Beliebt war Bibi Netanyahu bei seinen internationalen Kollegen noch nie. Mal ganz abgesehen von seiner extrem destruktiven Politik, ist der Mann auch persönlich eine Pest, der man kein Wort glauben darf, wie zwei Präsidenten einmal unabsichtlich enthüllten.
[… ] In einem vertraulichen Gespräch mit US-Präsident Barack Obama hat Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy über den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu hergezogen. "Ich kann ihn nicht mehr sehen, er ist ein Lügner", soll Sarkozy nach übereinstimmenden Angaben von Mithörern des Gesprächs über Netanjahu gesagt haben. Obama habe ihm geantwortet: "Du bist ihn leid, aber ich habe jeden Tag mit ihm zu tun!" Zu der Veröffentlichung des diplomatisch heiklen Gesprächsausschnittes kam es durch eine Panne beim G-20-Gipfel in Cannes Ende der vergangenen Woche. Das Organisationsteam sendete dabei den eigentlich nur für die Übersetzer bestimmten Ton der Unterhaltung auf einem Kanal, der auch von Journalisten verfolgt werden konnte. [….]
Hier sprechen keine Israel-Feinde! Die USA sind traditionell der engste Verbündete Israels. Sarkozy wiederum kommt aus der gleichen konservativen Parteienfamilie und ist auch bei den Themen Korruption und Justizärger ein Bruder im Geiste.
Wie Kollege Trump, wird Bibi immer extremer, lügt immer mehr und verstrickte auch seine Familie in Korruption und andere kriminelle Machenschaften. Wie Trump, dient ihm das Amt des Regierungschef in erster Linie dazu, um nicht in den Knast zu kommen.
Netanyahu aber übertrifft seinen orangen Freund in Washington sogar noch in einem Aspekt: Er wird wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Gaza auch von der internationalen Justiz gesucht. Der Internationale Strafgerichtshof erstellte im November 2024 einen Haftbefehl gegen den 75-Jährigen Rechtsextremisten.
[….] Agnès Callamard, die internationale Generalsekretärin von Amnesty International, kommentierte die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs wie folgt:
"Die Mühlen der internationalen Justiz haben endlich diejenigen eingeholt, die mutmaßlich für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Palästina und Israel verantwortlich sind. Die heutigen Haftbefehle sind ein historischer Durchbruch für die Gerechtigkeit. Sie müssen der Anfang vom Ende der allgegenwärtigen Straflosigkeit sein, die im Zentrum der Menschenrechtskrise in Israel und im besetzten palästinensischen Gebiet steht.
Ministerpräsident Netanjahu ist nun offiziell ein gesuchter Mann. Nach seiner Anklage sowie der Anklage von Yoav Gallant und Mohammed al-Masri, allgemein bekannt als Mohammed Deif, dürfen die Mitgliedsstaaten des IStGH und die gesamte internationale Gemeinschaft nicht ruhen, bis diese Personen vor den unabhängigen und unparteiischen Richter*innen des IStGH stehen. Es darf keinen 'sicheren Hafen’ für Personen geben, die mutmaßlich Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben.
Mit diesen Haftbefehlen bringt der IStGH den unzähligen Opfern endlich auch eine echte Hoffnung auf Gerechtigkeit und stellt das Vertrauen in den universellen Wert internationaler Rechtsinstrumente und der Justiz wieder her. Wir fordern nun alle IStGH-Mitgliedstaaten und Nicht-Vertragsstaaten, einschließlich der USA und anderer Verbündeter Israels, auf, ihre Achtung vor der Entscheidung des Gerichts und den universellen Grundsätzen des Völkerrechts zu zeigen, indem sie die vom IStGH gesuchten Personen verhaften und ausliefern.
Hohe Beamte für ihre zahlreichen Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen, ist ein entscheidender Schritt zur Beendigung der anhaltenden Rechtsverletzungen in Israel und dem besetzten palästinensischen Gebiet. Dies könnte dazu beitragen, die fortgesetzte Enteignung und Unterdrückung der Palästinenser*innen unter Israels rechtswidriger Besatzung und Apartheid zu bekämpfen.
Die Haftbefehle des IStGH gegen Netanjahu und Gallant enthalten eindeutige Anklagen wegen Kriegsverbrechen, die 'schwere Verstöße’ gegen die Genfer Konventionen darstellen. Jeder Staat der Welt ist verpflichtet, unabhängig von der Nationalität des Täters oder des Opfers, diejenigen vor Gericht zu stellen, denen solche 'schweren Verstöße’ zur Last gelegt werden."
Amnesty International erwartet auch von der deutschen Bundesregierung ein klares Bekenntnis zum IStGH unter anderem indem die gesuchten Personen verhaftet werden, wenn sie sich in Deutschland aufhalten. […]
(Amnesty International, 22.11.2024)
Für Bibi, der bereits 1996 das erste Mal Premierminister wurde und seither Anklagen sammelte, wie andere Menschen Briefmarken, fallen Petitessen wie internationales Recht, kaum ins Gewicht. Gerade droht wieder einmal zu Hause erheblich mehr Justiz-Ärger.
[….] Zum Regieren bleibt Benjamin Netanjahu wenig Zeit in diesen Tagen. Denn Israels Premierminister steht nicht mehr nur wegen Korruption in Tel Aviv vor Gericht; zugleich nimmt noch eine andere Affäre unter dem Stichwort „Katargate“ enorm Fahrt auf. Wenn er es zwischendurch trotzdem schafft, einen neuen Chef des Inlandsgeheimdienstes auszuwählen, dann muss er das nur 24 Stunden später wieder zurücknehmen. In Israel herrscht derzeit ziemliches Chaos. [….] Was sich da gerade zusammenbraut über dem Land, ist ein Krieg mit äußeren Feinden plus einer Staatskrise im Innern, wo die Regierung die Justiz zum Gegner erklärt hat. Mittendrin steht Netanjahu, für den es bei den Kämpfen im Äußeren ebenso wie im Innern vor allem ums eigene politische Überleben geht. [….] Um diese Gemengelage aufzudröseln, fängt man am besten beim vorläufigen Ende an, bei der bösen Posse um den Chefposten beim Inlandsgeheimdienst Schin Bet. Vor Kurzem hatte Netanjahus Regierung den bisherigen Leiter Ronen Bar gefeuert wegen „Mangels an Vertrauen“. Das Oberste Gericht hat diese Entlassung mit einer einstweiligen Verfügung ausgesetzt. Für den 8. April ist eine Anhörung angesetzt wegen mehrerer Petitionen, in denen Netanjahu bei Bars Entlassung ein Interessenkonflikt vorgeworfen wird. Unter Bars Führung nämlich ermittelt der Schin Bet zusammen mit der Polizei, ob Geld aus Katar an enge Vertraute des Premiers geflossen ist. [….] [….]
Zwei Vertraute des Premiers namens Jonatan Urich und Eli Feldstein wurden [….] festgenommen unter dem Verdacht, zwei Herren zugleich gedient zu haben: Israel und Katar. Sie sollen aus Doha Geld bekommen haben, um das Image des Emirats in Israel zu verbessern. [….] Die Nachricht von der Festnahme seiner beiden Mitarbeiter erreichte Netanjahu in jenem Tel Aviver Gerichtssaal, in dem er sich gerade wegen möglicher Korruption in drei anderen Fällen zu verantworten hat. Seit 2020 schon läuft dieser Prozess, und er wird von Netanjahu und seinen Anwälten nach Kräften verschleppt. [….]
Der rechtsfaschistische Antidemokrat bestrebt, wie seine Freunde in Washington und Budapest, die Gewaltenteilung zu schleifen, um Justiz und Presse unter seine Kontrolle zu bekommen. Aber insbesondere die Justiz wehrt sich in Israel erfolgreicher, als in Ungarn oder den USA. Sie setzt auch dem amtierenden Premier zu.
[….] Netanjahu steht derzeit wegen Korruption vor Gericht und muss mehrmals pro Woche für Befragungen erscheinen. Im sogenannten Katargate wurde der Premier bisher nur als Zeuge geladen. Ob er auch als Verdächtiger befragt wird, steht noch aus. Dennoch macht Netanjahu öffentlich Stimmung: Seine beiden Vertrauten, erklärte er, würden von der Polizei als „Geiseln“ gehalten. Die Aussage wurde in Israel heftig kritisiert – werden doch derzeit weiter 59 Menschen, davon mutmaßlich noch 24 am Leben, tatsächlich als Geiseln im Gazastreifen festgehalten. Und ein Deal, um sie zu befreien, ist derzeit kaum in Sicht. Netanjahu spricht außerdem von einer „Hexenjagd“. [….]
Dem heimischen Ärger durch nette Auslandsreisen zu entfliehen, kommt für Bibi kaum noch in Frage, da die 125 Länder, die Mitglieder des IStGH sind, verpflichtet sind, Bibi zu verhaften, sobald er deren Staatsgebiet betritt. Willkommen ist Netanyahu nur noch in Schurkenstaaten, mit denen er nicht zufällig gerade Krieg führt. Da kann man nicht allzu wählerisch sein und so lässt er es sich gerade bei dem Antisemiten Orbán gut gehen.
[….] Es hat immer etwas Historisches, wenn Benjamin Netanjahu nach Ungarn kommt. Als er 2017 anreiste, war er der erste israelische Ministerpräsident nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, der das Land besuchte. Besonders wird auch sein Besuch von diesem Mittwoch an sein, wenngleich aus anderen Gründen. Denn gegen Netanjahu gibt es einen internationalen Haftbefehl. [….] Theoretisch müsste Netanjahu also festgenommen werden, sobald er in Budapest aus dem Flugzeug steigt.
Praktisch hat der ungarische Regierungschef Viktor Orbán den Haftbefehl jedoch von Anfang an abgelehnt, weil er seiner Ansicht nach politisch motiviert ist. Und nicht nur das: Orbán lud Netanjahu auch nach Ungarn ein. [….] Der Haftbefehl, so Orbán, werde für Netanjahu „keine Konsequenzen“ haben. Das kann Orbán auch deswegen so leichtherzig sagen, weil derzeit noch eine rechtliche Grauzone existiert. Israel hat, wie es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin heißt, Rechtsmittel gegen den Haftbefehl beim IStGH eingelegt, und die Prüfung dauert noch an. Solange darüber nicht entschieden wurde und die Mitgliedstaaten aus Den Haag kein Rechtshilfeersuchen für die Verhaftung bekommen, muss Netanjahu nicht festgenommen werden. [….] In den USA hatte Präsident Donald Trump Anfang Februar, kurz nach dem Besuch von Benjamin Netanjahu im Weißen Haus, Sanktionen gegen Mitarbeiter des Strafgerichtshofs in Den Haag verhängt. Sie beinhalten Einreiseverbote in die USA und könnten das Einfrieren von Vermögen zur Folge haben. Die USA haben das Gericht genauso wie Israel nicht anerkannt. In Ungarn ist das offiziell anders, auch in Deutschland. Doch selbst hier hatte der künftige CDU-Kanzler Friedrich Merz kurz nach der Bundestagswahl angekündigt, „Mittel und Wege“ zu finden, um Netanjahu dennoch in Deutschland zu empfangen – wie auch immer diese dann aussehen mögen. Wenn der Haftbefehl in Deutschland rechtswirksam wird, dürfte es für Merz schwierig werden, sich über Strafverfolgungsbehörden hinwegzusetzen. Aus dem IStGH kommt auf SZ-Anfrage der allgemeine Hinweis, es sei nicht die Sache einzelner Staaten, über die Rechtmäßigkeit der Gerichtsentscheidungen zu befinden. [….]
Es gibt sie also noch, Bibis Buddys, die genauso korrupt und rechtsextrem wie er sind und den internationalen Haftbefehl ignorieren, weil ihnen internationale Rechtsstaatlichkeit nichts bedeutet: Orbán, Trump und demnächst auch Merz.
Zum Mitschämen:
[…] Mit seiner ausgesprochenen Einladung an den israelischen Regierungschef stellt sich Friedrich Merz bewusst in eine Reihe mit Autokraten. Und die SPD guckt zu. [….] Benjamin Netanjahu wird bei seinem Besuch in Ungarn nicht festgenommen [….] Klar, Autokraten, die Autokraten schützen – da ist niemand überrascht. Immerhin ist Viktor Orbán konsequent, bei ihm gilt gleiches Unrecht für alle. Nicht nur Netanjahu, sondern auch Wladimir Putin wird von ihm nicht dem Gericht in Den Haag ausgeliefert.
Das Schweigen der Bundesregierung, die sonst sehr gerne scharfe Worte in Richtung Orbán schickt, spricht Bände. [….] Jetzt, da der Koalitionspartner in spe Friedrich Merz den mutmaßlichen Kriegsverbrecher auch nach Deutschland eingeladen hat, wird es ein solches Bekenntnis von den Sozialdemokraten erst recht nicht mehr geben. Wenn der künftige Bundeskanzler sagt, er werde Wege finden, um die Festnahme zu verhindern, sind sich Rechtsexperten einig: Diese Wege gibt es, aber sie sind illegal. Insbesondere, weil sich die Bundesregierung zur Frage einer Putin-Festnahme deutlich positioniert hatte, muss sie den Fall Netanjahu laut Einschätzung des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages gleich behandeln. Merz reiht sich mit seiner Ansage wissentlich hinter den Autokraten Trump und Orbán ein. [….]
Legal, illegal, scheißegal – so lautet das Motto der CDUCSU-Korrupties, die mit Amthor, Bareiß und Spahn demonstrativ juristisch dubiose Typen in die Koalitionsverhandlungen schickten. Was soll man anderes erwarten von einer Partei, die einen überführten Lügner und tief in Parteispendenskandale verstrickten Wolfgang Schäuble zum Bundesfinanzminister machte? Es gibt aber, anders als von Jäckels dargestellt, durchaus prominente Stimmen in der SPD, die Merzens angekündigten internationalen Rechtsbruch nicht hinnehmen wollen.
[….] Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich fordert von CDU-Chef Friedrich Merz mit Blick auf die geplante Koalition von Union und SPD eindeutige Festlegungen zum künftigen Umgang mit Israels Premier Benjamin Netanjahu. „Friedrich Merz muss endlich klarstellen, dass Deutschland den Haftbefehl gegen Netanjahu vollziehen würde, sollte der israelische Ministerpräsident unser Land besuchen wollen“, [….] „Wir dürfen nicht zulassen, dass Vertreter unseres Staates mit Viktor Orbán auf eine Stufe gestellt zu werden“, sagte Mützenich. Zu dem geplanten Besuch Netanjahus in Ungarn sagte er, vor dem Hintergrund der erneuten Offensive im Gazastreifen und der katastrophalen humanitären Lage dort sei die Reise unangebracht und provokativ. Ebenso sei die Erklärung, dass die ungarische Regierung den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Netanjahu nicht vollstrecken werde, „ein schwerwiegender Verstoß gegen nationales und internationales Recht“. [….] Deutschland habe sich von Anfang an für den unabhängigen Gerichtshof eingesetzt, um Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Verbrechen der Aggression zu ahnden. „Gerade Deutschland muss die Institution und dessen Mitarbeiter unterstützen und legitimieren“, appellierte Mützenich an Merz. […]
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