Wir unterliegen in Deutschland alle denselben Gesetzen, aber selbstverständlich gelten nicht für alle die gleichen moralischen Ansprüche.
So gelten in vielen Teilen der Gesellschaft pädosexuelle Handlungen als höchst verwerflich. „Kinderficker“ gilt als eins der schlimmsten Schimpfworte überhaupt; angeblich sollen dafür Verurteilte sogar in der Knasthierarchie an unterster Stufe stehen.
Es gibt aber Ausnahmen. Bei katholischen Geistlichen wird nicht nur die sexuelle Handlung kleiner Jungs an sich toleriert, sondern die Organisation, die solche Taten myriadenfach organisiert, fördert und schützt, wird vom deutschen Staat mit vielen Milliarden Euro gefördert, als gemeinnützig anerkannt und von Strafverfolgung ausgenommen.
Aber auch die Menschen ohne Soutane werden nicht alle moralisch gleich bewertet. Ich behaupte, das ist auch nicht in jedem Fall notwendig.
Im künstlerischen Bereich gelten für Ausnahmetalente auch Ausnahmeregeln.
Wer so besonders singen, malen oder schreiben kann, daß er viele andere damit erfreut, darf auch unhöflich sein.
Natürlich gibt es hier keine scharfen Regeln und keine Gerechtigkeit.
Viele Nazi-Künstler wurden wie Juristen, Polizisten oder Ärzte nach 1945 vollkommen ungeniert weiter beschäftigt, machten Karriere.
Die Lieblingskünstler Hitlers wurden unterschiedlich behandelt. Regisseur Veit Harlan wurde völlig freigesprochen, arbeitete einfach weiter in seinem Metier. Bildhauer Arno Breker galt als „Mitläufer“, erhielt nach 1945 wenige staatliche Aufträge, wurde dafür aber international gefeiert und konnte sich vor Großaufträgen kaum retten; er starb zufrieden und glücklich 1991 im Alter von 101 Jahren. Leni Riefenstahl (1902-2003) hingegen, die nach meiner bescheidenen Meinung ein Jahrhunderttalent ist und die Film- und Foto-Kunst wie niemand anders beeinflusste, konnte nie wieder einen Film machen, wurde Jahrzehnte als Kassengift gemieden. Erst im biblischen Alter, als nachfolgende Generationen sie vergessen hatten, gab es einige Ausstellungen.
Ich sage nicht, daß Riefenstahl so unschuldig war, wie sie immer behauptete. Ich diagnostiziere nur ein Missverhältnis im Vergleich zu anderen Nazi-Stars, die wie Harlan-Ehefrau Kristina Söderbaum („Reichswasserleiche“) oder Burgtheater-Star Paula Wessely (1907-2000), die im NS-Propagandafilm „Heimkehr“ von 1941 besonders abscheuliche Hetze betrieb. Sie setzten einfach ihre Karrieren fort, wurden gefeiert.
Eine Karriere in Kunst und Kirche ist also möglich, auch wenn man die schlimmsten überhaupt denkbaren Verfehlungen – Nationalsozialismus und Kindervergewaltigung – begangen hat. Im Fall „Kirche“ sogar beides.
Wenn es sich aber um lässlichere Sünden handelt, wird bei Personen mit besonderen Meriten darüber hinweg gesehen.
Ein brillante Herzchirurgin, ein begnadeter Designer, ein unverzichtbarer Diplomat, eine außergewöhnliche Journalistin kann sich unangenehme private Angewohnheiten leisten, die man nicht jedem Angestellten durchgehen ließe.
Tatsächlich gelten im politischen Bereich andere ethische Regeln. Ich meide den veralteten Begriff „Vorbildfunktion“; dafür ist das Gesamtimage der Toppolitiker viel zu angeschlagen.
Aber Politiker arbeiten nun mal nicht wie ein Bildhauer oder Imbissbetreiber auf eigene Rechnung, sondern werden von der Allgemeinheit als „Volksvertreter“ bezahlt.
Sie sollten sich darüber bewußt sein, daß nicht alles, das legal ist für sie auch legitim ist.
Es gibt natürlich vorbildlich transparente Abgeordnete, die wie einst Peter Conradi und Freimut Duve immer ihre Steuererklärungen veröffentlichen oder wie Karl Lauterbach jede einzelne Lobbyistenanfrage veröffentlichen, so daß gar nicht bestochen werden können.
Jens Spahn ist in vieler Hinsicht das diametrale Gegenteil Lauterbachs.
Ihm fehlt jegliches Fachwissen, aber dafür ist er stets der Erste, der die Hand aufhält und seinen privaten finanziellen Vorteil sucht.
Das Pampern reicher Lobbyisten zu Ungunsten des Steuerzahlers ist seine erste Natur.
(…..) Minister Scheuer verursachte durch seine persönliche Doofheit 540 Millionen Euro Verlust für den Steuerzahler.
Da kann Spahn nur lachen; allein mit seinen gegen alle Widerstände durchgedrückten FFP-Apothekendeals drückte er uns zwei Milliarden Mehrkosten auf.
[…..] Es war kein schönes Jahr für den Apotheker Simon Krivec aus der Ruhrgebietsstadt Moers. Erst die Pandemie und dann wurden auch noch die Erkältungsmittel zu Ladenhütern. Doch Mitte Dezember wendete sich das Blatt. Da bekam Krivec plötzlich 120 000 Euro überwiesen. Das Geld stammte von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und sollte Krivec - so wie alle Apotheker im Land - ermuntern, in seinen drei Filialen kostenlose FFP2-Masken an Covid-Risikopatienten zu verteilen. Bloß: Krivec brauchte das viele Geld dafür überhaupt nicht. "Wir haben Masken gekauft für einen Einkaufspreis zwischen sechzig und siebzig Cent", sagt er. Der Bund rechnete dagegen mit sechs Euro pro Maske. Das sei "ein gutes Zubrot" gewesen, sagt Krivec. Man könnte es auch so formulieren wie der Berliner Pharmazeut Detlef Glaß: "Wir haben uns dumm und dämlich verdient", sagt er. Die Verteilung von Schutzmasken wird die Steuerzahler letztlich mehr als zwei Milliarden Euro kosten. [……]
Das Gesundheitsministerium wußte genau, was der Wahnsinn kostet, aber die Beamten versuchten vergeblich den Apotheken-Großlobbyisten Spahn davon abzuhalten.
[…..] Bereits Anfang November warnte das Fachreferat demnach den Minister vor "gravierenden Finanzwirkungen" und wies daraufhin, dass viele Anspruchsberechtigte "durchaus in der Lage sind", die Masken "selber zu finanzieren". Acht weitere Referate zeichneten das klare Votum ausweislich der Unterlagen mit: "Verzicht auf die Verordnungsfähigkeit von FFP2-Schutzmasken". Doch mit grünem Stift notierte Spahn handschriftlich auf die Vorlage: "Nein, bitte um kurzfristige Erarbeitung eines ÄA". Das Kürzel steht für "Änderungsantrag". Und das Wort "kurzfristig" hatte Spahn extra unterstrichen. […..]
Wann reicht es endlich? Kann Angela Merkel nicht verdammt noch mal Jens Spahn endlich in Rente schicken? Viele Medien, die SPD und die überwältigende Mehrheit der Bundesbürger wünscht sich Spahns Ablösung. (……)
Es vergeht kein Tag, an dem nicht neue Ungeheuerlichkeiten über den Superreichen in seiner 4,2-Millionen Villa in Dahlem bekannt werden.
Während hunderte Unternehmer nach Spahns umstrittenen Open-House-Verfahren daran verzweifelten, ihre importierten Masken loszuwerden, weil sie niemand im Gesundheitsministerium erreichen konnten und/oder nie bezahlt wurden; hatte ein Mann gar keine Probleme Steuerzahler-Geld vom Gesundheitsminister zu bekommen: Daniel Funke. Burda-Lobbyist und rein zufällig Jens Spahns Ehemann.
[…..] Das Bundesgesundheitsministerium von Jens Spahn (CDU) hat im vergangenen Jahr FFP2-Schutzmasken von der Burda GmbH gekauft. Das geht aus Unterlagen hervor, die das Ministerium an den Bundestag schickte und die dem SPIEGEL vorliegen. Der Masken-Deal könnte Interessenkonflikte bergen, weil der Ehemann von Minister Spahn, Daniel Funke, als Lobbyist und Büroleiter der Burda-Repräsentanz in Berlin arbeitet. Das Bundesgesundheitsministerium hat dem Gesundheitsausschuss am Donnerstag eine umfangreiche Liste mit Firmen zukommen lassen, mit denen das Haus Verträge über die Lieferung von Schutzmasken geschlossen hat. Dort taucht die Burda GmbH auf. Sie hat laut der Aufstellung 570.000 FFP2-Masken an Spahns Ministerium geliefert. […..] Das Maskengeschäft ist in der Aufstellung als »Direktbeschaffung« ausgewiesen, das heißt, sie ist ohne vorherige Ausschreibung direkt zwischen Spahns Ministerium und der Firma vereinbart worden. Damit ist der Deal auch nicht als Teil des sogenannten Open-House-Beschaffungsverfahrens zustande gekommen, einer Art vereinfachtem Vergabeverfahren, bei dem sich das Ministerium in den Monaten März und April verpflichtete, von jedem Anbieter Masken abzunehmen, der bestimmte Kriterien erfüllte. [….]
Insgesamt versenkte Spahn neben den zwei Milliarden Euro für die Apothekenmasken noch weitere 4,6 Milliarden Euro durch dubiose Anschaffungen seines Ministeriums.
[…..] Das Bundesgesundheitsministerium hat im vergangenen Jahr Aufträge im Wert von rund 4,6 Milliarden Euro ohne Ausschreibung an externe Unternehmen vergeben. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des Linken-Fraktionschefs Dietmar Bartsch hervor, die WELT AM SONNTAG vorab vorliegt. Demnach vergab das Haus von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) 210 Aufträge ohne Ausschreibung – den weit überwiegenden Teil aller von Bundesministerien auf diese Weise vergebenen Aufträge. [….]
(Annette Dowideit, 21.03.2021)
Damit ist Jens Spahns Fass so sehr übergelaufen, daß Merkel ihn sogar dann rauswerfen müsste, wenn er der beste und fähigste Minister der Welt wäre.
Das Maß ist voll. Der Schaden für die Politik insgesamt, für die demokratische Kultur, ist so gewaltig, daß der Mann untragbar ist, egal wie unverzichtbar er in seinem Job wäre.
Genug ist genug.
Hinzu kommt aber, daß Spahn nicht nur persönlich und moralisch untragbar ist – die Raffgier und Amoralität ist CDU-Immanent und ansteckend – sondern zudem auch noch als Fachminister ein Totalausfall ist.
Selbst als hochanständiger ehrlicher Mann, müsste er gefeuert werden, weil er seinen Job nicht kann und dem deutschen Volk gewaltigen Schaden zufügt.
[….] Prävention: Trotz bekannter Gefährdungspotenziale und einschlägiger
Stresstests wurde staatlicherseits darauf verzichtet, im Krisenfall dringend
benötigtes Material einzulagern. »Privat vor Staat« war lange Zeit die Devise
eines sich fröhlich deregulierenden Landes, das Vorsorge nicht länger nötig zu
haben glaubte.
Masken: Anfangs unisono als nutzlos abgetan von Politik und Wissenschaft, waren
die Lager leer, als sich diese Bewertung schließlich um 180 Grad drehte.
Impfstoff: Auf deutschem Boden zuerst produktreif, wurde die Bestellung und
Beschaffung im europäischen Konzert nicht energisch genug vorangetrieben, aus
Geiz und mangelnder Weitsicht vergeigt.
Schnelltests: Vom Gesundheitsminister versprochen, vom Corona-Kabinett kassiert,
bis heute nicht flächendeckend verteilt, wodurch ein zusätzliches Mittel für
mehr Sicherheit und gefahrlosere Öffnungen hierzulande fehlt.
Impfkampagne: Sie schien gut zu beginnen, die Länderfürsten führten schon im
Advent durch umgewidmete Messehallen und ließen das Ausland staunen.
Organisieren, ja, das können die Deutschen – aber seither funktioniert nichts,
wie es soll, nicht die Terminvergabe für Impflinge, nicht die Verteilung, nicht
die digitale Bestandsverwaltung. Es drängt sich der Schluss auf, dass in
Deutschland die Kultur staatlichen Handelns, die das Gemeinwohl auch weit über
den Tag hinaus im Blick behält, verfallen ist. [….]
(DER SPIEGEL, 20.03.2021, „Was zu vergeigen war“, s.9)
Es reicht. Es reicht in jeder Hinsicht.
Von Spahn ist nichts zu erwarten, aber Laschet und Merkel müssen endlich den Schleudersitz auslösen.
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