Der
klassische politische Fernsehjournalismus funktioniert nicht mehr.
60 Jahre
lang funktionierte es so, daß TV-Journalisten über Länder/Umstände/Themen
berichteten, von denen die meisten Zuschauer nichts wußten. Sie lieferten Hintergrundinformationen,
Erklärungen, persönliche Einschätzungen und befragten andere Fachkundige nach
deren Einschätzungen.
So
lernte der Zuschauer und konnte sich ein immer besseres Bild machen.
Schon
vor dem Internetzeitalter und den unseligen sozialen Netzwerken, begann die
Unsitte immer öfter nicht den Experten und Betroffenen das Wort zu geben,
sondern Studiopublikum einzuladen und die Deppen im Publikum auch zu befragen.
Der
nächste Schritt war die in Frühstücksfernsehen und Boulevardsendungen so
beliebte Straßenumfrage.
Jede
Boulevardzeitung macht das inzwischen.
Statt selbst
zu recherchieren und gut bezahlte Journalisten und Dokumentare zu bezahlen,
können die Sender/Zeitungschefs nun eine Menge Geld sparen und viel Content
erzeugen. Man schicke den unbezahlten Redaktionspraktikanten mit einer Kamera
in die nächste Fußgängerzone und lasse ihn inhaltslose O-Töne einsammeln, in
denen die Befragten in der Regel tumb ins Rotlicht grinsend erklären nichts zu
wissen.
Heute lief in meiner Bankfiliale NTV während ich am Schalter wartete. Es ging um Bitcoins. Der Studiomoderator schickte seine Reporterkollegin los, die in Geschäften, auf der Straße jeden fragte was ein „Bitcoin“ sei. Niemand wußte es, einige wenige konnten immerhin sagen „virtuelle Währung“.
Heute lief in meiner Bankfiliale NTV während ich am Schalter wartete. Es ging um Bitcoins. Der Studiomoderator schickte seine Reporterkollegin los, die in Geschäften, auf der Straße jeden fragte was ein „Bitcoin“ sei. Niemand wußte es, einige wenige konnten immerhin sagen „virtuelle Währung“.
So vergingen
die Minuten und ich war anschließend kein bißchen schlauer.
Aber es
war schön billig produziert und es wirkt vermutlich so angenehm authentisch auf
den Zuschauer, der nicht belehrt werden mag. Guck mal da – die sind alle
genauso blöd wie ich!
Nach Twitter,
Facebook und Instagram ist politischer Fernsehjournalismus noch viel
merkwürdiger geworden.
Einerseits
gibt es nun technische Möglichkeiten, die Journalisten immer schneller,
kompetenter und besser machen, andererseits ist ihre Glaubwürdigkeit dahin,
weil jeder, der googlen kann ganz schnell in seiner eigenen Filterblase ist und
es besser zu wissen meint.
Der
Zuschauer wartet nicht mehr darauf was ihm die TV-Journalisten sagen, sondern
weiß schon vorher, ob er ihnen glauben wird oder nicht, weil seine Meinung
unabhängig von der Realität schon feststeht.
Ein
Trump-Fan „weiß“, daß MSNBC, die Washington Post, die New York Times und CNN
lügen, weil dort in der Regel so über Trump berichtet wird, wie es nicht der
eigenen inzestuösen Blasensicht entspricht.
Das geht
soweit, daß die täglich in den CNN-panels anwesenden Trump-Fans täglich
beklagen, die „biased liberal media“ (zu denen sie freilich auch CNN zählen)
ließen Trumpisten nie zu Wort kommen, berichteten nicht.
Trump
beklagte bei seiner legendären Pöbel-Ansprache in Phoenix, CNN übertrage ihn nie,
würde die Kameras abschalten, wenn er spräche, - LIVE übertragen auf CNN.
Absurder
geht es kaum.
Aber von
Fox und Breitbart mit Scheiße gefütterte Trumpgläubige negieren auch die
offensichtlichsten Fakten und so kann Trump täglich auf’s Neue so dreist lügen,
daß es kaum noch mit regulären journalistischen Mitteln zu behandeln ist.
Warum
gehen Trumpster überhaupt noch zu CNN?
Die
kleineren Lichter wie Jason Miller oder Rick Santorum steigern damit ihren
Marktwert und werden natürlich auch gut bezahlt.
Die
höheren Tiere, die direkt für Trump arbeiten und kein Geld für ihre Auftritte
erhalten, rechnen natürlich auch nicht damit durch ihre abstrusen Lügen und
Unverschämtheiten typische CNN-viewer auf ihre Seite zu ziehen.
Für sie
ist es aber umso wichtiger von ihrem Chef gesehen zu werden.
Der eine
Zuschauer zählt. Wer Trump in quasi feindlicher Umgebung bis zur absoluten
Selbstaufgabe lobt und adoriert, ist sich seines Wohlwollens sicher.
(….)
Heute erschien er beim CNN-Star Jake Tapper in seiner Sonntagssendung „State Of The Union“.
Ihn erwarteten eine Menge Fragen zu seinem Chef, da in
Wolffs Buch eine Fülle von Zitaten enger Trump-Mitarbeiter auftauchen, die
unisono der Meinung sind, Trump habe nicht alle Tassen im Schrank und sei geistig
retardiert.
Eine eigentlich nicht zu lösende Aufgabe, da die
Indizien für Trumps Verblödung überwältigend sind.
[…..] Im Oval
Office sitzt ein „Schwachkopf, ein Idiot“ – da sind sich nach Informationen des
„Fire and Fury“-Autors Michael Wolff alle Trump-Mitarbeiter im Weißen Haus
einig. [….]
Miller tat das aus seiner Sicht einzig Richtige: Er
versuchte gar nicht erst inhaltlich auf die Fragen einzugehen, wich allen
konkreten Themen aus und feuerte statt dessen einen Schwall Beleidigungen und
Unterstellungen ab.
Die Zuschauer Tappers, die Antworten erwarteten,
wurden also bitter enttäuscht.
Aber da hätte Miller ohnehin nicht gewinnen können.
Wie immer sah sich aber Trump den
Auftritt live im TV an und bestätigte direkt nach der Sendung
das, was Tapper mehrfach Miller konstatierte – er spreche nur für seinen einen
Zuschauer – Trump.
Indem er untertänig und schleimspurziehend Trump immer
wieder als „Genie“ bezeichne, bringe er diesen dazu ihn zu loben.
Und genau das geschah auch prompt. (….)
Ein Musterbeispiel für so einen „modernen Journalismus“
spielte sich gestern erneut ab.
Trumps engste politische Verbündete, die kategorische
und gewohnheitsmäßige Lügnerin Kellyanne Conway, die sich selbst rühmte „alternative Fakten“ zur Realität zu
nennen und als „Beweis“ für das angebliche Ignorieren des islamischen Terrors
durch CNN das völlig frei erfundene „Bowling Green Massacre“ nannte, war zu
Gast bei Chris Cuomo.
Cuomo, 47, promovierter New Yorker Anwalt ist Sohn des
früheren Gouverneurs Mario Cuomo und Bruder des gegenwärtigen Gouverneurs
Andrew Cuomo.
Bester italo-katholischer demokratischer New Yorker Intellektuellen-Adel,
also das Feindbild des protzigen ungebildeten Proleten Trump.
Chris Cuomo arbeitete als Journalist für CNBC, MSNBC und
bekam nun bei CNN seine erste eigene Prime-Time-Show.
Er ist natürlich viel zu erfahren und zu gebildet, um
Conway ihre dreisten Lügen durchgehen zu lassen.
Es entwickelten
sich daraus 24 Minuten, die man hoffentlich in
Journalistenschulen genau analysieren will.
Cuomo tat alles, um Conway zu fassen zu bekommen, wies
ihr nach zu lügen, unterbrach sie, wenn sie auswich, beharrte auf seinen
Fragen. Er machte alles richtig, zeigte wie Profi-Journalismus geht. Anders als
die stets desinteressierten deutschen Politbefrager Will, Illner und
Maischberger, presste er, ließ sich nicht hinhalten, ließ sich nicht
einschüchtern und fand sich nicht devot damit ab, wenn seine Fragen nicht
beantwortet wurden. Er setzte Trumps Top-Frau massiv zu – und all das ohne
persönlich oder unfreundlich zu werden.
Eine Glanzleistung. Was könnte ein Journalist besser
machen?
Unglücklicherweise ist der Erkenntnisgewinn dennoch
gleich Null, weil Conway auch konsequent bei ihrer Linie blieb. Sie vermied
jede Antwort, wich wieselartig aus, indem sie unablässig neue Themen ins
Gespräch warf. Während sie all die Nebelkerzen schleuderte, tat sie ihr Bestes,
um den Spieß umzudrehen, unterstellte ihrerseits CNN und Cuomo zu lügen, Fakten
zu ignorieren, nicht zu berichten, so daß Chris Cuomo genötigt wurde zu
reagieren und das zurückzuweisen.
Damit hatte sie aber erreicht was sie wollte; ihn auf
ihr Terrain gezogen und verhindert, daß er erneut danach fragte, was sie nicht
beantworten wollte.
Sie appellierte an ihre Basis, schmiss all die
Trigger, die verblendete Rechte hören wollen: Drogen, Kriminelle, Islamisten
schwappen über die Grenzen in die USA, Trump unterbinde dies, aber die „liberal
media“ hinderten ihn daran.
Wer die Realität kennt, durchschaut Conways Spiel.
Aber das macht nichts, weil so einer auch vorher nicht
Trump wählte.
Die ultrakonservativen Verschwörer hingegen erfreuten sich
daran wie sie auf CNN einschlug und sich nicht packen ließ.
Das Wichtigste dürfte für sie war aber der Zuschauer
Trump, der süchtig nach Schmeicheleien Conway noch mehr dafür lieben wird ihn
gelobt zu haben.
Natürlich übernahm er auf Twitter sofort Conways
Worte.
Januar 2018Disproven and paid for by Democrats “Dossier used to spy on Trump Campaign. Did FBI use Intel tool to influence the Election?” @foxandfriends Did Dems or Clinton also pay Russians? Where are hidden and smashed DNC servers? Where are Crooked Hillary Emails? What a mess!— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 11.
Hey @ChrisCuomo - when we are forced to think/talk about hrc it's because you and your colleagues can't let go of an election she/you lost. Sad!— Kellyanne Conway (@KellyannePolls) 11. Januar 2018
Proven further by after a 30-minute interview about policy and accomplishments, HRC is all you and others can say... https://t.co/SuL5EspkRE
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