Donnerstag, 31. Oktober 2019

Sex im Dunkeln.

Das Thema Sex zu meinen Jugendzeiten oder gar der Jugendzeit meiner Eltern unterscheidet sich natürlich erheblich von dem heute.

In meiner Kindheit erfuhr man was es mit Geschlechtsverkehr, Genitalien und Kinderkriegen auf sich hat, tatsächlich durch ein Aufklärungsgespräch. Irgendein Erwachsener oder Erwachsenerer nahm einen beiseite und erklärte die Funktionsweise der entsprechenden Organe. In meiner Erinnerung galt das als so eine Art bürgerliches Ritual. Notwendig für Stadtkinder. Die Bauernjugend wußte ohnehin alles, weil sie die entsprechenden Vorgänge bei all ihren Tieren beobachtet hatten.
Meine Jugendzeit war ziemlich liberal. Im Sommer badeten alle in einem nahe gelegenen Teich. Natürlich nackt. Man wollte ja nicht anschließend mit dieser nassen Hose rumlaufen und blöde weiße Stellen beim Sonnen bekommen.
Erst beim Schwimmunterricht in der Schule musste ich Badehosen tragen, aber das waren natürlich diese möglichst Kleinen, die keinen Wasserwiderstand bieten sollten.
Bis heute ist es mir vollkommen unverständlich, daß diese „Speedos“ heute so verpönt sind und Männer am Strand weite, überknielange Bein-Burkas mit mehreren Quadratmetern Stoff tragen. Dabei will ich nicht den modischen Aspekt bewerten, aber im Wasser ist so viel Textil eine echte Bremse und wer will denn anschließend mit den vollgesogenen nassen Sachen rumlaufen?
Offenbar geht es darum auch nur die leisesten Umrisse männlicher Genitalien unkenntlich zu machen, als ob die etwas völlig Unnatürliches wären, das versteckt und tabuisiert gehört.
Verwunderlich ist das allerdings nicht in einer Welt mit Milliarden Facebook-Nutzern, die sich alle dem äußerst strengen US-amerikanischen Nippel-Verbot fügen. Mord, rassistische Hetze, drastische Gewaltdarstellungen fallen unter „Meinungsfreiheit“, aber bei einer weiblichen Brustwarze schrillen Zuckerbergs Alarmglocken.
Vermutlich gehört das zu den Dingen, über die sich zukünftige Generationen totlachen werden. Was war das nur für eine grotesk-heuchlerische Gesellschaft Anfang des 3. Jahrtausends.
Der Effekt dieser starken, strafbewährten Tabuisierung und abstruser Moden wie Baggy-Swim-Pants und dem Zwang zur totalen Genitalrasur auch bei Männern ist natürlich eine umso stärkere Aufmerksamkeit.
Ich habe schon oft Altersgenossen oder Ältere gefragt, die in ihrer Jugend ähnlich wie ich viele andere nackte Menschen am Strand, beim Schwimmen oder beim Sport gesehen haben, ob sie sich konkret an die Achsel- oder Genitalbehaarung Anderer erinnern. Hat man noch Busen-Formen und Penis-Größen vor Augen?
Meine Antwort ist ein klares NEIN. Denn ohne die entsprechende Modezwänge und Tabus war das so natürlich, daß es keiner besonderen Aufmerksamkeit bedurfte.
Man guckte im Freibad nicht genau hin, ob der Typ vor einem auf dem Sprungbrett eine besonders große Wölbung in der knappen Badehose hatte, weil die Idee, daß so etwas Aufmerksamkeit verdiente noch nicht existierte.
Nach meinem Eindruck wird jetzt aber im Zuge der allgegenwärtigen Diskussionen um Brustimplantate, Bauchstraffungen und Genitalwaxing ein so öffentliches Interesse geschaffen, daß man überhaupt gezielt weggucken muss, wenn in Werbung oder Social Media nackte Körperregionen zu sehen sind.
Die längste Zeit meines Lebens kannte ich den Begriff „Six Pack“ gar nicht. Zu meiner Jugendzeit gab es keine „Fitnessstudios“; ich wäre daher auch nie auf die Idee gekommen anderen Jugendlichen in der Sportumkleide kritisch auf den Bauch zu gucken, um abzuschätzen wie wohl der Körperfettanteil ist.
Heute sind perfekt gewachste Model-Männer mit muskulösen Waschbrettbäuchen in Werbung und TV so omnipräsent, daß sogar mir auffällt, wenn einer aus dem Raster fällt.

Social Media schafft einen Aufmerksamkeitswahn, der vermutlich auch erklärt, wieso Jugendliche heute viel später als vor 50 Jahren das erste mal Sex haben, obwohl sie wegen ihrer Klugtelefone schon im präpubertären Alter ausführlicher über alle nur erdenklichen Sexualpraktiken im Bilde sind, als alle Generationen vor ihnen.
Vermutlich schüchtert das ein. Bodyshaming, Bulimie, Mobbing, Angststörungen aller Art bis hin zum Suizid haben dadurch Konjunktur.

Die Zugehfrau meiner Großmutter, Frau Tiedemann, war eine herzensgute Seele, die viel lachte. Aufgewachsen war sie vor dem Krieg als älteste von zehn Kindern in echter Mecklenburger Armut.
Sie hatten nur einen Raum mit drei Betten, in denen sich 12 Personen drängelten. Gearbeitet wurde 16 Stunden am Tag und als älteste Tochter war Frau Tiedemann quasi immer dabei, wenn ihre Eltern ihre Geschwister produzierten. Muttern hatte vermutlich nicht immer Lust dazu. Nachts hörte sie den Vater dann zischen „nun nimm die Füße auseinander!“ bevor ein kurzes Geruckel des Bettes losging.
Unter solchen Umständen braucht es keine weitere Aufklärung. Da wissen die Kinder automatisch was sie in ihrer eigenen Hochzeitsnacht zu tun haben.
Aus Sicht der Jugendlichen im Westen des 21. Jahrhunderts sind das vermutlich keine erstrebenswerten Zustände.
Aber natürlich blieb Frau Tiedemann auch viel sozialer Druck erspart. Sie musste als Teenagerin nie Bilder von sich der Welt präsentieren, sich um die neuesten Schmink- und Frisurentrends sorgen, bangen wie viele Likes ihre Selfies bekommen, konnte Geld für Lippenfüllungen, Botox-Spritzen und Kochsalzimplantate sparen. Ihre Brüder waren nie verunsichert, ob ihre Penisse zu krumm, der Bauch zu wabbelig oder die Achseln zu haarig waren.
Ich mutmaße, daß auch der erste Sex unter solchen Umständen mit viel weniger Erwartungshaltung und Erfolgsdruck stattfindet.
Aber ist es wirklich ein Segen überall so genau hinzusehen, daß man verschreckt und hysterisch rund um die Uhr damit beschäftigt ist sich mit Kosmetik, Schönheitschirurgie, Mode, Instagram-Filtern, Photoshop zu verhüllen?
Daß man jeden Quadratzentimeter der eigenen Haut mit Piercings, Tattoos, Brandings, Tönungen optimiert, bevor man sie dann mit züchtig verhüllten Nippeln und garantiert Bulging-freien Baggy-Shorts Millionen Menschen zeigt?

Mittwoch, 30. Oktober 2019

Wenn das Geld jemand anderem gehört

Wenn Gier, Anmaßung und sehr viel Geld zusammenkommen, geht das oft schief.

Im besten Fall geht es einem dann so wie Madeleine Schickedanz, 76, die als einzige Tochter des legendären Quelle-Gründers Gustav Schickedanz (1895–1977) Milliarden erbte und dann mit der unglücklichen Kombination aus völliger kaufmännischer Unfähigkeit und Raffgier Karstadt schluckte, 2008 vier Milliarden schwer geschätzt wurde und ein Jahr später alles verlor, weil sie auf dubiose Typen gesetzt hatte, ohne selbst die Übersicht zu behalten.
Sie beklagte anschließend öffentlich von HartzIV leben zu müssen.
Das generierte ihr allerdings kein Mitleid, da andere HartzIV-Empfänger üblicherweise nicht über ihre Armut klagen, wenn ihnen noch Immobilien im Wert von 500 Millionen Euro verblieben sind.

Anton Schlecker, 75, war sogar noch reicher und raffgieriger als Schickedanz. Er fuhr seinen Laden 2012 gegen die Wand. In dem Fall gab es allerdings sehr viel heftigere Kollateralschäden – und damit meine ich nicht seine geldgeilen kleinen Bratzen, die sich wie Möchtegern-Trumps noch schnell selbst die Taschen füllten und schließlich im Gefängnis landeten.
Den Schlamassel ausbaden mussten hingegen die Zehntausenden sogenannten „Schleckerfrauen“, die ohnehin mies bezahlt von eben auf jetzt arbeitslos wurden. Erschwerend kam hinzu, daß die Pleite in die schwarzgelbe Regierungszeit fiel. Der extrem fromme Christ, Mitglied des Zentralrates der Katholiken, Vizekanzler, Millionen-Spenden-Empfänger des rechtsextremen Baron von Finck und Wirtschaftsminister Philipp Rösler befand eiskalt die Schleckerfrauen sollten sich nun selbst „nach einer geeigneten Anschlussverwendung umsehen“.

Auch im Fall Donald J. Trump, 73, kamen Raffgier, Milliardenerbe und Dummheit unvorteilhaft ins Spiel. Trump vollbrachte das Kunststück selbst Geschäftsmodelle, die gemeinhin als „Lizenz zum Gelddrucken“ gelten, gleich mehrfach in die Pleite zu reiten. Mit Casino-Lizenzen hatte das bisher noch niemand geschafft.
Anders als Schlecker oder Schickedanz hatte er aber bei seinen gewaltigen Pleiten meistens seinen noch reicheren Papi Fred (1905-1999) an seiner Seite, der ihn immer wieder mit neuen Millionen flüssig machte.
Dadurch war selbst ein so doofer und krimineller Pleitier wie er nicht klein zu kriegen, so daß er schließlich begünstigt von einem absurden Wahlsystem, einem Netz rechtsradikaler Medien und dem virulenten Rassismus zum US-Präsidenten aufstieg. Das trifft nicht nur wie bei Schlecker Myriaden Angestellte.
Die ganze Welt muss nun diese Inkarnation der Primitivität aushalten.

Auch die alten Männer im Vatikan lieben Luxus und Milliarden.
Das Kirchenvermögen bedeutet ihnen womöglich sogar noch mehr als der –Homo-Sex mit heißen helvetischen Hellebardieren.

[…..] Die Finanzen des Vatikans sind eine lange Geschichte voller Skandale. Doch nun hat er sich peinlich verspekuliert. Papiere zeigen, dass er quasi pleite ist.
[…..] Nur schon der Klang der Adresse: 60 Sloane Avenue, Stadtteil Chelsea, London. Eine Toplage. […..] Ein massiver Backsteinbau mit 17 000 Quadratmetern Geschäftsfläche. […..] Nun sollen da 49 Luxuswohnungen entstehen, nonplusultra, für eine sehr vermögende Klientel. Das jedenfalls ist der Plan, und auch das will nicht zum genügsamen Ideal von Franziskus' Kirche passen. Doch dieses Geschäftshaus in London gehört nun mal dem Vatikan. […..]
 Der Vatikan übernahm 45 Prozent der 60SA. Die Operation wurde über einen Investmentfonds abgewickelt, der ebenfalls Mincione gehörte. Bemerkenswert war das hohe Engagement des Vatikans auch deshalb, weil der Plan des Umbaus zu jenem Zeitpunkt von der Stadt noch gar nicht genehmigt war. […..][…..]  Im Staatssekretariat versuchte man nun recht panisch, die stockende Operation mit einer Offensivstrategie irgendwie zu retten und kaufte Mincione offenbar für weitere 168 Millionen Pfund den Rest der Anteile ab. Ein toller Deal für den Geschäftsmann, weniger für die Kirche. Die lud sich auch die ganzen Schulden auf, die auf dem Haus lasteten.
Für die Finanzierung wandte sich das Staatssekretariat an die Vatikanbank, das früher übel beleumdete Istituto per le opere di religione, besser bekannt unter der Abkürzung IOR. […..] Da herrscht viel Ernüchterung. Und die Bilanzzahlen sind offenbar katastrophal. In seinem neuen Buch "Giudizio Uinversale", "Jüngstes Gericht", schreibt der bekannte Enthüllungsjournalist Gianluigi Nuzzi, der Vatikan stehe kurz vor der Insolvenz. […..]

120.000 Euro Miese macht der Vatikan durch seine Pleite-Deals jeden Tag.
Die Personalkosten der prunksüchtigen Kardinäle steigen aber kontinuierlich an. Zum Glück gibt es noch den „Peterspfennig“, mit dem der Vatikan weltweit für die Armen sammelt. Und wer wäre ärmer als der Vatikanstaat selbst? Daher werden bis zu 90% des Peterspfennig dazu genutzt päpstliche Finanzlöcher zu stopfen.

Allzu große Sorgen müssen sich die päpstlichen Prasser nicht machen.
Auch sie haben ihren Fred Trump in Gestalt von 1,3 Milliarden zuverlässig zahlenden Katholiken. Die Schafe spenden weiter.

Dienstag, 29. Oktober 2019

Me Too, Helvetia.

Kann man sich das vorstellen? Ich war als Teenager so naiv, daß ich noch erstaunt war als mir ein wenig älterer Bekannter, der nach der Schule für zwei Jahre nach Rom ging, ob seines knappen Salärs in der teuren Stadt lachend erzählte, er wäre besser Stricher geworden. Die hätten rund um den Vatikan ein paradiesisches Leben. Tausende notgeile reiche Topkleriker aus aller Welt, die sich die jungen hübschen Männer in ihre luxuriösen Palazzi luden.
Natürlich haben all die dauerhaft im Vatikan ansässigen Monsignori, Bischöfe und Kardinäle ihre Stamm-Callboys und müssen sich nicht selbst in die vielen Stricher-Bars in unmittelbarer Nähe des Vatikans begeben.
Aber natürlich kommen darüber hinaus jeden Tag Kleriker aus aller Welt zu Besuch nach Rom, die gern die Gelegenheit nutzen, um außerhalb ihrer gewohnten Umgebung, wo sie jeder kennt in der großen Stadt unkompliziert zu poppen.

Vor über 30 Jahren staunte ich noch über die relative Offenheit mit der die spezifisch vatikanische Prostitution vor sich ging.
Seit dem habe ich natürlich unzählige Bücher und Zeitungsartikel gelesen, die genau das bestätigen.

(…..) Zuweilen hat man den Eindruck, der ganze Petersdom sei wie zu früheren Jahrhunderten üblich ohnehin eine einzige Callboy-Börse - ähnlich den Republikaner in den USA, deren Spitzenvertreter massiv gegen die same-sex-marriage vorgehen und gleichzeitig dermaßen viele Gay-sex-Skandale produzieren, daß man sie satt "Grand old party" nur noch "Gay old party" nennt.

"Tutti perversi?" fragt das italienische politische Wochenmagazin "Panorama" angesichts des vatikanischen Stricherrings, der im März 2010 aufflog.

Chinedu Thomas Ehiem, der vatikanische Chorsänger, organisiert für die Herren in den Soutanen neben den gesanglichen auch andere orale Freuden.
Pfaffen lieben es oral.
Ehiem vermittelt Callboys.

"Im Vergleich zu dem bin ich bloß normal ausgestattet, er hat einen unglaublichen Körper. Ab zehn Uhr hat er Zeit, er ist ein Freund von mir und tut, was ich ihm sage." Solche Mitschnitte aus Telefonaten, aus sehr delikaten Telefonaten, haben dem Vatikan einen deftigen Skandal um Sex und Prostitution beschert.

Angehende Priester wurden ebenfalls von dem Vatikanischen Chorsänger als Lustknaben an den höheren Klerus vermittelt:

Und Ehiem ist äußerst rührig: "Ich habe da einen aus Neapel, einen Kubaner, einen Deutschen, gerade aus Deutschland eingetroffen, zwei Schwarze, einen Fußballer, einen Tänzer der RAI", heißt es laut der Tageszeitung "Libero" in einem Mitschnitt. Einmal wird der Kuppler konkret und bietet einen Prostituierten an, "zwei Meter groß, 97 Kilogramm schwer, 33 Jahre alt." Auch Priester-Seminaristen sollen zu den jungen Männern gehört haben, die Ehiem an Balducci weiterreichte; in einem Gespräch jedenfalls kommt die Frage auf, wann denn der Jüngling "wieder im Seminar" sein müsse.


Als Zuhälter für schwule sexuelle Dienstleistungen im Vatikan fungierte hauptsächlich Angelo Balducci; "Gentiluomini di Sua Santità" ("Ehrenmänner Seiner Heiligkeit") des Papstes und Präsident des Obersten Rates für Öffentliche Arbeiten.

Die "Gentiluomini di Sua Santità" hatte Papst Paul VI. im Jahr 1968 statt des früheren Hofstaates eingesetzt. Um einer der 147 "Ehrenmänner Seiner Heiligkeit" zu werden, muß man ganz besondere Verdienste gegenüber dem Heiligen Stuhl erworben haben - eine Voraussetzung, die Baldulucci offensichtlich erfüllte.

Sexuelle Dienstleistungen durch junge hübsche Männer sind im Staat der Zölibatären heiß begehrt.
Sich die Stricher selbst in einer der vielen Schwulenbars rund um den Vatikan aufzugreifen, ist erstens umständlich, zweitens zeitaufreibend, drittens indiskret und viertens mitunter auch gefährlich, wie das Schicksal des adeligen Herrn Luzi beweist.

Auch Luzi, a Roman nobleman, war einer der "Ehrenmänner Seiner Heiligkeit"; ein Kollege Angelo Balduccis.

The Vatican yearbook notes that Mr. Sini Luzi began service as a Gentleman of His Holiness in April 1989, and today national newspapers published photographs of him, a smiling, bespectacled man, with Pope John Paul II, or standing in the Vatican clad in the black cutaway and decorations of his office.

Der Kammerherr des Papstes, Enrico Sini Luzi, ist 1998 in einer Vatikanwohnung bei schwulen SM-Spielchen umgekommen.
Der in den römischen Schwulenbars stadtbekannte Papst-Freund hatte sich einen Stricher aufgegabelt und wurde dann in Reizwäsche mit einem Kerzenleuchter erschlagen gefunden – der Videorekorder mit den Homopornos lief noch. (….)

Schwule Prostitution im Vatikan ist mittlerweile so bekannt, daß selbst der alte homophobe Ratzinger, der in seiner unfehlbaren Weisheit erkannte, daß Kondome die Aids-Epidemie verschlimmern eine Ausnahme bei seinem Hass auf Präservative machte. Schwule Callboys dürfen mit Ratzis Segen Gummi-geschützt vögeln. Offenbar machte sich der Papst Sorgen anderenfalls seine gesamte Priesterschaft zu verlieren.

[….] Papst Benedikt XVI. rückt im Kampf gegen Aids von einer völligen Ablehnung der Kondome ab. In "begründeten Einzelfällen" sei der Gebrauch erlaubt [….] Eine neue Position der katholischen Kirche im Kampf gegen Aids: Papst Benedikt XVI. hat die Benutzung von Kondomen in "begründeten Einzelfällen" für erlaubt erklärt. [….] Die Leitlinie ergibt sich aus dem Interview-Buch Licht der Welt, das am Mittwoch erscheint. [….] Die katholische Kirche, so der 83-jährige Benedikt, sehe die Verwendung von Kondomen "natürlich nicht als wirkliche und moralische Lösung an". Ein begründeter Einzelfall für eine Ausnahme von dieser Haltung könne aber etwa sein, dass männliche Prostituierte ein Kondom verwenden. [….]  Noch bei seiner Afrikareise im März vergangenen Jahres hatte Benedikt eine Zustimmung zur Nutzung von Kondomen abgelehnt. "Man kann das Aids-Problem nicht durch die Verteilung von Kondomen regeln. Ihre Benutzung verschlimmert vielmehr das Problem", sagte Benedikt damals und erntete dafür weltweite Kritik. [….]

Es erstaunt nicht so sehr, daß Ratzi gar nicht auf die Idee kam an weibliche Prostituierte zu denken, weil es die in seinem Umfeld offenbar in Ermangelung heterosexueller Freier gar nicht gibt.

Grundsätzlich betrachte ich schwule Prostitution genauso wie weibliche (heterosexuelle) Prostitution: Jeder Zwang muss verboten sein, Elendsprostitution aus blanker Not oder zur Drogenbeschaffung ist verwerflich und selbstverständlich kommt der Beruf nur für Erwachsene in Frage.

Wenn hingegen weibliche/männliche/transsexuelle homo/heterosexuelle Prostituierte freiwillig dem Beruf nachgehen, soll das legal sein.

Die auf Priester spezialisierten Callboys Roms haben darüber hinaus auch eine wichtige Funktion, um die Triebabfuhr der zwangszölibatären Soutanen zu gewährleisten.
Denn ganz offensichtlich führt das päpstliche Verbot von Homosexualität und Geschlechtsverkehr für die weltweit über 400.000 Geistlichen dazu, daß sie sexuell so unterentwickelt und verantwortungslos sind, daß sie rund um den Globus Messdiener und andere Jugendliche vergewaltigen.
Ephebophiler Not-Sex unter Zwangsausübung, wenn sich allzu hartnäckig das kleine Zelt in der Soutane bildet.

Man kann nur hoffen, daß die Messdienerchen im Petersdom etwas sicherer leben, obwohl sie von derart vielen Priestern umgeben sind, wenn es in der heiligen Stadt genügend Stricher gibt.

Ob die Anzahl schwuler Sexworker in der Vatikanstadt ausreicht, muss allerdings bezweifelt werden, denn die Geistlichen sind trotzdem noch spitz wie Nachbars Lumpi und stellen den Schweizer Gardisten nach.
Lauter junge, durchtrainierte, ledige Männer in fescher Uniform sind das.
Die 135 Männer der Pontificia Cohors Helvetica sind genau das was sich so eine Klemmschwester im Kleid sexuell erträumt.
Neben den Offizieren gibt es 8 Wachtmeister, 12 Korporäle, 13 Vizekorporäle, 78 Hellebardiere.
Sie alle müssen männliche Schweizer, zwischen 19 und 30 Jahren alt, mindestens 1,74 m groß, sehr sportlich und nicht verheiratet sein.
(Nur die Offiziere dürfen Frauen heiraten).
Wenig überraschend, daß die kopulationsaffinen Kleriker da nicht nur gern zugreifen würden, sondern das offensichtlich auch fleißig tun.

[…..] Im Vatikan sorgt derzeit ein Buch für Aufregung. Schweizer Gardisten erzählen darin, wie sie von Kirchenvertretern sexuell belästigt werden.
[…..]  Dass sich das Umfeld für die kleinste Armee der Welt tatsächlich verändert hat, zeigt das Buch «Sodom» von Frédéric Martel. Der Journalist bezeichnet den Vatikan darin als eine Metropole schwuler Priester, Bischöfe und Kardinäle.
[…..] Dies bekommen auch die Gardisten zu spüren. Von Dutzenden Kirchenführer sollen sie belästigt und sogar genötigt worden sein. Die jungen Katholiken seien schockiert und traumatisiert. Die Anmache werde kaum verborgen, meint ein anonymer Gardist.
[…..]  Ein Kardinal hätte einen seiner Kollegen regelmässig mitten in der Nacht angerufen. Dieser erklärte dann, er brauche ihn in seinem Schlafgemach.
Drastischere Worte findet ein anderer Beschützer des Heiligen Stuhls: «Ich habe lange gebraucht, bis mir klar war, dass wir im Vatikan umgeben sind von frustrierten Alten. Die Schweizergardisten als Frischfleisch ansehen».[…..]

Montag, 28. Oktober 2019

Thüringer Trübsal – Teil II

Das Überraschende an der gestrigen Landtagswahl in Thüringen, war wie wenig überraschend die Resultate waren.
Seit Wochen war in der politischen Berichterstattung mit Begriffen wie „Unregierbarkeit“ und „Simbabwe“ (die Flagge Simbabwes zeigt sieben Balken in den Farben Grün, Gold, Rot, Schwarz, Rot, Gold, Grün) operiert worden.
Bernd Höckes rechtsextremer Kurs war seit geraumer Zeit Gegenstand journalistischer Aufmerksamkeit.


Studien über weit verbreiteten Antisemitismus und rechtsextreme Weltanschauungen der AfD-Wähler wurden diskutiert, so daß man allgemein davon ausging, daß viele Thüringer ihren Ober-Nazi nicht trotz sondern wegen seines ekelerregenden Weltbildes wählen würden.
Wie auf Bestellung pöbelten prominente AfD-Parlamentarier ihre faschistischen Ansichten in die Kamera.


Da die Rekordergebnisse für die Faschisten lange antizipiert waren, versammelten sich bei allen drei zurückliegenden Wahlen überproportional viele anständige Wähler hinter dem jeweils amtierenden Ministerpräsidenten, weil sie die wichtigste Konkurrenzpartei der AfD stärken wollten:

·        Am 01.09.19 wurde die SPD mit 26,2% stärkste Partei in Brandenburg, um damit den amtierenden SPD-Ministerpräsidenten Woidke vor die AfD zu schieben.

·        Am 01.09.19 wurde die CDU mit 32,1% stärkste Partei in Sachsen, um damit den amtierenden CDU-Ministerpräsidenten Kretschmer vor die AfD zu schieben.

·        Am 27.10.19 wurde die LINKE mit 31,0% stärkste Partei in Thüringen, um damit den amtierenden LINKE-Ministerpräsidenten Ramelow vor die AfD zu schieben.

Das Muster ist offensichtlich. Man wählt diejenige Partei, die die größte Chance hat sich gegen die Nazis zu behaupten.
Ich halte das für ein Zeichen funktionierender Demokratie.

Unter diesen absehbaren Umständen war es nur logisch, daß die Juniorpartner der Regierungskoalition genau wie die anderen Oppositionsparteien Einbußen hinnehmen würden.
Grüne, Linke und SPD nahmen das hin, die FDP hatte es in Brandenburg und Sachsen gar nicht erst ins Parlament geschafft.
In Thüringen bekam die FDP aber denkbar knapp gerade mal fünf Stimmen über den Durst, zog mit 5,0005% ins Landesparlament ein und demonstrierte nur wenige Stunden nach der Auszählung wieso sechs Stimmen weniger besser gewesen wären.
Sie zeigte ihre demokratische Inkompetenz und gab den doppelten Lindner:
Keine R2G2-Koalition, keine R2G2–Tolerierung.
Die sogenannten Liberalen machen sich  - WIEDER – einen schlanken Fuß, wollen keine Verantwortung tragen, fürchten sich vor jedem Risiko und haben ganz offensichtlich rein gar nichts zum Allgemeinwohl beizutragen.

Verblüffender ist schon wie die ewige Thüringer Regierungspartei CDU angesichts des nur allzu erwartbaren Wahlergebnisses in den Hühnerhaufenmodus überging.
24 Jahre hatte die CDU mit den Ministerpräsidenten Josef Duchač, Bernhard Vogel, Dieter Althaus und Christine Lieberknecht ununterbrochen regiert und hat sich offenbar auch nach vier Jahren Rotrotgrün keinerlei Gedanken gemacht, was sie zukünftig beitragen will.

Mike Mohring mochte sich am Wahlabend gar nicht äußern, wurde dann vom Bundes-Generalsekretär Ziemiak regelrecht an die Wand genagelt: Kein Blinken nach links! bellte AKKS Wadenbeißer in jede Kamera.
Während andere Bundesparteien an jedem Wahlabend treuherzig bekunden wie demokratisch sie wären und daher keine Anweisung vom Bund erfolgten, sondern „die Freunde im Land selbstständig entscheiden“, bemühte sich Ziemiak erst gar nicht einen demokratischen Anschein zu bewahren, sondern trennte Mohring coram publico die Testikel ab: Das Konrad-Adenauer-Haus (KAH) entscheide, der frisch gewählte Kandidat in Erfurt habe sich zu fügen.

Nachdem er eine Nacht geschlafen hatte, dämmerte es Mohring, daß Abgeordnete eigentlich nicht an Weisungen der Partei gebunden sind, daß Kramp-Karrenbauer nicht mit diktatorischer Macht über ihn verfügen kann.

[…..] Das Wahlergebnis in Thüringen ist kompliziert, klare Bündnisse sind nicht zu erkennen - und entsprechend ratlos wirkte CDU-Spitzenkandidat Mike Mohring am Wahlabend. Es seien jetzt neue Antworten nötig und seine Partei werde alles tun, um stabile Verhältnisse in Thüringen möglich zu machen, sagte er da.
Was genau er damit meint, konkretisierte Mohring am Tag nach der Wahl: Er werde ein Gespräch mit dem Wahlsieger, Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linkspartei, führen. CDU und Linke reden miteinander - das wäre ein Novum in Deutschland und für viele Konservative ein rotes Tuch. Vermutlich um seinen Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, erklärte Mohring auch umgehend: Er werde aus staatspolitischer Verantwortung heraus nur mit Ramelow in seiner Funktion als Ministerpräsident reden - und nicht mit dem Vorsitzenden der Linken in Thüringen. [….]

Im KAH schäumten die Partei-Oberen! Demokratie ernst nehmen? Staatspolitische Verantwortung? Wählerwillen respektieren?
Das darf nicht sein und so pfiffen sie ihren Epigonen in der ostdeutschen Provinz zurück.
Mohring knickte sofort ein und fügte sich.

[….] In ihrer Pressemitteilung verwies die CDU nun wieder auf den Beschluss der CDU Deutschlands und Thüringens, nicht mit der AfD und der Linken zu koalieren. [….]

Nicht alle Thüringer CDUler sind so brav und folgsam.
Mohrings Vize Michael Heym hörte sich die nationalsozialistische Hetze, die Holokaustleugnenden Sprüche, den rabiaten Antisemitismus, den Hitler-Sprech, die stupide Menschenfeindlichkeit Höckes an und befand: Mensch, mit dem könnten wir Christen-Unionler doch auch prima regieren!

[….] Der stellvertretende thüringische CDU-Fraktionschef Michael Heym hat eine Zusammenarbeit mit der AfD und der FDP ins Gespräch gebracht. Heym sagte MDR Thüringen, alle Optionen müssten nach dem Wahlergebnis geprüft werden. Auch eine Koalition aus CDU, FDP und AfD könnte eine Mehrheit bilden. [….]

AKK hat offenbar vollkommen die Kontrolle verloren; man streitet sich munter in der CDU.
Offenbar ist es nicht nur eine Spezialität des Willy-Brandt-Hauses Chaos zu verbreiten und planlos-paralysiert auf politische Ereignisse zu reagieren.
Auf das KAH tappt desorientiert umher, hat keinerlei Pläne in der Schublade, kann keine Sprachregelungen ausgeben.
Dilettantismus überall.

Munter plappern sie alle durcheinander, ignorieren die Parteichefin.
Heyms „schwarzbraun-ist-die-Haselnuss“-Liebäugelei stört dabei offenbar niemand.
Mit Nazis paktieren? Halb so wild; das ist auf Gemeindeebene längst Usus bei der CDU.
Aber mit der LINKEN? Mit einem erfolgreichen Ministerpräsidenten, der als besonders frommer Christ durch Thüringens Kirchen tingelt?
Das darf nicht sein!

[….] Die Nervosität in der CDU wurde befeuert, weil sich Mike Mohring, ihr Landeschef in Thüringen, am Morgen scheinbar offen gezeigt hatte für ein Bündnis mit der Linken von Ministerpräsident Bodo Ramelow. Er schließe "keine Gespräche mit denen aus, die auf dem Boden der Verfassung stehen", sagte Mohring - und fügte hinzu: "Ich brauche ja nicht Berlin für die Frage, wie wir in Thüringen künftig Verantwortung für das Land übernehmen können."
Der Protest war umfänglich. "Wenn wir mit Linkspartei und AfD koalieren würden, dann braucht es uns nicht mehr", sagte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner. "Wir müssen endlich Haltung zeigen statt Beliebigkeit", sagte der Chef der Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann. "Mir sträubt sich wirklich alles, wenn ich an eine Zusammenarbeit der CDU mit der Linken denke", sagte der baden-württembergische Landeschef Thomas Strobl. Sein Generalsekretär Manuel Hagel sagte: "Wer an dieser Stelle offen ist, ist womöglich nicht ganz dicht." [….]

Eine derartig intellektuell überforderte Kramp-Karrenbauer, die nun erst mal mit ihrer eigenen Partei streitet, ist eigentlich ein gutes Zeichen für die SPD und 2021.

Dem Land und insbesondere Thüringen hilft es natürlich nicht.


Sonntag, 27. Oktober 2019

Thüringer Trübsal


Wie vermisse ich die Zeiten als es noch richtig gute Kabarettisten gab, als man sich schon Tage vorher auf den „Scheibenwischer“ freute.
Ich glaube, es war der frühe Hagen Rether, der nach einer Wahl in Hessen darüber orakelte wie unsympathisch ihm Flächenbundesländer ohne Außengrenzen wären.
Was das mit der Bevölkerung mache, wenn man nur von Deutschland umgeben wäre.
Das trifft bekanntlich nur auf drei Länder zu – Hessen, Sachsen-Anhalt und Thüringen – und tatsächlich sind die alle ziemlich seltsam.
Hessen hat durch den Frankfurter Flughafen und die Bankenansiedlungen immerhin so etwas wie einen internationalen Anknüpfungspunkt.
Aber wenn Dörfer wie Magdeburg oder Erfurt schon das Zentrum des Geschehens bilden, schmort man viel zu sehr im eigenen Saft.
In den AfD-Hochburgen Brandenburg und Sachsen gibt es mit Potsdam oder Leipzig immerhin urbane Orte, die Zuzug verzeichnen, wo junge Menschen hinmöchten, die nicht ganz close-minded sind. Daher gibt es in den Bundesländern auch Grüne Hochburgen.
In Thüringen hingegen nichts.
Die Höhenflug-Grünen, die auf Bundesebene schon davon träumen stärkste Partei zu werden und mit Robert Habeck den nächsten Bundeskanzler zu stellen, landeten bei der heutigen Landtagswahl bei gerade mal 5%.
Eigenartiges Volk, die Thüringer. Fast 60% sind mit der bestehenden rotrotgrünen Landesregierung „zufrieden“ oder gar „sehr zufrieden“. Aber wählen wollten sie die Leute, die seit vier Jahren zweifellos erfolgreiche Politik machen und das Land bei allen Kennzahlen nach vorn brachten, nicht.
Denn da gibt es noch den Faschisten Bernd Höcke, der Hitler nicht nur mit seiner Gestik imitiert, sondern so konsequent NS-Talking Points verwendet, daß noch nicht mal wohlmeinende Parteifreunde unterscheiden können, ob Sätze aus Hitlers „Mein Kampf“ oder der Höcke-Schrift "Nie zweimal in denselben Fluss“ kommen.
Dabei ist das Odo-Double keineswegs der Thüringische Rächer, als der er seinen Flügel-Figuren erscheint, sondern ist ein reines West-Gewächs:

Schon seine Geburt in Lünen (NRW) war ein Aprilscherz: *01.04.2019.
Die Familie siedelte nach Rheinland-Pfalz über, Klein Bernd besuchte die Braunsburg-Grundschule in Anhausen (Rheinland-Pfalz, 1.300 Einwohner) und das Gymnasium in Neuwied (Rheinland-Pfalz, 60.000 Einwohner). Bundeswehr, Lehramtsstudium (Sport und Geschichte) im Hessischen Marburg und bis 2014 dementsprechend Sport- und Geschichtslehrer in Bad Sooden-Allendorf (Hessen, 8.000 Einwohner).
Schon sein Vater hatte die Holocaust-leugnende und radikal antisemitische Zeitschrift Die Bauernschaft abonniert, der junge Provinzling Bernd/Landolf beschäftigte sich ausführlich mit geschichtsrevisionistischen Volksverhetzern.
Seine Schüler wußten um seine Vorliebe für die NSdAP.

[….] Er habe oft über Charisma gesprochen und von einem Treffen seines Großvaters mit Adolf Hitler erzählt. Dessen „unglaublich blaue Augen“ seien für Höcke zentrales Element des Führerkults gewesen. [….]
(Wiki)

Vom Binnen-Bundesland Hessen ins benachbarte Binnen-Bundesland Thüringen verschlug es den Hobby-Nazi, der unter dem Pseudonym „Landolf Ladig“ Hetzartikel für die NPD verfasste erst um 2013, als er dort die AfD mitgründete, für die er 2014 in den Landtag einzog.

[….] Sozialwissenschaftler, Historiker und das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) stellen in Höckes Positionen Rechtsextremismus bzw. Faschismus, Rassismus, Geschichtsrevisionismus, teilweise Antisemitismus und Übernahme von Sprache und Ideen des Nationalsozialismus fest. [….]

Bernd Höckes faschistische, rassistische und völkische Überzeugungen sind seit Jahren so wohldokumentiert, daß beim besten Willen niemand mehr behaupten kann nicht gewußt zu haben wen er heute am 27.10.19 mit Rekordergebnis ins Parlament schickte.
Es gibt einige interessante Parallelen zum Trumpismus.
Höcke lügt sehr viel, ist genau wie IQ45 unfassbar weinerlich, beklagt sich fast kontinuierlich darüber schlecht behandelt zu werden und wird von seinen Anhängern nicht trotz seiner rassistischen Nazi-Sprüche gewählt, sondern gerade deswegen.
100.000 Stimmen aus dem Nichtwählerlager zog Höcke heute zur AfD und laut ZDF-Analysedaten geben ¾ der AfD-Wähler an, Höcke eben nicht aus Protest, sondern wegen der politischen Inhalte gewählt zu haben.
Wie nicht anders zu erwarten, rekrutieren sich die meisten braunen Wähler aus den Dummen und den abgehängten, schrumpfenden Landesteilen, wo die Deutschen unter sich sind und niemand mehr hinziehen möchte.


 
Wie bei allen Landtagswahlen werden wir auch heute mit so vielen Analysedaten versorgt, daß sich auch die brutal abgestraften Parteien mit historisch schlechten Ergebnissen irgendetwas herauspicken können, um doch irgendwie gut dazustehen. Irgendeine Relation lässt sich immer finden, die das Licht rosiger erscheinen lässt.

Dennoch sind solche Perspektiven nicht falsch.
Die abgestürzten Grünen haben natürlich einen großen Nachteil in einem schrumpfenden Bundesland ohne urbane Milieus.
Und auch das von allen Verlierern bemühte Argument, es habe in der Endphase der Wahl eine solche Zuspitzung zwischen dem Ministerpräsidenten und den Rechtsradikalen gegeben, daß viele vernünftige Wähler von Grünen und SPD, aber sogar auch der CDU gegeben, die taktisch Ramelow wählten, damit bloß nicht die AfD stärkste Partei wird.
Das Kalkül ging auf; der konservative und gläubige Ramelow taugt ohnehin nicht mehr als Bürgerschreck und vereinte sagenhafte 31% auf die Linke.
Rekord. Stärkste Partei. Die CDU wurde mit zehn Prozentpunkten deutlich überholt.


(FDP 5,0005%! Hätten das nicht 4,9999% werden können?)

Am heutigen Wahlabend schockte die Dreistigkeit der AfD-Frontmänner wieder einmal.
Der Lacher des Abends war CSU-General Blume, der in der Berliner Runde behauptete die CSU sei der Stabilitätsanker und Motor der Groko. Die Scheuer- und Seehofer-Partei, die verfassungswidrige Gaga-Gesetze macht, Untersuchungsausschüsse provoziert, Milliardenschäden verursacht und darüber hinaus das größte deutsche Strukturproblem, nämlich das steinzeitliche Internet verantwortet!

Den größten Fehler machte Paul Ziemiak, der die weitgehend sozialdemokratische Linke Thüringens, geführt von einem sehr gläubigen Christen aus dem Westen, die von ihren eigenen Wählern als „Partei der Mitte“ angesehen wird und die sich 2/3 der CDU-Wähler als Koalitionspartner wünschen, hartnäckig mit den NS-Sprechern der AfD verglich.
AKKs Wadenbeißer vollführte einen regelrechten Exzess der Ausschließeritis.
Also genau das, was die Wähler wirklich nicht mehr ertragen können.

Unnötig zu erwähnen, daß Kanzlerin und CDU-Parteichefin wie üblich in der Versenkung abgetaucht sind.

Wie es jetzt weiter geht?
Der Thüringer MP hat durch die Verfassung eine sehr starke Position. Er kann einfach im Amt bleiben, wenn sich keine andere Mehrheit findet. Das dürfte Ramelow durch sein ultrastarkes Wahlergebnis und die enormen persönlichen Zustimmungswerte noch leichter fallen.

Rechnerisch bleiben nur zwei andere Möglichkeiten: Linke, SPD, Grüne und FDP (R2G2), bei der die FDP womöglich nur toleriert. Oder Herr Ziemiak muss seinen Schuh fressen und die CDU wird doch Juniorpartner der Linken.

All das sind Konstellationen, die sich niemand wünscht, aber Wahlen in Deutschland sind schon lange kein Wunschkonzert mehr. Insbesondere nicht in Bundesländern, in denen jeder vierte Wähler bei echten Nazis sein Kreuz macht.

Samstag, 26. Oktober 2019

Linke Lektion

Da ich bei der SPD-Mitgliederbefragung ebenfalls für das Team Klara Geywitz & Olaf Scholz gestimmt habe, bin ich natürlich froh über den Sieg im ersten Wahlgang.

Außerdem nehme ich die miesen Ergebnisse der linken „Raus-aus-der-Groko“-Paarungen (Lauterbach, Stegner) mit Genugtuung zur Kenntnis.
Ein Kritiker der Groko bin ich auch, oh ja, manchmal wirkt sie so erbärmlich, daß ich in die Schreibtischplatte beißen möchte.
Aber sie ist bei den gegenwärtigen Mehrheitsverhältnissen und den stabilen Wahlumfragen die am wenigsten schlechte Option.
Die CDU allein begeistert sich schon wieder für Kriegseinsätze und will auch garantiert keine sozialen Verbesserungen. Die CDU/CSU wehrt sich gegen die Grundrente, Schwarz und Gelb wollen Multimillionäre und Milliardäre steuerlich entlasten, Geringverdiener wie Paketboten würden ohne Sozis im Kabinett keinerlei Schutz erhalten.
Es wäre sehr schäbig die Ärmsten und Schwächsten der Gesellschaft im Stich zu lassen, indem man sie der schwarz-braun-gelben Willkür überließe.

Der durchsetzungsstärkste SPD-Politiker ist der deutsche Vizekanzler und insofern ist es gut, ihn in guter Startposition für den Parteivorsitz zu wissen.

[…..] Offenbar ist vielen Genossen die Sache mit dem Neuanfang aber auch gar nicht wichtig - das Ergebnis für Scholz zeigt auch einen Wunsch nach Kontinuität, nach ordentlichem Zu-Ende-Regieren in der GroKo und Machtperspektive für die Zeit danach.
Wenn es aber doch auf ein personelles "Weiter so" hinausläuft, hätte die SPD Zeit und Kraft nicht sinnvoller einsetzen können, etwa um Politik zu machen? Vielleicht, wenn der Nahles-Rückzug ein normaler Abtritt in einer in sich ruhenden Partei gewesen wäre. In einer existenziellen Krise ist aber nichts normal. Zumal der Umgang mit Andrea Nahles auch erschreckende Einblicke gab in tiefe Grabenkämpfe, Heckenschützentum, Intrigen und Misstrauen. [….]

Rosig ist die Lage aber nicht für das einzige Schwergewicht der Bewerber, denn Scholz kam nur auf 23%.
Das ist noch ein weiter Weg bis zu den 50%, die er beim zweiten Wahlgang braucht.

[….] Ja, Scholz mag mit seiner Tandempartnerin Klara Geywitz die erste Runde im Mitgliedervotum der Partei gewonnen haben, aber wer genau hinsieht, der erkennt: Das Ergebnis der beiden ist ernüchternd. Mit 23 Prozent liegen sie nicht einmal zwei Prozentpunkte vor den jenseits von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg weithin unbekannten Favoriten der Jusos, Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken. Und weil überhaupt nur die Hälfte der SPD-Mitglieder abgestimmt hat, hat faktisch nur jeder zehnte Sozialdemokrat für denjenigen gestimmt, der als Vizekanzler und Bundesfinanzminister eine weit größere Bühne hatte als jeder andere im Feld. Autsch. […..]

Aber was will man schon erwarten von einer teilweise fanatisiert ideologischen Parteilinken, die nahezu 20 Jahre nach der Agenda 2010, die ein großer Erfolg war, auf den man stolz sein sollte, immer noch besessen davonist?
Sie ignorieren Trump, Brexit, Kriege, rechtsextreme Mordanschläge, AfD-Faschisten in den Parlamenten und eine schwere EU-Krise wegen einer sozialpolitischen Entscheidung aus vergangener Zeit.
Dabei war die Hartz-Gesetzgebung nicht nur richtig und daher auch maßgeblich von Gewerkschaftern und anderen Arbeitnehmervertretern mit ausgearbeitet, sondern sie ist auch populär. So populär immerhin, daß die einzige Partei, die immer noch dagegen ist, die Linke, trotz der Megakrise der SPD verkümmert.
Mit „Hartz abschaffen“ verliert man also offenbar massiv Wähler.
Die linke Anti-SPD-Verschwörung hat die Partei infiziert, die Stimmung vergiftet.

[…..] Fast ein Vierteljahrhundert ist es her, dass der frühere SPD-Chef Oskar Lafontaine seinen Amtsvorgänger Rudolf Scharping wegputschte: "Wenn wir selbst begeistert sind", lautete sein legendärer Ausruf auf dem Mannheimer Parteitag des Jahres 1995, "können wir auch andere begeistern."
In diesen Tagen suchen die Genossen wieder eine neue Führung. Diesmal aber folgen sie einer anderen Lösung, das haben die Auftritte ihrer Kandidatenpaare bei den sogenannten Regionalkonferenzen gezeigt. Die Sozialdemokraten wollen sich nicht begeistern, sondern von sich selbst distanzieren, genauer: von der Agenda 2010 ihres einstigen Kanzlers Gerhard Schröder. Dies habe "sozialdemokratisches Profil gekostet", klagt Ralf Stegner. Sie habe in die "neoliberale Pampa geführt", bemängelt Norbert Walter-Borjans. Und selbst Olaf Scholz, der die Reformen einst mitentworfen hat, findet heute kein freundliches Wort mehr für sie. Das Motto, mit dem das SPD-Spitzenpersonal den Neustart schaffen will, lautet offenbar: "Wer sich selbst beschimpft, braucht nicht mehr beschimpft zu werden."
Bei kaum einem anderen Thema tritt die Partei derzeit so geschlossen auf wie bei der Verurteilung ihrer eigenen Politik. Unsolidarisch, entwürdigend, schädlich: So hatte schon die Linkspartei die Agenda niedergemacht, nun verwenden die Genossen gedankenlos dieselben Begriffe. Es ist wie bei einem SED-Parteitag kurz nach dem Mauerfall: Erst mal müssen alle bekennen, wie schlecht es früher war. So verzwergt sich die Sozialdemokratie nicht nur selbst, es ist auch noch falsch. Die Agenda war keine neoliberale Verirrung, sie war eines der erfolgreichsten wirtschaftlichen Umbauprogramme der jüngeren Geschichte.
90 Prozent der deutschen Ökonomen, so zeigen Umfragen, sind überzeugt: Die Hartz-Gesetze haben wesentlich dazu beigetragen, aus dem "kranken Mann Europas" ("Economist") wieder eine bewunderte Exportmaschine zu machen. Die Arbeitslosigkeit, die jahrzehntelang gestiegen war, hat sich innerhalb weniger Jahre halbiert. Millionen Jobs wurden geschaffen, und zwar zum großen Teil sozialversicherungspflichtige Normalarbeitsverhältnisse. Kaum ein anderes Land hat die tiefe Rezession nach der Finanzkrise so rasch und nachhaltig überwunden wie Deutschland. Von einem "Beschäftigungswunder" sprechen globale Organisationen wie die OECD oder der Internationale Währungsfonds.
Weltweit gelten ihre Reformen als Erfolg, und wie reagiert die SPD? […..] (Michael Sauga, 24. Oktober 2019)

Freitag, 25. Oktober 2019

Wenn Politiker den Staat diskreditieren


Der Staat im Staat in der ersten Person
[….] Siehst du ihn jetzt, wie der sich windet?
Wie wenn ihr eure Augen verbindet
Der mit Ausdruck Eindruck schindet
Bombenkratergleich weil
Der reißt dich richtig auf
Dein Rucken ist dem eine weit're Tür
"Paß auf dein Rückgrat auf" sagt der
Und "Ich stehe hinter dir"
Das ist dein Pech der meint
Gib's mir
Jedes Bild ist wie ein Messer ein Gebrauchsgegenstand
Und Lesen meint hier Denken mit ander'm Verstand
Indem man liest und was begreift
Sich und den andern, sucht und findet (das ist Arbeit)
Das Gefundene mit-teilt und verbindet (das ist Technik)
Gemeinsam eine Welt erfindet (vielleicht Liebe)
[….][….] Und die Angst die du fühlst
Ist das Geld das dir fehlt
Für den Preis den du zahlst
Für etwas, das für dich zählt
Und dich sicher sein läßt
Daß du da (wo du hingehörst) bist
Ware Kunst ist ein Produkt der Phantasie
An der dafür vorgesehenen stelle
Erhebe ich meine Stimme:
Das ist soziale Marktwirtschaft
Langweilig wird sie nie. [….][….]
(Blumfeld: Sing Sing. Aus dem legendären L'état et moi von 1994)

Der Staat, das sind wir.
Der Staat steuert durch Steuern und kassiert nicht etwa aus Bosheit ab.
Selbst wenn er es täte, so käme es doch uns allen zu Gute.
Staaten mit hohem Steueraufkommen, insbesondere Dänemark und Schweden, haben die glücklichste Bevölkerung aller Nationen der Welt.
Steuern sind etwas Gutes.
Neoliberale Anti-Steuer-Apologeten wie Christian Lindner reden der Ungerechtigkeit das Wort, fördern den spaltenden Raubtierkapitalismus, in dem Macht und Wohlstand zu einer kleinen Oberschicht umgeleitet werden.
Der politische Einfluss geht dann über auf einige wenige Superreiche, die wie in der gegenwärtigen amerikanischen Administration ganz allein Ministerämter, Botschafterposten, Bundesrichterstellen untereinander aufteilen.
So werden die USA zu einem asozialen Land, in dem Millionen keine Krankenversicherung haben, Millionen Kinder hungern, Millionen obdachlos sind, 2,5 Millionen Menschen im Knast sitzen, das Bildungssystem marode ist, die Infrastruktur zerbröselt  und in dem die mit Abstand höchste Mordrate aller westlichen Länder grassiert.
Das ist die falsche Richtung. Es sollte nicht privatisiert, sondern verstaatlicht werden.
Die auf Druck der Gelben und Schwarzen in den 1990ern massenhaften Verkäufe städtischer und staatlicher Wohnungen haben Immobilien zu einem Spekulationsobjekt gemacht. Die Folgen sehen wir jetzt in allen Großstädten. Mietpreisexplosion und Wohnungsnot.

Versorger, medizinische Einrichtungen, Bahn, Bildung, ÖPNV, Sicherheit gehören in öffentliche Hand.
Regierung und Parlamentarier sollen den Staat stärken und durch hohes Steueraufkommen handlungsfähig machen.

Dabei sollten vorzugsweise keine Flattaxes und Kopfpauschalen erhoben werden, wie es sich die Konservativen wünschen.
Menschen mit Millioneneinkommen brauchen nicht den mit der Gießkanne verteilten gleichen Betrag Kindergeld wie eine Putzfrau.
Der Staat muss seine Steuern intelligent eintreiben, so daß nicht immer nur von „Lenkungswirkung“ gesprochen wird, sondern diese auch voll erzielt wird.
In der Praxis fürchten sich aber die meisten Politiker so sehr vor den nächsten Wahlen, daß sie dem mit einem Steuersatz in eine bestimmte Richtung gelenkten Bürger sofort auch eine Regelung bescheren, die in die diametral entgegengesetzte Richtung weist.
Mit der Kitafinanzierung sollen Eltern dazu animiert werden ihre Kinder in eine öffentliche Betreuung zu geben, weil man weiß daß durch diese frühkindliche Bildung sehr viel bessere schulische Leistungen erzielt werden, Sozialverhalten gefördert wird und spätere Probleme gar nicht erst auftauchen.
Kita-Finanzierung kostet viel Geld und weil die CSU total bescheuert ist, verlangte sie über Jahre eine Herdprämie, um gleichzeitig auch das Gegenteil zu erreichen: Mütter sollen ihre Kinder nicht in die Kita schicken, sondern lieber zu Hause isolieren.
Die Bildungsfernhalteprämie sollte dafür sorgen, daß insbesondere arme Kinder aus bildungsfernen Schichten von frühkindlicher Bildung ferngehalten werden, mit einem möglichst großen sprachlichen Nachteil in die Schullaufbahn starten.

Das armselige Klimapaket der Bundesregierung soll durch einen sehr sanften Aufschlag auf die Benzinpreise die Menschen auf umweltschonendere Fortbewegungsmittel umlenken. Eine sinnvolle Maßnahme.
Weil aber CDU und CSU die Mehrheit der Koalition stellen und am Tropf der Autolobby hängen, beinhaltet das Klimapaket auch eine Regelung, die in die gegenteilige Richtung lenkt: Mehr Pendlerpauschale, damit das Auto attraktiv bleibt.

(…..) Als Verteidiger der Großen Koalition habe ich es gerade sehr schwer. Zwei Tage musste ich nach Luft schnappen bevor ich einen Satz zum Klimapäckchen schreiben konnte.
Als Blogger pflegt man eine derbere, lockere Sprache als renommierte Printjournalisten; also, wie soll ich das übertreffen, wenn schon die biedere Tagesschau Mit Klimaschutz hat das nichts zu tun! schreibt, der SPIEGEL titelt Gute Nacht. Ein Desaster und Experten von „Klarem Politikversagen“ sprechen?

Ich schüttele so viel mit dem Kopf, daß ich dauernd Aspirin einwerfen muss.

[……] Niemand scheint mit den Plänen des sogenannten Klimakabinetts zufrieden zu sein. Umweltverbände und Wirtschaftswissenschaftler, Klimaforscher und Demonstranten , Kommentatoren nahezu quer durch die Medienlandschaft sind sich einig: Das war nichts.
Der Kern des Kompromisses ist, wie das bei Parteien, die um ihre Wiederwahl fürchten müssen, zu sein pflegt: Wir tun ein bisschen gegen unseren CO2-Ausstoß, aber keine Sorge, lieber Wähler: Du wirst davon gar nichts merken! Nur nicht den "kleinen Mann" verärgern. Auch, wenn man die eigenen Ziele so unmöglich wird einhalten können.
Angesichts von geschätzten eineinhalb Millionen Demonstranten allein in Deutschland und vielen Millionen rund um den Globus, von Bangladesch bis Uganda, von Tasmanien bis New York, erscheint das arg kümmerlich. [….]

Diese aberwitzige Hasenfüßigkeit bei einem Thema, das so viel Zustimmung erfährt. 88 Milliarden Euro betragen die jährlichen Subventionen für die KfZ-Industrie und wenn Autofahrer ein winziges bißchen belastet werden sollen für einen absolut Menschheits-überlebenswichtigen Zweck, knicken die Koalitionäre in vorauseilendem Gehorsam ein.

[…..] Der magere Preisanstieg an der Zapfsäule verbunden mit der höheren Pendlerpauschale führt bei spitzenverdienenden 50-km-Pendlern dazu, dass sie ihren großen SUV behalten können und - zumindest am Anfang - sogar noch daran verdienen! Wer für Mindestlohn pendelt, der zahlt drauf.
Das ist weder sinnvoll noch sozial. [….]

Die Inkarnation des Problems ist Angela Merkel, die völlig unverantwortlich handelt, indem sie nur ihre eigene Amtszeit im Blick, aber keinesfalls das Format zur Kanzlerin hat. (…..)

Es ist richtig Energie zu verteuern, so daß sich Otto Normalverbraucher überlegt, sich in seinem Haushalt von den schlimmsten Stromfressern zu trennen, sparsamere Geräte und Lampen anschafft.

Aber auch hier lenkt der Staat mit seinen Steuern gleichzeitig in die andere Richtung. Wer viel verbraucht und daher besonders dringend sparen sollte, wird von der Sparverpflichtung ausgenommen.
Auch in diesem Fall haben die arme Rentnerin, der Paketbote und die Altenpflegerin keine Möglichkeiten Einfluss auf das Parlament zu nehmen, um ihre Stromrechnungen zu senken.
Die Superreichen aber schon. Für sie gibt es die brutalen Lobbyisten von der Energieintensive Industrien in Deutschland (EID).
Der Bundeswirtschaftsminister sitzt tief im Mastdarm der EID und übernimmt deren Propaganda auf seiner Website.

[….] Energieintensive Industrien - Bedeutung für eine moderne Energiewirtschaft
[….] Die Energiewende kann in Deutschland nur mit einem starken Industriestandort gelingen. Dazu brauchen wir innovative und wettbewerbsstarke Unternehmen, die dazu beitragen eine zukunftsorientierte Energieerzeugung, -speicherung und -versorgung sicherzustellen.
Leistungsstarke und damit international wettbewerbsfähige energieintensive Industrien sind eine wichtige Voraussetzung für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland. Sie sind regelmäßig der Grund für die Ansiedlung nachgelagerter Produktionsstandorte und damit auch indirekt für die Schaffung und Erhaltung weiterer Arbeitsplätze verantwortlich. Sie sind aber auch eine unverzichtbare Grundlage für die Wertschöpfungsketten, die wir für eine Umstellung unserer Energiewirtschaft brauchen. Denn die energieintensiven Industrien liefern unverzichtbare Grund- und Werkstoffe für wichtige Zukunftsbranchen in Deutschland. [….]
(BMWI)

Während also Oma Kalubke einen Weg finden muss ihre höheren Stromrechnungen zu bezahlen, brauchen die extremsten Stromverschwender gar nicht erst anfangen den Verbrauch zu reduzieren.
Die Umlage des Erneuerbare-Energie-Gesetzes müssen sie nicht zahlen.

[….] EEG-Umlage: Ausnahmen für energieintensive Betriebe
Über die EEG-Umlage werden die Kosten für den Ausbau der regenerativen Energien auf den Endverbraucher umgelegt. Diese Umlage ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Dieser Anstieg ist teilweise darauf zurückzuführen, dass Großverbraucher von der EEG-Umlage weitgehend befreit sind. Im Ergebnis führt dies dazu, dass die energieintensive Industrie zwar 18 Prozent des Stroms verbraucht, aber an der Finanzierung der Energiewende über die EEG-Umlage nur zu 0,3 Prozent beteiligt ist. […..]

[…..] Die "Besondere Ausgleichsregelung" sieht vor, dass stromkostenintensive Unternehmen nur eine reduzierte EEG-Umlage zahlen müssen. Diese Ausnahmeregelung gilt nur für stromkostenintensive Unternehmen aus Branchen, die im internationalen Wettbewerb stehen. Die Wettbewerbsfähigkeit und damit die Arbeitsplätze der stromkostenintensiven Industrie, die im Vergleich zur internationalen Konkurrenz hohe Strompreise zahlt, dürfen nicht gefährdet werden. [….]
(BMWI)

In der Praxis führt diese politische Pervertierung des Staates dazu, daß man durch Stromsparen mehr Energiekosten hat.

Donnerstag, 24. Oktober 2019

Erwachsen werden

Meine Ökobilanz ist vorbildlich.
Seit 30 Jahren bin ich Vegetarier, in etwa genauso lange nicht mehr mit dem Flugzeug geflogen, ich kaufe nach Möglichkeit regionales Gemüse, Q-Tipps ohne Plastikstäbchen, verwende seit Jahrzehnten keine Plastiktüten, halte keine fleischfressenden Haustiere, wohne in einer eher kleinen Wohnung, die ich nie heize und am wichtigsten: Ich habe bezüglich der größten denkbaren Umweltsauerei eine weiße Weste: Keine Kinder!
Natürlich bin ich nicht perfekt. Mein Haushalt ist nicht frei von Kunststoffverpackungen und außerdem habe ich, seit ich 18 Jahre alt bin ein eigenes Auto. Derzeit ist es ein Benziner, der auch noch zu allem Übel deutlich übermotorisiert ist für einen Städter und Single.
Das gute Stück bereitet mir aber dennoch keine schlaflosen Nächte, da ich durch das viele Metall in meinem Bein gar nicht Radfahren könnte und auch schlecht zu Fuß bin, zudem transportiere ich regelmäßig einen Rollstuhl/Rollator-Benutzer.
Hinzu kommt, daß ein Verbrennungsmotor nur dann schädlich für die Umwelt ist, wenn er läuft und nicht, wenn er friedlich in der Garage schläft.
Meine Jahres-Kilometerleistung ist aber derart lächerlich gering, daß ich in Werkstätten im schräg angeguckt werde, weil die denken, ich hätte den Tacho manipuliert.

Ich habe früher als andere Generationsgenossen darauf geachtet der Umwelt keinen übermäßigen Schaden zuzufügen.
Einst wurde ich für leicht gestört gehalten, wenn ich beim Gemüsemann erklärte keine Braeburns aus Neuseeland zu kaufen, weil die Dinger doch auch in Hamburg (im Alten Land) wachsen. Daß ich nicht unbedingt südamerikanischen Spargel haben möchte, wenn zwei, drei Wochen später auch der Hiesige im Angebot ist. Daß ich deswegen auch nicht die allzeit verfügbaren Billig-Rosen aus Kenia kaufe.
Inzwischen ist „regional“ Mainstream, weil doch viele Menschen begriffen haben, wie unverantwortlich es ist für eine Schale Erdbeeren aus Südafrika anderthalb Liter subventioniertes Kerosin zu oxidieren und als CO2 direkt in die heiklen Luftschichten zu pusten.

Heute steckte ich in der Rushhour fest und begegnete nun schon zum zweiten mal „extinction rebels“.

[….] Extinction Rebellion (XR) macht mit friedlichem Ungehorsam auf den drohenden Klimakollaps und das massive Artensterben aufmerksam. [….]


Offenbar ist das eine recht neue Jugendgruppe der Aussterbungsrebellen, die aktiv den Hamburger Innenstadtverkehr stört.
Man sollte meinen, daß Hamburger Autofahrer genervter sind, wenn im Feierabendverkehr ein Dutzend Teenis mit Plakaten eine Kreuzung blockieren und dort stumm ihre Plakate vor den Autos hochhalten.
Ach ja, die sind irgendwie rührend. In beiden Fällen, die ich beobachtet habe, war ein einzelner Polizist dabei, der das Geschehen vom Straßenrand beobachtete und die Demonstranten waren offensichtlich bemüht die von ihnen Angehaltenen nicht zu verärgern. Einige sollen sogar selbstgebackene Kekse und Tee anbieten.

[…..] Etwa 20 Jugendliche der Gruppe „XR Youth“ haben am Sonntag den Verkehr in Hamburg blockiert. Sie gehören zur Bewegung „Extinction Rebellion“, die in den vergangenen Wochen immer wieder mit Klima-Aktionen wie der Grünfärbung des Rathaus-Brunnens auf sich aufmerksam gemacht hat. Die neue jugendliche Ortsgruppe probte nun ebenfalls den ersten Protest.
Gleich an zwei Orten in der Stadt starten „XR Youth“ ihre Demonstration. Von 10 bis 13.15 Uhr blockierten sie die Kreuzung Wiesendamm/ Goldbekufer. Zwischen 13.30 und 16 Uhr war die Kreuzung Barmbeker Straße/Semperstraße an der Reihe.
„Das ist unsere erste Aktion und wir wollen nicht so krass in Action geraten, wir wollen uns erstmal austesten und unserer Taktik erproben“, sagt Jan Ohe aus Poppenbüttel. Der 17-Jährige erklärt, die Gruppe hätte sich diesmal für die Swarming-Taktik entschieden und den Protest vorher angemeldet.
 „Die Teilnehmer warten an einer Ampelkreuzung auf eine Grünphase und sperren dann für fünf bis zehn Minuten die Straße ab. Zusätzlich werden Flyer an die wartenden Autofahrer verteilt und manchmal auch Kekse, um sie zu besänftigen“, erklärt Friederike Mayer von „Extinction Rebellion“ die Demo-Taktik.
[…..] „Aussterben ist blöd“ steht auf einem Laken und auf einem anderen wird der Artikel 20A des Grundgesetztes zitiert. […..]

Ich bin zu alt und zu desillusioniert, um mir noch Hoffnungen zu machen.
Es ist sehr schmerzhaft zuzusehen wie Fauna und Flora unter Homo Sapiens leiden. Ein Homo Sapiens, der eher ein Homo Demens ist und sogar in Brasilien oder den USA demonstrativ Regierungschefs wählt, die geradezu mit Wonne alle Umweltschutzregelungen vom Tisch fegen und aus purer Lust Wälder und Lebensräume abholzen lassen.
Der Gattung Mensch weine ich keine Träne nach, wenn die sich endlich selbst ausgerottet hat. Die Extinction kann ich nur empfehlen.
Und nun soll der Mensch selbst die Notbremse ziehen? Auf einmal vernünftig werden?
Die Kunde hör‘ ich wohl; allein mir fehlt der Glaube.
Sicher, es gibt eine wachsende Minderheit dieser aufrecht gehenden Trockennasenaffen, die versuchen ihre Umwelt nicht übermäßig zu strapazieren.
Und ja, es ist gut und richtig weniger Auto zu fahren, Ökostrom zu beziehen und im Supermarkt das Obst ohne Plastikfolie zu kaufen.
Aber es gibt trotz all der Erkenntnisse noch kein ernsthaftes Umdenken bei der Masse des Volkes.
Die Masse frisst immer mehr Billigfleisch, nutzt immer mehr Billigflieger, trägt poppenderweise zur drastischen Weltüberbevölkerung bei, besteigt Millionenfach Kreuzfahrtschiffe, die hundertrausende Tonnen Schweröl ungefiltert verbrennen.

Ich lächele milde, wenn mich die XR Youth HH anhält, winke ihnen zu.
Einst war ich auch mal in Eurem Alter und war beseelt von dem Gedanken „da muss man doch was tun!“
Und ja, womöglich fängt auch der ein oder andere angehaltene Autofahrer an über die Schockbilder von den gematerten Äffchen des Hamburger Skandal-Tiefversuchslabors LPT nachzudenken.

[….] Die grausamen Tierversuche im LPT-Labor bei Hamburg machen derzeit weltweit Schlagzeilen. Am vergangenen Wochenende fand eine große Tierrechtsdemo statt, weitere sind geplant. Jetzt hat sogar die berühmte Affen-Forscherin Dr. Jane Goodall die Vorkommnisse im Labor aufs schärfste kritisiert.
„Die Aufnahmen zeigen einige der schlimmsten Misshandlungen, die ich je in Verbindung mit Tierversuchen gesehen habe“, sagte Dr. Jane Goodall über das LPT-Labor. Sie zählt zu den weltweit führenden Affen-Forschern, hat ein eigenes Institut gegründet und ist UN-Friedensbotschafterin. Zudem wurde sie mit der zweiten Stufe des britischen Ritterordens ausgezeichnet.
Die Recherche, über die in der letzten Woche weltweit berichtet wurde, enthüllt ein schockierendes Ausmaß an Tierleid, welches eindeutig Europäische und Deutsche Gesetze verletzt. Verstörende, verdeckt gedrehte Aufnahmen von massiv blutenden Hunden und systematisch misshandelten Affen haben den Schleier der Geheimhaltung von vorgeschriebenen Giftigkeitstests gelüftet, und die Tierquälerei dahinter offenbart. […..]

Aber all die Empörung wird auch schnell wieder vergessen sein, wenn man wieder im Sommer möglichst billig grillen will mit Tropenholzkohle und Discounter Wilke-Schimmelwurst für ein paar Cent das Pfund.


Menschen sind beschissene Egoisten und werden sich nicht bessern.

Ich applaudiere den XR-Jugendlichen.
Aber ich belächele sie auch dafür, sich vor ein paar Hamburger Autos zu stellen, während der Urnenpöbel ja doch immer wieder konservativ wählt und mit Typen wie Merkel und Klöckner tief im Hintern der Agrarlobby hockt.
Und wie wollt Ihr eigentlich AKK aufhalten?

[…..] Plastiktüten zählen, aber über das Militär schweigen? Die Debatte über den Klimaschutz hat sich in eine Ideologie privater Verantwortung verwandelt. Sie muss politischer werden.
[…..] Es gibt zwar so etwas wie "die Menschheit". Es gibt sie im Hinblick auf ihr Dasein als biologische Spezies, auf ihre Fähigkeit zur Fortpflanzung und auf etwas so Abstraktes wie Zeitgenossenschaft. Doch hat "die Menschheit" gewiss noch nie etwas gedacht, geschweige denn etwas beschlossen. Sie wird es auch in Zukunft nicht tun. Sie ist gänzlich unfähig, ihr "Verhalten" zu ändern, denn sie ist kein Subjekt.
Wer immer "die Menschheit" anruft, um einen klimapolitischen […..] Schwieriger ist es, die Argumentation im Kleinen als Ideologie kenntlich zu machen. Daher ein Beispiel: Für jeden Passagier, der von München nach Mallorca fliegt, werden, grob gerechnet, etwa hundert Liter Kerosin verbrannt. Die Menge erscheint als sehr groß, wenn man sie sich etwa in Kanistern abgefüllt vorstellt. Sie erscheint allerdings als winzig klein, wenn man sie am globalen Ölverbrauch misst: Das amerikanische Militär, der größte einzelne Energieverbraucher der Welt, verbraucht 48 Millionen Liter Öl pro Tag, was etwas weniger als einem Siebtel des gesamten deutschen Ölverbrauchs entspricht oder ungefähr so viel ist, wie ganz Schweden in derselben Zeit vernutzt.
Bei allen Vorschlägen, die gegenwärtig zur Verminderung des Kohlendioxidausstoßes kursieren, ist allerdings nie vom Militär die Rede. Das Politische erscheint in der Debatte um eine Verminderung des Klimawandels ins Private verschoben, und während jenes offenbar als nicht verhandelbar erscheint, sind der Fantasie des Energiesparens im Leben des Einzelnen offenbar keine Grenzen gesetzt. […..][…..]

Wäre ich heute ein Teenager, würde ich hoffen, daß sich Typen wie ich irren, daß noch Hoffnung besteht.
Daher ermutige ich auch die Jugendlichen sich weiter bei XR und „Fridays For Future“ zu engagieren.
Aber das ist jetzt Eure Sache. Die vorherigen Generationen haben versagt und dabei waren einige, die sich wirklich engagierten und nicht dachten, einen Like-Button auf Instagram anzuklicken sei ein veritabler Protest.

In meinem Greisenalter sitze ich mit laufenden Motor hinter meinem Steuer und denke mir nur „Lass sie untergehen, die Menschheit. So schnell wie möglich!“