Mittwoch, 20. November 2024

Keine Hoffnung für Deutschland

Christian Ehring präsentierte in der vorletzten Extra3-Sendung ein hübsches Segment über den Zustand der deutschen Pflegebranche.

In welche Mega-Katastrophe wir beim Thema Pflege geschlittert sind, zeigt sich am besten daran, daß selbst die AfD nach Hilfe von Migranten schreit.

Freilich stellt die Nazi-Partei utopische Forderungen: Die ausländischen Pflegekräfte, die sie ins Land holen will, sollen weiß sein, perfekt deutsch sprechen, hochqualifiziert und erfahren sein, den Deutschen keine Wohnungen wegnehmen, rund um die Uhr für einen Hungerlohn arbeiten und nach Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses innerhalb von Stunden aus Deutschland ausreisen.

Sicherlich stehen schon Millionen Skandinavierinnen, auf die diese Beschreibung passt Schlange, um in Sachsen und Thüringen nach Jobs zu betteln.

Katja Lohmann, Geschäftsführerin des größten Hamburger Pflegeheim-Betreibers „Pflegen & Wohnen“ berichtet in der aktuellen Ausgabe der Hamburger Morgenpost.

[…..]  Lohmann: Es ist einfacher, eine Servicekraft für die Gastronomie zuwandern zu lassen als Pflegekräfte. Die Menschen kommen mit ausländischem Bachelor oder Master zu uns und müssen dann in Deutschland erst mal eineinhalb Jahre als Pflegehelfer arbeiten. So lange dauert es durchschnittlich, bis ihre Abschlüsse anerkannt werden.  Hinzu kommt, dass sie währenddessen nur so viel verdienen wie ungelernte Mit arbeitende, obwohl sie lange Jahre studiert haben. Kein Wunder, dass diese für uns wertvollen Pflegefachkräfte die Lust verlieren, in Deutschland zu arbeiten und in andere Branchen oder  aus  auch Länder abwandern. 

MoPo: Wo fühlen Sie sich von der Politik ausgebremst? 

Lohmann: Wir haben das genannte Problem bei der Anerkennung von ausländischen Abschlüssen. Und wir  brauchen wesentlich schnellere Entscheidungen der Behörden bei  der Erteilung einer Arbeitserlaubnis und einem Aufenthaltstitel für unsere potenziellen Mitarbeitenden aus  dem Ausland. Hier fordern  auch die Verbände vdek und bpa eine ,,Kompetenzvermutung" für den sofortigen Einsatz qualifizierter internationaler Pflegekräfte, um dem  Fachkräftemangel in der  Pflege entgegenzutreten.

Mopo:  Über dieses Thema wird ja auch  schon seit Jahren geredet. Warum  passiert da nichts?

Lohmann: Ich kann es Ihnen nicht sagen. Ich kenne keinen Fall in dem es schneller ging als in 14 Monaten. Wir haben uns international vor vielen Jahren auf den Standard von  Bachelor- und Masterabschlüssen geeinigt und ich  verstehe nicht, warum ein  Abschluss nicht anerkannt  wird. 

Mopo: Haben Sie ein konkretes Beispiel,  wo Sie Bürokratie in der Praxis ganz  konkret quält?

Lohmann: In einem aktuellen Fall haben wir eine' Kollegin, die ihre Ausbildung als Pflegefachkraft bei uns absolviert hat. Nun soll sie abgeschoben werden, weil die Ausbildung zu Ende ist und der Aufenthaltstitel nur für die Ausbildung gewährt wurde. Die Auflage der Behörde: Sie muss erst ausreisen, ein neues Einreisevisum beantragen und kann dann eine neue Arbeitserlaubnis mit dazugehöriger Aufenthaltserlaubnis  beantragen. [….]

(Mopo Interview, 15.11.2024)

Warum ist das so? Tatsächlich gibt es jede Woche Presseberichte über Fälle, in denen hochqualifizierte Pflegekräfte gegen den erbitterten Widerstand ihrer Arbeitgeber und Patienten von den Behörden aus dem Land gejagt werden.

[….] Trotz Fachkräftemangels: Pflegeassistent wird abgeschoben

Abdelhamid El Khadiri arbeitet in einem Braunschweiger Krankenhaus. Der 25-Jährige möchte in Deutschland als Arzt arbeiten. Fachkräfte werden dringend gebraucht - der Marokkaner wird trotzdem abgeschoben.

Dem Braunschweiger Krankenhaus Marienstift geht es so wie vielen anderen Kliniken im Land. Die Dienstpläne sind eng gestrickt und die Arbeitsbelastung ist hoch, auch weil es zu wenig Pflegepersonal und Ärzte gibt. Neue qualifizierte Mitarbeiter können sie hier immer gut gebrauchen. Abdelhamid El Khadiri ist so jemand. Aktuell arbeitet er als Pflegeassistent in dem Braunschweiger Krankenhaus, schon bald könnte er dort auch Arzt sein. Aber daraus wird nichts: Bis zum 11. Mai muss El Khadiri Deutschland verlassen. Er wird abgeschoben.

Seit März 2022 lebt Abdelhamid El Khadiri in Braunschweig. Er floh nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine aus Charkiw nach Deutschland. Hier hat er Medizin studiert. Gebürtig kommt der 25-jährige aus Casablanca in Marokko. Dorthin muss er jetzt auch wieder zurück. Die Nachricht über die Abschiebung war ein Schock für ihn: "Ich mag meine Arbeit und ich möchte hier Arzt werden. Das geht jetzt aber nicht mehr." [….] Entsetzt über diese Nachricht ist auch Rainer Prönneke, der Chefarzt für Innere Medizin im Krankenhaus Marienstift. Zu gern hätte er El Khadiri weiterhin in seinem Krankenhaus beschäftigt: "Abdelhamid bringt alles mit, er macht super Arbeit. Wir können es uns nicht leisten, solche Menschen abzuschieben." Fachkräfte werden dringend gebraucht - auch in der Pflege. In niedersächsischen Krankenhäusern beispielsweise fehlen laut dem Verband der Ersatzkassen durchschnittlich in jeder siebten Schicht Pflegekräfte. Auch deshalb sollen qualifizierte Fachkräfte eigentlich nicht abgeschoben werden. Das ist auch per Gesetz festgehalten: "Einer Fachkraft mit akademischer Ausbildung wird eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung jeder qualifizierten Beschäftigung erteilt", heißt es in Paragraf 18b des Aufenthaltsgesetzes.

Doch wer als Fachkraft gilt und wer nicht, das entscheiden die Bundesagentur für Arbeit und die zuständige Ausländerbehörde. Trotz Studium und Job gilt Abdelhamid El Khadiri nicht als Fachkraft. Wie kann das sein? Eine akademische Ausbildung hat der 25-jährige zweifelsfrei, sein Master-Abschluss in Medizin ist ihm sogar vom Kultusministerium bescheinigt worden.   […..]

(NDR, 02.05.2024)

Wenn sie nicht schon vorher verzweifeln, weil ihnen auf den Auslandsämtern so viele Steine in den Weg gelegt werden, daß sie resigniert wieder ausreisen.

[….] Weil ihre Asylanträge abgelehnt wurden, droht zehn Pflegehelfern eines Heims in Wilstedt die Abschiebung nach Kolumbien. Das Haus müsste dann schließen, warnt die Heimleitung. Sie hat eine Petition gestartet.

Am Freitagnachmittag hatte die von den Heimbetreibern und den Angehörigen der Heimbewohnenden auf der Plattform innn.it veröffentlichte Petition für den Verbleib der Kolumbianer bereits knapp 36.000 Unterschriften. Angeblich drohe die Abschiebung der Pflegekräfte bereits am 16. November. Das Innenministerium in Hannover widerspricht dieser Darstellung. Am Donnerstag hieß es aus dem Ministerium, man prüfe aktuell die einzelnen Fälle.

Die niedersächsische Landesregierung hat den Fall der ausreisepflichtigen kolumbianischen Mitarbeiter eines Pflegeheims bedauert. "Das ist eine absurde Situation, die die Landesregierung außerordentlich bedauert", sagte Regierungssprecherin Anke Pörksen am Freitag in Hannover. Der Landesregierung seien jedoch die Hände gebunden.

Alle Betroffenen besitzen eine Arbeitserlaubnis

Die Leitung des Pflegeheims für Demenzkranke in Wilstedt im Landkreis Rotenburg hatte sich am Dienstag mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit gewandt. Demnach drohe zehn aus Kolumbien stammenden Pflegekräften die unmittelbare Abschiebung und dem "Haus Wilstedt" damit wegen Personalmangels das Aus. In dem Schreiben verlangen die Unterzeichnenden, darunter die Heimleiter Andrea und Tino Wohlmacher, die Abschiebungen auszusetzen. Sollten die zehn Pflegehelferinnen und Pflegehelfer abgeschoben werden, verliert das Heim nach eigenen Angaben ein Drittel seiner Pflegekräfte. Nach Auskunft der Heimbetreiber besitzen alle Kolumbianer eine Aufenthaltserlaubnis bis Juni kommenden Jahres und hätten zudem eine Arbeitserlaubnis bis 2027, einige sogar bis 2028.   [….]

(NDR, 15.11.2024)

Es ist an Absurdität nicht zu überbieten. Trotz massiven Pflegekräftemangels, bemühen sich deutsche Behörden mit großem Aufwand, die wenigen Vorhandenen zu schikanieren und auszuweisen.

Der Grund ist ein grundsätzlich xenophobes Mindset in Deutschland. In Bayern und den Ost-Bundesländern wählen 70-80% der Menschen Parteien, die sich radikal gegen Migranten äußern, von geschlossenen Grenzen, Abschaffung des Asylrechts, Ausweisungen und Obergrenzen schwärmen. Das braune Wahlpack läuft diesen Parteien hinterher. Obwohl völlig klar ist, daß Deutschland viel mehr Migration braucht, wird in Medien, Talkshows insbesondere und Parteien so sehr gegen Ausländer gehetzt, daß in allen Umfragen „Begrenzung der Migration“ als Hauptthema der Wahlen diagnostiziert wird. Wenig verwunderlich, wenn sich neun von zehn Politikern nicht trauen, dem Urnenpöbel reinen Wein einzuschenken und lieber mit auf der xenophoben Welle reiten. In Teilen Deutschlands ist „Ausländer raus“ Konsens. Das schwappt natürlich in Behörden und Parlamente, wenn Migranten grundsätzlich negativ konnotiert werden. Als Störfaktoren, die man loswerden will. Natürlich spricht sich das rum in der Welt.

Im 90%-Rechts-Sachsen-Anhalt oder im Höcke-Thüringen, wo schon wegen der extremen AfD-Wahlergebnisse niemand hinziehen möchte, so daß Jenoptik-Chef Stefan Traeger noch nicht einmal Fachkräfte aus NRW in seine Firma locken kann, ist es noch wesentlich schwieriger, Personal zu finden.

Hoffnung auf Einsicht der Deutschen hege ich nicht mehr. Nur ein Generalstreik aller Migranten könnte eine effektive Lektion erteilen.

Nach wenigen Tagen wäre die Deutsche Wirtschaft komplett zum Erliegen gekommen.

Dienstag, 19. November 2024

Wie debil sind deutsche Rechtsradikale?

Christofaschistische Dunkeldeutsche pflegen diese inverse Weltsicht. Alles Böse lieben sie, alles Gute fürchten sie.

Menschenleben rettenden Impfungen, Schöpfungsbewahrende Umweltschützer, Fürsorge für Menschen und Tiere in Not, soziale Gerechtigkeit oder evidenzbasierte Wissenschaft lehnen sie als Teufelszeug ab.

Dafür lieben sie Folter, Waffen, Gewalt, Mitleidslosigkeit, Krankheit und Zerstörung.

Sie hassen Philanthropen und liegen Trump zu Füßen.

O diese Zeit hat fürchterliche Zeichen:

Das Niedre schwillt, das Hohe senkt sich nieder,

Als könnte jeder nur am Platz des andern

Befriedigung verworrner Wünsche finden,

Nur dann sich glücklich fühlen, wenn nichts mehr

Zu unterscheiden wäre, wenn wir alle,

Von einem Strom vermischt dahingerissen,

Im Ozean uns unbemerkt verlören.

O laßt uns widerstehen, laßt uns tapfer,

Was uns und unser Volk erhalten kann,

Mit doppelt neuvereinter Kraft erhalten!

Laßt endlich uns den alten Zwist vergessen,

Der Große gegen Große reizt, von innen

Das Schiff durchbohrt, das gegen äußre Wellen

Geschlossen kämpfend nur sich halten kann.

(Der König in Goethes „Die natürliche Tochter“)

Sie berufen sich auf christliche Werte und ergötzen sich daran, auf geflüchtete Frauen und Kinder an den Grenzen zu schießen.

Der Ehebrecher und Vergewaltiger Trump ließ als Präsident Kleinkinder von ihren Müttern trennen, in Käfige sperren und wurde damit zum Helden der christlichen Wähler.  Er erhielt 81 Prozent der Stimmen der weißen evangelikalen Wähler, 71 Prozent bei weißen Protestanten und anderen Christen sowie 60 Prozent bei weißen Katholiken.

In der verkehrten Welt der Christofaschisten wird der Massenmörder und Kriegsverbrecher Putin als Friedensengel verehrt, der gewalttätige Sadist Trump als die Inkarnation der Güte angesehen, während die Grünen bösartige Kriegstreiber sind. Die komplette Absurdität der Wahrnehmung demonstriert Trixi Storchs Ehemann Sven heute im PP-Blog:

[….] Präsident Donald Trump, bitte stoppen Sie den 3. Weltkrieg!

Noch bevor Trump offiziell ins Amt eingeführt wird und die Verhandlungen mit Wladimir Putin beginnen können, will die Biden-Administration vollendete Tatsachen schaffen. Der noch amtierende Präsident Joe Biden hat der Ukraine erlaubt, US-Marschflugkörper mit größerer Reichweite auf Russland abzufeuern. Großbritannien und Frankreich haben Kiew ähnliche Erlaubnisse erteilt.  In Deutschland will die CDU unter Friedrich Merz ebenfalls die Ukraine mit deutschen Marschflugkörpern vom Typ Taurus versorgen und Selenski die Erlaubnis erteilen, diese gegen Russland einzusetzen.

[….] Donald Trump Junior, schreibt, dass der militärisch-industrielle Komplex in den USA lieber den Dritten Weltkrieg anfangen würde, als Trump die Freiheit für Friedensverhandlungen zu lassen.

Wir Bürger müssen hier klar unserer Stimme Ausdruck verleihen und für den Frieden stimmen. Wer für Merz stimmt, stimmt für den Krieg. Das sollte jeder Wähler im Hinterkopf behalten.  [….]

(Sven von Storch via David Berger, 19.11.2024)

Aggressor und Verteidiger werden von den Rechtsradikalen auf so albernere Weise vertauscht, daß man sich fragt, ob AfD/GOP/BSW das tatsächlich selbst glauben, oder ob sie vom Kreml gekauft wurden.

Sollte ersteres zutreffen, haben wir ein echtes Problem, weil es zu erratischem Verhalten im Bundestag führen könnte.

Bisher gehen Medien, Ampelparteien und CDUCSU, davon aus, daß Olaf Scholz am 16.12.2024 die Vertrauensfrage stellt, dort aber nur die Stimmen von SPD und Grünen bekommt, weil die FDP mit CDU, CSU, BSW und AfD gegen den Kanzler votiert. Daraufhin setzt der Bundespräsident Neuwahlen für den 23.02.2025 an.

Tatsächlich stellt sich Olaf Scholz ausdrücklich gegen die Taurus-Lieferung an die Ukraine – meiner Ansicht nach, mit guten Gründen! Friedrich Merz hingegen fordert vehement die Lieferung dieser Matschflugkörper. Zusammen mit den nun von Biden freigegebenen 300 km weit reichenden US-Raketen des Typs „ATACMS“ würde damit tatsächlich russisches Staatsgebiet erheblich mehr als bisher bedroht und wohl auch angegriffen. Es werden mehr russische Zivilisten sterben. Damit kein Missverständnis aufkommt: Das ist allein Putins Schuld. Selbstverständlich darf und soll sich die Ukraine verteidigen.

Es ist aber auch eine reale Eskalationsgefahr. Schon jetzt sind der Iran als wichtiger Waffenlieferant und Nordkorea, sogar mit Bodentruppen, involviert. Das wiederum animiert Nordkoreas Erzfeinde Japan und Südkorea, Mittel nach Kiew zu transferieren und erbost so wiederum Peking.

Es darf einem also durchaus mulmig werden. Wenn man dazu auch noch enorme Sympathien für Putin hegt und ihn als armes Opfer betrachtet, das sich gegen die böse Nato verteidigt, wie es BSW und AfD tun, kann man mit der inversen braunen Weltsicht zu dem Schluß kommen, besser für Scholz zu stimmen, um Merz erst einmal zu verhindern.

[…..] Der AfD-Abgeordnete Jürgen Pohl will einem Bericht zufolge bei der geplanten Vertrauensfrage im Bundestag Mitte Dezember für Kanzler Olaf Scholz (SPD) stimmen.  „Klar und offiziell möchte ich mitteilen, dass ich Herrn Merz unter keinen Umständen in verantwortungsvoller Position sehen möchte. (…) Ich muss und ich werde somit in der Vertrauensabstimmung für oder gegen Scholz, für Scholz, als das kleinere Übel stimmen“, zitierte das Nachrichtenmagazin „Politico“ aus einer ihm vorliegenden internen Telegram-Nachricht Pohls. Der habe dem Magazin seine Entscheidung bestätigt, hieß es weiter. [….] Ob sich Pohl weitere AfD-Abgeordnete anschließen, ist laut „Politico“ ungewiss. Die Parteispitze jedenfalls ist dagegen. [….] Dennoch geistert durchs politische Berlin seit dem Bruch der Ampel-Koalition Anfang des Monats die Hypothese, dass die AfD bei der Vertrauensfrage am 16. Dezember jene Stimmen ersetzen könnten, die der rot-grünen Minderheitsregierung seit dem Ausscheiden der Liberalen aus der Ampel fehlen. [….]

(Tagesspiegel, 19.11.2024)

Nicht nur die Vorliebe für Putin könnte die AfD und weitere Oppositionsparteien animieren, für den Bundeskanzler zu stimmen.

Ein zweiter Grund wären erhebliche Organisationsprobleme bei AfD, BSW und auch der Linken, wenn schon im Februar 2025 gewählt würde. Möglicherweise würden sie sich um viele Sitze bringen, wenn sie die Landeslisten nicht fristgerecht und demokratisch aufstellen können.



Als dritter Beweggrund käme noch die Trumpsche Lust am Chaos hinzu.

[….] Zusammen mit den Grünen käme der Kanzler, sollten beide Fraktionen geschlossen wählen, also auf 324 Stimmen. Bis zur Mehrheit fehlten 43 Stimmen. Die AfD verfügt über 76 Stimmen. Theoretisch wäre es also möglich, den Plan der übrigen Fraktionen zu torpedieren. [….] Zwar will die AfD keinen Kanzler Scholz. Aber wie seinerzeit im September bei der Wahl eines Landtagspräsidenten in Thüringen würde die Partei Chaos ins politische System bringen. Eine These lautet, dass Neuwahlen nur möglich wären, wenn sich Unionschef Friedrich Merz im Zuge eines konstruktiven Misstrauensvotums mit Stimmen von AfD und gegebenenfalls BSW wählen ließe.  Konkret hieße das: AfD, CDU und gegebenenfalls weitere Abgeordnete wählen Merz mit einer Mehrheit zum Kanzler. Im nächsten Schritt könnte diese Mehrheit Merz absichtlich das Misstrauen aussprechen, um wiederum Neuwahlen zu ermöglichen. Die AfD, so heißt es in den komplexen Gedankenspielen, könnte so die Brandmauer der Union zum Einsturz bringen. [….]

(Tagesspiegel, 19.11.2024)

Viertens gäbe es für FDP-Abgeordnete aus dem Wissing-Flügel gute Gründe für Scholz zu stimmen, da sie mit höchster Wahrscheinlichkeit bei Neuwahlen ihre Jobs und Diäten verlieren.

Zweifelsohne würde eine mit Linken, FDP-, AfD- oder BSW-Stimmen unfreiwillig gewonnene Vertrauensfrage, SPD, Grüne und CDU in enorme Schwierigkeiten bringen.

Der Vergleich mit Thomas Kemmerich am 05.03.2020 hinkt, denn der FDP-Mann war mit seiner 5%-Partei damals einfacher Abgeordneter, der nur durch die AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Das war der Tabubruch.

Olaf Scholz hingegen ist gewählter Bundeskanzler. Er erhielt am 8. Dezember 2021 mit 395 Stimmen eine klare Kanzlermehrheit von 707 Stimmen jenseits der AfD. Er würde auch ohne die AfD Bundeskanzler bleiben und sein Amt erst verlieren, wenn die AfD ihre 76 Mandate nutzt, um Merz zum Kanzler zu wählen.

Nach den Erfahrungen der Weimarer Republik, sind Kanzlerstürze und vorzeitige Neuwahlen mit erheblichen Hürden verbunden. Es geht nur mit einem konstruktiven Misstrauensvotum, wofür CDU, CSU und FDP keine Mehrheit haben, weil die Grünen nach der Lindnerischen Lügenkaskade niemals mit den Gelben stimmen.

Die einzig andere Variante wäre ein verlorene Vertrauensfrage. Die von den Nazis so verhassten „Altparteien“ stecken in einer enormen Zwickmühle, wie auch der Rechtsradikale Hetzblogger David Berger begeistert ventiliert.

Für Trump und Putin zu schwärmen, während man die Grünen als „kriegsgeil“ brandmarkt, zeigt seinen ganzen Wahnsinn. Aber eben dieser Wahnsinn macht es womöglich für die BSWAfD so attraktiv am 16.12.2024 im Bundestag Chaos auszulösen.

Montag, 18. November 2024

Lindner, der Lügner

Schon Westerwelle, Schäuble und von der Leyen brachten das Lügen in der Politik zu einiger Meisterschaft. Aber nachdem Trump zeigte, wie es richtig geht, verließen viele Konservative in aller Welt, völlig des Reich des Faktischen.

Während Bolsonaro oder Boris Johnson aber relativ wahllos lügen, wenn sie nicht gerade den Mob gegen Minderheiten aufhetzen, trieb Lindner es auf die Spitze, indem er den Wert seines Wortes auf Null reduzierte. Immer wieder verhandelten die Ameplaner hart, gingen schwierige Kompromisse ein, um die Zustimmung und Unterschrift der FDP zu bekommen. Aber verlässlich gaben die Hepatitisgelben vertrauliche Informationen an die rechte Presse weiter und behaupteten 24 Stunden nach einem gefassten Beschluss, das Gegenteil dessen, was sie eben gerade noch abgenickt hatten.

„Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert, zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen“ erklärte der Bundeskanzler zu seinem Finanzminister.

Es war eine höfliche Ausdrucksweise über einen perfiden, destruktiven Egomanen ohne Verantwortungsgefühl.

[….] Einen Tag nach dem Ampel-Aus rang FDP-Chef Christian Lindner vor Kameras mit den Tränen. Jemand hatte ihn in der FDP-Zentrale gefragt, was am Morgen sein erster Gedanke gewesen sei. Lindner schaute nach oben, presste die Lippen aufeinander, hielt einige Sekunden Stille aus. »Ich befinde mich in einer Lage«, sagte er, dann stockte seine Stimme. Er musste den Gefühlsausbruch mit der größtmöglichen Nüchternheit zurückdrängen. So schien es.

Was für ein Schauspiel, was für eine Inszenierung – jetzt, da klar zu sein scheint, dass Lindner log.

Bei seinem Auftritt wurde Lindner nicht müde zu betonen, wie perfide er den kalkulierten Koalitionsbruch finde, den Bundeskanzler Olaf Scholz ins Werk gesetzt habe. [….] Eineinhalb Wochen später scheint klar zu sein: Wer hier in großem Stil Realität gescriptet hat, das ist nicht Scholz, zumindest nicht in erster Linie. Das ist Lindner. [….] Wie unangenehm hören sich die Sätze des FDP-Chefs im Nachhinein an, wenn man weiß, wie seine wirklichen Pläne aussahen. Nicht gut gealtert ist auch der Satz, den Lindner bei seiner Pressekonferenz vortrug: »Zu staatspolitischer Verantwortung gehört auch Stil in der Öffentlichkeit.« Diesen Stil lässt Lindner vermissen.

Es ist stillos, sich aus einer Regierung davonzumachen, deren Bilanz auch aufgrund eigener Versäumnisse so dürftig ist. Noch stilloser ist dieser Schritt in der Absicht, die eigene Partei über die Fünfprozenthürde zu hieven. Aber die größte Stillosigkeit ist es, dreist zu lügen und anderen das vorzuwerfen, was man selbst tut. [….] Was die FDP ihren Mitstreitern so vollmundig vorwarf, nämlich die Spaltung im Land zu befeuern, tut sie selbst. Solchen Politikern können Wähler nur misstrauen. Sie haben allen Grund dazu.  […]

(Milena Hassenkamp, SPON, 17.11.2024)

Erst wenn man sich wirklich bewußt macht, daß Lindner stets lügt und aus niederster Absicht Schaden anrichten will, versteht man die Ampel.

[…..]  Am Tag nach dem politischen Beben in Berlin müht sich die #FDP um Normalität. Aber was ist noch normal - jetzt, wo wir wissen, wie sehr Christian Lindner und damit immerhin der Bundesfinanzminister das Land nach Strich und Faden belogen hat. Als er etwa erst kürzlich noch in einem Gespräch mit dem „Spiegel“ sagte, dass die Situation in #Deutschland ernst sei und er deshalb nicht für Spielereien über ein Ampel-Aus zur Verfügung stehe.

Dabei arbeitete er genau daran: Er spielte mit seinen Getreuen Szenarien durch und nutzte dabei ungelenk eine martialische Sprache, als seien die FDPler im Sandkasten und würden mit Mini-Soldaten Krieg spielen. - Unreif für jede Form von #Verantwortung.

Was können wir rückbetrachtet Lindner und der FDP jetzt noch glauben? Wo würde dieses Land heute stehen, hätte die FDP in den letzten drei Jahren im Sinne des Ampelauftrags („Fortschrittskoalition“) mitgespielt? Stattdessen saß Lindner am Geldhahn des Bundes und hatte die #Macht, den Zufluss für Ampelprojekte versiegen zu lassen. Wie oft hat er wider bessern Wissens davon Gebrauch gemacht und damit die Ampel absichtlich sabotiert?

Hat die FDP stets für das Land entschieden, so wie es der Amtseid eines Ministers vorsieht? Oder liegt hier ein kollektiver Meineid der FDP-Minister-Riege vor?

Für mich stellt sich auch die Frage, was die CDU/CSU von alle dem wusste. Die Union hat ja sicherlich nicht erst nach dem Ampel-Aus Gespräche mit der FDP geführt. Es ist ja bekannt, wie eng #Merz und Lindner sind; spätestens seit der Szene im Plenarsaal vor einigen Tagen, als Lindner mit Merz ziemlich offen über Scholz lästerte. Wie sehr war die CDU/CSU in die Pläne der FDP eingeweiht, vielleicht sogar an manchen Stellen Treiber der Lage? Hat sie ebenfalls sabotiert - am Ende vielleicht sogar so weit, dass sie #Lindner ans Messer geliefert hat? Über die Stimmen mancher nun frustrierter FDP-Wähler dürfte sich schließlich Merz, der vom Profil her im gleichen Wähler-Teich fischt wie Lindner, jedenfalls freuen.

Mit dem Wissen der letzten Tage stellt sich die Leistung der Ampel jedenfalls in einem völlig Licht dar. Nehmen wir das emotionale Beispiel #Kindergrundsicherung: Hat Lindner radikal den Rotstift angesetzt - weil er wusste, dass er so die Ampelpartner aufbringen kann. Oder #Energiewende: Bekam durch Lindner aus dem Finanzministerium Steine und Hürden in den Weg gestellt - weil ihm klar war, es würde viele Wähler der Grünen enttäuschen.

Im Zuge der Bundestagswahl 2021 hatten sogar namhafte #Nobelpreisträger davor gewarnt, Lindner das Finanzministerium zu überlassen. - Sie sollten Recht behalten. […..]

(Marc Raschke, 17.11.2024)

Ann-Kathrin Hipp vom Tagesspiegel spricht von Perfidie und Volksverarsche.

[….] Einen Tag zuvor liefert Christian Lindner eine reife schauspielerische Leistung ab. Im Gespräch für den Youtube-Kanal des „Spiegel“ konfrontiert ihn der Journalist Markus Feldenkirchen mit einem Gerücht, das zu diesem Zeitpunkt kursiert: Lindner lege es darauf an, von Scholz rausgeworfen zu werden. Die Antwort Lindners darauf ist bemerkenswert: „Ich stehe für solche spielerischen Sachen … ungern zur Verfügung, weil ich auch selber keine Freude daran habe“, sagt er. Und liest den Medienschaffenden die Leviten: Man sei in einer „ernsten Situation in unserem Land“, so Lindner, da sei es „auch eine Aufgabe für den politischen Journalismus ist, die Ernsthaftigkeit durch Debatten zu begleiten, die argumentativ sind.“

Die Medien sollten sich nicht mit oberflächlichen Gerüchten befassen „von ein paar Leuten in Berlin-Mitte, die sich nicht für Inhalte interessieren wollen.“ Dies sei eine Debatte, von der er annehme, „dass Millionen Menschen in Deutschland das Vertrauen verlieren sowohl in die Medien als auch in die Politik, weil sie das Gefühl haben, die beschäftigen sich nur mit sich selbst.“

Seit Freitagabend beschäftigt sich der politische Journalismus vor allem mit Lindner und der FDP.   […..]

(FR, 18.11.2024)

Die Frage lautet nun, ob es in Deutschland noch genügend politischen Anstand unter der Wählerschaft gibt, um der FDP bei der Bundestagswahl am 23.02.2025 die hochverdienten Null Prozent ins Stammbuch zu schreiben, oder ob die durch rechtsradikale Presse-Milliardäre betriebene Verblödung, USA-artig fortgeschritten ist, so daß ein reiner Lügen-Wahlkampf an der Wahlurne auch noch honoriert wird.

Lindner und Merz glauben offenkundig an letzteres Szenario und fluten das politische Berlin mit weiteren Groß-Lügen. Es geht um das Thema Abtreibung, bei dem die beiden verlogenen erzkonservativen Männer ihre maximale Misogynie auspacken.

[…..]  Friedrich Merz ist empört, dass einige Abgeordnete Abtreibungen entkriminalisieren wollen. Der eigentliche Skandal: Merz’ Versuch, Schwangerschaftsabbruch zu einem gesellschaftlichen Konfliktthema zu stilisieren. Das hat nämlich mit der Realität nix zu tun. Oh und die FDP bekommt auch noch einen mit.  […..]

(Annika Brockschmidt, 17.11.2024)

Die Schwarzgelben lügen nicht nur ein bißchen die Fakten zurecht, sondern präsentieren grotesk falsche Zahlen.

[….] Das geltende Recht zum Schwangerschaftsabbruch in Deutschland ist seit dreißig Jahren unehrlich und widersprüchlich; das kann eigentlich niemandem gefallen. [….] Diese Widersprüchlichkeit ist kein salomonischer „Kompromiss“, der einen „stabilen gesellschaftlichen Konsens“ geschaffen hätte, wie nun ausgerechnet der Liberale Christian Lindner verklärend sagt. Diese Widersprüchlichkeit ist auch nichts, was es irgendwo sonst im Strafrecht dieses Staates gäbe. Dass diese Widersprüchlichkeit dem Bundestag einst, 1993, peinlich genau vom Bundesverfassungsgericht in den Block diktiert wurde, macht die Sache kaum besser. Der Senat des Gerichts war damals das, was man einen Schneewittchensenat nannte: sieben Männer und eine Frau. Nicht nur der Geschlechtermix in Karlsruhe hat sich seitdem gewandelt, auch die gesellschaftlichen Vorstellungen haben sich fortentwickelt; ein Glück.

Es ist deshalb gut, dass einige Bundestagsabgeordnete aus SPD und Grünen das Thema aus dem Strafgesetzbuch streichen wollen (und damit den Paragrafen 218); eine neue Regelung zum Schwangerschaftsabbruch, die nicht mehr so widersprüchlich ist, sondern stimmig. [….]

(Ronen Steinke, 18.11.2024)

Lügen-Lindner bleibt hingegen auf Vatikan-Linie.

[…..] In einem Interview des Redaktionsnetzwerks Deutschland von diesem Donnerstag wies der FDP-Politiker damit Empfehlungen einer Expertenkommission für eine Liberalisierung zurück. „Wir haben einen stabilen, funktionierenden gesellschaftlichen Konsens bei der Frage des legalen Schwangerschaftsabbruchs“, sagte Lindner. „Wenn man einen stabilen gesellschaftlichen Konsens hat, sollte man ihn nicht ohne Not aufgeben.“

Der Konsens habe über Jahrzehnte und unterschiedliche Mehrheiten hinweg Bestand gehabt, betonte Lindner. „Er wird auch noch mal so lange halten. Bei einer Neuregelung bin ich unsicher, ob sie ebenfalls über eine so lange Zeit das ganze politische Spektrum einbinden könnte.“  […..]

(Vatikan News, 25.04.2024)

Auf roten Socken

The „Zeitgeist“ ist rechts. Daher träumt CDU-Rechtsaußen Jens Spahn schon von einer AfD-CDU-Koalition. Eine „Groko“ mit der SPD wäre ihm viel zu linksextrem.

Die mediale und ganz offensichtlich auch die demoskopische Stimmung tickt für Schwarz und Gelb und Braun – nehmt es von den Armen, gebt es den Reichen, Klimaschutz brauchen wir nicht, Ausländer raus, Schwulen/Trans/Frauenrechte abschaffen, Verbrenner für immer. CDU-Politiker sagen Dinge, die man sich seit 1945 nicht mehr öffentlich traute.

Wer im ursozialdemokratischen Sinne, wie Olaf Scholz bei seiner aktuellen Regierungserklärung vom 13.11.2024 betont, anders als Merz und Lindner „Leistungsträger“ nicht nach dem Einkommen zu definieren, wird ausgelacht. Wird von der kollektiven Journaille als naiv gebrandmarkt. Als Wirtschaftsfeind gescholten. 

Bei der rechten Mehrheit gilt es offenbar als wirtschaftsfördernd, der unteren Hälfte der Einkommenspyramide etwas wegzunehmen, obwohl gerade sie ihre monatlichen Mittel fast vollständig ausgeben und somit Nachfrage generieren. Jemand, der 100 Millionen besitzt, kann hingegen mit 101 Millionen auch nicht mehr Milch verbrauchen oder öfter zum Friseur gehen oder mehr Brötchen essen.

Scholz und die SPD sind unsexy. Die Gäste im Presseclub rümpfen ehrlich angewidert die Nase, wenn sie hören, wie der Noch-Kanzler Mindestlohn erhöhen will. Für Sozis ist die Stimmung – mal wieder – beschissen.

Dabei sind die SPD-Forderungen nicht nur gerecht und sinnvoll, sondern auch ökonomisch richtig! Es hilft den Unternehmern, wenn die Menschen mehr ausgeben können. Und selbstverständlich hat der SPD-Kanzler ebenfalls vollkommen Recht, wenn er Lindners und Linnemanns Schuldenbremsen-Wahn widerspricht. Es wird für nachfolgende Generationen sehr viel teurer, wenn wir weiterhin merkelig Deutschlands Infrastruktur verrotten lassen – zumal alle anderen Industrienationen einen erheblich höheren Schuldenstand als Deutschland haben und dennoch Geld aufnehmen, um zu investieren.

[…..]  Diese Frage lautet: Soll die Unterstützung der Ukraine mit mehr als zwölf Milliarden Euro aus dem deutschen Bundeshaushalt finanziert werden auf Kosten von Entscheidungen, die für die Zukunft unseres Landes notwendig sind? Meine Antwort lautet: Nein.

Wir können deswegen nicht bei den Investitionen in unsere Infrastruktur sparen, Straßen, Brücken und Schienen verrotten lassen und dort nicht die notwendigen Investitionen auf den Weg bringen. Es kann nicht sein, dass die notwendigen Mittel für die Modernisierung unserer Volkswirtschaft fehlen und wir dafür mit weniger Wachstum für die Unternehmen und weniger Arbeitsplätzen bezahlen. Ich wiederhole auch, was ich an anderer Stelle gesagt habe: Es kann nicht sein, und es soll nicht sein aus meiner Sicht, dass die Unterstützung der Ukraine dazu führt, dass es zu Einschnitten bei Rente, Pflege und Gesundheit kommt. Das alles will ich unserem Land ersparen.

   […..] Ich werde die Bürgerinnen und Bürger niemals vor die Wahl stellen: Entweder wir investieren in unsere Sicherheit oder in gute Arbeitsplätze und Wirtschaft und Infrastruktur, entweder wir geben Geld für die Bundeswehr, oder wir haben sichere Renten, entweder wir unterstützen die Ukraine, oder wir investieren in Deutschland. Dieses Entweder-oder ist falsch und führt unser Land in die Irre. Dieses Entweder-oder ist ein Konjunkturprogramm für Populisten und Extremisten. Das schadet und zerreißt Deutschland.

Dieses seltsame Entweder-oder und die entsprechenden Vorschläge kommen übrigens fast immer nur von Leuten, die nicht rechnen müssen, ob das Geld oder die Rente bis zum Monatsende reicht, von Leuten, die sich keine Gedanken machen müssen über die neue Waschmaschine, den Jahresurlaub oder die Klassenfahrt der Kinder. Aber mir geht es eben um diejenigen, die sich diese Gedanken machen müssen, die keine laute Lobby haben, die hart arbeiten und trotzdem keine großen Sprünge machen können. Sie würde dieses Entweder-oder besonders hart treffen. Und das sollten wir nicht zulassen.

Übrigens: In keiner anderen der großen wirtschaftsstarken Demokratien gibt es eine vergleichbare Debatte. Ich finde nicht alles gut, was anderswo in den G7-Staaten so entschieden wird. Und ich bin sehr stolz darauf, dass Deutschland ein Land ist, das gut mit seinem Geld umgeht und eine Staatsverschuldung hat, die in Richtung 60 Prozent marschiert, während die unserer Partner bei über 100 Prozent liegt.

Wenn ich mit den Regierungschefs in Kanada oder Japan spreche, dann sagen die nicht: mehr Geld in Digitalisierung und Klimaschutz, dafür kürzen wir den Leuten die Rente.  […..]

(Bundeskanzler Scholz, 13.11.2024)

Es geht hier nicht um die Frage, ob man Scholz mag, ob er einem zu dröge erscheint, ob er zu wenig entertaint. Es geht um die Frage, wer recht hat, wer die richtigen Konzepte hat. Diese Frage kann man sehr klar beantworten: Söder, Merz, Weidel, Lindner und Wagenknecht haben UNRECHT. Scholz hat RECHT. Habeck und die Rest-Linken auch.

 In Krisenzeiten die Superreichen mit Steuererleichterungen zu beschenken führt nur zum „Trickle Up“ – die Superreichen werden ganz schnell noch superreicher und verschieben ihre gewaltigen Milliardenvermögen in Steueroasen, so daß sie eben gerade NICHT der Wirtschaft helfen.

Die allermeisten Reichen sind reich, weil sie geerbt haben. Reiche Erben, wie Serienpleitier Trump, setzen ebenso wie Porschefahrer Lindner alle ihre Firmen in den Sand, weil sie unternehmerisch unfähig sind.

Die christlichen Hilfsorganisation Caritas, Diakonie, Malteser, Adveniat, Christoffel-Blindenmission, Misereor, Brot für die Welt und Co befinden sich da ganz auf der Linie ihrer C-Parteien und zahlen ihren Vorständen üppige sechsstellige Jahresgehälter. Das sind offenbar auch „Leistungsträger“ im Merzschen Sinne und sollen weniger Steuern zahlen. Das gilt auch für die Schweiz.

Es ist aber schwierig, die aktuellen Zahlen zu finden, da sie offenkundig mit Absicht tief in den Geschäftsberichten versteckt sind.

[….] Misereor 2015: Geschäftsführung (3 Mitglieder) jeweils: 278.000 EUR (!!!) (Jahr 2014: 273.000 EUR), alles brutto ohne gesetzlichen Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung und betriebliche Altersvorsorge;

Quelle: Jahresbericht 2015, S. 52

Brot für die Welt: Präsidentin: 116.787,90 EUR (zzgl. 55.292,60 EUR Versorgungsumlage und

Beiträge zur Versicherung für Pfarrer und Kirchenbeamte)

zweiter Vorstand: 130.880,10 EUR (zzgl. 6.000,00 EUR Unterstützungskasse)

dritter Vorstand: 144.777,05 EUR; alles brutto

Quelle: Jahresbericht 2015, S. 78.

Diakonie Deutschland – Evangelischer Bundesverband:
Präsident: 128.544,20 EUR (zzgl. 65.870,18 EUR Versorgungsumlage und

Beiträge zur Versicherung für Pfarrer und Kirchenbeamte)

zweiter Vorstand: 130.809,56 EUR (zzgl. 6.000,00 EUR Unterstützungskasse)

dritter Vorstand: 139.399,99 EUR

Quelle: Jahresbericht 2015, S. 78.  […..]

(RSVDR.Wordpress)

[…..] Die Gesamtbezüge des Vorstands liegen unter Berücksichtigung aller Gehaltsbestandteile (Jahresbruttogehalt, Dienstwagen und zusätzliche Altersvorsorge) bei 155.145,28 Euro (Dr. Peter Schießl) und 152.806,68 Euro (Dr. Rainer Brockhaus)   […..]

(Christophel Blindenmission, 2023)

Ich bin da ganz sozialdemokratisch und sage, daß diese Topverdiener durchaus etwas mehr Steuern zahlen dürfen. Da die Organisationen selbst „gemeinnützig“ sind und somit gar keine Steuern zahlen, sollten ihre Vorstandsgehälter transparent sein.

[….]  Die Gesamtbruttobezüge des Vorstandes - bestehend aus zwei hauptamtlichen Mitgliedern, wobei eine Stelle erst ab 1.3.2020 besetzt war - beliefen sich im Berichtsjahr 2020 auf insgesamt 224T€. Die Gesamtbezüge umfassen neben der Vergütung (Arbeitnehmerbrutto) auch eine Einmalzahlung in Höhe von 5 T€. Daneben entstanden im Berichtsjahr Kosten für Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und zur Zusatzversorgungskasse sowie Kosten für die Dotierung eines Kirchenbeamtenpensionsanspruchs in Höhe von zusammen 61 T€. […..]

(Diakonie 2020)

[….] Das Bruttogesamtgehalt unserer Caritasdirektorin Gaby Hagmans beträgt zurzeit (2023) 143.000 Euro/pro Jahr (rund 1.800 Beschäftigte, 103 Millionen Euro Geschäftsvolumen in 2021). Darin enthalten ist ein Dienstwagen als Gehaltsbestandteil (s. unten). Der Kaufpreis des Mittelklasse-Fahrzeugs beträgt ca. 37.000 Euro (inkl. MwSt.). Weitere Boni werden nicht gewährt, auch erfolgen keine weiteren Zahlungen an den Vorstand durch den Caritasverband Frankfurt e. V. Gaby Hagmans ist noch als Aufsichtsratsmitglied für die Barmherzige Brüder Trier gGmbH (BBT) tätig. Diese Nebentätigkeit, für die sie eine Aufwandsentschädigung seitens der BBT erhält, ist durch den Caritasverband Frankfurt e. V. genehmigt.    […..]

(Caritas Frankfurt)

Ich sage: Umverteilen. Ganz klassisch nach SPD-Weise. Ein paar Prozentchen beim Spitzensteuersatz rauf und dafür an die Armen denken.

[….] Caritas-Geschäftsführer Rainer Flinks hat sich über Jahre Geburtstagspartys, ein schickes Büro und eine satte Gehaltserhöhung bezahlen lassen. Die meisten Rechnungen konnte er selbst abzeichnen.

    Geburtstagsfeier Wie die "Bild am Sonntag" berichtet, zahlte die Caritas im Februar 2014 insgesamt 2350 Euro für die Feier zum 50. Geburtstag ihres Geschäftsführers. Die Rechnung unterschrieb Flinks selbst.

[….]  Schon im Vorjahr zahlte die Firma seine Geburtstagsfeier. [….]     Neues Büro In einem Schulungsraum richtete Flinks ein neues Büro ein und räumte sich dafür laut BAMS einen fünfstelligen Betrag ein. Zur Ausstattung gehört demnach ein Sichtschutz für 6000 Euro, eine eigene abschließbare Klokabine und eine Terrassentür, die auch sein Hund aufschieben kann. Die Ausstattung sei im "oberen Mittelklassebereich“ und „verhältnismäßig“, sagte Flinks der "BAMS".

    60.000 Euro mehr Gehalt Innerhalb von drei Jahren stieg Flinks Gehalt von 102.319 Euro auf 162.319 Euro, ein Plus von 60 Prozent. Eine Reinigungsrechnung über 18 Euro reichte er trotzdem ein: „Bei einer Dienstveranstaltung wurde ich mit einem vollen Tablett Sekt überschüttet", erklärte er der "BAMS".

    MBA-Studium Für sein zahlte die Caritas Flinks pauschal 17.909 Euro. Seine Reisespesen für Taxifahrten und Flüge rechnete er gesondert ab und unterschrieb die Bewilligung selbst.  [….]

(Focus, 2015)

Samstag, 16. November 2024

FDP muss Null Prozent bekommen

Jedes Mal, wenn ich mir den Gedanken erlaube, schlimmer könne es nun wirklich nicht kommen, oder „dem traue ich wirklich alles zu“, werde ich binnen kürzester Zeit eines besseren belehrt. Selbst der hauptberufliche Trump-Hasser und Satiriker Stephen Colbert musste angesichts der Irren und Kriminellen, die IQ47 in sein Kabinett beruft, konstatieren, ihm habe dafür doch die Phantasie gefehlt.

[…..] But this isn't our first Trump Rodeo. Almost eight years ago we all saw him saunter down those Capital steps put his hand on a Bible, lie to the Chief Justice about defending the Constitution and then give an extremely accurate speech about the coming American carnage. And I've been saying quite sincerely: hey let's not get out over our skis here. Let's take this one day at a time. Maybe, maybe betting against all logic and all previous experience it'll be different this time. I was right because it's already way worse cuz this afternoon Donald Trump announced on Truth social that he is nominating Matt gates to be the Attorney General of the United States of America. During the campaign I thought if Trump won he would do the worst things I could imagine! Turns out I don't have much of an imagination! There is not enough Botox in the world to hide how shocked I am. There's also not enough Botox in the world because Matt Gates used all of it. This is just a little amuse douche what a horrifying idea this is Matt Gates nominated for the top law enforcement office in the United States is currently under investigation by a house ethics panel that issued a subpoena for him in a sex and Drug probe. Which really really when you hear that, it really makes you wonder did he bring enough drugs to share? Cuz I could really use them about now. [….]

(Stephen Colbert, 14.11.2024)

Ähnliches trifft auch auf die Schwarzgelben in Deutschland zu, die sich gerade eine schockierende Peinlichkeitsparade liefern, dreist ihre privaten Interessen vor Partei und Land stellen, aber dennoch von der Mehrheit der Wähler als nächste Bundesregenten gewünscht werden.

Fast 30% des Urnenpöbels bewerten es sehr, oder eher positiv, wenn Christian Lindner, der große Zerstörer, erneut Bundesfinanzminister würde! Das ist wie „die Mehrheit der männlichen Latinos der USA hat Trump gewählt“ – den Mann, der sie ununterbrochen rassistisch beleidigt, pauschal als Vergewaltiger, Mörder und Ungeziefer, welches das amerkanische Blut vergifte, bezeichnete und sie alle abschieben will.

Christian Lindner, der mit Fakten und Wissenschaft genauso auf Kriegsfuß steht, wie mit allen Wirtschaftsexperten; dessen Partei im Alleingang mitten in einer multiplen geopolitischen Megakrise aus purem Eigennutz die deutsche Regierung sprengte.

[….]  Jetzt also offiziell! Die FDP hat den Regierungssturz minutiös geplant, wie ZEIT und SZ berichten - und damit das Land ins Chaos gestürzt. Partei vor Land, Ego vor #Verantwortung. Aus der FDP-Ministerriege soll demnach einzig Wissing gegen den Plan gestimmt haben. Vor diesem Hintergrund gebührt ihm noch mehr Respekt, dass er nun auch durchgezogen hat - inkl. Parteiaustritt.

Dass die FDP die Aktion in der Vorbereitung intern „D-Day“ genannt hat und damit auf den Tag der Landung der #Alliierten an der Westküste Europas anspielt, ist geschmacklos. Was müssen die Liberalen doch moralisch abgewirtschaftet sein. Mit diesem Wissen ist das Schauspiel von Lindner natürlich noch bizarrer. „Sie werden Verständnis habe, wenn ich Ihnen sage, dass ich mich jetzt ja auch in einer Lage befinde“, sagte Lindner bemüht um Worte ringend unmittelbar nach dem Bruch auf einer #Pressekonferenz. - Alles Show!

Just gestern veröffentliche auch #Lobbycontrol einen Beitrag samt Schaubild, der klar zeigt, wie sehr die FDP in ein fossiles Lobby-Netzwerk eingespannt war; mit darin u.a. die BILD, was ein weiteres Mal die fast schon intime Parteiergreifung des Springerblattes für die FDP verdeutlicht. 

Apropos „alles nur Show“: Auch der Auftritt von Merz vor dem Bundestag war eine Finte, als er in Richtung A*D sagte, es werde keine Zusammenarbeit geben. Wer genau hinhörte, bekam nämlich mit, dass er lediglich „#Bundestagsfraktion“ sagte. Just an diesem Tag brachte nämlich der MDR eine Meldung, nach der die CDU in Thüringen bei einigen Themen mit der A*D kooperieren wolle.

Tja, und dann fing jetzt ein Moderator der Wochenshow den Vize-Fraktionsvorsitzenden der CDU, Jens Spahn, auf dem Gang im #Bundestag ab und fragte, ob wir ihm dann in vier Jahren nach einer weiteren GroKo viel verzeihen müssten. Spahn winkte ab, keine GroKo also - und sagte, dass dieses Land so wenig links sei, dass es auch andere Mehrheiten gebe. Mit anderen Worten und nach geltender Mathematik: Er meint eine Koalition mit der A*D. - #Wortbruch also der CDU-Bundestagsfraktion nach nur zwei Tagen. Niedertracht kennt nun also gleich zwei Namen: FDP und CDU. [….]

(Mark Raschke, 16.11.2024)

Wie ist das möglich? Wie kann nach den Enthüllungen in der Zeit und der Süddeutschen Zeitung über die perfiden, niederträchtigen hepatitisgelben Spielchen zu Lasten des Volkes, noch ein einziger Wähler auf einen Finanzminister Lindner hoffen?

Zwei Antworten fallen mir ein.

Erstens sind Wähler generell apathisch gegenüber Hintergrundinformationen. Daher interessieren sie sich nur für Schimpfen und Schuld zuschieben.

Zweitens zahlen sich die Verbindungen zur überwiegend konservativen Presselandschaft aus. In den Funke-Medien beispielsweise, erschien heute ein ganzzeitiges Interview mit Christian Lindner, in dem Chefredakteur Jörg Quoos reine Wohlfühlfragen stellte, den Anführer der Gelben Pest ausführlich lügen ließ, ohne ein einziges mal etwas richtig zu stellen. Im Gegenteil, unter anderem das Hamburger Abendblatt ließ Linder reichlich Platz sich selbst zu loben. Überschrift: „Würde ich weichen, hätten die linken Trolle nichts mehr zu tun!“

Lindner und Funke leiden an einer extremen Form der kognitiven Dissonanz. So sehr ich heute schwarz auf weiß gedruckt Latrinen-Lindner über seine eigene Arbeit erzählen: „Ich habe erfolgreich gegen die Inflation gearbeitet. Ich habe Rekordinvestitionen und Steuersenkungen erkämpft, ich habe die Schuldenbremse im Interesse der jungen Generation verteidigt und auf meine Initiative wurden 100 Milliarden für die Bundeswehr mobilisiert. Diesen Kurs sollte man beschleunigen, aber nicht ändern.“ Er sieht sich als politischen Helden und die Funke (und Springer, Focus, Nius, WiWo, MM,..) stellen ihn so dar. Mit der Realität hat das selbstverständlich nichts zu tun.

[…] Die FDP-Spitze hat wochenlang und sehr viel akribischer als bisher bekannt einen Bruch der Ampelkoalition vorbereitet. Dabei kam es nach Informationen der Süddeutschen Zeitung (SZ) auch zu Auseinandersetzungen und gegenseitigen Vorwürfen innerhalb des Führungszirkels der Partei. Die Befürworter einer vorzeitigen Beendigung der Ampelkoalition oder jene, die dieses frühe Ende zumindest für sehr wahrscheinlich hielten, waren offenbar von Beginn an deutlich in der Mehrheit.

Ausgangspunkt für die konkreten Überlegungen und Vorbereitungen war nach Aussage mehrerer Beteiligter ein Treffen am 29. September in Potsdam. Wie Eingeweihte der SZ berichteten, tagte an jenem Tag das sogenannte „F-Kabinett“ der FDP bei seiner Herbstklausur in der Potsdamer „Truman-Villa“, dem Sitz der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung. Neben Christian Lindner gehören die anderen Bundesminister der Partei zu diesem Zirkel, zudem Fraktionschef Christian Dürr, Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, Parteivize Johannes Vogel sowie einige weitere Vertraute. […] Nach anderen Schilderungen von Teilnehmern wurde dagegen bereits in der Sitzung am 29. September faktisch eine Entscheidung herbeigeführt, die Ampelkoalition zu beenden. Die Anwesenden besprachen demnach vier Optionen. Eine davon war, in der Koalition mit SPD und Grünen zu bleiben und konstruktiv mitzuarbeiten. Eine andere bestand darin, in diesem Herbst den Bruch und Neuwahlen herbeizuführen.

Die Runde aus etwa einem Dutzend Personen habe sich demnach mehrheitlich für das Ende der Ampel ausgesprochen, […] Anschließend sollen zwei FDP-Mitarbeiter vom Führungszirkel der Partei den Auftrag erhalten haben, den Plan auszuarbeiten und eine Art Skript für den Ausstieg aus der Koalition zu entwerfen. In einem internen Chat dieser Mitarbeiter soll der Tag des Koalitionsbruchs als „D-Day“ bezeichnet worden sein – eine Anspielung auf den Tag der Landung der Alliierten in der Normandie im Jahr 1944. In der FDP-Zentrale sollen Mitarbeiter auf diese Wortwahl mit Entsetzen reagiert haben. […]

Auch am 14. Oktober traf sich der Kreis regulär im Hans-Dietrich-Genscher-Haus, der FDP-Parteizentrale. Als Lindner den Stand der Überlegungen vorstellte, soll es Eingeweihten zufolge zu einem kurzen Wortgefecht gekommen sein. Demnach warf Wissing die Frage auf, ob der Ausstieg richtig sei. Daraufhin habe ein anderes Mitglied des engsten FDP-Führungszirkels entgegnet, dies müsse nicht schon wieder diskutiert werden, die Entscheidung habe man doch längst getroffen.

In der folgenden Woche verschärfte Lindner dann die Auseinandersetzung mit Bundeskanzler Scholz. Zum einen kündigte er einen Gegengipfel zum Industriegipfel des Kanzlers am 29. Oktober an. Scholz, der sich gerade in Indien aufhielt, warf dem FDP-Chef daraufhin vor, dieser bespiele „Theaterbühnen“. […]

(SZ, 16.11.2024)

Die Reaktionen der ehemaligen Koalitionspartner gehen weit über das übliche Wahlkampfgetöse hinaus. Sie sind wirklich geschockt von der egomanen Boshaftigkeit der Lindner-Truppe. Ihr Wut ist echt. Und absolut nachvollziehbar!

[….] Nach Medienberichten über angeblich wochenlange Vorbereitungen der FDP für ein Ampel-Aus hat SPD-Generalsekretär Matthias Miersch dem ehemaligen Koalitionspartner "politischen Betrug" vorgeworfen und eine Entschuldigung gefordert. "Von Christian Lindner erwarte ich nicht, dass er die Größe hat, sich bei den Menschen zu entschuldigen. Aber wenn in der FDP noch jemand einen Funken Ehre hat, dann wäre jetzt der Moment, dies in aller Demut zu tun", sagte Miersch der Nachrichtenagentur dpa.

SPD-Chefin Saskia Esken sagte: "Der Schaden, der der Vertrauenswürdigkeit von Politik zugefügt wurde, ist nicht zu ermessen." Wenn man nun erkennen müsse, wie gezielt diese Situation herbeigeführt worden sei, setze das ein großes Fragezeichen hinter die Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit von Politik. "Christian Lindner und seine FDP haben sich mit diesem Schmierentheater auf Kosten des Landes als politische Kraft disqualifiziert", sagte Esken.

Arbeitsminister Hubertus Heil sagte, er sei tief erschüttert über das Verhalten: "Verantwortung als Fremdwort, Bösartigkeit als Methode", schrieb der SPD-Politiker auf dem Kurznachrichtendienst X.

SPD-Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich sagte dem Spiegel: "Ich fühle mich getäuscht und ich bin enttäuscht." Bis zum Schluss habe er Kompromisse ausgeleuchtet. "Dass die FDP ihr Drehbuch mit 'D-Day' und das 18-seitige Wirtschaftspapier als 'Torpedo' bezeichnet hat, lässt mich entsetzt zurück."

Die scheidende Politische Geschäftsführerin der Grünen, Emily Büning, reagierte mit Unverständnis. "Wir machen so nicht Politik", sagte sie am Rande des Bundesparteitags in Wiesbaden. "Wir sind in die Regierung gegangen, um Verantwortung zu übernehmen und nicht, um Spielchen zu spielen und Theaterszenen zu planen." Sie fügte hinzu: "Der Plan ist ja auch nicht ganz so aufgegangen."  [….]

(Tagesschau, 16.11.2024)

In einer funktionierenden Demokratie mit aufgeklärten, entscheidungskompetenten Bürgern, bekämen, GOP, FDP, CDU, CSU und AfD NULL PROZENT.

Aber das ist leider auch nicht die Realität.

Freitag, 15. November 2024

Demokratische Nebenkriegsschauplätze

Politik in den USA und in Deutschland richtet sich viel zu stark an Formalien und Wahlen aus. Entweder kann man etwas nicht mehr machen, weil bald Wahlen sind, weil man sich im Vorwahlkampf befindet, oder weil gerade Wahlen waren und man sich noch sortieren muss.

In den USA wird verfassungsmäß all zwei Jahre im November gewählt. Die Legislaturperiode im „House“ beträgt tatsächlich nur 24 Monate. Zudem herrscht Mehrheitswahlrecht, so daß es keine sicheren Listen gibt und nur der Erstplatzierte einen Sitz bekommt, den man schon in parteiinternen Primaries mit extrem viel Geld erkämpfen muss. Es ist ein brutaler Kampf um Medienaufmerksamkeit, in dem die schrillsten der Partei reüssieren und ausgefeilte inhaltliche Auseinandersetzungen keine Chance haben.

Im deutschen Mischwahlsystem geht es gemächlicher zu. Die Parteilisten sichern ab, daß auch weniger extrovertierte Experten und unau
ffällige Fachpolitiker in die Parlamente einziehen. Dafür sind wir nicht in der Lage eine Bundestagswahl; eine Europawahl, 16 Kommunalwahlen, 16 Landtagswahlen, eine Bundespräsidentenwahl und diverse Volksabstimmungen sinnig zusammen zu legen, so daß leider andauernd Wahlen abgehalten werden. In Hamburg wählen wir am 23.02.2025 den neuen Bundestag und eine Woche später am 02.03.2025 finden die Landtagswaheln statt. Insbesondere in Superwahljahren steht der Parlamentsbetrieb de facto still, weil niemand sich traut, umstrittene, oder gar unbeliebte, Projekte anzufassen. Alle befinden sich im aufgeschreckten Hühnerhaufenmodus, weil irgendwo irgendeine Wahl bevorsteht, bei der man missgelaunte Wähler im Denkzettelmodus fürchten muss.

Daher kann das Parlament auch nicht mehr die überfällige §218-Reform beschließen. So bleibt es bei der „Your body, my choice“-Regelung, weil der postklimakterische Geront Merz nun mal Frauen nicht ausstehen kann. Doch nicht vor den Wahlen!

[….] Die Union im Bundestag hat einen Gesetzesvorstoß einiger Parlamentarierinnen scharf kritisiert, die Schwangerschaftsabbrüche bis zur zwölften Woche legalisieren wollen. Besonders empörte sich Fraktionschef Merz über Kanzler Scholz.

Eine Initiative von Abgeordneten von SPD und Grünen stößt bei der Unionsfraktion im Bundestag auf Ablehnung: Es geht um einen Gesetzesvorstoß zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in den ersten drei Monaten.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz griff vor allem Bundeskanzler Olaf Scholz scharf an, der den Gesetzentwurf als SPD-Abgeordneter mitgezeichnet hat. "Ich bin wirklich entsetzt darüber, dass derselbe Bundeskanzler, der immer wieder vom Zusammenhalt, vom Unterhaken und von Gemeinsinn spricht, mit auf der Liste dieses Gruppenantrages mit seiner Unterschrift erscheint."

Mit dem Vorstoß solle versucht werden, den Paragrafen 218 "im Schnellverfahren zum Ende der Wahlperiode abzuschaffen", sagte Merz. Es handele sich um ein Thema, "das wie kein zweites das Land polarisiert, das wie kein zweites geeignet ist, einen völlig unnötigen weiteren gesellschaftspolitischen Großkonflikt in Deutschland auszulösen".  "Wenn wir über dieses Thema reden, dann brauchen wir dafür Zeit, dann brauchen wir dazu auch Gutachten, was verfassungsrechtlich zulässig ist", sagte Merz. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission hatte erst im April Empfehlungen für eine Liberalisierung der Schwangerschaftsabbrüche vorgelegt und sich dafür ausgesprochen, das Gesetz aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.  […..]

(Tagesschau, 15.11.2024)

Politik darf also gerade nicht stattfinden, verlangt der wahrscheinliche nächste Bundesmisogenist.

Keine Zeit für Politik, lautet das Motto der Politiker.

Eine Regierung ist zerbrochen, mehrere Kriege toben in unserer mittelbaren Umgebung, die Klimaerhitzung apokalyptisiert auch in Europa immer breitere Landstrichte, Donald Trump besetzt seine Regierung mit lauter rechtsradikalen schwer debilen Verschwörungstheoretikern und wir können leider im Wahlkampf keinen inhaltlichen Wahlkampf fühlen, weil der dauerempörte Furienfritz seine Emotionen nicht in Griff hat.

Daher sprechen wir – Parteien, Urnenpöbel und Presse – manisch nur über letztlich irrelevante Formalien.

[….] Seit über einer Woche wird intensiv über ein Datum für Neuwahlen debattiert. Das ist eine beklemmende Flucht ins Operative. Wir sollten uns mehr auf Klima und Kinder konzentrieren, statt auf Kalender und Koalitionslauer. […..] Ein »Triumph der Physik« wäre es wohl auch, die intensive Diskussion über einen neuen Wahltermin zu verstehen, die wir seit über einer Woche führen. Die war und ist beklemmend. Ich hätte nie gedacht, dass wir inmitten einer Regierungsumbruchsphase über die Verfügbarkeit von genügend Papier für eine Neuwahl sprechen würden. Oder darüber, inwiefern die Neuwahlen die Adventszeit beeinflussen oder den Karneval sabotieren könnten. Oder, wer mehr Vorteile davon hat, möglichst schnell Neuwahlen anzusetzen oder sich möglichst viel Zeit für die Vorbereitung  nehmen zu können. Wird der Wahlkampf jetzt wirklich mit dem nationalen Abgleichen unserer Terminkalender eingeleitet?

Ebenso stark auf die Form fokussiert war die Bewertung der Rede des Kanzlers , in der er die Entlassung des Finanzministers Christian Lindner verkündete. Man vernahm, dass sie zu emotional war oder nicht emotional genug. Zu früh oder zu spät kam. Zu kalkuliert wirkte oder zu sehr aus dem Affekt. Aufgeregt wurde die Frage verhandelt, ob die Ansprache schon länger in der Schublade  gelegen habe und der Vorgang somit geplant gewesen sei. Ein Kanzler, der eine Rede hält, die er vorbereitet haben könnte? Wow, danke, Politikberichterstattung – das ist bei einer zerbröselnden Regierung wirklich das Relevanteste.  Der Grund für die Neuwahlen gerät in den Hintergrund, ebenso wie die inhaltlichen Fragen, die angesichts der programmatischen Reibungen der Parteien unbeantwortet bleiben: Welche Vorhaben finanzieren wir wie? Die Schuldenbremse ist ein sanierungsbedürftiges Fiskalsediment des neoliberalen Denkmalschutzes, und der Haushaltsplan hat existenzielle Lücken, deren zu improvisierende Finanzierung nach wie vor geklärt werden muss. Wir müssten uns mehr auf Klima und Kinder konzentrieren, statt auf Kalender und Koalitionslauer.

Die Termindiskussion ist ein Paradebeispiel für die »Hyperpolitik«, wie sie der belgische Historiker Anton Jäger beschreibt. Hyperpolitik ist ein Modus, der eine extreme Politisierung kennzeichnet, die paradoxerweise oft ohne konkrete politische Folgen bleibt. Hyperpolitik ist Teil einer politisierenden öffentlichen Dynamik, stärkt aber keine Institutionen oder politische Zugehörigkeiten. Sie zeichne sich durch ihren Fokus auf zwischenmenschliche und persönliche Gepflogenheiten aus, sagt Jäger. [….]

(Samira El Ouassil, 15.11.2024)