Samstag, 6. März 2021

Nicht so schreckliche Schreckensszenarien.

 Die Nahostpolitik Donald Trumps war immerhin stringent. Es gab drei wichtige Parameter, nach denen sich IQ45 ausrichtete:

1.)
Aggression gegen den Iran, den Trump von seinem rassistischen Hass auf Obama getrieben, wegen des Nuklear-Abkommens verachtete.

2.)
Erfüllung aller Wünsche seines rechtsextremen Lügen-Klons Netanjahu, um Trumps evangelikale Wählerbasis zu pampern.

3.)

Nahezu bedingungslose Treue zu dem wahabitischen Königshaus in Riad, weil die Saus nahezu unermesslich reich sind und bereitwillig die Trump-Familie unterstützen.

Wenig überraschend führte all das nicht zu Frieden, sondern verhärtete die Fronten zwischen Saudi-Arabien und dem Jemen, zwischen Israel und dem Iran.

Durch die Amtsübernahme Bidens mit seinem Außenpolitik-Experten Antony Blinken werden nicht mehr so viele Augen gegenüber extremen Menschenrechtsverletzungen zugedrückt.

Daß Mohammed bin Salman al-Saud, MBS, der de facto-Herrscher Saudi-Arabien den brutalen Mord an dem amerikanischen Journalisten Jamal Khashoggi anordnete, dessen Leiche anschließend mit Macheten zerhackt wurde, will die neue US-Regierung nicht mehr klaglos hinnehmen.

Auch die Netanjahu-Regierung wird nicht mehr bedingungslos für jedes militärische Abenteuer die Rückendeckung aus Washington bekommen.

Bezüglich des Irans scheint sich aber eine gespenstische Kontinuität abzuzeichnen.

Auch Biden setzt Iran wegen Verstößen gegen das Iran-Atom-Abkommen unter Druck. Iran solle erst einmal „guten Willen zeigen“, bevor sich die USA wieder an den Vertrag halte.

Dabei war es schließlich Washington, das den Vertrag kündigte!

Auch Biden geht ganz selbstverständlich davon aus, daß der Iran natürlich nicht das anstreben darf, was die USA seit Jahrzehnten verwenden: Kernenergie und Atomwaffen.    Amerika darf nach seinem Selbstverständnis mehr als andere Nationen. God’s own country.

In zwei Jahren könnte der Iran eine Atombombe haben?
Das Szenario ist das ultimative Schreckgespenst für die Retrumplicans in Washington – aber offenbar auch für die Demokraten.

[…..] Iran’s minister raised the possibility that his country would be forced to seek nuclear arms if American sanctions were not lifted, an attention-grabbing break from the country’s pledge that its atomic energy program would always be peaceful.   The remarks by the intelligence minister, Mahmoud Alavi, added pressure on President Biden’s three-week-old administration to avert a new crisis with Iran while it grapples with the economic and health emergencies spawned by the Covid-19 pandemic. An administration official called Mr. Alavi’s statement “very concerning.” […..]

(NYT, 09.02.2021)

Israels Verteidigungsminister Benny Gantz sind Biden und Blinken dennoch nicht aggressiv genug; er droht wieder mit einseitigen israelischen Militärschlägen.

[….] Israeli Defense Minister Benny Gantz has warned that his country will "stand independently" against Iran if needed, as President Joe Biden pushes ahead with his plan to revive the Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) despite opposition from American conservatives and Middle Eastern allies.   Gantz—who is currently defense minister as part of a power sharing deal with Prime Minister Benjamin Netanyahu—told Fox News Radio on Thursday that Israel is constantly drawing up plans to attack Iran and deny Tehran nuclear weapons, with or without American support.  […..] The Biden administration appears to be trying to keep low intensity regional conflict separate from JCPOA talks, but Gantz told Fox News Radio that Israel was not. "We should not put aside all the regional aggression," Gantz said, noting incidents in Iraq, Syria, Yemen and Iranian influence over Islamist militia forces in the besieged Gaza Strip and Lebanon. […..]

(Newsweek, 05.03.2021)

Die Vorstellung eines Irans mit Atomwaffen scheint alle amerikanischen Politiker gleich zu paralysieren. Biden ist ähnlich bockig wie Trump.

[…..] Die neue US-Regierung um Präsident Joe Biden will das Abkommen wiederbeleben. Ziel des Vertrages ist es, den Iran am Bau von Atomwaffen zu hindern. Der neue US-Präsident verlangt für eine Rückkehr seines Landes zum internationalen Atomabkommen, aber dass Teheran sich zuerst wieder an die Vorgaben der Vereinbarung hält. Die iranische Führung verlangt dagegen, dass Washington zuerst seine Sanktionen gegen das Land aufhebt. Denn die unter Bidens Vorgänger Donald Trump wieder verhängten Strafmaßnahmen treffen das Land hart.  Momentan würden beide Seiten sich darauf versteifen, dem anderen vorzuwerfen, „was der falsch gemacht hat, und warum man jetzt gerade nicht will“, sagte die Iran-Expertin und Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur von der Universität zu Köln im Dlf. „Es wäre jetzt wirklich Zeit für Diplomatie und Biden sollte das wahrmachen, was er angekündigt hat“, sagte sie weiter. […..]

(DLF, 02.03.2021)

Auch Biden scheint dem Irrglauben zu erliegen, die USA hätten das Recht andere Nationen maximal unter Druck zu setzen, dabei wissen wir gerade aus dem Iran, daß die brutalen Sanktionen aus Washington die Mullah-Regierung sogar stabilisierten.

Ich hingegen halte es grundsätzlich für problematisch, wenn Nationen, die selbst ganz selbstverständlich Kernwaffen produzieren und testen – Frankreich, GB und USA – anderen Nationen mit dem Zeigefinger vor der Nase herumfuchteln und ihnen Atombomben verbieten.

Was ich darf, darfst du noch lange nicht?

Außerdem ist es aus sicherheitspolitischen Überlegungen absolut verständlich, daß Teheran Atombomben anstrebt.   Der Iran wurde immer wieder mit westlicher Unterstützung militärisch angegriffen. Die USA lieferte dem Irak Waffen und Zielkoordinaten für den Angriff auf den Iran 1980. Der achtjährige Krieg kostete 500.000 bis 1.000.000 Iraner das Leben.   Die USA flogen 1980 und 1988 direkte Militärschläge gegen den Iran, griffen immer wieder Iranische Anlagen an und töteten einzelne Iraner.

Der prominenteste Fall war die Ermordung des iranischen Volkshelden und Generalmajors Kassem Soleimani im Januar 2020 durch das US-Militär.

Anschließend zeterte Trump los, er werde 52 weitere Ziele im Iran angreifen.

[….] Auf Twitter richtete Trump äußerst konfrontative Worte an die Islamische Republik, der er dringend von Vergeltungsakten abriet: Die für Iran und dessen Kultur teils sehr bedeutsamen Orte auf der Liste würden sonst "sehr schnell und sehr hart angegriffen", schrieb er in Großbuchstaben - ebenso wie das Wort "Warnung". Seine Tweet-Serie schloss Trump mit den Worten: "Die USA haben genug von Drohungen!" […..]

(SZ, 05.02.2020)

Die „Schurkenstaaten“, die sich gegen den Willen der USA tatsächlich Atomwaffen beschafft haben; Pakistan und Nord-Korea; sind hingegen nicht nur vollkommen sicher vor US-Angriffen, sondern werden als Partner auf Augenhöhe behandelt.

Iran hat bei seinen beiden großen Nachbarn – dem Irak und Afghanistan – erlebt, wie es einer Nation im Clinch mit den USA ergeht, wenn sie keine Atomwaffen haben. Beide wurden in die Steinzeit gebombt, haben Millionen Tote zu beklagen.

Was also läge näher für Teheran, als möglichst schnell dem Vorbild Nord-Koreas zu folgen?

Es gibt ein drittes Argument, um das Schreckensszenario von „den Mullahs mit der Bombe“ zu entkräften.

Jacque Chirac sprach es 2007 zum allgemeinen Entsetzen aus: Lass die Iraner doch ein, zwei Atombomben haben. Na und? Eingesetzt werden können sie ohnehin nicht, da die Atommacht Israel den ganzen Iran in Minuten zerstören würde.

Die Empörung im Westen war gewaltig.

[….] Jacques Chirac schien zu wissen, wovon er sprach: "Eine Bombe zu haben oder vielleicht ein wenig später eine zweite - nun ja, das ist nicht sehr gefährlich", versicherte Frankreichs Staatschef und oberster Befehlshaber über dessen Atomstreitmacht, vor Journalisten. Im Plauderton fügte er hinzu, Atomwaffen würden Iran nichts nützen, und sollte er damit versuchen, Israel anzugreifen, würde Teheran sofort "dem Erdboden gleich gemacht". Vergeblich versuchte Chirac, seine leichtfertigen Worte zu einem der heikelsten Dossiers der Weltpolitik noch zurückzunehmen. Doch sie gelangten in die Öffentlichkeit, nun ist der Ärger groß. […..]

(Tagesspiegel, 01.02.2007)

Der Ärger war heuchlerisch, denn das Prinzip der gegenseitigen atomaren Abschreckung, hatten die Atommächte seit Dekaden selbst stolz umgesetzt.

Atomare Abschreckung, also so viel Überkapazität zu haben, daß auch ein Zweitschlag den Gegner bis auf den letzten Mann vernichtet, funktioniert, so lange nicht ein total Wahnsinniger allein über den Einsatzbefehl verfügt.

Nachdem aber Kim-Jong Un am Atomknopf sitzt und Donald Trump vier Jahre am Atomknopf saß, kann es nicht mehr schlimmer kommen.

So verrückt sind die Herrscher in Teheran noch lange nicht.

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