Daran
erinnert sich schon wieder kaum jemand. 2013 war die SPD mit ihrem
Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück mit einem relativ linken Programm unter dem
allerdings Nahlesch verunglücktem Titel „Das Wir entscheidet“ angetreten.
Darin
stand neben der von Merkel kategorisch abgelehnten Forderung nach einem
allgemeinen Mindestlohn allerlei Kluges zur Steuer und Finanzpolitik.
[….] Die SPD
will die Finanzmärkte umfassend regulieren. Die Folgen unverantwortlicher
Spekulationen auf den Finanzmärkten hätten „zu einer dramatisch gestiegenen
Staatsverschuldung in Europa geführt“. Die SPD setzt deshalb auf die
Finanztransaktionssteuer, strengere Eigenkapitalvorschriften für Banken sowie
eine klare Trennung von Investment- und Geschäftsbanken. Die Institute sollen
europaweit aus eigenen Mitteln einen Rettungsschirm aufbauen, damit der Staat
bei Schieflagen nicht haften muss. Zudem soll es ein Verbot von Nahrungsmittel-
und Rohstoffspekulationen geben.
Im Weiteren macht die
SPD deutlich, dass sie Steuererhöhungen plant. Die daraus folgenden
Mehreinnahmen sollen dann ausschließlich für eine geringere Neuverschuldung
sowie für Investitionen in Bildung und Infrastruktur verwendet werden. So plant
die SPD die Vermögenssteuer „auf einem angemessenen Niveau“ wieder einzuführen,
um den Ländern die notwendige Erhöhung der Bildungsinvestitionen zu ermöglichen.
Dabei soll allerdings „der besonderen Situation des deutschen Mittelstandes,
von Personengesellschaften und Familienunternehmen“ Rechnung getragen werden.
Bei Privatpersonen sollen hohe Freibeträge sicherstellen, dass ein normales
Einfamilienhaus nicht von der Vermögenssteuer betroffen sein wird. Außerdem
soll bei der Einkommensteuer der Spitzensteuersatz erhöht werden. Bei einem zu
versteuernden Einkommen ab 100.000 Euro, für Eheleute ab 200.000 Euro, sollen
nach dem Willen der SPD statt 42 Prozent 49 Prozent Einkommensteuer gezahlt
werden. Auch Kapitaleinkünfte sollen zukünftig stärker mit 32 Prozent (bisher
25 Prozent) besteuert werden.
Besondere steuerliche
Privilegien „für einzelne Interessengruppen, etwa Hoteliers und reiche Erben“,
die CDU/CSU und FDP in den vergangenen Jahren geschaffen hätten, wollen die
Sozialdemokraten wieder rückgängig machen. Steuerbetrug soll stärker bekämpft
werden. […]
Ich kann
a posteriori immer noch nur staunen, wie ehrlich, gerecht, vernünftig und
zukunftsgerichtet der Ansatz war.
Das
Wahlergebnis ist bekannt.
Diejenigen,
die all diese Schritte in Richtung „mehr Gerechtigkeit“ und „mehr Abgaben für
die Steinreichen“ radikal ablehnten – also CDU und CSU – bekamen um ein Haar
die absolute Mehrheit.
316
Sitze betrug die Kanzlermehrheit im Bundestag und Merkels Fraktion erreichte
allein schon 311 Mandate, während die Sozis auf erbärmliche 193 Sitze kamen.
Das wollte der deutsche Urnenpöbel ganz offensichtlich auf keinen Fall.
(…..) Für ihr intensives Däumchendrehen und konzentriertes Chillen wuchs beispielweise das Vermögen der Susanne Klatten, geborene Quandt, im vergangenen Jahr um zwei Milliarden Euro.
Susanne Klatten
gewinnt zwei Milliarden Dollar hinzu
[….]
Schwer genervt ist Susanne Klatten, 54,
wenn sie immer nur als die reichste Frau Deutschlands tituliert wird. "Das
beschreibt den Menschen nicht, das beschreibt nur einen Status", klagte
die Multimilliardärin im vergangenen Sommer in der Zeit. [….] Umso besser läuft es bei BMW. Gemeinsam sind
die Geschwister - ihre Mutter Johanna ist vor zwei Jahren gestorben -
Großaktionär. Die Dividende wird erneut angehoben, und die Quandt-Erben
bekommen alleine etwas mehr als eine Milliarde Euro ausgeschüttet. Auch viele
andere Beteiligungen laufen gut, zur Freude Klattens. Gerade wurde wieder die
Liste der reichsten Menschen der Welt veröffentlicht, berechnet von dem auf die
Superreichen spezialisierten US-Magazin Forbes. Für Susanne Klatten reicht es
in der Hitliste auf Platz 38, ihr Vermögen wird jetzt auf 20,4 Milliarden Dollar
taxiert, immerhin knapp zwei Milliarden Dollar mehr als 2016. Der jüngere
Bruder Stefan Quandt liegt mit 18,3 Milliarden Dollar auf Platz 47. [….]
Ich
bin übrigens gar kein Linksradikaler, der Frau Klatten und Herrn Quandt alles
wegnehmen will. Reichtum an sich stört mich nicht. Ich halte es durchaus für
möglich, daß anständige Menschen, die sozial denken mit moralisch akzeptablen
Methoden sehr reich werden.
Meinetwegen
kann Frau Klatten gern Milliardärin bleiben.
Es
stört mich nur, wenn Superreiche steuerlich besser gestellt werden als
Normalverdiener, daß es offensichtlich möglich ist mit einem Heer von Anwälten
und Steuerberatern die Abgabenlast gen Null zu drücken. (…..)
Warum
bekommen Parteien wie die Linken und die SPD bei Bundestagswahlen keine
riesigen Mehrheiten, obwohl sie finanzpolitisch den Allerreichsten wehtun
wollen und der breiten Masse der Ärmeren helfen würden?
Warum
unterstützt nur eine so kleine Minderheit der Wähler die Forderung nach einer
Erhöhung des Spitzensteuersatzes und der Steuer auf Kapitaleinkünfte?
Dafür
gibt es meines Erachtens drei Gründe:
1.
Schlechte
Kommunikationsfähigkeit der Sozi-Wahlkämpfer, denen es offenbar nicht gelingt verständlich
zu machen was ihre Pläne konkret im Portemonnaie welcher Leute bedeuten.
2.
Gelungene
Propaganda von Arbeitgeberlobby-Verbänden wie der INSM, die suggerieren mit „Reichensteuer“
schade man der gesamten Wirtschaft und damit allen.
3.
Zu
niedrige Grenzen ab wann Spitzensteuersatz gezahlt werden muss.
Natürlich
sind 100.000 Euro Jahreseinkommen einen ordentliche Summe, aber es ist auch
eine Größenordnung, die viele „Normalos“ aus ihrem eigenen Leben kennen. Schon
eine Einzimmerwohnung in einem mittelmäßigen Hochhaus Baujahr 1965 in einem
durchschnittlichen Stadtteil einer Großstadt kostet deutlich über 100.000 Euro.
Die
Spitzensteuersatzgrenze darf nicht nur ein paar Zehntausend Euro vom
Jahresverdienst eines Malers/Elektrikers mit berufstätiger Lehrerin/Krankenschwester-Ehefrau
entfernt sein.
Viele
Menschen erben außerdem tatsächlich irgendwann mal das Häuschen von der
Großtante auf dem Land.
Da
werden schnell Ängste geschürt, man könne selbst eines Tages von diesen höheren
Steuern betroffen sein.
Zumal
die finanzielle Selbsteinschätzung der Menschen subjektiv ist; fast alle halten
sich in Relation zu anderen wohlhabender als sie wirklich sind.
Ich
würde linkeren Parteien raten bei den Einkommensteuern keine illusorisch hohen
Sätze wie Herr Holland zu fordern (95%) und zudem erst bei so hohen Einkommen
zuschlagen, daß kein Otto Normalverblödeter auf die Idee kommt, es könne ihn
selbst treffen.
49% (oder
55%?) auf Jahreseinkommen ab drei Millionen Euro.
Das
haben wirklich nicht viele, aber bei denen, die es trifft, ist viel zu holen.
Ich
denke auch, man könnte der INSM-Angstkampagne wirksam entgegen treten, indem
man glasklar macht, daß inhabergeführte Familienunternehmen mit persönlich
haftenden Gesellschaftern, die viele Arbeitsplätze garantieren natürlich
steuerlich besser gestellt werden müssen, als die Aktienmilliardäre, die völlig
ohne persönliches Risiko durch Nichtstun Milliarde um Milliarde dazubekommen.
Aber all
das geschieht nicht.
Der
Zeitgeist ist rechts; die Konservativen gewinnen in allen westlichen Ländern Wahlen.
Donald Trump
macht es vor und schaufelt mit seinem „taxplan“ hunderte Milliarden Dollar in
die Taschen des reichsten einen Prozents.
Das
Steuerdumping beginnt von vorn.
Und das
hat Konsequenzen.
[…..]
Das Jahr 2017 brachte für den
Lidl-Gründer Dieter Schwarz die Nachricht, er sei in der Runde der reichsten
Deutschen nicht mehr Nummer fünf, sondern sogar Nummer drei. Jedenfalls wenn
man dem Manager Magazin glaubt. Das neue Jahr bringt eine neue Nachricht. Eine,
die den doch sehr abstrakten Dukatenberg des Discounterkönigs von geschätzt 22
Milliarden Euro sehr anschaulich macht: Demnach besitzt Dieter Schwarz zusammen
mit den übrigen 44 reichsten Haushalten in Deutschland, etwa Erben von BMW und
Aldi, so viel wie - die gesamte ärmere Hälfte aller Haushalte im Land.
Weniger als 50 Reichen
gehört mit 214 Milliarden Euro genauso viel wie etwa 50 Prozent aller
Deutschen? Das ist eine Nachricht, die Aufregungspotenzial birgt angesichts der
zunehmenden Ungleichheit in der Bundesrepublik mit stagnierenden Reallöhnen
vieler. Besonders brisant wirkt sie angesichts der Verhandlungen zu einer neuen
Regierung, in der weder eine Rückkehr der Vermögensteuer noch ein höherer
Spitzensteuersatz eine Rolle spielt.
[…..]
[…..]
Wir gehen davon aus, dass die Topvermögen
zuletzt stärker gestiegen sind als die anderen. Denn während etwa Immobilien
und Unternehmensvermögen deutlich an Wert gewonnen haben, wachsen etwa
Sparguthaben und die Werte von Lebensversicherungen der Mittelschichten kaum
durch die Niedrigstzinsen. Die Vermögen in der Mitte wachsen also tendenziell
langsamer oder gar nicht mehr, während die Hochvermögenden von der
Vermögenspreisinflation profitieren. […..]
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