Dienstag, 15. Oktober 2024

Zum Mitschämen – Teil II

Trumps Demenz schreitet so schnell fort, daß er seinen letzten Wahlkampfauftritt in Pennsylvania gar nicht absolvieren konnte. Nach wenigen Minuten verlor er völlig den Faden, entglitt der Realität und wähnte sich offenbar auf einer Jeffrey Epstein-Sexparty in den 1990ern. Für volle 40 Minuten ließ er eine bizarre Songzusammenstellung abspielen und stand dazu, tumb den Rhythmus vergewaltigend, auf der Bühne und imitierte bizarre Dancemoves zum Mitschämen.

[….] According to video from the evening, Trump played Rufus Wainwright’s cover of Leonard Cohen’s “Hallelujah,” as well as Sinead O’Connor’s “Nothing Compares 2 U,” Oliver Anthony’s “Rich Men North of Richmond,” Guns N’ Roses’ “November Rain,” James Brown’s “It’s a Man’s Man’s Man’s World,” Elvis’ “An American Trilogy,” the Village People’s “Y.M.C.A.” and Andrea Bocelli’s “Time to Say Goodbye.”

In a statement issued Tuesday morning (Oct. 15), Harris supporter Wainwright lambasted Trump for playing the singer’s version of Cohen’s beloved 1984 hymn to the universal struggle of love and heartbreak.

“The song ‘Hallelujah’ by Leonard Cohen has become an anthem dedicated to peace, love and acceptance of the truth. I’ve been supremely honored over the years to be connected with this ode to tolerance,” wrote Wainwright. “Witnessing Trump and his supporters commune with this music last night was the height of blasphemy. Of course, I in no way condone this and was mortified, but the good in me hopes that perhaps in inhabiting and really listening to the lyrics of Cohen’s masterpiece, Donald Trump just might experience a hint of remorse over what he’s caused. I’m not holding my breath.” The statement also noted that the publishing company for the Cohen estate has sent a cease-and-desist order to the Trump campaign.

GNR and O’Connor’s reps have pointedly asked Trump not to play their music during his campaign stops, with the Village People threatening to sue the former reality TV star last year over what they said was a lookalike band playing their hits at his Mar-a-Lago Florida private club after years of asking him to remove their 1978 queer disco classic from his queue. At press time, spokespeople for GNR and O’Connor’s estate had not returned Billboard‘s request for comment on Trump’s Monday playlist event.  [….]

(Gil Kaufman, 15.10.2024)

Wäre Donald Trump nicht so irrsinnig gefährlich für die ganze Welt, könnte man fast Mitleid für den debil geschminkten Psychopathen haben, der da coram publico das letzte bißchen Verstand verliert.

[….] Da ist es nur konsequent, dass Trump an diesem Montag, bei einem Auftritt im umkämpftesten aller US-Staaten, das Reden schlicht eingestellt hat und ganz zur Musik gewechselt ist. Sein Wahlkampf-Event in einem Vorort von Philadelphia, Pennsylvania, endete damit, dass Trump eine geschlagene halbe Stunde lang schweigend auf der Bühne stand, um seinen Anhängern seine Lieblingssongs vorzuspielen und dabei mitzuwippen, mitzuschmunzeln, mitzuträumen, wie ein plötzlich verstummter Master of Conferences der Politik. Es war ein unfreiwilliges Ende, der Abend war schon zuvor entgleist. [….] Der Ort: eine hässliche Messehalle in den schier endlosen, herbstlich bunt belaubten Suburbs von Philadelphia. Nach Osten, zur Stadt hin, wohnen mehr Demokraten – nach Westen, ins Land hinaus, Republikaner. Wie sich am Ende die Waage neigt, ist entscheidend, Pennsylvania ist der wohl wichtigste Swing State.

Eine Stunde später als angekündigt, um 19 Uhr, traf Trump ein, und wer weiß, ob ihm klar war, welche Entbehrungen seine frenetisch jubelnden Anhänger da schon hinter sich hatten. Zu Tausenden hatten sie stundenlang in der Herbstsonne gewartet, waren vom Secret Service streng gefilzt worden und hatten dann weitere Stunden ohne Essen und ohne Flüssigkeit verbracht, denn das Mitbringen war verboten, der einzige Getränkeautomat aber bereits nachmittags geplündert, der einzige Imbiss hoffnungslos überfordert. [….] »Lasst uns das in ein Musikfest verwandeln«, schlug er unerwartet vor, ließ Schuberts »Ave Maria« auflegen, gesungen von Pavarotti, und dazu ein Balkendiagramm mit Migrationszahlen auf den Bildschirmen zeigen, die die Erfolge seiner Amtszeit zeigen sollte. [….] Der ganze Trump war in diesem Moment zu sehen: Der Entertainer, der auf der Bühne improvisieren kann; der launische Eigenbrötler, der sich den Erwartungen verweigert; der Populist, für den eine Schubert-Arie und eine Infografik auf der Bühne zusammenpassen, weil das Balkendiagramm ja genauso an die Seelen der Zuschauer appellieren soll wie Pavarottis donnerlaut aufgedrehte Tenorstimme. Es sind ganz einfach Lieblingsdiagramm und Lieblingssong, den Zuschauern ebenso vertraut wie Trumps Lieblingssprüche, über die sie schon lachen, bevor er überhaupt zur Pointe kommt. Sie waren nicht auf der Suche nach Neuem gekommen, sondern nach Bekanntem. [….] Die letzte halbe Stunde standen auch sie, während man einen Song nach dem anderen hörte und Trump das tat, was er tut, wenn er nicht redet und dennoch Präsenz und Dynamik zeigen will: Er streckte seinen Zeigefinger auf diesen oder jene in der Menge, als hätte er Freunde entdeckt. Er schob sein Kinn vor und blickte entschlossen zur hässlichen Decke der Messehalle. Er schunkelte ein wenig hin und her. Er formte mit den Lippen die Worte »Fight, Fight, Fight«, mit denen er nach einem Attentat in Butler seine Kampfbereitschaft gezeigt hatte, und die viele im Saal auf ihren Trump-T-Shirts trugen, und dazu pumpte er mit seiner geballten Faust durch die Luft. Er beugte sich vor, um einen imaginären Trommelwirbel vorzubereiten. Er tanzte, ungelenk und eckig, aber selbstsicher. [….] Das Publikum teilte sich derweil auf – die mit den Sitzplätzen hielten durch, die mit den Stehplätzen hatten sich da längst verabschiedet, und auf der Bühne wird sich auch Gouverneurin Kristi Noem, die Moderatorin des Abends, gefragt haben, wie lange das jetzt noch gehen soll, und ob diese Form politischer Massenveranstaltung die richtige ist. Sie hatte keinen Einfluss auf den Verlauf. [….]

(Christian Esch, 15.10.2024)

Seine Rhetorik präsentiert sich übler und faschistischer denn je.

[…..] Trump plant, nimmt man seine Ankündigungen ernst – und es besteht kein Anlass, das nicht zu tun –, für den Fall seines Wahlsiegs offenbar Zweierlei: Massenfestnahmen von tatsächlichen oder vermeintlichen illegalen Einwanderern und einen ausgedehnten persönlichen Rachefeldzug. Gut drei Wochen vor dem Wahlduell mit Kamala Harris wird seine Rhetorik immer schärfer, nehmen seine Wahlkampfauftritte mitunter bizarre Formen an.

„Er ist ein wandelndes, sprechendes Aushängeschild für das, was er vorhat“, zitiert der US-Starreporter Bob Woodward in seinem neuen Buch den pensionierten General Mark Milley, der unter Trump und Joe Biden als Stabschef diente. „Er sagt es, und es ist nicht nur er, es sind die Leute um ihn herum.“ Trump sei „ein totaler Faschist. Ein Faschist durch und durch“.

Als kürzlich eine Frau bei einer seiner Reden dazwischenschrie, regte Trump an, man möge nachher „die Hölle aus ihr herausprügeln“. Den Tag der Abstimmung am 5. November nennt Trump inzwischen „Befreiungstag“, die USA seien ein „besetztes Land“. Denn die US-Grenze zu Mexiko sei offen, die Menschen strömten ungehindert ins Land, 21 Millionen habe Vizepräsidentin Kamala Harris ins Land gelassen. Das stimmt nicht, laut offiziellen Angaben der US-Grenzbehörden haben sie seit Amtsantritt von Präsident Joe Biden dort mehr als acht Millionen Menschen aufgehalten. Das Heimatschutzministerium schätzt die Zahl der illegalen Einwanderer in den USA auf elf Millionen.

Fakten aber haben den Republikaner ohnehin nie so richtig bekümmert. Bei einem Wahlkampfauftritt vor ein paar Tagen in Colorado bezeichnete er Aurora City am Fuß der Rocky Mountains als eine „War Zone“, ein Kriegsgebiet, die Stadt werde von Gangs aus Venezuela überrannt. Der Bürgermeister, ein Republikaner, nannte das „vollkommen übertrieben“.

Die Geschichte ist Unfug genauso wie die Behauptung, Haitianer in der Stadt Springfield in Ohio würden Hunde und Katzen essen. Der Gouverneur des Bundesstaates, ebenfalls ein Republikaner, mahnte seinen Parteifreund Trump, derlei rassistische Ausfälle zu unterlassen: „Diese Rhetorik schadet der Stadt und den Menschen.“ [….] Trump scheint das nicht weiter zu scheren. Er beschimpft unerwünschte Ausländer gerne als Vergewaltiger und als Kriminelle. Lügen, Hetze und Beleidigungen waren schon immer sein Programm, doch die vergangenen Wochen zeigen, dass Steigerungen jederzeit möglich sind. Schon vor Monaten hatte er schwadroniert, Immigranten würden „das Blut unseres Landes vergiften“, eine Anleihe an faschistischer Rhetorik des vergangenen Jahrhunderts. „Diese Migranten sind eiskalte Killer“, sagte er dann Ende September in Wisconsin. „Sie werden in deine Küche kommen und dir die Kehle durchschneiden.“  […..]

(Peter Burghardt, 15.10.2024)

Unglücklicherweise sind 70 bis 80 Millionen amerikanische Wähler genauso debil und moralisch korrumpiert, wie der orange Jabba mit der vollgeschissenen Windel.

Sie finden ihn einfach großartig.

Montag, 14. Oktober 2024

Die Guten gibt es nicht

Wie ich vorgestern bereits andeutete, war der vorletzte Pressclub zum Thema Pulverfass Nahost, sehr sehenswert.

Sebastian Engelbrecht vom Deutschlandfunk und Kristin Helberg von der ARD, beide zweifellos kenntnisreiche und seriöse Journalisten, vertraten drastisch unterschiedliche Ansichten zum Thema, was Israel darf und sollte und muss.

Für die einfach gestrickten Geister wird die Diskussion schnell ungemütlich, weil man nicht mehr klar definieren kann, wer Aggressor und wer Verteidiger ist.

In einem Weltkriegsfilm ist das immer so schön einfach: Die Deutschen sind (1939-1945) die Angreifer UND vertreten auch eine extrem toxische Ideologie. Das sind die Bösen. Französische Resistance, polnische Partisanen oder Rote Armee, die sich gegen die genozidal-Christliche DesLoVult-Wehrmacht wehren, sind eindeutig die Guten.

Im amerikanischen Bürgerkrieg 1861-1865 steht man an der Seite der Unionsstaaten gegen die zutiefst rassistischen Konföderierten, die für die Sklaverei stritten.

Im Vietnamkrieg 1955-1975 bezieht man gern Position für die auch von China und der Sowjetunion unterstützte Nationale Front für die Befreiung Südvietnams (NLF, „Vietcong“), weil Amerika mit den Südvietnamesen unfassbare Gräueltaten beging und die USA, ganz anders als zehn Jahre zuvor in Europa, absolut nichts in Vietnam verloren hatten.

Das gilt auch für den Koreakrieg 1950-1953, bei dem sich die USA als koloniale Besatzer gerierten.

Alle Europäischen Kolonialstaaten, christliche Conquistadores und päpstlichen Kreuzfahrer waren Kriegsverbrechermächte; jede regionale Befreiungsarmee hatte Recht und Moral auf ihrer Seite.

Aber die Guten bleiben leider nicht immer die Guten. Außerdem gibt es sehr Böse, die sich einer guten Sache annehmen. Auch Demokratien irren ganz fürchterlich bei der Wahl ihrer Alliierten. So unterstützten USA und CIA massiv von 1980-1988 Saddam Husseins Irak, sowie die Taliban und Mujahedin im Afghanistankrieg 1979-1989. In beiden Fällen marschierten sie einige Jahre nach Ende des Krieges selbst dort ein, um genau diejenigen, die sie aufgerüstet hatten, selbst zu bekriegen.

In beiden Fällen scheitere Washington dramatisch bei der Durchsetzung seiner Kriegsziele – ebenso wie schon zuvor in Korea und Vietnam.

Die ganz simpel gestrickten Geister gönnen George W. Bush die Niederlagen, wegen seiner Hybris und seiner Lügen. Aber die Sieger, die im Land blieben, nachdem die US-Truppen verjagt und die Kämpfe beendet waren – IS, das Kalifat, der Iran, die Taliban zum Beispiel – erwiesen sich als „Frieden in der Hölle“.

 In einem Jahrzehnte währenden Konflikt, wie in Israel und Palästina, haben a) beide Seiten so viel Unmoralisches verbrochen, daß man sie nicht mehr mögen mag. Außerdem sind b) beide Seiten so heterogen, daß eine moralische Parteinahmen ohnehin ausgeschlossen sind.

Bibi Netanyahu, Itamar Ben-Gvir, der Minister für öffentliche Sicherheit, Yitzhak Wasserlauf, der Minister für die Peripherie, Kulturminister Amihai Eliyahu, oder der rechtsextremer Finanzminister Bezalel Smotrich sind echte Verbrecher, die ich nur verachten kann. Das gilt auch für die fanatisch-aggressiven ultraorthodoxen Siedler im Westjordanland, die bis heute das Haupthindernis für den Frieden sind.

Aber den vielen säkularen Israelis in Tel Aviv, die jeden Tag gegen Bibi demonstrieren, den friedensbewegten Kibbuzniks, den jungen Festivalbesucher, die am 07.10.2023 von der Hamas abgeschlachtet wurden, gilt meine ganze Sympathie. Ich wünsche mir nichts mehr, als daß sich ihre Version eines liberalen, demokratischen, queerfreundlichen, technologieaffinen und religionsfernen Staates erfüllt.

Selbstverständlich hasse, verachte und verabscheue ich die Hamas-Kommandeure, die sadistisch, vergewaltigend und ultrabrutal möglichst viele Juden umbringen, weil es ihr religiöses Ziel ist. Diese skrupellose Hamas, die ihre Waffenlager in Schulen und Krankenhäuser legt und sich diebisch über viele tote palästinensische Kinder freut, weil sie damit Propaganda machen. Genauso gilt aber meine Sympathie allen friedlichen palästinensischen Händlern, Bauern und Handwerkern, die von Israelischen Siedlern drangsaliert und vertrieben werden; Myriaden Kindern, die in Gaza von israelischen Bomben zerfetzt werden.

Liebe junge queere Aktivisten und liebe US-Studenten, die nun in Israel die Wurzel allen Übels erkannt haben und ihr Herz für Hamas und Hisbollah entdecken:

Ihr seid echte Vollidioten, die als TikTok-Trottel viel zu verblödet und borniert seid, um irgendetwas beurteilen zu können. Hört Euch bitte genau an, was Bill Maher zu dem Thema Chappell Roan zu sagen hat.

Ich jedenfalls kann nicht pauschal Partei ergreifen für ein Volk oder eine Nation.

So leicht kann ich es mir nicht machen.

[…..] Das deutsche Image in der Welt ist davon geprägt, dass unter der adretten Bach-und-Beethoven-Fassade im 20. Jahrhundert die Bereitschaft von Millionen Bürgern schlummerte, ihre Nachbarn industriell ermorden zu lassen. Das ist der Hintergrund, weshalb manche Deutsche jetzt ganz besonders viel daransetzen, in den Besitz von jüdischen Freunden zu kommen. Zumindest von solchen zum Vorzeigen. Es ist auch der Hintergrund dafür, dass manche Deutsche wie zur Beruhigung eines tief sitzenden – und achtenswerten – Selbstmisstrauens die Entscheidung treffen, „an Israels Seite zu stehen“. Ganz gleich, was geschieht – Augen zu. Im Wissenschaftsministerium von Bettina Stark-Watzinger von der FDP erwog man in diesem Sinne sogar, kritischere Meinungen an Universitäten und Hochschulen zu sanktionieren.

Zugleich bildet diese deutsche Historie den Hintergrund dafür, dass – auf der anderen Seite – viele, sehr viele Landsleute ihre Kritik am Staat der Juden besonders lustvoll üben. In einer Intensität, die nach Obsession aussieht. Subtext: Die da unten in ihrem Judenstaat sind auch nicht besser als unsere Großeltern, also können die ruhig mal aufhören, uns hier mit ihrer vermeintlichen moralischen Überlegenheit zu nerven. „Was der Staat Israel heute mit den Palästinensern macht, ist im Prinzip auch nichts anderes als das, was die Nazis im Dritten Reich mit den Juden gemacht haben“: Dieser dummen, falschen Aussage stimmen in Deutschland 43 Prozent der Befragten zu, wie im vergangenen Jahr eine Befragung der Bertelsmann-Stiftung ergab.

Jüdische Deutsche sind keine Regierungsvertreter Israels. Jüdische Deutsche haften auch nicht für Israels Politik. Dennoch, jüdische Deutsche werden jetzt laufend in Haftung genommen, das haben viele von ihnen in diesem vergangenen Jahr so deutlich gespürt wie noch nie in ihrem Leben. Viele Betroffene halten noch mit Argumenten dagegen. Aber manche sind es allmählich auch leid. Von der deutsch-jüdischen Denkerin Hannah Arendt gibt es den Satz: Wer als Jude angegriffen wird, muss sich als Jude verteidigen. Unter dem Druck der Vorurteile scheinen manche diesen Satz heute für sich abzuwandeln. Etwa so: Wer als Botschafter Israels angegriffen wird, muss sich als Botschafter Israels verteidigen. […..] Einsamer geworden ist es in diesem Jahr dann in dem großen Raum zwischen all diesen zunehmend verhärteten Identitäten. Also unter jenen Menschen, die sich weiterhin zumuten, sich nicht „auf eine Seite“ zu stellen – und zu denen auch viele jüdische und arabischstämmige Menschen gehören, die angesichts ihrer Ratlosigkeit eher noch leiser geworden sind als ohnehin schon. Ein politisches Nachdenken, dessen Ergebnis schon vorab feststeht und das auch auf aktuelle Neuigkeiten nur noch in Nuancen reagiert, wäre natürlich gemütlicher. […..] Wie wenig Applaus es für solche Differenzierung gibt, das heißt: wie wenig dies innenpolitisch gewinnbringend ist, zeigt sich am Beispiel der Bundesaußenministerin Annalena Baerbock von den Grünen. Aus der sogenannten israelsolidarischen Ecke wird sie beschimpft, sie lasse Israel angeblich im Regen stehen – weil Deutschland keine Waffen mehr für Gaza-Bombardements liefert. Aus der sogenannten propalästinensischen Ecke wird sie gleichzeitig für das Gegenteil beschimpft: Sie tanze nach Israels Pfeife – weil sie nicht mit Israel bricht. Es sich in keiner Ecke bequem zu machen, ist heute vielleicht schwieriger denn je. Richtig bleibt es trotzdem.   […..]

(Ronen Steinke, 06.10.2024)

Ich gebe zu, solche Worte gern von einem Journalisten zu lesen, der eine israelische Mutter hat. Denn auch, wenn ich erst ein Jahr einen deutschen Pass habe: Für mich wiegt die deutsche Vergangenheit schwer. Ich gehöre der (schrumpfenden) Fraktion derer an, die der deutschen Außenpolitik äußerste Zurückhaltung bei der moralischen Bewertung der israelischen Sicherheitspolitik empfehlen. Natürlich können und dürfen „wir“ Netanyahu kritisieren, aber wir sollten nicht die ersten und lautesten sein. Und es darf nie in eine Rechtfertigungshaltung hineingleiten; „sieh an, die Israelis sind ja auch nicht viel besser als wir damals im WKII.“ Hier handelt es sich um unvergleichbare Dinge. So schwer es auch einzelnen fallen mag; es gilt immer: Israelkritik Ja! Antisemitismus NEIN!

Nur in einem Aspekt bleibt es einfach: Meine Verachtung gilt voll und ganz dem rechtsradikalen Pascha Friedrich Merz, der das ultrakomplizierte Thema Waffenlieferungen auf primitivste Weise parteipolitisch ausnutzt, um Scholz und Baerbock ans Bein zu pinkeln.

Die Sitzungen des Bundessicherheitsrates sind geheim. Niemand kennt die Bedingungen, die Deutschland an Waffenlieferungen knüpfte. Falls es so sein sollte, wie gemunkelt wird, daß Baerbock und Habeck Garantien dafür verlangten, deutsche Waffen nicht bei völkerrechtswidrigen Aktionen einzusetzen, hatten sie völlig Recht, Herr Merz!

[….] Die Bundesregierung will durch die Zusicherungen, die auch in Lieferverträgen etwa mit der Ukraine enthalten sind, dem Risiko entgegenwirken, dass internationale Gerichte oder deutsche Verwaltungsgerichte im Zuge einer einstweiligen Verfügung Rüstungsexporte nach Israel teilweise oder ganz untersagen. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte im Juni in einem Beschluss einen entsprechenden Antrag von Palästinensern aus dem Gazastreifen zwar zurückgewiesen. Diese hatten verlangt, grundsätzlich Lieferungen nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz zu untersagen. Das Gericht hatte aber ausgeführt, dass die Bundesregierung die „Haltung des Empfängerlandes zu den einschlägigen Grundsätzen der Übereinkünfte des humanitären Völkerrechts“ berücksichtigen und Ausfuhrgenehmigungen verweigern müsse, wenn „eindeutig das Risiko besteht“, dass Rüstungsgüter verwendet werden, um schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht zu begehen. Es hat sich in seiner Argumentation dabei an entsprechende Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in Den Haag angelehnt, wo Nicaragua die Bundesregierung verklagt hatte.

Menschenrechtsanwälte hatten in der vergangenen Woche bereits neue Klagen angekündigt, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag klargestellt hatte, dass die Bundesregierung Waffen geliefert habe und dies weiter tun werde. „Wir haben Entscheidungen getroffen in der Regierung, die auch sicherstellen, dass es demnächst weitere Lieferungen geben wird“, hatte Scholz auf Kritik von Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) entgegnet. Dieser hatte der Bundesregierung vorgeworfen, seit Monaten nicht die nötigen „Exportgenehmigungen für Munition und Ersatzteile von Panzern“ für die Ausfuhr nach Israel zu erteilen.  [….]

(SZ, 14.10.2024)

Der moralisch verkommene Merz darf niemals Bundeskanzler werden.

Für den islamophoben Egomanen scheint das alles nur ein Spiel zu sein, um die Ampel zu ärgern und um selbst Bundeskanzler zu werden.

Der Mann hat sich – wieder einmal – völlig für das höchste Regierungsamt disqualifiziert. Gerade für Deutschland darf es natürlich nicht völlig egal sein, wie die Lage in Israel ist, Herr Merz!

Wenn eine Regierung wiederholt UN-Blauhelme ermordet, darf schon mal die Frage gestellt werden, ob man sie weiterhin bewaffnen sollte, Herr Merz!

[…..] Mindestens viermal haben israelische Soldaten in der vergangenen Woche UN-Blauhelme angegriffen, sie haben Soldaten aus Sri Lanka von einem Wachturm gebombt und sogar UN-Soldaten beschossen, die in einem Bunker Schutz gesucht haben. Wieder ist eine rote Linie überschritten, wieder werden weltweit „Bedenken“ geäußert. So geht das nun seit einem Jahr: Europa und die USA fordern Israel auf, weniger Zivilisten zu töten, mehr humanitäre Hilfe zu leisten und sich an das Völkerrecht zu halten. Wenig ist passiert, Konsequenzen gibt es keine. Die USA brachten am Wochenende das Kunststück fertig, ihren Sondergesandten Amos Hochstein verkünden zu lassen, dass der Beschuss eines Wohnhauses in der Innenstadt von Beirut „völlig inakzeptabel“ sei – während fast zeitgleich ein Journalist des britischen Guardian die Überreste einer in den USA gefertigten Bombe aus den Trümmern zog, die 22 Menschen tötete.

Man muss wenig Mitleid haben mit den Hisbollah-Kämpfern, die Israel ohne Grund angegriffen haben und nun ihren lang ersehnten Märtyrertod finden. Natürlich darf sich Israel dagegen verteidigen. Doch der Angriff gilt mittlerweile ganz Libanon, die Fehler von Gaza scheinen sich zu wiederholen. Sie werden in Israel gemacht, das offenbar ewigen Krieg sucht, anstatt die berechtigte militärische Selbstverteidigung durch ein Konzept für die Zukunft zu ergänzen. […..] Nun muss auch Israel klargemacht werden, dass Deutschland keine weiteren Waffen in ein Land liefern will, das UN-Blauhelme angreift und kein Konzept vorlegt, wie es diesen Krieg auch wieder beenden wird.  […]

(SZ, 13.10.2024)

Sonntag, 13. Oktober 2024

Wie es so wird nach dem 28. September 2025

In einem Jahr liegt die Bundestagswahl bereits zwei Wochen hinter uns und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wird der nächste Kanzler dann Fritz Merz heißen. 

Die usual suspects der Grünen – Fegebank, Habeck, Kretschmann, Göring-Kirchentag – umwerben bereits heftig die AfDeske CDU, um eine post-Ampel-Machtperspektive zu erhalten. Die Gelben küssen sich ohnehin ihre Lippen an Fritzes Hintern wund, leiden aber unter ihrer mutmaßlichen Irrelevanz, da sie im nächsten Bundestag entweder gar nicht, oder wenn, dann nur arg gerupft mit wenigen Sitzen vertreten sein werden. CDUCSU würden schon sehr gern mit den Lindnerschen Lobbyhuren ins Bett gehen, aber da sie zu impotent sind, um Merz zum Kanzlermehrheit-Höhepunkt zu bringen, lästert er bereits böse über die viel zu kleinen Porsches und sucht bei anderen Parteien nach Befriedigung.

Auch AfD und BSW stehen voller vorfreudiger Erregung bereit, sich im Oktober 2025 mit Merz zu paaren. Nur die Linken und die SPD zieren sich glaubhaft und können einfach keinen Merz-Kink in sich entdecken.

Zumindest die Linken müssen auch nicht weiter danach suchen, da sie sich im Endstadium der politischen Lyse befinden am 28.09.25 irgendwo bei einem Prozent aufschlagen werden. Sie hätten sich zehn Jahre früher von dem absolut parteitoxischem Paar Lafontaine/Wagenknecht trennen müssen und auf realpolitischen Kurs an der Seite der Grünen und der SPD gehen sollen. Stattdessen haben sie sich wehrlos dem völkisch-egomanen Sahra-Sarrazin-Parasiten ergeben, bis dieser fest die ganze Partei zersetzt hatte.

Bleibt also die SPD, die als Kanzler-Partei sicher nicht das Kanzleramt räumen möchte, um ausgerechnet den verhassten Rookie aus dem Sauerland platzzumachen. Der wiederum verachtet zwar Olaf Scholz (zu arm, zu klein, zu kompetent, keine Privatjets), sieht aber in einer willigen SPD die Traum-Juniorpartnerin, mit der er es sehr gern mal machen würde.

Sie ist so schön devot, wenn der Begriff „staatspolitische Verantwortung“ fällt. Und der wird sehr sehr laut erschallen, wenn der CDU-Spitzenkandidat und Wahlgewinner sich zum Flirt mit der garstigen Alice, oder der Saarländer Putinella  trifft.

Als Demokrat weiß ich, wie wichtig ein friedlicher Regierungswechsel ist. Versagt eine Regierung, wird sie abgewählt und nahtlos ersetzt.

Ein Wechsel von Scholz auf Merz wird für mich allerdings ähnlich unerträglich, wie der von Schmidt auf Kohl sein, weil beide Schwarze es wirklich nicht verdient haben.

Die Ampel-Performance ist schlecht; ja!
Aber die Probleme liegen fast ausschließlich an weltpolitischen Entwicklungen, auf die der Kanzler ohnehin keinen Einfluss hat und dem katastrophalen Versagen der vorherigen 16 Jahre CDU-Regierung, die mit sagenhaft unfähigen Ministern auf allen Politikfeldern nur Trümmerhaufen hinterließ. Bundeswehr, Bildungssystem, Infrastruktur, Digitalisierung, Putinabhängigkeit, viel zu lahme überkomplizierte Verwaltung, enormer Rückstand bei Industrie, Klimaschutz und  Ausbau der erneuerbaren Energie. Das ist das Erbe der CDUCSU und mit genau den Non-Performern will Merz weiter nonperformen.

Die Scheiße kann man sich wirklich nicht ausdenken.

Natürlich wußten Scholz und Habeck, welche enormen Problemstaus ihnen die CDUCSU hinterließ und sie schafften trotz widrigster Umstände Bemerkenswertes. Der Ausstieg aus der karbonbasierten Energieerzeugung, Ausbau der erneuerbaren Energie, sinkende Strompreise, niemand musste frieren, niemand blieb ohne Strom.

Unglücklicherweise nimmt der Urnenpöbel das kaum war, da die Ampel durch die destruktive Energie der Hepatitisgelben im permanenten Hühnerhaufenmodus agiert.

Man kann nicht mit der FDP regieren. Niemand kann das. Der Horror der schwarzgelben Jahre 2009-2013 mit der abrupten Beendigung von Wind- und Solarkraft und dem kompletten Ausverkaufs des entsprechenden Knowhows nach China, wirkt bis heute nach. In der Ampel wirkt die Liste Lindner sogar noch toxischer, da die gelbe Pest im Finanzministerium steckt und mit dem Wachstumsbremsenwahn die gesamte deutsche Wirtschaft abwürgt und nahezu jeden Versuch ruiniert, dringend notwendige Reformen anzuschieben.

Sollte die Menschheit noch etwas überleben, werden Lindner und Wissing zukünftigen Politologie- und Volkswirtschaftsstudenten als Paradebeispiele für Regierungsversagen dienen. Künftige Regierungen werden es leicht haben. Sie müssen sich nur fragen „Was hätten Kubicki und Lindner jetzt gemacht?“ und dann das diametrale Gegenteil davon tun.

Glück für Merz. In dieser Gemengelage sieht er wie der sichere nächste Bundeskanzler aus. Obwohl er über eine erstaunliche ökonomische Inkompetenz und keinerlei Regierungserfahrung verfügt. Obwohl er flippfloppt und lügt.

Obwohl er populistisch perfiden AfD-Unsinn nachplappert. Obwohl seine CDU-Leute viel mehr Schuld an der derzeitigen Misere tragen, als die der SPD. Aber der Urnenpöbel ist zu denkfaul und manipulierbar, um das zu erkennen.

Die einzigen – sehr kleinen – Hoffnungsschimmer, Merz noch zu verhindern, liegen in seiner Unbeherrschtheit und seinem enorm abstoßenden Charakter.

Man kann den Mann einfach nicht mögen.

Der Egomane

Da ich fast immer Presseclub auf Phoenix gucke,bekomme ich den Rest von der vorherlaufenden Sendung „Phoenix Persönlich“ mit. Letzte Woche vor dem sehr sehenswerten Gespräch über die Lage in Israel/Gaza/Libanon hörte ich noch die letzten Worte Oliver Welkes, der zu Gast bei Jörg Thadeusz war und gerade offenbar auf die Frage antwortete, ob ER lieber Bundestrainer oder Bundeskanzler sein wolle.Welke gab zu bedenken, als Kanzler könne er zu viel Schaden anrichten.

[….] weil das natürlich in Wirklichkeit doch sehr viel Expertise verlangt; ich habe, das kommt in der Sendung vielleicht nicht genügend drüber, aber ich habe allergrößte Hochachtung vor jedem einzelnen Parlamentarier wirklich auch vor Ministerien vor Staatssekretären und  erstrecht Bundeskanzler es ist einfach ein absurdes mörderisches Arbeitspensum, ja das deswegen tut es mir auch so leid, dass in dem allgemeinen die da oben Geschrei vollkommen untergeht, dass das die letzten sind denen man vorwerfen darf dass sie sich bereichern und dafür nichts tun also das sind ja ob jetzt Scholz oder auch natürlich Frau Merkel, es sind waren alles [….] aber das ist natürlich klar dass die sich in unfassbar viele Themen einarbeiten müssen und zwar mit einer Tiefe die jetzt für so eine kasparendung wie meine gar nicht vorstellbar ist […..]

(automatisch erzeugtes Transkript Welke)

In dieser Hinsicht teile ich ausdrücklich Welkes Hochachtung. Sicher, es gibt auch faule Hinterbänkler, die nur die Abgeordneten-Privilegien genießen wollen und wie Frau Wagenknecht, so gut wie nie im Parlament erscheinen. Sicher, es gibt auch völlig unfähige Minister (Spahn, Wissing, Scheuer) und faule Amtschefs, die alles dem Apparat überlassen, so daß aus dem Haus keine eigenen Initiativen mehr kommen (Seehofer). Aber an den Spitzenpositionen der Regierung muss man ein unfassbares Arbeitspensum bewältigen und wird vergleichsweise mies bezahlt. Die Chefs kommunaler Unternehmen, die nur einen Bruchteil der Verantwortung und der Gefährdung eines Kanzlers tragen, verdienen mehr als Scholz. Für ein mickriges Kanzlergehalt wird niemand Chef einer kleinen Landesbank, der stadteigenen Hafenlogistik-Firma oder des Uni-Klinikums.

Und diese Kommunal-Angestellten verdienen wiederum allesamt nur Bruchteile dessen, was DAX-Manager bekommen, die alle Multimillionäre sind und nur mitleidig seufzen, wenn sie die kümmerlichen Bankkonten und Wohnungen Merkels und Scholz‘ ansehen.

Deswegen muss man Schröder, Merkel und Scholz nicht bedauern. Die haben sich schließlich ihre Jobs ausgesucht, hart dafür gekämpft, ihn zu bekommen und sind selbstverständlich in der Lage, aufgrund ihrer Prominenz und ihrer Kontakte jederzeit „in die Wirtschaft“ zu wechseln, um dort ein Vielfaches zu kassieren. So gut wie alle CDU/CSU/FDP-Ex-Minister und Ex-Staatssekretäre tun das. So kam Fritz Merz zu seinen Blackrock-Millionen und seinen Privatflugzeugen.

Aber auch einige Grüne und Sozis handeln so (Fischer/Gabriel). Ein ehemaliger SPD-Kanzler ist sogar berüchtigt dafür, nach seinem Ausscheiden aus dem Amt viel Geld verdient zu haben.

Das zu kritisieren steht jedem offen, aber ich halte es nur für moralisch verwerflich, wenn es zu Interessenkonflikten kommt, oder wenn es sich ganz offenkundig um eine nachgelagerte Bestechungsbezahlung handelt. Das war bei Hildegard Müller, von Klaeden, Daniel Bahr, Wissmann oder Rösler ganz sicher der Fall. Als (Staats-) Minister hatten sie Regelungen zugunsten bestimmter Konzerninteressen getroffen und wurden zu Dank von eben jenen Firmen a posteriori mit prallen Beraterverträgen versorgt.

Bezeichnenderweise sind das alles sehr junge Ex-Minister, die ganz offensichtlich ihre Politik-Prominenz als Startrampe zum ganz großen Geld nutzen.

Wer aber mit 50 oder 60 immer noch in der aktiven Politik ist, wird offenkundig eben nicht von finanziellen Interessen geleitet. Wer zudem auch noch ein Spitzenamt innehat, kann nicht faul sein.

Allen „Die da oben-Nörglern“, die sich über „faule Politiker“ beschweren, die „viel zu viel verdienen“, auf „Steuerzahlerkosten fliegen“ und „nur abkassieren“, entgegne ich routinemäßig: Wenn das so ein lockerer Job ist, bei dem man für’s Nichtstun abkassiert, dann werde doch auch Minister oder Kanzler oder Bundestagsabgeordneter!

Natürlich will das aber niemand.

Tatsächlich entwickelte es sich, im Gegenteil, zu einem massiven Problem, daß es viel zu wenig Kandidaten gibt. In der Kommunalpolitik sind viele Positionen nicht besetzt, weil sich niemand antun will, zur ständigen Zielscheibe von Hass und Pöbeleien zu werden. Immer mehr Politiker werden auch tätlich angegriffen, viele ruinieren durch die enorm stressige Dauerbelastung ihre psychische Gesundheit. Kevin Kühnert ist nur das letzte Beispiel in einer langen Liste.

Ich hätte mir nie vorstellen könne, das einmal zu schreiben; aber ich muss tatsächlich Markus Söder gegen den Vorwurf der Faulheit in Schutz nehmen.

Es tauchen regelmäßig Berichte zu dem Thema auf.

Markus Söder schwänzt die allermeisten Landtagssitzungen.

[….] Ist er das wirklich? Kann das sein? Im Landtag ist ja schon gescherzt worden, ob Markus Söder den Weg überhaupt noch kennt. Zur Mittagszeit tritt der Ministerpräsident den Gegenbeweis an. Er marschiert durch den Steinernen Saal, vorbei an der hübschen Weihnachtskrippe unter dem kolossalen Christbaum, biegt zweimal links ab und, tatsächlich: Er betritt den Plenarsaal, leibhaftig. Da sitzt Söder (CSU) dann, am frühen Nachmittag, vor ihm dampft ein Heißgetränk, neben ihm, am Rednerpult, spricht Sebastian Körber. "Schön, dass Sie wenigstens mal auf eine Tasse Tee ins Plenum kommen", spottet der FDP-Abgeordnete.

Es ist Donnerstag im Maximilianeum, letzte Plenarsitzung des Jahres, der richtige Moment für Bilanzen. Und was soll man sagen? Eine Anwesenheitsliste führt das Landtagsamt nicht, doch außer drei Redebeiträgen ist dort wenig dokumentiert über die Präsenz des Ministerpräsidenten im Parlamentsjahr 2022. Recht viel öfter als diese drei Mal war Söder jedenfalls nicht im Plenarsaal, bei immerhin 30 Sitzungstagen.   [….]

(SZ, 15.12.2022)

Kein Ministerpräsident schwänzt so viele Bundesratssitzungen, wie Söder.

[….] Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) scheint kein großes Interesse am Bundesrat zu haben. Wie alle Ministerpräsidenten ist er Mitglied der Länderkammer. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung gab es seit seinem Amtsantritt in der Münchner Staatskanzlei im März 2018 genau 82 Sitzungen des Bundesrats. Söder hat aber nur an elf von ihnen teilgenommen. Das Wort ergriffen hat er nur in sechs dieser Sitzungen. Reiner Haseloff (CDU), Regierungschef in Sachsen-Anhalt und dienstältester Ministerpräsident, hat dagegen an 72 der 82 Bundesratssitzungen teilgenommen.   […..]

(SZ, 10.10.2024)

Kein C-Ministerpräsident schwänzt so viele Unions-interne MP-Runden wie Söder.

[…..] Auch die wichtigen Vorbesprechungen der Unionsministerpräsidenten am Vorabend der Bundesratssitzungen schwänzt er fast immer. Von einer Mitarbeit im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag hält Söder ebenfalls wenig. Alle CDU-Ministerpräsidenten sitzen selbst in dem Ausschuss, aus Bayern kommt dagegen nur der Staatskanzleichef.  [….]

(Robert Roßmann, 10.10.2024)

Die SPD ätzt bereits seit Jahren, Söder müsse wegen seiner Schwänzerei das Gehalt gekürzt werden.

[….]  SPD fordert von Markus Söder wegen Fehlens im Landtag Diäten zurück

Die bayerische SPD wirft dem Ministerpräsidenten vor, vergangenes Jahr nur bei fünf von 30 Landtagssitzungen gewesen zu sein. Er erhalte Tausende Euro "fürs Blaumachen".

Die SPD in Bayern hat von Ministerpräsident Markus Söder die Rückzahlung seiner Diäten als Landtagsabgeordneter gefordert. Hintergrund sind etliche verpasste Landtagssitzungen des CSU-Politikers. Söder habe im vergangenen Jahr nur an fünf von 30 Landtagssitzungen teilgenommen, kritisierte die Generalsekretärin der Bayern-SPD, Ruth Müller.

"Wenn ein Arbeitnehmer mehrmals nicht zur Arbeit kommt, bekommt er die Kündigung. Markus Söder dagegen bekommt noch Tausende von Euro fürs Blaumachen", sagte Müller. Ihren Angaben zufolge bekommt Söder als Regierungschef 17.000 Euro pro Monat und zusätzlich weitere 4.222,50 Euro Diät als Landtagsabgeordneter. Ein Großteil der Diäten müsse Söder an den Freistaat zurückzahlen, forderte Müller.  Die anderen Ministerpräsidenten seien regelmäßig in den Landtagen. Söder sei dagegen "offenbar zu beschäftigt damit, sein Essen zu fotografieren oder Selfies von sich zu machen". Zuletzt hatte im bayerischen Landtag für größeren Unmut gesorgt, dass Söder selbst bei den mehrtägigen Beratungen des Landeshaushalts nicht ein einziges Mal im Parlament erschienen war.  [….]

(ZEIT, 16.04.2023)

Eine gute Stellungnahme von Ruth Müller, die sich offenbar erhofft, das Bayernvolk von seiner Söder-Vorliebe abzubringen.

Aber Söder geht es nicht ums Geld – siehe oben. Er ist ein political animal und könnte außerhalb der Politik mit viel weniger Aufwand viel mehr verdienen.

Aber Söder ist auch nicht faul, der er bereist 24/7 seine Freistaat, bespielt alle Social Media-Kanäle und drängelt seine Meinung in jedes Medium.

Söder ist ein unglaublich schlechter, extrem eitler, perfider, destruktiver, gefährlicher Politiker, der lügt wie gedruckt.

Aber er ist nicht faul und geldgeil!

Er erscheint nur nicht zu den Sitzungen, bei denen er nicht auf der Bühne steht und bewundert wird. Das liegt an seiner toxischen radikal egomanen Persönlichkeit. Am Gemeinwohl arbeiten, solidarisch sein, sich einordnen kann er einfach nicht.

Er muss immer das Alphamännchen spielen und trumpisch unablässig herausbrüllen, der Größte, Wichtigste und Beste zu sein.

[…..] Gremien, in denen er nicht selbst der Chef ist, meidet Söder gern. Seine Ankündigung, nach einem Erfolg der Union bei der Bundestagswahl nicht in ein Kabinett Merz eintreten zu wollen, ist deshalb durchaus glaubhaft. Mühsame Verhandlungen sind nicht seine Lieblingsdisziplin. Söder setzt eher auf Alleingänge – meistens über die Medien. Und oft zum Ärger der anderen Unionsministerpräsidenten. [….] Söder greift stattdessen lieber ohne Unterlass die Grünen an – und schließt eine Koalition mit ihnen nach der Bundestagswahl apodiktisch aus. Was auch in der CDU erheblichen Unmut auslöst. Dass er im Reigen der Ministerpräsidenten kaum Freunde hat, die ihm mal helfen könnten, ist kein Wunder. [….]

(Robert Roßmann, 10.10.2024)