Mittwoch, 24. Januar 2018

Linke Forderungen

Daran erinnert sich schon wieder kaum jemand. 2013 war die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück mit einem relativ linken Programm unter dem allerdings Nahlesch verunglücktem Titel „Das Wir entscheidet“ angetreten.

Darin stand neben der von Merkel kategorisch abgelehnten Forderung nach einem allgemeinen Mindestlohn allerlei Kluges zur Steuer und Finanzpolitik.

[….]  Die SPD will die Finanzmärkte umfassend regulieren. Die Folgen unverantwortlicher Spekulationen auf den Finanzmärkten hätten „zu einer dramatisch gestiegenen Staatsverschuldung in Europa geführt“. Die SPD setzt deshalb auf die Finanztransaktionssteuer, strengere Eigenkapitalvorschriften für Banken sowie eine klare Trennung von Investment- und Geschäftsbanken. Die Institute sollen europaweit aus eigenen Mitteln einen Rettungsschirm aufbauen, damit der Staat bei Schieflagen nicht haften muss. Zudem soll es ein Verbot von Nahrungsmittel- und Rohstoffspekulationen geben.
Im Weiteren macht die SPD deutlich, dass sie Steuererhöhungen plant. Die daraus folgenden Mehreinnahmen sollen dann ausschließlich für eine geringere Neuverschuldung sowie für Investitionen in Bildung und Infrastruktur verwendet werden. So plant die SPD die Vermögenssteuer „auf einem angemessenen Niveau“ wieder einzuführen, um den Ländern die notwendige Erhöhung der Bildungsinvestitionen zu ermöglichen. Dabei soll allerdings „der besonderen Situation des deutschen Mittelstandes, von Personengesellschaften und Familienunternehmen“ Rechnung getragen werden. Bei Privatpersonen sollen hohe Freibeträge sicherstellen, dass ein normales Einfamilienhaus nicht von der Vermögenssteuer betroffen sein wird. Außerdem soll bei der Einkommensteuer der Spitzensteuersatz erhöht werden. Bei einem zu versteuernden Einkommen ab 100.000 Euro, für Eheleute ab 200.000 Euro, sollen nach dem Willen der SPD statt 42 Prozent 49 Prozent Einkommensteuer gezahlt werden. Auch Kapitaleinkünfte sollen zukünftig stärker mit 32 Prozent (bisher 25 Prozent) besteuert werden.
Besondere steuerliche Privilegien „für einzelne Interessengruppen, etwa Hoteliers und reiche Erben“, die CDU/CSU und FDP in den vergangenen Jahren geschaffen hätten, wollen die Sozialdemokraten wieder rückgängig machen. Steuerbetrug soll stärker bekämpft werden. […]

Ich kann a posteriori immer noch nur staunen, wie ehrlich, gerecht, vernünftig und zukunftsgerichtet der Ansatz war.

Das Wahlergebnis ist bekannt.
Diejenigen, die all diese Schritte in Richtung „mehr Gerechtigkeit“ und „mehr Abgaben für die Steinreichen“ radikal ablehnten – also CDU und CSU – bekamen um ein Haar die absolute Mehrheit.
316 Sitze betrug die Kanzlermehrheit im Bundestag und Merkels Fraktion erreichte allein schon 311 Mandate, während die Sozis auf erbärmliche 193 Sitze kamen.

Multimilliardäre zur Kasse bitten?
Das wollte der deutsche Urnenpöbel ganz offensichtlich auf keinen Fall.


(…..) Für ihr intensives Däumchendrehen und konzentriertes Chillen wuchs beispielweise das Vermögen der Susanne Klatten, geborene Quandt, im vergangenen Jahr um zwei Milliarden Euro.

Susanne Klatten gewinnt zwei Milliarden Dollar hinzu
[….] Schwer genervt ist Susanne Klatten, 54, wenn sie immer nur als die reichste Frau Deutschlands tituliert wird. "Das beschreibt den Menschen nicht, das beschreibt nur einen Status", klagte die Multimilliardärin im vergangenen Sommer in der Zeit. [….] Umso besser läuft es bei BMW. Gemeinsam sind die Geschwister - ihre Mutter Johanna ist vor zwei Jahren gestorben - Großaktionär. Die Dividende wird erneut angehoben, und die Quandt-Erben bekommen alleine etwas mehr als eine Milliarde Euro ausgeschüttet. Auch viele andere Beteiligungen laufen gut, zur Freude Klattens. Gerade wurde wieder die Liste der reichsten Menschen der Welt veröffentlicht, berechnet von dem auf die Superreichen spezialisierten US-Magazin Forbes. Für Susanne Klatten reicht es in der Hitliste auf Platz 38, ihr Vermögen wird jetzt auf 20,4 Milliarden Dollar taxiert, immerhin knapp zwei Milliarden Dollar mehr als 2016. Der jüngere Bruder Stefan Quandt liegt mit 18,3 Milliarden Dollar auf Platz 47. [….]

Ich bin übrigens gar kein Linksradikaler, der Frau Klatten und Herrn Quandt alles wegnehmen will. Reichtum an sich stört mich nicht. Ich halte es durchaus für möglich, daß anständige Menschen, die sozial denken mit moralisch akzeptablen Methoden sehr reich werden.
Meinetwegen kann Frau Klatten gern Milliardärin bleiben.
Es stört mich nur, wenn Superreiche steuerlich besser gestellt werden als Normalverdiener, daß es offensichtlich möglich ist mit einem Heer von Anwälten und Steuerberatern die Abgabenlast gen Null zu drücken. (…..)

Warum bekommen Parteien wie die Linken und die SPD bei Bundestagswahlen keine riesigen Mehrheiten, obwohl sie finanzpolitisch den Allerreichsten wehtun wollen und der breiten Masse der Ärmeren helfen würden?

Warum unterstützt nur eine so kleine Minderheit der Wähler die Forderung nach einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes und der Steuer auf Kapitaleinkünfte?

Dafür gibt es meines Erachtens drei Gründe:

1.   Schlechte Kommunikationsfähigkeit der Sozi-Wahlkämpfer, denen es offenbar nicht gelingt verständlich zu machen was ihre Pläne konkret im Portemonnaie welcher Leute bedeuten.
2.   Gelungene Propaganda von Arbeitgeberlobby-Verbänden wie der INSM, die suggerieren mit „Reichensteuer“ schade man der gesamten Wirtschaft und damit allen.
3.   Zu niedrige Grenzen ab wann Spitzensteuersatz gezahlt werden muss.

Natürlich sind 100.000 Euro Jahreseinkommen einen ordentliche Summe, aber es ist auch eine Größenordnung, die viele „Normalos“ aus ihrem eigenen Leben kennen. Schon eine Einzimmerwohnung in einem mittelmäßigen Hochhaus Baujahr 1965 in einem durchschnittlichen Stadtteil einer Großstadt kostet deutlich über 100.000 Euro.
Die Spitzensteuersatzgrenze darf nicht nur ein paar Zehntausend Euro vom Jahresverdienst eines Malers/Elektrikers mit berufstätiger Lehrerin/Krankenschwester-Ehefrau entfernt sein.
Viele Menschen erben außerdem tatsächlich irgendwann mal das Häuschen von der Großtante auf dem Land.
Da werden schnell Ängste geschürt, man könne selbst eines Tages von diesen höheren Steuern betroffen sein.
Zumal die finanzielle Selbsteinschätzung der Menschen subjektiv ist; fast alle halten sich in Relation zu anderen wohlhabender als sie wirklich sind.

Ich würde linkeren Parteien raten bei den Einkommensteuern keine illusorisch hohen Sätze wie Herr Holland zu fordern (95%) und zudem erst bei so hohen Einkommen zuschlagen, daß kein Otto Normalverblödeter auf die Idee kommt, es könne ihn selbst treffen.
49% (oder 55%?) auf Jahreseinkommen ab drei Millionen Euro.
Das haben wirklich nicht viele, aber bei denen, die es trifft, ist viel zu holen.

Ich denke auch, man könnte der INSM-Angstkampagne wirksam entgegen treten, indem man glasklar macht, daß inhabergeführte Familienunternehmen mit persönlich haftenden Gesellschaftern, die viele Arbeitsplätze garantieren natürlich steuerlich besser gestellt werden müssen, als die Aktienmilliardäre, die völlig ohne persönliches Risiko durch Nichtstun Milliarde um Milliarde dazubekommen.

Aber all das geschieht nicht.

Donald Trump macht es vor und schaufelt mit seinem „taxplan“ hunderte Milliarden Dollar in die Taschen des reichsten einen Prozents.
Das Steuerdumping beginnt von vorn.

Und das hat Konsequenzen.

[…..] Das Jahr 2017 brachte für den Lidl-Gründer Dieter Schwarz die Nachricht, er sei in der Runde der reichsten Deutschen nicht mehr Nummer fünf, sondern sogar Nummer drei. Jedenfalls wenn man dem Manager Magazin glaubt. Das neue Jahr bringt eine neue Nachricht. Eine, die den doch sehr abstrakten Dukatenberg des Discounterkönigs von geschätzt 22 Milliarden Euro sehr anschaulich macht: Demnach besitzt Dieter Schwarz zusammen mit den übrigen 44 reichsten Haushalten in Deutschland, etwa Erben von BMW und Aldi, so viel wie - die gesamte ärmere Hälfte aller Haushalte im Land.
Weniger als 50 Reichen gehört mit 214 Milliarden Euro genauso viel wie etwa 50 Prozent aller Deutschen? Das ist eine Nachricht, die Aufregungspotenzial birgt angesichts der zunehmenden Ungleichheit in der Bundesrepublik mit stagnierenden Reallöhnen vieler. Besonders brisant wirkt sie angesichts der Verhandlungen zu einer neuen Regierung, in der weder eine Rückkehr der Vermögensteuer noch ein höherer Spitzensteuersatz eine Rolle spielt. […..]

[…..] Wir gehen davon aus, dass die Topvermögen zuletzt stärker gestiegen sind als die anderen. Denn während etwa Immobilien und Unternehmensvermögen deutlich an Wert gewonnen haben, wachsen etwa Sparguthaben und die Werte von Lebensversicherungen der Mittelschichten kaum durch die Niedrigstzinsen. Die Vermögen in der Mitte wachsen also tendenziell langsamer oder gar nicht mehr, während die Hochvermögenden von der Vermögenspreisinflation profitieren. […..]

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