Freitag, 25. Oktober 2019

Wenn Politiker den Staat diskreditieren


Der Staat im Staat in der ersten Person
[….] Siehst du ihn jetzt, wie der sich windet?
Wie wenn ihr eure Augen verbindet
Der mit Ausdruck Eindruck schindet
Bombenkratergleich weil
Der reißt dich richtig auf
Dein Rucken ist dem eine weit're Tür
"Paß auf dein Rückgrat auf" sagt der
Und "Ich stehe hinter dir"
Das ist dein Pech der meint
Gib's mir
Jedes Bild ist wie ein Messer ein Gebrauchsgegenstand
Und Lesen meint hier Denken mit ander'm Verstand
Indem man liest und was begreift
Sich und den andern, sucht und findet (das ist Arbeit)
Das Gefundene mit-teilt und verbindet (das ist Technik)
Gemeinsam eine Welt erfindet (vielleicht Liebe)
[….][….] Und die Angst die du fühlst
Ist das Geld das dir fehlt
Für den Preis den du zahlst
Für etwas, das für dich zählt
Und dich sicher sein läßt
Daß du da (wo du hingehörst) bist
Ware Kunst ist ein Produkt der Phantasie
An der dafür vorgesehenen stelle
Erhebe ich meine Stimme:
Das ist soziale Marktwirtschaft
Langweilig wird sie nie. [….][….]
(Blumfeld: Sing Sing. Aus dem legendären L'état et moi von 1994)

Der Staat, das sind wir.
Der Staat steuert durch Steuern und kassiert nicht etwa aus Bosheit ab.
Selbst wenn er es täte, so käme es doch uns allen zu Gute.
Staaten mit hohem Steueraufkommen, insbesondere Dänemark und Schweden, haben die glücklichste Bevölkerung aller Nationen der Welt.
Steuern sind etwas Gutes.
Neoliberale Anti-Steuer-Apologeten wie Christian Lindner reden der Ungerechtigkeit das Wort, fördern den spaltenden Raubtierkapitalismus, in dem Macht und Wohlstand zu einer kleinen Oberschicht umgeleitet werden.
Der politische Einfluss geht dann über auf einige wenige Superreiche, die wie in der gegenwärtigen amerikanischen Administration ganz allein Ministerämter, Botschafterposten, Bundesrichterstellen untereinander aufteilen.
So werden die USA zu einem asozialen Land, in dem Millionen keine Krankenversicherung haben, Millionen Kinder hungern, Millionen obdachlos sind, 2,5 Millionen Menschen im Knast sitzen, das Bildungssystem marode ist, die Infrastruktur zerbröselt  und in dem die mit Abstand höchste Mordrate aller westlichen Länder grassiert.
Das ist die falsche Richtung. Es sollte nicht privatisiert, sondern verstaatlicht werden.
Die auf Druck der Gelben und Schwarzen in den 1990ern massenhaften Verkäufe städtischer und staatlicher Wohnungen haben Immobilien zu einem Spekulationsobjekt gemacht. Die Folgen sehen wir jetzt in allen Großstädten. Mietpreisexplosion und Wohnungsnot.

Versorger, medizinische Einrichtungen, Bahn, Bildung, ÖPNV, Sicherheit gehören in öffentliche Hand.
Regierung und Parlamentarier sollen den Staat stärken und durch hohes Steueraufkommen handlungsfähig machen.

Dabei sollten vorzugsweise keine Flattaxes und Kopfpauschalen erhoben werden, wie es sich die Konservativen wünschen.
Menschen mit Millioneneinkommen brauchen nicht den mit der Gießkanne verteilten gleichen Betrag Kindergeld wie eine Putzfrau.
Der Staat muss seine Steuern intelligent eintreiben, so daß nicht immer nur von „Lenkungswirkung“ gesprochen wird, sondern diese auch voll erzielt wird.
In der Praxis fürchten sich aber die meisten Politiker so sehr vor den nächsten Wahlen, daß sie dem mit einem Steuersatz in eine bestimmte Richtung gelenkten Bürger sofort auch eine Regelung bescheren, die in die diametral entgegengesetzte Richtung weist.
Mit der Kitafinanzierung sollen Eltern dazu animiert werden ihre Kinder in eine öffentliche Betreuung zu geben, weil man weiß daß durch diese frühkindliche Bildung sehr viel bessere schulische Leistungen erzielt werden, Sozialverhalten gefördert wird und spätere Probleme gar nicht erst auftauchen.
Kita-Finanzierung kostet viel Geld und weil die CSU total bescheuert ist, verlangte sie über Jahre eine Herdprämie, um gleichzeitig auch das Gegenteil zu erreichen: Mütter sollen ihre Kinder nicht in die Kita schicken, sondern lieber zu Hause isolieren.
Die Bildungsfernhalteprämie sollte dafür sorgen, daß insbesondere arme Kinder aus bildungsfernen Schichten von frühkindlicher Bildung ferngehalten werden, mit einem möglichst großen sprachlichen Nachteil in die Schullaufbahn starten.

Das armselige Klimapaket der Bundesregierung soll durch einen sehr sanften Aufschlag auf die Benzinpreise die Menschen auf umweltschonendere Fortbewegungsmittel umlenken. Eine sinnvolle Maßnahme.
Weil aber CDU und CSU die Mehrheit der Koalition stellen und am Tropf der Autolobby hängen, beinhaltet das Klimapaket auch eine Regelung, die in die gegenteilige Richtung lenkt: Mehr Pendlerpauschale, damit das Auto attraktiv bleibt.

(…..) Als Verteidiger der Großen Koalition habe ich es gerade sehr schwer. Zwei Tage musste ich nach Luft schnappen bevor ich einen Satz zum Klimapäckchen schreiben konnte.
Als Blogger pflegt man eine derbere, lockere Sprache als renommierte Printjournalisten; also, wie soll ich das übertreffen, wenn schon die biedere Tagesschau Mit Klimaschutz hat das nichts zu tun! schreibt, der SPIEGEL titelt Gute Nacht. Ein Desaster und Experten von „Klarem Politikversagen“ sprechen?

Ich schüttele so viel mit dem Kopf, daß ich dauernd Aspirin einwerfen muss.

[……] Niemand scheint mit den Plänen des sogenannten Klimakabinetts zufrieden zu sein. Umweltverbände und Wirtschaftswissenschaftler, Klimaforscher und Demonstranten , Kommentatoren nahezu quer durch die Medienlandschaft sind sich einig: Das war nichts.
Der Kern des Kompromisses ist, wie das bei Parteien, die um ihre Wiederwahl fürchten müssen, zu sein pflegt: Wir tun ein bisschen gegen unseren CO2-Ausstoß, aber keine Sorge, lieber Wähler: Du wirst davon gar nichts merken! Nur nicht den "kleinen Mann" verärgern. Auch, wenn man die eigenen Ziele so unmöglich wird einhalten können.
Angesichts von geschätzten eineinhalb Millionen Demonstranten allein in Deutschland und vielen Millionen rund um den Globus, von Bangladesch bis Uganda, von Tasmanien bis New York, erscheint das arg kümmerlich. [….]

Diese aberwitzige Hasenfüßigkeit bei einem Thema, das so viel Zustimmung erfährt. 88 Milliarden Euro betragen die jährlichen Subventionen für die KfZ-Industrie und wenn Autofahrer ein winziges bißchen belastet werden sollen für einen absolut Menschheits-überlebenswichtigen Zweck, knicken die Koalitionäre in vorauseilendem Gehorsam ein.

[…..] Der magere Preisanstieg an der Zapfsäule verbunden mit der höheren Pendlerpauschale führt bei spitzenverdienenden 50-km-Pendlern dazu, dass sie ihren großen SUV behalten können und - zumindest am Anfang - sogar noch daran verdienen! Wer für Mindestlohn pendelt, der zahlt drauf.
Das ist weder sinnvoll noch sozial. [….]

Die Inkarnation des Problems ist Angela Merkel, die völlig unverantwortlich handelt, indem sie nur ihre eigene Amtszeit im Blick, aber keinesfalls das Format zur Kanzlerin hat. (…..)

Es ist richtig Energie zu verteuern, so daß sich Otto Normalverbraucher überlegt, sich in seinem Haushalt von den schlimmsten Stromfressern zu trennen, sparsamere Geräte und Lampen anschafft.

Aber auch hier lenkt der Staat mit seinen Steuern gleichzeitig in die andere Richtung. Wer viel verbraucht und daher besonders dringend sparen sollte, wird von der Sparverpflichtung ausgenommen.
Auch in diesem Fall haben die arme Rentnerin, der Paketbote und die Altenpflegerin keine Möglichkeiten Einfluss auf das Parlament zu nehmen, um ihre Stromrechnungen zu senken.
Die Superreichen aber schon. Für sie gibt es die brutalen Lobbyisten von der Energieintensive Industrien in Deutschland (EID).
Der Bundeswirtschaftsminister sitzt tief im Mastdarm der EID und übernimmt deren Propaganda auf seiner Website.

[….] Energieintensive Industrien - Bedeutung für eine moderne Energiewirtschaft
[….] Die Energiewende kann in Deutschland nur mit einem starken Industriestandort gelingen. Dazu brauchen wir innovative und wettbewerbsstarke Unternehmen, die dazu beitragen eine zukunftsorientierte Energieerzeugung, -speicherung und -versorgung sicherzustellen.
Leistungsstarke und damit international wettbewerbsfähige energieintensive Industrien sind eine wichtige Voraussetzung für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland. Sie sind regelmäßig der Grund für die Ansiedlung nachgelagerter Produktionsstandorte und damit auch indirekt für die Schaffung und Erhaltung weiterer Arbeitsplätze verantwortlich. Sie sind aber auch eine unverzichtbare Grundlage für die Wertschöpfungsketten, die wir für eine Umstellung unserer Energiewirtschaft brauchen. Denn die energieintensiven Industrien liefern unverzichtbare Grund- und Werkstoffe für wichtige Zukunftsbranchen in Deutschland. [….]
(BMWI)

Während also Oma Kalubke einen Weg finden muss ihre höheren Stromrechnungen zu bezahlen, brauchen die extremsten Stromverschwender gar nicht erst anfangen den Verbrauch zu reduzieren.
Die Umlage des Erneuerbare-Energie-Gesetzes müssen sie nicht zahlen.

[….] EEG-Umlage: Ausnahmen für energieintensive Betriebe
Über die EEG-Umlage werden die Kosten für den Ausbau der regenerativen Energien auf den Endverbraucher umgelegt. Diese Umlage ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Dieser Anstieg ist teilweise darauf zurückzuführen, dass Großverbraucher von der EEG-Umlage weitgehend befreit sind. Im Ergebnis führt dies dazu, dass die energieintensive Industrie zwar 18 Prozent des Stroms verbraucht, aber an der Finanzierung der Energiewende über die EEG-Umlage nur zu 0,3 Prozent beteiligt ist. […..]

[…..] Die "Besondere Ausgleichsregelung" sieht vor, dass stromkostenintensive Unternehmen nur eine reduzierte EEG-Umlage zahlen müssen. Diese Ausnahmeregelung gilt nur für stromkostenintensive Unternehmen aus Branchen, die im internationalen Wettbewerb stehen. Die Wettbewerbsfähigkeit und damit die Arbeitsplätze der stromkostenintensiven Industrie, die im Vergleich zur internationalen Konkurrenz hohe Strompreise zahlt, dürfen nicht gefährdet werden. [….]
(BMWI)

In der Praxis führt diese politische Pervertierung des Staates dazu, daß man durch Stromsparen mehr Energiekosten hat.

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