Donnerstag, 17. Oktober 2019

Geben

Jeffree Star, einer der wichtigsten und reichsten Influencer der „american beauty community“ lebt im sonnigen Kalifornien ein Traumleben  in einer großen Villa auf einem Berg, einem halben Dutzend Luxussportwagen und wenn er zu einem seiner anderen Häuser aufbricht, nimmt er den Privatjet.
Er stammt aus ärmsten Verhältnissen, wurde extrem gemobbt und brachte es durch harte Arbeit mit Anfang 30 zum Multimillionär.

Solche Geschichten werden auch in den USA seltener, aber es gibt sie noch.
Anders als in anonymen Großkonzernen wie Apple, die hunderte Milliarden Dollar in Steueroasen parken, billig an Asien produzieren lassen (und deren legendärer Gründer Steve Jobs radikal geizig war und als einer der wenigen Tech-Milliardäre nie für wohltätige Zwecke spendete), geben Superreiche, die bittere Armut noch aus eigener Erfahrung kennen, traditionell sehr viel ab.

Das korreliert nicht mit dem amerikanischen Christentum, denn religiöse Menschen sind geiziger und mitleidloser als Atheisten.
Das Phänomen erklärt sich aus dem Überlegenheitsgefühl der Ideologie. „Wir sind besser als die!“, „we do things right!“ und Gott hat sich schon etwas dabei gedacht.

[….] Kinder aus religiösen Familien sind geiziger
Experimente zeigen, dass Kinder aus religiösen Familie weniger gern teilen als andere. Bei einem Spiel mit Stickern behielten sie mehr Aufkleber für sich. [….] Glaube fördert soziales Verhalten, könnte man meinen - geht es bei Religion doch häufig um Nächstenliebe, Selbstlosigkeit und Moral. Doch weit gefehlt. Statt durch besondere Großzügigkeit zeichnen sich Kinder aus religiösen Haushalten weltweit eher dadurch aus, dass sie weniger altruistisch sind als Gleichaltrige aus nicht religiösen Haushalten, berichten Forscher im Fachmagazin "Current Biology".
"Einige Studien aus der Vergangenheit haben bereits gezeigt, dass religiöse Menschen sich nicht besser verhalten als unreligiöse", sagt Jean Decety von der University of Chicago. "Unsere Studie geht darüber noch hinaus und legt nahe, dass religiöse Menschen sogar weniger großzügig sind - nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder." [….]

Wer sehr fromm ist, glaubt schon dadurch gut zu sein und führt sich daher weniger verpflichtet darüber hinaus Geld zu spenden.

Daß amerikanische Kirchen dennoch die Reichsten der Welt sind, lässt sich leicht erklären. Es ist der soziale Druck. Pfarrer veröffentlichen nämlich wer wie viel gespendet hat. Und wer stets weniger gibt als der Nachbar, gerät in den Verdacht ein schlechterer Christ zu sein. Außerdem herrscht extremer Konkurrenzkampf unter den Gemeinden. Baut ein Pfarrer neben der Kirche eine beheizte Luxusgarage für seine Schäfchen, will die Nachbargemeinde das überbieten und eine noch größere Garage mit Waschanlage.

Warren Buffett, Bill Gates, Mackenzie Bezos, Michael Bloomberg, Richard Branson, Ted Turner und andere Mega-Reiche, die sich dem „Giving Pledge“ verpflichten, tun das nicht aus religiösen Motiven, sondern wegen der puren Notwendigkeit.

[….] A commitment to philanthropy
The Giving Pledge is a commitment by the world's wealthiest individuals and families to dedicate the majority of their wealth to giving back. [….]

Wenn Jeffree Star eine neue Make-Up-Linie herausbringt, gibt er davon nicht wie ein frommer Deutscher pauschal 9% seiner Einkommensteuer an die Kirche oder stellt große Schecks an Spendensammler aus, sondern kennt aus seinem eigenen Leben noch die vielen Bereiche Amerikas, wo wirklich der Schuh drückt.
Während Donald Trump das Staatsdefizit um weitere zwei Trillionen Dollar aufbläht, damit die Multimilliardäre fast gar keine Steuern mehr bezahlen müssen und exponentiell reicher werden, herrscht in den USA gleichzeitig bittere Armut.
Es gibt Millionen Obdachlose, Millionen nicht Versicherte, Millionen, die sich ihre Medikamente nicht leisten können, Millionen Kinder, die hungern.
Es gibt amerikanische Rentner, die buchstäblich verdursten, wenn sie sich kein Leitungswasser mehr leisten können.

Aber es gibt auch viele Amerikaner, die das wissen und sehr konkret aktiv werden.

[….] Tausende Kalifornier haben wegen der Dürre keinen Wasserzugang mehr. Eine Rentnerin hat die Versorgung ihres Ortes deshalb selbst in die Hand genommen.
Sie schämte sich, sie wollte es nicht wahrhaben, und schon gar nicht wollte sie, dass die Nachbarn etwas von ihrer Not bemerkten. "Ich habe geglaubt", sagt Donna Johnson, 72, "dass in einem Land wie den USA immer Wasser vorhanden sein wird."
[….] Donna Johnson sitzt in ihrem halbverdorrten Garten, eine quirlige Frau mit kurzen grauen Haaren, sie trägt neonfarbene Turnschuhe, ein neonfarbenes Shirt und klimpernde Ohrringe in Neonfarben. "Da drüben hatte ich letztes Jahr erst Trauben gepflanzt", sagt sie und zeigt auf einen Haufen braunes Gestrüpp.
[….] Aber in letzter Zeit sorgt sie sich nicht nur um verlassene Tiere, sondern auch um ihre Nachbarn. "Was ist mit den Kranken, die Diabetes haben oder Herzprobleme? Was ist mit den Alten, den Schwangeren?", fragt sie. "Wenn wir das mit dem Wasser nicht bald in Ordnung bringen, wird noch etwas Schlimmes passieren."
[….][….] Dennoch war die erste Ladung schnell verteilt, und so kratzte sie 700 Dollar von ihrem Ersparten zusammen und kaufte noch mehr Wasser. Sie legte eine Liste mit den Namen der Leute an, die kein fließendes Wasser hatten. [….] Doch die Hilfe erreicht noch immer nicht alle. Deshalb belädt Donna Johnson auch an diesem Samstag im Juli wieder ihren schwarzen Truck mit Kartons voller Mineralwasserflaschen. "Mittlerweile erkennen die Leute meinen Truck, sie wissen, dass ich die Wasserfrau bin", sagt sie. Oder der Wasser-Engel, wie manche sie nennen. [….]

Jeffree Star gibt ein Teil seiner Einkünfte an Lehrer öffentlicher Schulen weiter, die sich die Unterrichtsmaterialien nicht leisten können.

GODS OWN COUNTRY ist moralisch so bankrott, daß die reichste und mächtigste Nation der Erde noch nicht mal öffentliche Schulen mit dem Notwendigsten ausstattet.

[….] Jeffree Star gets a gold star for his latest good deed. The YouTube beauty guru and makeup entrepreneur responded to a Texas teacher’s Twitter post about her need for school supplies, and he took action as soon as he learned of her predicament.
The young second grade teacher, Irma Morales, tweeted on Friday that this will be her second year of teaching at a Texas elementary school and that she had a wish list of supplies she needed in order to give her students the best environment for learning.
Morales’ nearly $800 wish list included a stapler, dry erase chalkboard, a slew of early reader books — including the popular Captain Underpants series — and a storytime rug, as well as a 100-pack of pencil erasers, a pencil sharpener, a stack of colorful stools, and that all-important Lysol spray to keep the classroom germs at bay.
Star saw the tweet and bought all of the school supplies for Morales, wiping her entire list clean, tweeting his thanks to her for caring about education. […..]

Star sah das Problem, spendete spontan für eine Lehrerin und wurde anschließend aktiv, um mit seiner Bekanntheit und seinen finanziellen Möglichkeiten noch viel mehr Lehrern zu helfen.

Natürlich gibt es auch in Deutschland Hilfsbereitschaft wie die Tafeln in fast alle Städten zeigen. Aber viele Deutsche erwarten (zu Recht) auch, daß sich „der Staat“ um die soziale Grundversorgung kümmert.
Anders in den USA; da wußte Jeffree Star, daß Bildungsministerin und Multimilliardärin Betsy de Vos garantiert nichts für die Nöte der Grundschullehrer an öffentlichen Schulen unternehmen wird.
Denen kann man nur selbst helfen.


🔥 I just donated $25,000.. please share & help: https://t.co/Yp4hTFZE2K
— Jeffree Star (@JeffreeStar) 4. August 2019

“Support a Teacher” wurde Dank Star zu einem Movement.


Zehn Prozent seiner Einkünfte der Artistry Palette gehen an Lehrer.

„Die Amerikaner“ sind also auch großzügig.
Allerdings haben sie bei ihrem schäbigen Sozialsystem auch kaum eine andere Wahl.
[…..]   Verstärkt Wohlstand die Bereitschaft, Bedürftigen zu helfen? Eine Studie der Charities Aid Foundation (CAF) hat das untersucht. Die Ergebnisse der Langzeitbefragung zeigen teils Überraschendes: Gerade in Ländern, in denen nach dem jüngsten Armutsbericht der Vereinten Nationen große Not herrscht, ist die Bereitschaft zu geben häufig besonders groß.
Dies wird in den Spitzenplatzierungen deutlich. Unerwartet belegt Myanmar Platz 2 des Rankings, obwohl das Bruttoinlandsprodukt des von Unruhen geplagten Landes noch unter dem von Staaten wie Kambodscha oder dem Sudan liegt.
Auf Platz 1 landet die USA. Nirgendwo sonst werden Spenden so gebraucht, um Dinge am Laufen zu halten, die anderswo der Staat übernimmt. Denn ob Oper oder Obdachlosenhilfe, Museum oder Universität: Alle bekommen nur wenig oder gar keine öffentliche Hilfe. [….]

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