahlberechtigte betroffen wären.

[…] SPD-Spitze auf dem Holzweg [….] Ausgerechnet beim Familiennachzug für Flüchtlinge mit begrenztem Schutz legt sich die SPD mächtig ins Zeug. Dafür sind aber nur 23% der Deutschen, 58% lehnen den Nachzug ab. Was ist dagegen mit den 2,7 Millionen Menschen, denen der Mindestlohn vorenthalten wird? [….]
(Dierk Rohwedder, Leitartikel Mopo, 30.01.18)

Diese thematische Verquickung hätte Schulz nie zulassen dürfen. Es ist unredlich und amoralisch Flüchtlinge gegen Niedrigverdiener auszuspielen. Ja, mehr Menschen sind vom nicht bezahlten Mindestlohn betroffen, als Familiennachzügler.
Bei den einen geht es aber um ein paar Euro mehr Lohn im Monat und bei den anderen um Leben und Tod.

Ein fähiger SPD-Chef würde sich gegen solche Vorwürfe wehren; erklären weshalb unabhängig  voneinander beides erreicht werden muss.

Schulz kommuniziert aber wieder einmal ungenügend und gibt dann ein vages Statement heraus, welches der CSU-Interpretation diametral widerspricht.

"Hallo! Hier schreibt wieder Martin. Die SPD hat sich mit einer guten Einigung beim Familiennachzug durchgesetzt. Wir schaffen den Wiedereinstieg in den Familiennachzug für Bürgerkriegsflüchtlinge mit subsidärem Schutzstatus. Sie werden nicht dauerhaft von Ehepartnern oder Kindern getrennt, wie CDU und vor allem die CSU das gefordert haben. Wir haben jetzt eine Regelung 1000+. Denn die SPD hat über die im Sondierungsergebnis hinaus vereinbarten 1.000 Angehörigen pro Monat eine deutliche weitergehende Härtefallregelung-wie vom SPD Bundesparteitag gefordert-durchgesetzt.
(Martin Schulz, 30.01.18)

„Egal was die SPD jetzt sagt: Fakt ist, der Familiennachzug für subsidiär Schutzbedürftige bleibt ausgesetzt und wird sogar komplett abgeschafft.
Wir wandeln ein Kontingent von 1000 Personen pro Monat, das bisher als Resettlement aus Italien und Griechenland vorgesehen war, in ein humanitäres Kontingent um.
Das heißt netto kein Mehr an Zuwanderung. Die Härtefallregelung gibt es bereits jetzt schon und betrifft nur ein paar Handvoll Personen.“

Mal abgesehen davon wie widerlich das von der CSU im falschen Deutsch verfasste xenophobe Statement am Jahrestag von Hitlers „Machtergreifung“ ist, muss man sich doch über die Unfähigkeit der Koalitionäre wundern.
Wäre es denn so unmöglich sich allgemein verständlich und klar auszudrücken?

[…..] Geht doch. Den Eindruck konnte man am Dienstag gewinnen, nachdem die Einigung von Union und SPD beim Thema Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutz bekannt geworden war. Frühmorgens um sieben hatten sich Unionfraktionschef Volker Kauder (CDU), CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles mit einigen Innenpolitikern zusammengesetzt - fertig war der Kompromiss.
Ein gutes Signal für die sich dahin schleppenden Koalitionsverhandlungen, ein Zeichen dafür, dass CDU, CSU und SPD auch an den kniffligsten Punkten Lösungen finden können. Der Eindruck war allerdings im Laufe des Tages schon wieder dahin, als nämlich Vertreter von Union und Sozialdemokraten ganz unterschiedliche Interpretationen der Einigung verkündeten und sich teilweise fundamental widersprachen.
Ein Schritt vor, einer zurück. […..]

[….] SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles sprach von einem "sachlichen und vernünftigen Kompromiss". Sie freue sich, dass künftig pro Jahr mindestens 12.000 Angehörige von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus nach Deutschland kommen könnten, sagte Nahles. "Das ist ein Gebot der Mitmenschlichkeit. Dafür hat die SPD auch lange gerungen."
[….] Vertreter von CDU und CSU sehen das jedoch anders: "Mit der Neuregelung wird der Anspruch auf Familiennachzug für subsidiär Geschützte endgültig abgeschafft", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. [….] Unionsfraktionschef Volker Kauder wertete die Einigung als Verhandlungserfolg der Union. Damit finde eine Steuerung des Zuzugs für subsidiär Geschützte statt, die sich an der Integrationsfähigkeit unseres Landes bemesse, sagte der CDU-Politiker. "Damit hat sich das zwischen CDU und CSU formulierte Regelwerk zur Migration durchgesetzt."
[….] Juso-Chef Kevin Kühnert kritisierte die Absprache scharf: "Die SPD geht beim Familiennachzug in Vorleistung und bekommt von der Union dafür ungedeckte Schecks", sagte Kühnert dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es sei "vollkommen unklar, ob eine ergänzende Härtefallregelung, die mehr als 1000 Menschen pro Monat den Familiennachzug ermöglichen soll, wirklich kommt und wie diese Regelung aussehen würde". [….]

Mit so einer Eierei will Schulz für die Groko werben?
Und was soll man eigentlich von seiner Arbeit als Minister erwarten, wenn er sich schon bei den Koalitionsverhandlungen so übertölpeln lässt?

Während die CSU auf ihren sozialen Medienseiten mit tausenden Basis-Vertretern streitet, die wie kleine Bernd Höckes jeden einzelnen Nichtweißen und Nichtchristen aus dem Land werfen wollen…

CSU auf Facebook, 30.01.2018
…… wendet sich die katholisch engagierte CSU-Basis schaudernd von ihrer AfDophilen Parteiführung ab.

Wie die CSU mit ihrem Rechtskurs Stammwähler verprellt […..]


Mustergültig sieht man hier, wieso man für und gegen die Groko sein kann.
Mit dieser menschenfeindlichen CSU kann man moralisch betrachtet eigentlich gar nicht koalieren.
Wenn man es aber nicht tut, besetzten diese angebräunten Neokonservativen noch mehr Ministerämter und die Heimatvertriebenen werden umso brutaler im Orban-Stil angegangen.
Dann gäbe es gar keine Härtefallregelung mehr.
Dafür darf man aber als SPD-Mitglied erst recht nicht verantwortlich sein. Also lädt man mit einem Nein zur Groko schwere moralische Schuld auf sich.

Und was gilt nun tatsächlich laut des heute verhandelten Kompromisses?
Keiner weiß es.

[….] Wir haben es hier ja mit einer doppelten Nachzugsregelung zu tun. Zum einen soll es ein Kontingent für 1000 Personen pro Monat geben, die nach humanitären Gründen ausgewählt werden. Zum anderen gibt es eine zusätzliche Härtefallregelung. Völlig offen ist, nach welchen humanitären Gründen man die 1000 Plätze vergibt und wer nicht die Möglichkeit bekommt, nachzuziehen. Unklar ist auch, wie man auswählt, wer zuerst nach Deutschland kommt. [….]
(Daniel Thym, 30.01.18, Professor für Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht an der Universität Konstanz und Direktor des dortigen Forschungszentrums Ausländer- & Asylrecht)

[….] Tränen muss mancher unterdrücken, als eine kurze Filmsequenz an der Wand erscheint. Da erzählt eine Syrerin, dass sie es kaum mehr aushalte in Deutschland, dass sie zermürbt werde von der Sorge um ihren Mann und die Kinder, die noch immer in Syrien leben und nicht zu ihr dürfen. Eine verzweifelte Frau, für die es vermutlich keine Erlösung gibt, wenn die kommende große Koalition ihren Plan umsetzt und den Familiennachzug weiter untersagt. Irme Stetter-Karp zeigt diese Filmszene. Sie ist Vizepräsidentin des Deutschen Caritasverbands und argumentiert weniger mit Paragrafen und Statistiken: "Weil es um Menschen geht, nicht nur um Zahlen." Sie kritisiert den Nachzugsstopp als "humanitär und integrationspolitisch fatal", weil er den Menschen, die schon in Deutschland sind und ganz offiziell Schutz genießen, die Energie raube, hier Fuß zu fassen, die Sprache zu lernen, Arbeit zu finden. Drei, vier Jahre müssten viele auf ihre Angehörigen warten, manche befürchten, für immer getrennt zu sein.
Stetter-Karp erinnert daran, warum viele Minderjährige allein in Deutschland sind. Nicht immer, weil sie von den Eltern auf die Flucht vorgeschickt würden, sondern auch, weil das Geld für die Reise aller fehlt, weil ein Angehöriger zu krank ist für die Flucht, weil manche auf dem Weg nach Europa sich verlieren. [….] Der ausgesetzte Familiennachzug droht einen großen Keil zu treiben zwischen die Regierenden und die Fachleute und Helfer an der Basis, die die Folgen der Berliner Beschlüsse täglich erleben. Ähnlich negative Auswirkungen befürchten viele durch die "Anker"-Zentren, wie Union und SPD die geplanten Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen abkürzen. Ein paar Monate dort zu leben sei ja okay, heißt es. Was aber, wenn sich die Entscheidung bis zur Rechtskraft eines Asylbescheids hinzieht, Monat um Monat? Wenn die Flüchtlinge im "Anker" festsitzen, ein, zwei, drei Jahre, und am Ende dann doch bleiben dürfen, weil sie vor Gericht gewinnen oder eine Abschiebung unverantwortlich gefährlich wäre? "Dann bekommen sie psychisch kaputte Menschen", prophezeit Günter Burkhardt, Chef von Pro Asyl […..]

Ich befürchte, man kann als SPD-Mitglied nicht gegen eine Groko stimmen, in dem Wissen, daß diesen armen Menschen dann CSU-pur droht, daß de Maizière, Spahn, Dobrindt und Co dann gnadenlos Familien zerstören, die aus dem von deutschen Waffen zerschossenen Syrien fliehen mussten.
Eine interessante Frage wird es sein worüber wir SPD-Mitglieder genau abstimmen.
Wie man hört soll es anders als 2013 nicht nur um ein „Ja“ oder „Nein“ zur Groko gehen. Die Ressortverteilung soll auch bekannt gegeben werden.

Die für mich interessanteste Frage, nämlich die nach dem Personal, soll die Basis allerdings nicht mitentscheiden. Das möchte die SPD-Spitze gern unter sich ausmauscheln.
Dabei spielt es für mich eine entscheidende Rolle, ob ein potentiell AfD-affiner Gabriel, der auch mal völkisch blinkt und sein OK für Waffenexporte und VDS abgibt weiter Minister wird, ob Schulz ein Kernministerium bekommt, oder ob eher Flüchtlings-freundliche und Pegida-feindliche engagierte Sozialdemokraten wie Maas und Barley regieren.

[….] Die SPD-Taktik scheint verdruckst: Einerseits sollen die Mitglieder über wichtige Inhalte abstimmen, andererseits soll es erst hinterher um Namen gehen. [….] Mindestens zwei Fragen sind auch für die Basis wichtig: Geht Martin Schulz ins Kabinett? Und was wird aus dem derzeit nach Umfragen populärsten SPD-Politiker Sigmar Gabriel?
Es mag taktische Erwägungen geben, niemanden zu verprellen und so womöglich Stimmen im Mitgliederentscheid zu verlieren. Aber taktiert hat die SPD genug. Parteichef Martin Schulz sollte das ganze Bild präsentieren, alle Fakten, alle Namen. Und er sollte dazu stehen, was er für sich selbst plant. Spekulationen könnten sonst mehr Schaden anrichten als die Wahrheit. […..]

Montag, 29. Januar 2018

Kann man sich nicht ausdenken – Teil IV

Trump wirkt; seine unablässige Hetze gegen die unliebsame Presse, ruft irre Mörder auf den Plan.


Man könnte meinen, daß so ein Typ, der unverhohlen zur Gewalt aufruft und systematisch ein Klima des Hasses schafft, längst im Knast sitzen müßte.
Aber in Amerika läuft das anders. Da ist der Typ, der Behinderte nachäfft, unablässig lügt wie gedruckt, immer wieder wüst rassistische Statements abgibt und Dutzendfach Frauen sexuell belästigt, Präsident.

Herr Kaeser, Vorstandsvorsitzender eines der größten deutschen Konzerne, zeigte schon mal in Davos beim sogenannten „Weltwirtschaftstreffen“ wie die aufgeklärten und seriösen Deutschen mit so einem kopflos-destruktiven Proleten umgehen:
Man krieche Trump möglichst weit in den Hintern und verkünde öffentlich Milliarden Euro und tausende Arbeitsplätze in Deutschland zu streichen, um ins gelobte Trumpistan herüberzumachen.

[….] Szenen des Abendessens vom Donnerstagabend: Am Tisch mit Trump saßen 15 Topmanager aus Europa, darunter Siemens-Chef Joe Kaeser und SAP-Boss Bill McDermott, die beide direkt neben den Präsidenten platziert wurden. Der Präsident wirbt für Investitionen in seinem Land, und die Manager machen mit bei dieser Runde. "Glückwunsch zur Steuerreform", sagt Kaeser zu Trump.
Niedrigere Steuersätze für Konzerne - so etwas finden alle Vorstandsvorsitzenden gut, vor allem wenn man wie Siemens fast 20 Milliarden Euro in dem Land umsetzt, gut ein Viertel des Umsatzes insgesamt. Dann aber ging Kaeser noch einen Schritt weiter und berichtete, dass man eine neue Generation von Gasturbinen in den USA entwickeln werde. "Oh, das ist fantastisch", antwortet der Präsident, schwer beeindruckt von dem Gast aus München. […..]

(Ich vermisse ein Statement der ultra-unternehmerfreundlichen Neonationalen Spahn/Dobrindt/Lindner zu der SAP-Siemensschen Form des ökonomischen Patriotismus.)

Wen kümmern Trumps Weltkriegszündeleien, seine Zerstörung des sozialen Gefüges, des Anstands und der Moral, wenn der Mann die Milliardäre durch seine Tax-Politik rasant reicher macht?

Wenig hundert Superreiche in Amerika trieben diese massive Geldumverteilung zu Gunsten des reichsten Promilles der Amerikaner voran – sie werden nun noch mehr Milliarden scheffeln, während Millionen Ärmere ihre Krankenversicherung verlieren.

[…..] Most Americans know that the tax plan is payback for major Republican donors. Gary Cohn, Trump’s lead economic advisor, even conceded in an interview that “the most excited group out there are big CEOs, about our tax plan.”
Republican Rep. Chris Collins admitted, “My donors are basically saying, ‘Get it done or don’t ever call me again.’”
Senator Lindsey Graham warned that if Republicans failed to pass the tax plan, “the financial contributions will stop.”
By passing it, Republican donors will save billions – paying a lower top tax rate, doubling the amount their heirs can receive tax-free, and treating themselves as “pass-through” businesses able to deduct 20 percent of their income (effectively allowing Trump to cut his tax rate in half, if and when he pays taxes).
They’ll make billions more as their stock portfolios soar because corporate taxes are slashed.
The biggest winners by far will be American oligarchs such as the Koch brothers; Peter Thiel, the Silicon Valley investor; Sheldon Adelson, the Las Vegas casino magnate; Woody Johnson, owner of the New York Jets football team and heir to the Johnson & Johnson fortune; and Carl Icahn, the activist investor.
The oligarchs are the richest of the richest 1 percent. They’ve poured hundreds of millions into the GOP and Trump. Half of all contributions to the first phase of the 2016 election came from just 158 families, along with the companies they own or control. […..]

Die GOP ist gekauft. Macht sie nicht weiter klar einseitig zu Gunsten der Ultrareichen Politik, gibt es eben kein Geld mehr.

Demokratie und Wahlen können da nur stören.
Klar, einige aufmüpfige Ewig-Linke, Baum-Umarmer und Sozialromaniker nörgeln zwar jetzt rum, wollen einen weiteren Durchmarsch der Republikaner bei den diesjährigen Zwischenwahlen verhindern.

Zum Glück entschied der von rechten Richtern durchsetzte Supremecourt bereits 2010, daß die Superreichen Wahlen und Kandidaten über ihre Super-PACs kaufen dürfen.
Das „Citizens United“-Urteil gilt als folgenschwerste juristische Fehlentscheidung seit 100 Jahren und ermöglichte es Typen wie Trump an die Macht zu kommen.

Die Koch-brothers haben über das gleiche Wahlrecht triumphiert und können sich passende Gesetze kaufen. Und Politiker. Und Mehrheiten. Und Regierungen.

[…..] Sie sind reich, sie sind einflussreich: Mit Spenden in Millionenhöhe unterstützen die Koch-Brüder die US-Republikaner bei den Midterm Elections. Sie fürchten, dass sonst die Mehrheit verloren geht.
Das konservative Koch-Netzwerk plant offenbar, die US-Republikaner bei den anstehenden Midterm Elections mit etwa 400 Millionen Dollar zu unterstützen. Das wurde am Rande eines Treffens von Offiziellen des Netzwerkes in Kalifornien bekannt.
[…..] Siegen bei den Midterm elections überwiegend Kandidaten der Partei, die nicht den Präsidenten im Weißen Haus stellt, gilt dieser als angezählt.
Dies will das Koch-Netzwerk verhindern. […..] Die aktuelle Spendensumme falle sogar noch 60 Prozent höher aus, als die Unterstützung der Republikaner im Wahlkampf 2016, sagten Offizielle am Rande des Treffens. […..]

Sonntag, 28. Januar 2018

Erzbischöfliches Bonbon

Noch mal kurz zu den Schließungen katholischer Schulen, die das Hamburger Erzbistum vor einer Woche verkündete.
Grundsätzlich sind das für mich sehr gute Neuigkeiten – je mehr sich die RKK aus der Kindererziehung heraushält, desto besser.
Meine Freude über die hanseatisch-klerikale Schrumpfung hatte ich bereits zum Ausdruck gebracht.
Die RKK macht die Angelegenheit aber auch personell zur Erfolgsgeschichte – für Atheisten.
Der eher angenehme und zurückhaltende ehemalige Erzbischof Thissen wurde durch eine harte Gang ersetzt.

(…..) Der 1938 im Niederrheinischen Kleve geborene Werner Thissen ist nicht als bedeutender Theologe bekannt, hat sich noch nicht einmal habilitiert.
Seine Kirchenkarriere verlief eher gemächlich.
Erst mit 61 Jahren wurde er Weihbischof und stieg dann im Pensionsalter 65-Jährig zum Zweiten Erzbischof von Hamburg auf. Volle zehn Jahre stand er an der Spitze des größten deutschen Bistums. Es umfasst nämlich auch Schleswig-Holstein und Mecklenburg Vorpommern.
Im Gegensatz zu vielen seiner bischöflichen Mitbrüder machte Thissen nie durch Skandale auf sich aufmerksam; wurde in seinem riesigen Erzbistum geschätzt, bot wenig Angriffsfläche für Kirchenkritiker, weil er klug genug war keine unsäglichen NS-Vergleiche oder Homophobien öffentlich zu machen. Kaum vorstellbar, daß Thissen wie in Limburg, Köln oder München achtstellige Beträge für Protzbauten aus dubiosen kirchlichen Kassen locker gemacht hätte.
Dem Metropoliten der Norddeutschen Kirchenprovinz war es vermutlich ganz angenehm mit Weihbischof Hans-Jochen Jaschke einen der kamerageilsten Bischöfe Deutschlands an der Seite zu haben.
Denn während Jaschke von Talkshow zu Interview eilte, konnte Thissen genau wie sein zweiter (und nahezu unbekannter) Weihbischof Norbert Werbs, in Ruhe seiner Arbeit nachgehen, ohne sich ins Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik zu begeben.
Mit 75 Jahren wurde Thissen, der sich scheinbar bester Gesundheit erfreut emeritiert. Er muß nicht wie Tebartz-van-Elst oder Mixa aus seinem einstigen Machtbereich fliehen. Im Gegenteil; obwohl er die längste Zeit seines Lebens Rheinländer war, verliebte er sich in die Stadt Hamburg und will mitten in St- Georg, dem hippen Schwulenviertel am Hauptbahnhof leben bleiben. (…..)

Ich nehme nicht an, daß Bergoglio persönlich den Kölner Meisner-Schüler Heße als Thissen-Nachfolger aussuchte.
Die Meisner-Müller-Gänswein-Ratzinger-Seilschaften waren vermutlich mächtig genug, um an Argentinier vorbei einen Mann ihres Geschmacks in das  (flächenmäßig) größte deutsche Erzbistum zu setzen.

Stefan Heße, der neue starke Mann an der Elbe bringt nun nicht nur Eltern und Gläubige gegen sich auf, indem er wortbrüchig wird und überfallartig seine Schafe vor vollendete Tatsachen stellt.
Schon das nervt die Hamburger Katholiken.

[….] Es ist etwas zerbrochen im Erzbistum. Das Vertrauen, das größte Kapital der Kirche, ist beschädigt. Grund dafür ist die Art und Weise wie das Erzbistum Hamburg die geplante Schließung von acht katholischen Schulen angekündigt hat: Hektisch und halsbrecherisch - hanseatisches Handeln sieht anders aus. Kaum ein Thema in Hamburg ist politisch so heikel wie die Schulpolitik. Bislang ist nicht ersichtlich, warum das finanziell angeschlagene Erzbistum die Hamburger Schulfrage so offensiv nach vorne stellte. Denn es werden ja weitere Schließungen verkündet werden in den nächsten Wochen: Immobilien werden aufgegeben und Kirchen, Bildungshäuser und Freizeitheime stehen auf dem Prüfstand, auch Schulen in Ludwigslust und Lübeck.
Wollte das Erzbistum vor all den anderen Schließungen in der norddeutschen Diaspora zeigen, dass es auch in der direkten Umgebung des Erzbischofs ans Eingemachte geht? Wie auch immer: Gutes Krisenmanagement sieht anders aus. […..]

Nicht nur, daß Heße im großen Maßstab katholische Einrichtungen schließt (schon das ist ein Grund zur Freude für mich), nein, er geht dabei noch im maximalen Elefantenmodus vor und zertrampelt so viel Porzellan wie möglich, statt um Verständnis zu werben.

Als besonderes Atheisten-Bonbon erweisen sich dabei die starken Männer, die Heße berief:

1.) Ansgar Thim, 61, vom März 2014 bis März 2015 Diözesanadministrator in Hamburg. Am 14.03.2015 von Erzbischof Heße zum Generalvikar ernannt.
2.) Christopher Haep, 42, seit August 2016 im Generalvikariat des Erzbistums Hamburg Chef der Abteilung Schule & Hochschule mit der Zuständigkeit für die 21 katholischen Grundschulen, Stadtteilschulen und Gymnasien in Hamburg.

Während Heße aus Angst vor Shitstürmen abtaucht und seine Schulentscheidungen öffentlich nicht verteidigt, schickt er Thim und Haep an die Front, um mit aufgebrachten Lehrern und Eltern zu diskutieren.
Ein genialer Schachzug, wenn man sich nachhaltig unbeliebt machen will.
Beide sind nämlich ausgesprochen empathiefreie Wichtigtuer.

Letzten Mittwoch erschienen mehrere Hundert Eltern und Lehrer der katholischen Sophienschule in Barmbek in der Schulturnhalle, um mit Haep und Thim zu diskutieren.
Man könnte meinen, die beiden Theologen wären gut vorbereitet gekommen und hätten katholisches Mitgefühl gezeigt. Aber weit gefehlt. Selbst das theophile Funke-Abendblatt hat Mühe freundlich über die beiden Heße-Epigonen zu schreiben.

[….] Auch nach zwei Stunden gab es noch viele offene Fragen und Unverständnis. Doch Thim war es genug der Information und Diskussion. "Diese Veranstaltung war auf zwei Stunden angesetzt, und die sind jetzt um. Deswegen beende ich sie jetzt. Ich bitte um Verständnis, aber das ist für uns auch eine anstrengende Woche", sagte der Generalvikar und empörte damit nicht wenige Eltern. [….]
Doch der "Investor", wie der Generalvikar es ausdrückte, müsste mehr als 7,6 Millionen Euro mitbringen. Das ist der von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young errechnete Sanierungs- und Modernisierungsbedarf der Schule.
Viele Eltern halten diese Summe für deutlich zu hoch, sie legen vielfach auf eine aufwendige Modernisierung auch keinen sonderlichen Wert. Als ein Vater, selbst Wirtschaftsprüfer, mehr Transparenz und die Offenlegung des gesamten Gutachtens forderte und rief, das Erzbistum müsse endlich "die Hosen runterlassen", reagierte Thim sehr ungehalten. "Nicht mit diesen Worten", beschied der Kirchenmann den Vater. Das Gutachten wird wohl nicht zur Einsicht freigegeben. [….]
Schulsenator Ties Rabe (SPD) hatte im Abendblatt-Interview erklärt, dass er erst drei Tage vor der Bekanntgabe der geplanten Schulschließungen vom Erzbistum über das Vorhaben informiert worden sei. Zu spät, um noch einzugreifen und ziemlich das Gegenteil eines vertrauensvollen Umgangs.
[….] Eine gute Voraussetzung für vertrauensvolle Gespräche über mögliche Alternativlösungen sind die öffentlich ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten keinesfalls. Schon hier drängt sich der Eindruck auf, dass eine Rettung der Schulen möglicherweise gar nicht im Interesse des Erzbistums liegt.
Wie der Schulsenator wurden auch die Schüler, Eltern und Lehrer der betroffenen Schulen mit den Schließungsentscheidungen am 19. Januar vor den Kopf gestoßen. [….]
Die Eltern und Lehrer der Sophienschule in Barmbek hörten von Generalvikar Thim auch diesen Satz: "Grundlage des Glaubens ist für mich das Evangelium, nicht die Schule." [….]

Sehr schön, das ist wie die Übernahme Limburgs durch TVE, der nach dem überaus beliebten Bischof Kamphaus, den sogar ich mag, durch seine Arroganz und Verlogenheit auf einen Schlag 40.000 Mitglieder aus der Kirche trieb.
Ähnlich verfahren nun als Heßes Jungs nach dem der durchaus angenehme Erzbischof Thissen in Rente geschickt wurde.
Meinen Dank an Rom!
Wir brauchen mehr Unsympathen wie Mixa, Meisner, TVE, Ratzinger, Müller, Overbeck, Burke, Sarah, Gänswein in der RKK, um den Einfluss der Katholiban zu schmälern.

Samstag, 27. Januar 2018

Knast-Wahn.

Meine mangelnde christliche Prägung hat zur Folge, daß ich kaum in den Kategorien Strafe, Rache und Schadenfreude denke.
Bestrafte, eingesperrte, gefolterte Menschen tun mir immer Leid; ich kann nie Genugtuung dabei empfinden, weil sie es verdient haben.
Ich sehe Gefängnisse als generelles Übel, das noch mehr Kriminalität produziert.
In Norwegen gibt es Experimente mit sehr viel freieren Bestrafungsformen, die dazu führen, daß es deutlich geringere Rückfallquoten gibt. Ich wünschte, das könnte man generell einführen. Bastøy für alle Knastis!


[…..] Bastøy prison is the largest low-security prison in Norway. The prison is located at Bastøy island in the Oslo Fiord, belonging to Horten municipality. The prison uses the whole island, but the northern part with the beach Nordbukta is defined as open to the public.
The prison is organized as a small island community with about 80 buildings, roads, beach zones, cultural landscape, football field, agricultural land and forest.
In addition to the prison functions, there is a shop, library, information office, health services, church, school, NAV (government social services), dock, ferry service (with its own shipping agency) and a lighthouse with facilities to let for smaller meetings and seminars. [….]


Unglücklicherweise gibt es Menschen, die so gefährlich sind, daß sie eingesperrt werden müssen, um andere vor ihnen zu schützen.
Ich bin nicht so naiv zu glauben, daß es immer ohne Mauer und Zellen geht.

(….) Natürlich ärgert es mich als Liberalen (nicht im FDP-Sinne!), wenn rechte Parteien tragische Vorkommnisse ausnutzen, um sich als tatkräftig zu inszenieren, indem sie höhere Strafen und schärfere Gesetze fordern.
Das ist so billig und durchschaubar.
Das tut man wenn das Kind im Brunnen ist.
Schärfere Gesetze kosten nichts und lenken davon ab, daß die aktiven Politiker offensichtlich bei der Prävention versagt haben.
Ganz ohne Strafgesetzbuch und Jugendknäste geht es leider nicht.
Aber ich erwarte, daß Politiker nicht wie 2001 CDU und Schillpartei in Hamburg dafür gewählt werden mehr Jugendliche einzusperren, sondern wünsche mir Bildungs-, Sozial- und Justizpolitik, die verhindert, daß Jugendliche überhaupt auf die schiefe Bahn geraten.
Nach „schärferen Gesetzen“ zu krakeelen, ist ein Armutszeugnis und zu allem Übel wird das auch noch vom Wähler belohnt.

Mein persönlicher Liberalismus gebietet es Freiheiten nur dort einzuschränken, wo sie Dritte gefährden.
Waffen müssen für den Privatgebrauch verboten sein, weil man mit Waffen andere verletzt. Man darf nicht mit drei Promille Autofahren, weil man sich damit nicht nur selbst umbringt, sondern andere gefährdet. (…….)
(Das gehört verboten, 03.01.2018)

Es wäre aber für alle Beteiligten besser und billiger, wenn man viel weniger Menschen einsperren würde.

OK, so gestört wie die Amis (330 Millionen Menschen) sind die Deutschen nicht.
In Amerika sitzen etwa 2,3 Millionen Menschen im Knast. Mehr als ein Prozent der erwachsenen Bevölkerung, während Deutschland bei 82 Millionen auf gerade mal 80.000 Gefangene kommt. Die amerikanische Gefangenenrate (Gefangene pro 100.000 Einwohner) von knapp 700 ist nach den kaum vergleichbaren Seychellen die mit Abstand höchste der Welt.


Aber auch die deutsche Gefangenenrate von ~ 70 ist absurd hoch, wenn man an all die auf Abschiebung Wartenden, die psychisch Kranken und die in Beschaffungskriminalität verstrickten Menschen denkt, die eigentlich in einem geschlossen Knast nichts zu suchen haben.

Damit aber nicht genug – Deutschland gibt mehrere hundert Millionen Euro jährlich für die sogenannten „Ersatzfreiheitsstrafen“ aus.
Also Menschen, die wegen geringer Vergehen zu Geldstrafen verurteilt sind, diese aber nicht zahlen können und daher ersatzweise im Knast schmoren – im Extremfall wegen Falschparkens und Schwarzfahrens.

[….] Um in Deutschland ins Gefängnis zu kommen, muss man kein besonders schweres Verbrechen begehen. Es reicht, ein paar Mal mit dem Zug von Berlin nach Nordrhein-Westfalen zu fahren. Ohne Ticket. Wie der 58-jährige Obdachlose, der das Grab seiner Frau besuchen wollte. Weil er dabei nie eine Fahrkarte löste, kam er vor Gericht und wurde zu 16 Monaten Haft verurteilt. Oder der 29-Jährige, der mehrmals in Düsseldorf unterwegs war, ohne zu bezahlen: 247 Tage Freiheitsstrafe. Oder ein 35-jähriger Pole: Bei einer Polizeikontrolle erfuhr er, dass er per Haftbefehl gesucht wurde. Weil er schwarzgefahren war und die Strafe nicht bezahlt hatte.
Anfang des Jahres brachen neun Gefangene auf spektakuläre Weise aus der Berliner Justizvollzugsanstalt Plötzensee aus. Fünf von ihnen waren dort wegen Ersatzfreiheitsstrafen gelandet, unter anderem, weil sie ohne Fahrkarte unterwegs gewesen waren. Ist Schwarzfahren wirklich ein derart großes Problem für die Gesellschaft, dass Menschen dafür ins Gefängnis müssen? Ist das verhältnismäßig? [….]

[….] „Acht Monate Haft wegen Schwarzfahrens. Das ist kein Witz, das kommt vor in Deutschland, und das sogar immer häufiger. Wer in Deutschland eine Geldstrafe nicht bezahlen kann, dem droht nämlich Gefängnis. Jeder zehnte Gefangene sitzt mittlerweile wegen einer solchen Ersatzfreiheitsstrafe im Knast, zum Beispiel weil er ohne Führerschein unterwegs war oder weil er eben schwarzgefahren ist. Für die Betroffenen ist das eine Katastrophe, die den Staat zudem jährlich auch noch Hunderte Millionen kostet. Dabei sind viele Gefängnisse ohnehin völlig überfüllt, und Personal fehlt an allen Ecken und Enden. Ralph Hötte über eine der wohl absurdesten Vorschriften im deutschen Strafrecht.“ […..]



Freitag, 26. Januar 2018

Eide

Zugegeben; oft fühle ich mich alt. Und zwar alt in dem Sinne, daß mir Dinge wichtig sind, die nachfolgende Generationen gar nicht mehr interessieren.
Immer öfter taucht beispielsweise der verächtlichen Ausdruck „Bildungstapete“ für Bücherwände auf. Die brauche doch heute keiner mehr.
Dabei ist das Lesen auf Papier die beste Möglichkeit Informationen zu erlangen.
Andererseits sind mir viele Dinge, die für Jugendliche unverzichtbar sind, herzlich egal. Ich lebe ohne Klugtelefon, ohne Digitalkamera, ohne Instagram-Account und ohne Whatsapp. Ich habe noch nie ein Computerspiel gespielt und habe nicht die geringste Ahnung was „Gamer“, die „online zocken“ eigentlich tun.

Es gibt aber auch bestimmte Dinge, bei denen ich mich nach wie vor als sehr modern empfinde und nur staunen kann wie altmodisch „der Mainstream“ denkt.
Religion halte ich für mittelalterlich. Nach der Aufklärung, also vor über 200 Jahren, sollten wir diese unsinnige Konstrukt aus den Zeiten, als vortechnologische Menschen in einer primitiven Hirtenkultur über Sklavenhalterei und das Ermorden von Erstgeborenen schwadronierten, längst hinter uns gelassen haben.
Ich staune auch über im Jahr 2018 praktizierte Geschlechterrollen.
Trump übergibt alle wichtigen Posten ausschließlich an weißhaarige Männer und bewertet Frauen mit einer optischen 1-10-Skala, weitgehend nach ihrer Busengröße.
In Deutschland verdienen Frauen 20 Prozent weniger als Männer und wenn britische Konservative zu einer Spendengala laden, sind die Gäste 100% männlich und lassen sich von tief dekolletierten Mädels im Minirock bedienen.

[….] Schon das Konzept der Spendengala hat es in sich: Eingeladen sind nur Männer. In diesem Jahr waren es rund 360 Honoratioren, wie die "Financial Times" anhand der Tischordnung ermittelte: Investment-Banker und Immobilien-Besitzer ebenso wie hohe Politikfunktionäre und Prominenz aus der Unterhaltungsbranche. Die Kleiderordnung war konservativ - schwarzer Anzug und Krawatte sind selbstverständlich.
Frauen, die in den Top-Etagen der britischen Gesellschaft durchaus ihren Platz haben, waren nicht geladen. Frauen hatten die Initiatoren eine andere Rolle zugedacht. Sie sollten dafür sorgen, dass es den Gästen an nichts fehlt. Und natürlich galt auch für sie eine strenge Kleiderordnung: High Heels, extrem kurzer Rock und eine knapp geschnittene Bluse mit tiefem Ausschnitt.
Die für die Auswahl der 130 jungen Hostessen zuständige Agentur machte sogar dezidierte Angaben zur Farbe der Unterwäsche (schwarz). Bei den Bewerbungsrunden kamen zudem nur Frauen zum Zug, die den gängigen Schönheitsidealen (von Männern) entsprechen: schlank, groß und hübsch anzusehen. [….]

In welchem Jahrhundert leben wir noch mal?
Frauen dürfen nicht katholische Priesterinnen werden, dürfen nicht selbstständig über ihren Uterus entscheiden. Verrückt.

Wieso gibt es im Jahr 2018 auch in seriösen Zeitungen Tageshoroskope?
Wie kommen Teens und Twens des 21. Jahrhunderts auf die Idee sich mit Sternzeichen und Astrologie zu beschäftigen?
Dabei ist der komplette Unsinn schon seit Jahrhunderten debunked.

Warum schneiden Millionen Menschen ihren neugeborenen Kindern Teile der Genitalien ab? Und wieso erlaubt der deutsche Bundestag das ausdrücklich?

Ich verstehe auch nicht den antiquierten Ehebegriff nicht, rätsele schon seit 30 Jahren was vernünftige Menschen dazu bringt altbackene Hochzeitsrituale mit Brautstraußwerfen und abstrusen Dresscodes nach zu inszenieren.
Wozu sollte man sich coram Publico Monogamie versprechen und weshalb sollte eine Ehe zu zweit moralisch wertvoller als eine Dreier- oder Viererbeziehung sein? Wieso müssen solche Konstrukte heterogeschlechtlich sein und nachdem sie das nun in Deutschland glücklicherweise nicht mehr sein müssen, sage ich den Schwulen: Schön, daß ihr heiraten dürft, aber warum zum Teufel wollt Ihr überhaupt dieses Spießermodell nachmachen?

Außerdem empfinde ich es als Selbstverständlichkeit öffentlich die Wahrheit zu sagen.
Was ist das für ein Quatsch sich durch Schwüre, Eide, Erklärungen und Hand auf die Bibel legen, Spezialsituationen zu erschaffen, in denen man angeblich nun wirklich nicht mehr lügt?

Als Uwe Barschel im September 1987 öffentlich sein EHRENWORT gab, empfand ich es schon als doppelt-absurd.
Wer greift überhaupt zu so einer pathetischen altbackenen Methode und wer glaubt, daß die schon vorher allzu offensichtlichen Lügen dadurch wie von Zauberhand glaubwürdiger und wahrer würden?


Seit über 30 Jahren ist also diese Form der öffentlichen Ehrenbezeugung überholt und dennoch schwören Politiker immer wieder voller Pathos “so wahr mir Gott helfe” – einen sinnlosen Nachsatz.
Kriminelle Lügner mit diesem mittelalterlichen Firlefanz einzuschüchtern ist für mich der Inbegriff von „altmodisch“.

In Amerika wird nun ernsthaft diskutiert, ob Donald Trump „under oath“ bei Ermittler Mueller aussagt.


Das ist ernsthaft eine Meldung.
Trump log nach aktuellem Stand während seiner Präsidentschaft bereits 2.140 mal.

[….] One year after taking the oath of office, President Trump has made 2,140 false or misleading claims, according to The Fact Checker’s database that analyzes, categorizes and tracks every suspect statement uttered by the president. That’s an average of nearly 5.9 claims a day. [….]

Erst kürzlich fanden die Feierlichkeiten zum “Lie Two K”-Milestone statt und noch immer ermüdet der US-Präsident nicht.


Wer kann nur so altmodisch sein zu glauben, unter Eid würde dieser Liar in Chief nun schlagartig die Wahrheit sagen?

[….] US-Präsident Donald Trump hat vor Journalisten im Weißen Haus angekündigt, dass er bereit sei, sich in den Ermittlungen zur sogenannten Russlandaffäre unter Eid vernehmen zu lassen. "Ich freue mich darauf", sagte Trump. [….]
(SPON, 25.01.2018)

Ich bin eindeutig zu modern eingestellt, um einen Funken Hoffnung zu haben „under oath“ könne Trump veranlassen nicht mehr zu lügen.

Dazu müßte er zumindest strafrechtliche Konsequenzen fürchten und er sollte überhaupt wissen was eine Lüge ist.
Er glaubt aber über dem Gesetz zu stehen und lügt pathologisch, auch wenn er sich damit noch so offensichtlich selbst widerspricht.