Donnerstag, 17. April 2025

Wirtschaftskompetenz.

Aus unerfindlichen Gründen gilt die CDU seit Ludwig Erhards Tagen als Partei für Wirtschaftskompetenz, obwohl unter den Wiederaufbau-Bedingungen, mit Marschallplan, wohl auch jeder andere Minister in dem Ressort erfolgreich gewesen wäre. Tatsächlich verfügte keiner der langjährigen CDU-Vorsitzenden über mehr als rudimentäre Kenntnisse der Ökonomie.

Adenauer, Parteichef 1950-1966, war in erster Linie Katholik und hatte mit mäßigem Erfolg Jura studiert. Sein Staatsexamen legte er 1901 in Berlin mit der Note „Ausreichend“ ab.

NSDAP-Bundeskanzler Kiesinger, CDU-Bundesparteichef 1967-1971, war ebenfalls Jurist. Historiker Kohl, Parteichef 1973-1998, war legendär ahnungslos in wirtschaftspolitischen Dingen. Es sei nur daran erinnert, daß sein SPD-Vorgänger Schmidt in der ihm typischen ökonomischen Weitsicht, bereits 1981 in einem Kabinettsbeschluss anstieß, Deutschland mit Glasfaserkabeln zu versorgen. Als Kohl ins Amt kam, stoppte er das Vorhaben als „unnütz“ und setzte auf Kupferkabel. Merkel, 2000-2018, ist bekanntlich Physikerin und richtete die totale ökonomische Misere, in der wir jetzt stecken, erst an. Als  Krönung schließlich Merz, ebenfalls Jurist, der ökonomisch so ahnungslos ist, daß er von den Blackrockern zum Grüßaugust degradiert wurde, weil er noch nicht mal Basic-Begriffe, wie „ETF“, kannte.

Tatsächlich gab es seit 1949 erst relativ wenige Bundeswirtschaftsminister der CDU. Nach den alten CDU-Haudegen Ludwig Erhard (1949-1963) und Kurt Schmücker (1963-1966) war nach 52 Jahren erst wieder 2018 mit Peter Altmaier der bisher dritte und letzte CDU-Mann Wirtschaftsminister.

Der extreme Mangel in der Wirtschaftskompetenz der CDU zeigte sich zuletzt in den Koalitionsverhandlungen, als die Christen-Verhandler irritiert immer wieder bei Lobbyisten anriefen, um zu fragen, ob sie eine Meinung dazu haben, wenn die SPD mit Konzepten zu Themen ankam, von denen Merzens Mannen noch nie gehört hatten.

CDU-General Linnemann, der genauso ungerechtfertigt, wie sein Sauerländischer Chef, von der versammelten Presse als ökonomisch kompetent geframt wird, blamierte sich in den Koalitionsverhandlungen auf ganzer Linie, weil er ahnungslos in die Wirtschaftsrunden stolperte.

[….] Klar ist: In der Frage nach der Reform der Schuldenbremse waren Linnemann und Frei die Hardliner, die Merz immer wieder einfingen, wenn der auch nur die kleinste Reformbereitschaft zu erkennen gab.

Jetzt fliegt der Partei das um die Ohren. Die komplette Schulden-Kehrtwende nach der Bundestagswahl hat sehr viele Menschen erzürnt. So wie der Partei eine ganze Reihe kategorischer Ansagen und großer Versprechen um die Ohren fliegt: Cannabis-Legalisierung abschaffen! Heizungsgesetz abschaffen! Ganz andere Energiepolitik! Ganz andere Wirtschaftspolitik! Irreguläre Migration stoppen!   Die CDU hatte einen fundamentalen Politikwechsel versprochen – noch so ein Linnemann-Wort – und jetzt deutet sich an, dass einfach nur ein gewöhnlicher Regierungswechsel kommt.  Nein, wirklich rund lief es zuletzt nicht für Carsten Linnemann. Ob die Koalitionsverhandlungen wirklich so schlecht vorbereitet waren, wie Teilnehmer erzählen, lässt sich nicht unabhängig überprüfen. Es sind aber nicht nur Sozialdemokraten, die das behaupten, es sind auch Christdemokraten. Merz soll nicht glücklich gewesen sein.

Und so wurde – das ist jedenfalls eine Deutung – Linnemann von einem der wenigen Christdemokraten, die als Minister gesetzt waren, zu einem, an dem der Vorsitzende Zweifel hatte. Nüchtern betrachtet hätte ein Generalsekretär nach dem enttäuschenden Wahlergebnis und allem, was danach kam, auch seinen Posten verlieren können, als politisches Opfer.  […..]

(SPON, 16.04.2025)

Zum Geschäftsbereich des Habeck-Ministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gehören sechs Behörden: Bundeskartellamt (BKartA), Bundesnetzagentur, Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Habeck, zusätzlich durch das Amt des Vizekanzlers mit Gewicht versehen, ist zuständig für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie, Raumfahrt, Computerspiele, Wärmepumpen, Start-Ups und Dutzende weitere Themen.

Da CDU-Parteichef Merz, im Gegensatz zu Robert Habeck, gar keine Vorstellung davon hat, was moderne Wirtschaftspolitik ausmacht und annimmt, es reiche, die finanziellen Wünsche der Industrielobbyisten zu erfüllen, sowie Arbeitnehmer zu drangsalieren, rupfte er die Kompetenzen so lange aus dem Ampel-Ministerium, bis nur noch ein machtloses Phantomhaus übrig blieb.

Es klingt nach einem perfiden Plan, einer anderen Partei formal einen Kabinettssitz zuzuspielen, mit dem Haken eines in Wahrheit a priori entmachteten Amtsinhabers. In der ihm eigenen bahnbrechenden Inkompetenz dekonstruierte Merz aber ein Ministerium, das er für seine eigene Partei reklamierte.

Mit dem Erfolg, daß nun selbst die ehrgeizigsten Typen der CDU dankend ablehnen und er das Wirtschaftsministerium wie sauer Bier anbieten muss.

CDU eben. Keine Ahnung von Wirtschaft.

[….] Lange wurde CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann für den Job gehandelt. Doch der Top-Kandidat hat sich nun selbst aus dem Rennen genommen[….] Selbst Jens Spahn scheint nun zu zögern. [….] Dass in der CDU kaum noch jemand großes Interesse zeigt, liegt vor allem am neuen Zuschnitt des Ministeriums. Das einstige "Superministerium" wird nun deutlich verkleinert.  Wichtige Aufgabenbereiche werden künftig woanders erledigt. So soll der Klimaschutz wieder im Umweltministerium bearbeitet werden. Die Raumfahrt geht in das neu gestaltete Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt. Auch einige Digitalreferate werden wohl abwandern in das neu geschaffene Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung. Was bleibt, ist die Verantwortung für Wirtschaft und Energie mit einem deutlich geringerem Etat als bislang.

"Die CDU hat dem Wirtschaftsministerium die Filetstücke rausgeschnitten", sagt Franziska Brantner. Die Co-Chefin der Grünen kennt das Ministerium gut. Sie war dort unter Habeck jahrelang Staatssekretärin. [….] Fest steht: Durch die Verkleinerung gibt es deutlich weniger Gestaltungsmöglichkeiten. Gleichzeitig bleibt die wirtschaftliche Lage schwierig. Deutschland könnte weiter in die Rezession rutschen. [….]

(Tagesschau, 17.04.2025)

In Zukunft wird es also wohl wieder einmal gar keine Wirtschaftspolitik geben, sondern man setzt einfach einen fachfremden Grüßaugust, wie Rösler oder Haussmann oder Glos oder Altmaier auf den Posten und hofft, daß sie möglichst keinen Schaden anrichten.

Die Zeit der echten Könner und Gestalter auf dem Sessel – Helmut Schmidt, Karl Schiller, Wolfgang Clement – ist ohnehin vorbei.

Mittwoch, 16. April 2025

Pacta non adhaerendum

Soweit, wie in Ungarn, der Türkei, oder gar der USA, sind wir noch nicht.

Wahlergebnisse werden akzeptiert, nervende Pressevertreter werden nicht in den Knast geworfen und der Kanzler kann sich auch keine Gerichtsurteile wünschen.

 Es gibt vereinzelte Bundesrichter, die Trump Grenzen aufzeigen wollen. Aber die Regierung ignoriert Gerichte, die ihr nicht gefallen.

Auf seinem Weg in den Faschismus, crasht Trump gerade die Verfassung. Da er auch die Legislative und große Teile der Presse nach Belieben dominiert, sehe ich niemanden, der den Commander in Chief aufhalten könnte.

[….] Der Konflikt zwischen US-Präsident Donald Trumps Regierung und der Justiz spitzt sich aufgrund der umstrittenen Abschiebungen nach El Salvador weiter zu. Die Regierung hat nach Auffassung eines Richters mit Abschiebeflügen in das zentralamerikanische Land wohl vorsätzlich gegen seine Anordnung verstoßen. Es bestehe ein hinreichender Anfangsverdacht für ein mögliches Strafverfahren wegen Missachtung des Gerichts gegen Mitglieder der Regierung, erklärte Richter James Boasberg.

Die Entscheidung ist ein herber Dämpfer für Trumps Regierung – und dürfte sie in Bedrängnis bringen. Hintergrund der Entscheidung ist die Abschiebung von rund 200 Migranten – überwiegend aus Venezuela – nach El Salvador im März.

Die US-Regierung wirft den abgeschobenen Männern vor, Mitglieder krimineller Banden zu sein, und ließ sie in das berüchtigte Hochsicherheitsgefängnis Cecot in El Salvador überstellen. Richter Boasberg hatte jedoch zuvor angeordnet, die Abschiebungen vorerst zu stoppen, solange die rechtliche Grundlage dafür noch gerichtlich geprüft werde. Die Flieger hoben trotzdem ab.

Das Gericht komme zu dem Schluss, dass ein hinreichender Grund vorliege, die Regierung wegen strafbarer Missachtung zu belangen, schrieb Richter Boasberg in seiner Entscheidung. „Das Gericht kommt nicht leichtfertig oder voreilig zu dieser Schlussfolgerung; vielmehr hat es den Beklagten reichlich Gelegenheit gegeben, ihre Handlungen zu korrigieren oder zu erklären.“ Keine der Antworten der Regierung sei zufriedenstellend gewesen, so Boasberg. [….]

(SZ Liveblog, 16.04.2025)

Die Einhaltung der Verfassung, die zu schützen Trump bei seinem Amtseid schwor, obliegt hier also offenkundig nicht nur den Institutionen, sondern der Persönlichkeit des Präsidenten.

Die demokratischen Spielregeln in Deutschland erscheinen stabiler. Allerdings sind sie auch noch nie so getestet worden, wie es ein Trump täte. Grund zur Besorgnis gibt es durchaus. So wird die ARD unter dem Direktorat der erzkonservativen Schäuble-Tochter Christine Strobl deutlich AfD-freundlicher. Außerdem verweigern sich die demokratischen Parteien, endlich ein verfassungsgemäßes Verbotsverfahren gegen die in mehreren Ländern gesichert rechtsextreme verfassungsfeindliche AfD einzuläuten, obwohl sich diese Leute bereits bewaffnen.

[…..] Personen aus dem direkten Umfeld des Landesverbandes der Thüringer AfD besitzen 154 scharfe Schusswaffen. Dabei handelt es sich um 87 Langwaffen wie Flinten und Büchsen sowie 67 Kurzwaffen wie Pistolen und Revolver. Neun Personen aus dem Parteiverband von Björn Höcke, der vom Verfassungsschutz seit 2021 als »erwiesen rechtsextremistische Bestrebung« eingestuft ist, haben zudem eine staatliche Erlaubnis, mit Sprengstoffen zu hantieren.  Die Zahlen gehen aus der Antwort des Thüringer Innenministeriums auf eine Anfrage der Linken-Landtagsabgeordneten Katharina König-Preuss hervor. Demnach befinden sich die 154 Waffen im Besitz von 34 Personen, »die dem Thüringer Landesverband der AfD zuzurechnen sind«.  [….]  Im Jahr 2023, aus dem die aktuellsten Zahlen vorliegen, sind laut Ministerium 30 Ermittlungsverfahren wegen Straftaten der extrem rechten Szene mit legalen und illegalen Waffen oder Sprengstoffen eingeleitet worden.  König-Preuss sieht in dem Waffenarsenal ein »enormes Sicherheitsrisiko«. Der »Nationalsozialistische Untergrund«, die Morde von Halle, Hanau und an Walter Lübcke hätten gezeigt, welche Gefahren durch Waffen »in den Händen der extrem rechten Szene entstehen« könnten. »Es braucht eine Null-Toleranz-Strategie«, so König-Preuss.  […..]

(Steffen Winter, der SPIEGEL 17/2025)

Die CDU will diese Leute „normalisieren“ und mit Ausschussvorsitz-Posten belohnen. Hochverrat am Geiste der deutschen Verfassung. Merz ist das offenkundig völlig egal.

Es wird also auch in Deutschland auf die persönliche Integrität des Bundeskanzlers ankommen und die läßt beim mutmaßlich nächsten Kanzler stark zu wünschen übrig.

 Der Mann lügt gewohnheitsmäßig und übernimmt immer wieder volksverhetzende Propaganda der AfD-Nazis. 

Stichworte „Zahnarzttermine“ oder „täglich stattfindende Gruppenvergewaltigungen“.


Es sind die „they are eating the dogs, they are eating the cats”-Momente des Fritze Merz. Die Stories sind zwar reine Fiktion, werden aber a posteriori damit gerechtfertigt, daß ihre Wähler es als wahr empfänden.

Ungeniert bricht Merz seine zentralen Politikversprechen, nicht mit der AfD zusammen zu arbeiten oder an der Schuldenbremse festzuhalten.

Auch das internationale Recht, betrachtet der Sudel-Sauerländer lediglich als Option. Den mit internationalem Haftbefehl gesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrecher Bibi Netanyahu will Merz in Deutschland empfangen und damit den internationalen Strafgerichtshof demonstrativ hintergehen.

(….) Dem heimischen Ärger durch nette Auslandsreisen zu entfliehen, kommt für Bibi kaum noch in Frage, da die 125 Länder, die Mitglieder des IStGH sind, verpflichtet sind, Bibi zu verhaften, sobald er deren Staatsgebiet betritt. Willkommen ist Netanyahu nur noch in Schurkenstaaten, mit denen er nicht zufällig gerade Krieg führt. Da kann man nicht allzu wählerisch sein und so lässt er es sich gerade bei dem Antisemiten Orbán gut gehen.

[….] Es hat immer etwas Historisches, wenn Benjamin Netanjahu nach Ungarn kommt. Als er 2017 anreiste, war er der erste israelische Ministerpräsident nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, der das Land besuchte. Besonders wird auch sein Besuch von diesem Mittwoch an sein, wenngleich aus anderen Gründen. Denn gegen Netanjahu gibt es einen internationalen Haftbefehl. [….] Theoretisch müsste Netanjahu also festgenommen werden, sobald er in Budapest aus dem Flugzeug steigt.

Praktisch hat der ungarische Regierungschef Viktor Orbán den Haftbefehl jedoch von Anfang an abgelehnt, weil er seiner Ansicht nach politisch motiviert ist. Und nicht nur das: Orbán lud Netanjahu auch nach Ungarn ein. [….] Der Haftbefehl, so Orbán, werde für Netanjahu „keine Konsequenzen“ haben.  Das kann Orbán auch deswegen so leichtherzig sagen, weil derzeit noch eine rechtliche Grauzone existiert. Israel hat, wie es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin heißt, Rechtsmittel gegen den Haftbefehl beim IStGH eingelegt, und die Prüfung dauert noch an. Solange darüber nicht entschieden wurde und die Mitgliedstaaten aus Den Haag kein Rechtshilfeersuchen für die Verhaftung bekommen, muss Netanjahu nicht festgenommen werden. [….] In den USA hatte Präsident Donald Trump Anfang Februar, kurz nach dem Besuch von Benjamin Netanjahu im Weißen Haus, Sanktionen gegen Mitarbeiter des Strafgerichtshofs in Den Haag verhängt. Sie beinhalten Einreiseverbote in die USA und könnten das Einfrieren von Vermögen zur Folge haben. Die USA haben das Gericht genauso wie Israel nicht anerkannt. In Ungarn ist das offiziell anders, auch in Deutschland. Doch selbst hier hatte der künftige CDU-Kanzler Friedrich Merz kurz nach der Bundestagswahl angekündigt, „Mittel und Wege“ zu finden, um Netanjahu dennoch in Deutschland zu empfangen – wie auch immer diese dann aussehen mögen. Wenn der Haftbefehl in Deutschland rechtswirksam wird, dürfte es für Merz schwierig werden, sich über Strafverfolgungsbehörden hinwegzusetzen. Aus dem IStGH kommt auf SZ-Anfrage der allgemeine Hinweis, es sei nicht die Sache einzelner Staaten, über die Rechtmäßigkeit der Gerichtsentscheidungen zu befinden. [….]

(SZ, 02.04.2025)

Es gibt sie also noch, Bibis Buddys, die genauso korrupt und rechtsextrem wie er sind und den internationalen Haftbefehl ignorieren, weil ihnen internationale Rechtsstaatlichkeit nichts bedeutet: Orbán, Trump und demnächst auch Merz.

Zum Mitschämen:

[…] Mit seiner ausgesprochenen Einladung an den israelischen Regierungschef stellt sich Friedrich Merz bewusst in eine Reihe mit Autokraten. Und die SPD guckt zu. [….] Benjamin Netanjahu wird bei seinem Besuch in Ungarn nicht festgenommen [….] Klar, Autokraten, die Autokraten schützen – da ist niemand überrascht. Immerhin ist Viktor Orbán konsequent, bei ihm gilt gleiches Unrecht für alle. Nicht nur Netanjahu, sondern auch Wladimir Putin wird von ihm nicht dem Gericht in Den Haag ausgeliefert.

Das Schweigen der Bundesregierung, die sonst sehr gerne scharfe Worte in Richtung Orbán schickt, spricht Bände. [….] Jetzt, da der Koalitionspartner in spe Friedrich Merz den mutmaßlichen Kriegsverbrecher auch nach Deutschland eingeladen hat, wird es ein solches Bekenntnis von den Sozialdemokraten erst recht nicht mehr geben.  Wenn der künftige Bundeskanzler sagt, er werde Wege finden, um die Festnahme zu verhindern, sind sich Rechtsexperten einig: Diese Wege gibt es, aber sie sind illegal. Insbesondere, weil sich die Bundesregierung zur Frage einer Putin-Festnahme deutlich positioniert hatte, muss sie den Fall Netanjahu laut Einschätzung des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages gleich behandeln. Merz reiht sich mit seiner Ansage wissentlich hinter den Autokraten Trump und Orbán ein. [….]

(Pauline Jäckels, 02.04.2025)

Legal, illegal, scheißegal – so lautet das Motto der CDUCSU-Korrupties, die mit Amthor, Bareiß und Spahn demonstrativ juristisch dubiose Typen in die Koalitionsverhandlungen schickten.  (….)

(Bibis Buddys, 02.04.2025)

Internationales Recht und internationale Zusagen bricht Merz auch bezüglich Afghanistans.

[….] Gefährdete Afghanen kommen nach Deutschland – und Medien und Politik kübeln ihren Hass aus. Dabei sollten noch mehr Menschen in Sicherheit gebracht werden.

Die Noch-Bundesregierung evakuiert in ihren letzten Tagen gefährdete Afghaninnen und Afghanen aus Pakistan – und die Angst- und Panikmache könnten wieder einmal nicht größer sein. Mehrere Medien, allen voran die Bild, bemühen Begriffe wie „Flüchtlings-Jets“, „Baerbock-Flieger“ oder „Afghanen-Flieger“, während führende Politiker sich echauffieren.

„Ich finde das grundfalsch und anmaßend“, meinte etwa CDU-Fraktionsvize Jens Spahn. Er will in Zukunft keine Menschen mehr aus Afghanistan aufnehmen, sondern „Straftäter und Gefährder“ dorthin abschieben. Natürlich würde dies einen Deal mit den militant-islamistischen Taliban, die derzeit das Land regieren, erfordern, doch darüber will niemand sprechen. Stattdessen geht es in erster Linie um Stimmungsmache und Entmenschlichung.

Dies wird allein schon daran deutlich, wie über Menschen, die vor Krieg, Terror und Unterdrückung flüchten müssen, gesprochen wird. Man könnte meinen, dass es sich bei den Journalisten, Menschenrechtsaktivisten, Lehrerinnen, Universitätsdozenten oder ehemaligen Ortskräften, die seit Monaten, teils sogar Jahren auf ihre Weiterreise warten, um Pest, Cholera und eine barbarische Horde von Terroristen und Messerstechern handeln würde.  Es sind Afghanen und Afghaninnen, die vor Katastrophen fliehen, doch im „politischen Berlin“ und anderswo wird suggeriert, dass die Katastrophe nun per Direktflug über Deutschland hereinfällt, was natürlich die Rechten und Rechtsextremen stärker machen würde.

Dieser Diskurs, der seit Monaten geführt wird, könnte gar nicht menschenfeindlicher und ignoranter sein. Dabei war es der absolut gescheiterte „War on Terror“, der die Taliban nicht besiegte, sondern zurück an die Macht brachte.

Jeder Mensch aus Afghanistan, der für dieses vermeintliche Demokratieprojekt sein Leben riskierte, hat das Recht, nach Deutschland zu kommen. Und ja, das betrifft nicht nur die Dolmetscher der Bundeswehr, sondern auch jeden Koch und Taxifahrer, der für westliche Truppen, NGOs oder Journalisten tätig war. Jeglicher Klassismus ist fehl am Platz. [….]

(Emran Feroz, 16.04.2025)

Dienstag, 15. April 2025

Brauner CDU-Landessumpf

Die CDU-Landesverbände in Hessen und Baden Württemberg galten über Jahrzehnte als die braunschwarzen extrem rechten Ausprägungen der CDU.

Der NSDAP-Mann Kurt Georg Kiesinger (1904-1988) war 1958 bis 1966 Ministerpräsident von BW, bevor er Bundeskanzler wurde. Ihm folgte der NSDAP-Marinerichter Hans Filbinger (1913-2007), der von 1966 bis 1978 Ministerpräsident Baden-Württembergs war.

Während die Schwaben als urkonservatives Bundesland bis Kretschmann durchgehend von großen CDU-Mehrheiten und Affären-affinen Rechtsaußen regiert wurden (Späth, Teufel, Oettinger, Mappus), galt Hessen über Jahrzehnte als eher liberal. Erst 1987 konnte mit Kohls Umweltminister Wallmann ein CDUler Landesregierungschef werden. Die rechtsnationalistische Hessische Stahlhelm-CDU (Dregger, Kanther, Koch) galt als viel zu konservativ für Joschka Fischers Heimat.

Roland Koch, der pockennarbige Extrem-Lügner, der Millionen DM schwere illegale Parteispenden als „jüdische Vermächtnisse“ deklarierte, kam durch einen Trick an die Macht, als er im Januar 1999 zusammen mit einer gewissen Angela Merkel einen radikal xenophoben Kurs gegen die erste rotgrüne Bundesregierung einschlug und Hessen-weit Listen auslegte, auf denen er die Hessen „gegen Ausländer unterschreiben“ lies.

Der CDU-MP Mappus übertrieb es mit seinen Milliarden-Mauscheleien (EnBW-Kauf) allerdings so sehr, daß 2011 der Grüne Winfried Kretschmann Ministerpräsident wurde. Er regierte bis 2016 in einer Grün-roten Koalition und schwenkte dann trotz linkerer Mehrheit auf Grün-Schwarz um. Seit neun Jahren fungiert die BW-CDU also als Juniorpartner der Grünen.

Volker Bouffier, der ehemalige CDU-Ministerpräsident Hessens, regiert 2010-2014 schwarz-gelb und bildete anschließend eine schwarzgrüne Koalition.

In beiden erzkonservativen Landesverbänden musste man sich also mit „dem Feind“ arrangieren. Filbinger und Dregger rotieren seither in ihren Gräbern.

Die Schwarzen Peter als rechtester CDU-Landesverband übernahm 2001 ausgerechnet Hamburg. Zwar gilt Ole von Beust bis heute als „liberal“, aber das liegt weitgehend an dem Zufall schwul zu sein. In Wahrheit holte er nicht nur von Anfang den Rechtsextremen Roland Schill als Zweiten Bürgermeister ins Kabinett, sondern setzte auch auf seinen Busenfreund Roger Kusch als rechtsextremen Justizsenator, der sich Affäre um Affäre leistete, bis er es soweit trieb, aus der CDU zu fliegen. Zudem mauschelte CDU-Rechtsausleger Peiner als Beusts Finanzsenator den Verkauf des gesamten Hamburger Tafelsilbers (Netze, Krankenhäuser, Immobilien). Kusch und Beust blieben aber die Darlings der in Hamburg ultrarechten Burschenschafts-JU.

Beusts Schatzmeister war der vielfach kriminelle Pleitier und Serienbetrüger Bürgerschaftsabgeordnete Andreas Wankum, der sich schließlich damit zu retten versuchte, den Vorsitz der Jüdischen Gemeinde Hamburgs zu übernehmen, um fortan Vorwürfe gegen ihn als „antisemitisch“ abzuwehren. Kleines Problem am Rande: Wie sich herausstellte, ist Wankum gar kein Jude und flog natürlich im hohen Bogen auch aus dem Amt, als man ihm auf die Schliche kam. Wankums Ziehsohn und Nachfolger im Wahlkreis wurde Christoph Ploß, der es bis zum Landesvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten brachte. Seither gilt er als das CDU-Verbindungsglied zur AfD und treibt sich mit rechtspopulistischen Schwurbeleien bei Nius rum.

Zudem übergab Beust den Staffelstab 2010 an den ultrarechten Heidelberger Christoph Ahlhaus, der ebenfalls so Affären-affin war, sich persönlich massiv bereicherte, daß er nach wenigen Monaten aus dem Amt flog. Beust, weiterhin heimlicher Star der Elb-CDU, bleibt rechts und unterstützte im Januar 2025 lautstark die Zusammenarbeit des Fritze Merz mit den Faschisten im Bundestag.

Hamburg ist aber kein rechtsextremes Bundesland; insofern haben wir Glück mit der Rechtsaußen-CDU, weil sie für die meisten von uns unwählbar ist und somit seit 2011 eine SPD-Regierung garantiert ist.

Die gesamte Ost-CDU, hervorgegangen aus zwei SED-treuen Blockparteien, bildet heute die Speerspitze der antisemitisch, nationalistisch, fremdenfeindlich, covidiotisch und Putin-affin blinkenden CDU.

Im Gegensatz zu Hamburg, feiert die CDU mit diesen rechtspopulistischen Positionen Erfolge, die sie in die Regierungen tragen. Insbesondere in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen werden sie aber zunehmend Opfer ihrer eigenen faschistoiden migrantophoben Saat, indem sie die wahren Faschisten salonfähig machen, ihre Thesen multiplizieren und so zielgerichtet die AfD zur stärksten Kraft aufbauschen.

Michael Kretschmer, Sachsens Ministerpräsident seit 2017, steht immer an erster Stelle, wenn es darum geht dem Kriegsverbrecher Wladimir Putin den Hintern zu küssen, oder die AfD hoffähig zu machen.

[….]  Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) bekommt für seinen Vorschlag, mit der AfD bei organisatorischen Fragen im Bundestag so umzugehen wie mit anderen Oppositionsparteien, Zuspruch aus seiner Partei. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sagte im ZDF-"Morgenmagazin": "Die AfD ist eine rechtsextreme Partei, sie will die Demokratie abschaffen." Mit ihr könne es keine Zusammenarbeit und keine Koalition geben. Man müsse die AfD mit Sachpunkten stellen. Die eigentlichen demokratischen Rechte für jeden Abgeordneten sollten aber auch für diese Partei gelten, "weil man ansonsten sie stark macht und nicht schwächt."

Spahn hatte in der "Bild" vorgeschlagen, die AfD bei Abläufen im Parlament, Verfahren in der Geschäftsordnung, in den Ausschüssen und der Berücksichtigung von Minderheits- und Mehrheitsrechten zu behandeln wie jede andere Oppositionspartei.  Auch der CDU-Politiker Philipp Amthor nahm Spahn gegen Kritik in Schutz.   [….]

(STERN, 15.04.2025)

Kretschmer denkt so rechtsextrem, daß er dafür sogar seine eigene Partei opfert und außenpolitisch auf direkte Konfrontation mit Friedrich Merz geht.

Er spekuliert womöglich aus einen lukrativen Job in Moskau. Oder die AfD-Ehrenparteimitgliedschaft.

Sein ausländerfeindlicher Kurs zeigt in Sachsen immer mehr „Erfolg“: Die rechtsextreme Gewalt im Freistaat steigt kontinuierlich stark an.

[…] 328 rechtsmotivierte Angriffe zählten die Beratungsstellen SUPPORT des RAA Sachsen e.V. im Jahr 2024 – ein deutlicher Anstieg um 32 % im Vergleich zum Vorjahr – mindestens 446 Menschen waren direkt betroffen von den Gewalttaten.

·        Flächendeckender Anstieg, aber stabile Schwerpunktregionen in den Großstädten und den Landkreisen Görlitz, Bautzen, Leipzig und Zwickau

·        Die gewalttätige Raumnahme setzt sich fort, verstärktes Auftreten neonazistischer Organisationen und Zuwachs an jungen, gewaltbereiten Neonazis.

·        Wahlkämpfe und CSDs in Sachsen boten Anlässe für rechte Gewalttäter*innen

·        Rassismus weiterhin das häufigste Tatmotiv, aber deutliche Zunahme von Angriffen gegen politische Gegner*innen und gegen Nichtrechte, queerfeindliche Angriffe weiterhin hoch

·        Merkliche Zunahme von Bedrohungen, Körperverletzungsdelikte bleiben am häufigsten

Die höchsten Angriffszahlen sachsenweit weisen die Großstädte Leipzig (74), Dresden (54) und Chemnitz (26) auf. Schwerpunktregionen sind außerdem wieder die ostsächsischen Landkreise Bautzen (26) und Görlitz (27), wo die Angriffszahlen im Vergleich zum Vorjahr noch einmal deutlich gestiegen sind – um 53 bzw. 59 %, sowie die Landkreise Leipzig (23) und Zwickau (22). Drastische Anstiege der Gewalttaten sind in den Landkreisen Meißen (+500% von 3 auf 18) und Mittelsachsen (+125% von 8 auf 18) zu verzeichnen. Ein Rückgang der Angriffszahlen ist in diesem Jahr in keinem Landkreis festzustellen.

Seit 2022 ist die Entwicklung einer zunehmend gewalttätigen rechten Raumnahme zu beobachten. Dazu erklärt Andrea Hübler:

„Im letzten Jahr wurde sichtbar, dass wir in Sachsen wieder mit organisierten neonazistischen Strukturen konfrontiert sind, seien es altbekannte, wie JN oder III. Weg oder neue Jugend-Kameradschaften mit verschiedensten Bezeichnungen. Sie treten mit Demonstrationen und Gegenmobilsierungen, aber auch im Alltag selbstbewusst und aggressiv auf. Sichtbar wurde das bei den CSDs und in den Wahlkämpfen zu Europa- und Kommunalwahl und zur Landtagswahl. Folge waren vermehrte Angriffe auf politische Gegner*innen und Nichtrechte.“

Und weiter: „Mit welcher Gefahr wir es hier zu tun haben, zeigt nicht zuletzt das Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft gegen die mutmaßlich rechtsterroristische Gruppe „Sächsische Separatisten“. Radikalisieren sich die nun aktiven jungen Rechten weiter und können langjährig organisierte Neonazis dies forcieren, besteht die Gefahr, dass sich weitere solcher Gruppen finden, Anschläge planen oder mit Häuserkampf- und Schießtrainings auf einen Tag X vorbereiten.“

Bei den 328 rechtsmotivierten, rassistischen und antisemitischen Angriffen im Jahr 2024 handelte es sich überwiegend um Körperverletzungsdelikte (205) und um Nötigungen/Bedrohungen (114).

Dazu Andrea Hübler: „Bedrohungen haben erneut zugenommen. Mit dieser Form der rechtsmotivierten Gewalt sollen Betroffene eingeschüchtert und verdrängt werden – wie in Pirna, wo eine politisch links engagierte Person von zwei Männern verfolgt, und mit Gewalt bedroht wurde, wenn man sie noch einmal im Dunkeln sehe oder in Meißen, wo eine Molotowcocktail-Attrappe, eine Kerze mit Hakenkreuz und ein Zettel mit einer rassistischen Drohung gegen Muslime und Ukrainer*innen vor dem Büro der Migrationsberatung der Diakonie platziert worden ist.“

„Die Verunsicherung vieler Menschen, die von Rassismus betroffen sind, sich demokratisch engagieren oder wegen ihres Berufs z.B. in Beratungsstellen angefeindet werden, ist groß. Der Machtgewinn der AfD, die Normalisierung ihrer Inhalte und Forderungen, die sogenannte Migrationsdebatte oder eben rechtsterroristische Gruppen, fügen sich zu einer Gemengelage, in deren Angesicht sich Menschen zunehmend bedroht und ohnmächtig fühlen.“

Fast die Hälfte der Angriffe (147) wurden 2024 aufgrund von Rassismus verübt. 63 Angriffe (+91%) richteten sich gegen politische Gegner*innen, 44 gegen Nichtrechte (+52%), 25 gegen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung/geschlechtlichen Identität (+25%).   [….]

(RAA Sachsen, 15.04.2025)

Montag, 14. April 2025

Warten auf Selbstdemontage

Bisher sehe ich immer noch gar keine Anhaltspunkte für das Funktionieren der US-amerikanischen Verfassung.

Es ist zwar möglich, einen Mad King durch Impeachment abzusetzen, oder durch den 25. Zusatzartikel von 1967 einen amtsunfähigen Präsidenten vom Vizepräsidenten ersetzen zu lassen. Aber das setzt Parlamentarier, bzw Kabinettsmitglieder voraus, die wenigstens noch rudimentär verfassungstreu sind.

Davon kann natürlich nicht die Rede sein bei den zutiefst korrupten und verlogenen Speichelleckern.

Was soll man von republikanischen Abgeordneten des House und des Senats halten, die ihn mit überwältigender Mehrheit noch nicht mal impeachen wollten, als er einen Staatsstreich anzettelte, am 06.Januar 2021 das Kapitol stürmen ließ und dabei Polizisten getötet wurden?

Der Supreme Court ist ebenfalls Trump-verseucht und vermeidet es, ihm Grenzen zu setzen. Die sechs republikanischen Richter wissen natürlich, daß sie von Trump geliebt und gelobt werden, solange sie ihm dienen.

Würden sie ihm in die Parade fahren, hielte er sich nicht an ihr Urteil und könnte seinen MAGA-Mob auf die Familien der Richter hetzen.

Urteile des höchsten Gerichts des USA betrachtet Trump lediglich als Optionen. Das beweist der Fall des völlig unschuldigen Ábrego García, den Trump nach El Salvador fliegen ließ.

[….] Schwer bewaffnete Beamte legten die Männer in Ketten und flogen sie im Eilverfahren nach El Salvador aus. Videobilder zeigten, wie sie im Hochsicherheitsgefängnis Cecot kahl geschoren wurden und hinter Gitter verschwanden. Ábrego García drohen in seinem Herkunftsland Folter und Erpressung, ein US-Gericht hatte deswegen vor einigen Jahren verfügt, er dürfe nicht dorthin zurückgeschickt werden.

Dennoch befindet sich Ábrego García noch immer in dem Kerker, wie die US-Regierung am Wochenende in einer Gerichtseingabe bestätigte. Vier Wochen, nachdem er aus den USA ausgewiesen wurde, gestützt auf Notrecht, ohne von einem Gericht angehört zu werden. Obschon Anfang April das erste Urteil eines Bundesgerichts erging, den Mann zurückzuholen, weil die Regierung sein Recht auf ein faires Verfahren verletzt habe.

Obwohl das Weiße Haus inzwischen eingeräumt hat, er sei Opfer eines „administrativen Fehlers“ geworden. Selbst der Supreme Court, in dem eine Trump-nahe Mehrheit das Sagen hat, kam vergangene Woche zu einem ähnlichen Schluss. Am Donnerstag wies er die Regierung an, die Rückkehr von Ábrego García zu „erleichtern“. Es schien eine der ersten Niederlagen vor dem Obersten Gericht zu sein, die Donald Trump in seiner zweiten Amtszeit hinnehmen musste.

Das Weiße Haus denkt aber nicht daran, seinen Fehler wiedergutzumachen. Das Urteil des Supreme Court zwinge die Regierung nicht, den Mann wieder in die USA zurückzuholen, ja nicht einmal, mit El Salvador darüber zu verhandeln, argumentierten Trumps Juristen in einer Eingabe am Sonntagabend. Man sei lediglich dazu angehalten worden, die Rückkehr von Ábrego García zu erleichtern, falls er von El Salvador freigelassen werde. Die Anordnungen beträfen nur administrative Hürden in den USA selbst. Die Außenpolitik hingegen sei allein Sache der Regierung, in die sich Gerichte nicht einmischen dürften.

Wie die Auseinandersetzung zwischen der Justiz und dem Präsidenten im Fall von Ábrego García enden wird, ist offen.   [….]

(Fabian Fellmann, 14.04.2025)

Es gibt nur eine Person, die Trump stoppen kann: Trump!

Tatsächlich ist Trump so borniert, daß er gar nicht abschätzen kann, welchen Schaden er anrichtet. So scheint es immerhin möglich, daß er sich selbst ins Aus schießt, bevor er es schafft die Midterms von 2026 auszusetzen und eine Diktatur zu errichten.

[…] Donald Trump hat also sein Herz für die chinesischen Bauern entdeckt, wie Vize J. D. Vance die 1,4 Milliarden Einwohner des zweitbevölkerungsreichsten Lands der Welt kürzlich der Einfachheit halber tituliert hat. Diese Bauern nämlich müssen nach der jüngsten Volte des US-Präsidenten vorerst keine Mega-Zölle auf Smartphones, Laptops und andere Elektronikgeräte mehr entrichten, die sie in die Vereinigten Staaten exportieren. […] Man fragt sich immer wieder, ob Trump diesen Unsinn eigentlich selbst glaubt. Fakt jedenfalls ist: Irgendjemand muss den Präsidenten Ende vergangener Woche zur Seite genommen und ihm erklärt haben, dass die Dinge in der Praxis doch ein wenig anders laufen. […] Nicht die Menschen in der Volksrepublik hätten künftig 3000 statt 1500 Dollar für das neueste iPhone zahlen müssen, sondern die Amerikaner. Dieser Gedanke ist mit einiger Verzögerung nun offenbar auch beim Präsidenten angekommen, der also sein Herz mitnichten für die Chinesen geöffnet hat, sondern für die US-Kunden, den Apple-Konzern und die eigenen Umfragewerte. […] Es ist die eigentliche Tragik dieses gesamten Handelskriegs, dass er nicht auf der Wahrung legitimer politischer Interessen fußt, sondern auf Ignoranz, Selbstbetrug, ja: Dummheit. […] Trumps Politik nimmt derweil absurde Züge an, wie ein Beispiel zeigt: Wer einen Flachbildschirm aus China in die USA einführt, ist zumindest vorerst vom 145-Prozent-Zoll befreit. Wer dagegen die Einzelteile importiert, um den gleichen Bildschirm daheim in den Vereinigten Staaten zusammenzubauen, zahlt weiter. Wie mit einer solchen Strategie Jobs in die USA „zurückgeholt“ werden können, weiß mutmaßlich nur der Präsident allein. [….]

(Claus Hulverscheidt, 14.04.2025)

Möglicherweise zerstört er dann aber nicht nur die Finanzmärkte, sondern atomisiert gleich den gesamten Planeten.

[…] Man mag das Zolldrama als den etwas verunglückten Start eines Präsidenten betrachten, dessen Team noch nicht ganz eingespielt ist. Aber ich fürchte, das ist eine etwas zu rosige Sicht der Dinge. Wenn man sich umschaut, dann ergibt keine seiner politischen Initiativen Sinn. Sie sind durch die Bank so widersprüchlich, dass sie der Regierung unweigerlich auf die Füße fallen müssen. […] Als der nordkoreanische Diktator Kim Jong Il im Frühjahr 2005 sein Land zur Atommacht ausrief, packte ihn der SPIEGEL mit einem Atompilz und dem Satz: »Der Irre mit der Bombe« auf den Titel. Ich will nicht zu apokalyptisch klingen. Aber ich finde, es ist eine Zeile, die im Moment ganz gut zu Trump passt. Nehmen wir seine Außenpolitik: Trump geriert sich als Neoimperialist und will sich Grönland und Kanada einverleiben, was in beiden Ländern einen Nationalstolz entfachte, den es so noch nie gegeben hatte. […] Laut der amerikanischen Regierung  hat Xi die Streitkräfte des Landes dazu angehalten, bis zum Jahr 2027 bereit für eine mögliche Invasion der Insel Taiwan zu sein. Niemand weiß, ob der chinesische Staatschef am Ende die militärische Karte zieht. Aber glaubt jemand ernsthaft, dass Trump fähig ist, im Fall der Fälle eine Krise dieser Größe zu meistern, wenn schon seine eigenen Entscheidungen die Welt binnen Stunden ins Chaos stürzen? Ein Mann, der noch im Wahlkampf verkündet hatte, den Ukrainekrieg innerhalb von 24 Stunden zu beenden – und sich nun darüber wundert, dass der russische Präsident Wladimir Putin einen Frieden nur zu seinen Bedingungen will? […]

(René Pfister, 13.04.2025)

Sonntag, 13. April 2025

Die Erwachsenen Sozis im Raum

Internetten macht keinen Spaß gerade. Ich fühle mich verfolgt. In meiner linken Blase höhnen sie  über die Zumutungen des Kleiko-Vertrages. Übers Wochenende haben sie genauer reingesehen und finden alle ihre persönliche Ausschluss-Kriterien, weswegen die SPD-Basis auf keinen Fall zustimmen dürfe.

[….] Ab Dienstag stimmt die SPD-Basis über den Koalitionsvertrag mit der Union ab. Unter vielen jungen Mitgliedern herrscht Unmut, von "Dealbreakern" ist die Rede. Erste Juso-Verbände haben bereits Beschlüsse zur Abstimmung gefasst.  In der Parteijugend der SPD formiert sich Widerstand gegen den Koalitionsvertrag von Union und den Sozialdemokraten im Bund. Die Jusos aus Bayern und Schleswig-Holstein lehnten die Vorhaben ab und riefen zu einem Nein beim Mitgliederentscheid ihrer Partei auf. Auch Jusos aus anderen Bundesländern äußerten Kritik an den Plänen der möglichen schwarz-roten Regierung.  [….]

(Tagesschau, 13.04.2025)

Meine Missgunst gegenüber Fritze Merz und Wurstfresser Söder reicht allemal aus, um ihnen einen totale Pleite bei der Regierungsbildung zu wünschen. Es wäre mir eine Riesenfreude zuzusehen, wie der große Sauerländer Lebenstraum platzt.

Außerdem ärgere ich mich über die rechte Redakteure, die in der Wochenendpresse ihren Frust darüber ausbreiten, weil sich ihre rechtsreaktionären Idole von der SPD über den Tisch ziehen lassen hätten.

[….] Schwennicke: Die Präsentation war gelungen. Das stimmt. Nur hat Friedrich Merz überverkauft. Was er sagte, klang nach CDU. Das Papier ist aber zu 70 bis 80 Prozent SPD. [….]

Haider: Bleibt die Frage, wie Klingbeil und Esken es geschafft haben, Merz und Söder mit einem Wahlergebnis von 16 Prozent zu einem Koalitionsvertrag zu bringen, von dem Olaf Scholz nur träumen konnte – das viele Geld inklusive.

Schwennicke: Ja. Das ist das große Rätsel. Und obendrein sieben Ministerien, darunter Finanzen und Verteidigung. Übrigens wollte Merz mal Staat und Verwaltung zurückbauen. Jetzt gibt es ein Ministerium mehr. Haider: Auf jeden Fall muss der neue Kanzler keine Sorgen haben, dass die SPD-Basis diesem Koalitionsvertrag nicht zustimmt, oder?

Schwennicke: Das wird durchgehen. Können sich ja wahrhaft nicht beklagen.  […]

(Abendblatt, 12.04.2025)

Allein schon, um den arroganten Schwennicke eines besseren zu belehren, wäre es mir eine Freude, mit NEIN zu stimmen.

Aber damit denkt man leider nur bis zur Nasenspitze. Was würde daraus folgen? Was passiert anschließend? Spoiler-Alert: Mit 16,4% kann die SPD keine Alleinregierung bilden, bei der sie auf keine C-Demokraten Rücksicht nehmen müsste und alle Lieblingsprojekte der Jusos durchsetzen könnte. Leider ist jede mögliche Alternative noch viel schlimmer als eine KleiKo mit diesem Vertrag. CDU-Minderheitsregierung mit AfD-Duldung, CDUCSUAfD-Koalition, Neuwahlen mit noch wesentlich stärkerem AfD-Ergebnis. Mal ganz abgesehen davon, daß die weltpolitische Lage keinen weiteren Schwebezustand der deutschen Regierung zulässt.

Abgesehen von den Inhalten, gibt es aber ein weitere valides Argument für die SPD, in die Merz-K.O.alition einzusteigen: Die CDUCSUler und insbesondere der Sauerländer Geronten-Azubi können es nicht. Die sind auf hanebüchene Weise unvorbereitet und intellektuell überfordert – schon in der Theorie bei Fragen, die seit Jahren und Jahrzehnten auf der Agenda stehen und auf die sie längst hätten eine Antwort suchen müssen.

[…] Merz will Kanzler werden, aber in den Koalitionsverhandlungen war das nicht immer zu spüren. Da habe der CDU-Chef oft zurückgelehnt in seinem Stuhl gesessen und nur zugehört. Nicht geführt, sondern andere machen lassen.

Manchmal, so geht diese Erzählung weiter, schien es, als wäre Merz mit seinen Gedanken ganz weit weg. Beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron, beim britischen Premier Keir Starmer, irgendwo in internationalen Sphären. Vielleicht auch bei all dem Unmut, der sich in seiner eigenen Partei gegen ihn zusammenbraute. Auf jeden Fall nicht hier im Raum, wo es um die Details des Koalitionsvertrags ging, um Zeile 2284 zum Beispiel: »Auch die Meere sehen wir als digitalen Chancenraum.«

Merz habe in den Sitzungen gelegentlich wie »ein Opa« gesessen, dem alles über den Kopf gewachsen sei, sagt einer aus dem Dunstkreis von SPD-Chef Lars Klingbeil. Wie ein fast 70-Jähriger eben, dem man die Belastung der vergangenen Wochen und Monate angemerkt habe. Tja, und was außerdem merkwürdig gewesen sei: Wie wenig der CDU-Chef selbst zur Kompromissbildung beigetragen habe. Merz habe allenfalls gejammert, wenn die Verhandlungen mal wieder festgefahren waren. [….]

(DER SPIEGEL 16/2025, 11.04.2025)               

Wie soll das erst im Kabinett werden, wenn die Einschläge urplötzlich von Putin, Trump oder Netanyahu kommen? Wenn von eben auf jetzt, völlig umgedacht werden muss? Dann braucht es die Sozis am Regierungstisch.

Der Kanzler in Spe begreift einfach nicht, wie ernst die Lage ist und was der Job eines Kanzlers ist.

Während die SPD-Mitglieder sich missmutig daran machen, über den Koalitionsvertrag abzustimmen, talibanisiert der geriatrische Trottel schon wieder die noch nicht einmal gebildete Koalition und erinnert das Volk an seine wesentliche Charaktereigenschaft: Ihm ist nicht zu trauen. So wie er über Migranten log, sein Versprechen, nicht mit der AfD zu arbeiten brach, seine Schwüre bezüglich der Schuldenbremse kassierte, zerschlägt er das Koalitionsporzellan, bevor die Sozis es gekauft haben.

[…] Merz entfacht neuen Streit mit der SPD um Steuern und Mindestlohn [….] Dass es den kleinen Leuten bald besser geht – für die SPD war das eigentlich ausgemachte Sache. „Wir werden die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen zur Mitte der Legislatur senken“, heißt es im Koalitionsvertrag. Und auch an anderer Stelle feierten die Sozialdemokraten einen Prestigeerfolg: Man werde den Mindestlohn in Deutschland auf 15 Euro anheben, kündigte SPD-Chefin Saskia Esken am Mittwoch im Bundestag an, als das 144-Seiten-Papier öffentlich präsentiert wurde. [….] Doch schon wenige Tage später ist fraglich, wie viel wirklich für die SPD drin ist. Denn der designierte Kanzler Friedrich Merz stellte am Sonntag beide Vorhaben wieder infrage. „Nein, die ist nicht fix“, sagte der CDU-Chef in einem Interview mit der Zeitung Bild am Sonntag zur Entlastung für kleine Einkommen. Man werde dies nur umsetzen, wenn es der Haushalt hergebe. Die Sorge, dass Arbeitnehmer angesichts steigender Sozialbeiträge und ausbleibender Steuersenkungen am Ende der schwarz-roten Regierungszeit weniger in der Tasche haben, nannte Merz „aus heutiger Sicht sicherlich nicht unberechtigt“.

Auch an anderer Stelle droht nur vier Tage nach der Einigung auf einen Koalitionsvertrag neuer Ärger. Denn Merz widersprach der SPD-Führung auch bei dem für 2026 angekündigten höheren Mindestlohn. „Das haben wir so nicht verabredet“, sagte Merz. [….] Der öffentliche Vorstoß aus der Union löst in der SPD Kopfschütteln aus. Die Partei lässt ihre Mitglieder von Dienstag an bis zum 29. April über den Koalitionsvertrag abstimmen. Merz’ Querschuss könne das Ergebnis negativ beeinflussen, heißt es warnend aus der Fraktion.[…]

(Markus Balser, 13.04.2025)

Merz Goes Trump. Den Leitsatz Pacta sunt servanda hat der ehemalige Richter nie gehört.

Samstag, 12. April 2025

Was passiert mit Jens Spahn?

Wie immer bei Regierungsbildungen, wenn man auf die Zustimmung der SPD-Basis zum Koalitionsvertrag wartet, wird wild spekuliert, wer Minister wird.
Ich nehme mich nicht aus; in erster Linie interessiert mich die Ressortverteilung. Dann kommen die Namen und erst an dritter Stelle die inhaltlichen Details. Es fühlt sich an, wie die Katze im Sack zu kaufen, wenn ich dem K.O.alitionsvertrag zustimme und gar nicht weiß, welche Minister ich mir damit ans Bein binde.

Die Parteichefs wissen natürlich um dieses Problem und befürchten das Ausbrechen eines allgemeinen Hühnerhaufen-Modus. Antipathien könnten die Ratio überlagern. Oder frustrierte Mitglieder von der Abstimmung fernhalten, wenn sie ihren Liebling übergangen sehen. Daher erklärt man uns gebetsmühlenartig, es komme in erster Linie auf die Inhalte an. Das funktioniert als recht effektives Totschlagargument, denn wer will schon zugeben, daß ihm Inhalte weniger wichtig als Personalien sind?

In Wahrheit kann man Inhalte gar nicht von Personen trennen. Der Ampel-Koalitionsvertrag wurde bezüglich der Verteidigungspolitik nie verändert, aber die Verteidigungspolitik schon! Erstens durch den 24.02.2022 und zweitens durch den Rücktritt von Christine Lambrecht am 17. Januar 2023 und die Ernennung von Boris Pistorius zwei Tage später. Der Koalitionsvertrag kann gar nicht auf alle auftretenden Problem a priori Antworten geben. Vieles hängt von den Fähigkeiten und der Integrität des Amtsinhaber ab.

Wenn eine Pandemie ausbricht, fühle ich mich wohler unter Gesundheitsminister Lauterbach, als unter Gröhe oder Spahn. Nicht nur, weil Lauterbach vom Fach ist, sondern weil Spahn erwiesenermaßen charakterlich nicht integer ist. Es gibt eine lange Liste mit Mauscheleien und privaten Bereicherungen, die er schon im jungen Alter füllte.

Die wesentlichen Dinge, die das Gesundheitssystem so ungerecht machen, wie das Verweigern einer Bürgerversicherung und das Festhalten an der Zweiklassenmedizin für wenige Reiche und viele Arme, wurden im Koalitionsvertrag festgeschrieben und sind in der Entscheidung des Urnenpöbels für die Parteien, welche strikt für Zweiklassenmedizin eintreten, begründet.

Daran ändert die Personalie des Gesundheitsminister nichts. Aber ein anständiger Minister wie Lauterbach, kann dennoch den Unterscheid machen, indem er beispielsweise den Zugang von Lobbyisten auf Gesetze beschränkt, während die  FDP-Gesundheitsminister Rösler und Bahr Pharma- und PKV-Vertreter nicht nur ins Ministerium holten, sondern diese auch die sie betreffenden Gesetze gleich selbst schreiben ließen.

Jens Spahn ließ als Finanz-Staatssekretär unter Schäuble und als Bundesgesundheitsminister zweifelsfrei erkennen, daß er in der Bundesregierung nichts verloren hat. Der Mann ist ein Risiko für Deutschland. Fachlich überfordert und mit einer hohen Korruptionsenergie ausgestattet, die ihn geradezu Trumpesk in Talkshows lügen und hetzen lässt.

Was soll nun also mit ihm passieren? Wird Merz ihn ins Kabinett rufen? Welches Ressort, das die CDU für sich reklamierte, könnte passen? Wirtschaftsministerium, Verkehrsministerium, Gesundheitsministerium, Außenministerium, Familienministerium, Digitalministerium?

Für Spahn spricht einiges: Er ist extrem bekannt, außerordentlich ehrgeizig, schleimte sich als Mitglied der vier apokalyptischen Reiter der Migration (Linnemann, Merz, Klöckner, Spahn) intensiv beim Parteichef ein, ist bestens in der rechten Medienwelt vernetzt, könnte als Schwuler für die seltene Diversität im Merz-Umfeld stehen, verfügt über gute Kontakte zur extremistischen GOP und kann auf Ministererfahrung verweisen.

[….] Jens Spahn, 44: Dass der frühere Gesundheitsminister einen wichtigen Posten bekommen muss, halten viele für klar. Das Gerücht, er würde auf den Posten des Botschafters in Washington abgeschoben, kommentierte man in seinem Umfeld eher belustigt. In der Union heißt es, Spahn wolle Fraktionschef werden. Manche Christdemokraten sind aber überzeugt, dass das ein großer Fehler von Merz wäre, weil Spahn zu ehrgeizig ist, zu sehr auf eigene Rechnung arbeiten könnte. Im Kabinett kommt nicht viel für ihn infrage – allenfalls vielleicht der Außenministerposten. Sehr unwahrscheinlich, aber als nicht komplett ausgeschlossen gilt manchen, dass Spahn komplett leer ausgeht. [….]

(SPON, 10.04.2025)

Es spricht aber auch einiges gegen Spahn. Er kommt aus NRW, das mit Merz, Scharrenbach (Schatten-Infrastrukturministerin), Laschet (Schatten-Außenminister) und Linnemann (Schatten-Wirtschaftsminister) ohnehin überrepräsentiert ist, er ist ein Mann (auch bereits überrepräsentiert) und zudem absolut nicht vertrauenswürdig. Merz müsste immer damit rechnen, von ihm ein Messer in den Rücken gerammt zu bekommen. Zudem ist der Mann chronisch unbeliebt und trüge insofern kaum dazu bei, die miesen CDU-Umfragewerte zu erhöhen.

Spahn erhöht den Druck, berücksichtigt zu werden, indem er seine Rolle als CDU-Rechtsaußen betont. Er weiß, wie viel Unmut es bei der rechten CDU-Basis gibt, die Merzens stramm rechte xenophobe und fiskalpolitisch konservative Wahlkampfrhetorik vermissen. Umso mehr versucht er sich, als AfD-affiner Posterboy zu geben, um auf dem Ticket ins Kabinett zu reiten.

[….] Im Streit um Äußerungen des Unions-Fraktionsvize Jens Spahn, der sich für einen anderen Umgang mit der AfD im Bundestag ausgesprochen hatte, hat Berlins SPD-Fraktionschef Raed Saleh den CDU-Politiker kritisiert. "Wer Rechtsextremisten wie die AfD gleichstellt mit der demokratischen Opposition, relativiert die Gefahr für Gesellschaft und Demokratie als auch die schmerzhaften Lehren aus unserer Vergangenheit", sagte Saleh am Samstag dem rbb.

"'Nie wieder' heißt: Nie wieder Faschismus. Nie wieder Rechtsextremismus. Und diese Worte bedeuten nichts ohne die entsprechende Haltung. Und diese Haltung lässt Spahn fahrlässig vermissen", so Saleh, der auch Vorsitzender der Berliner Enquete-Kommission gegen Rassismus ist.

Seit der Bundestagswahl ist die AfD zweitstärkste Kraft hinter der Union. Spahn hatte sich dafür ausgesprochen, bei organisatorischen Fragen im Bundestag mit der AfD so umzugehen wie mit anderen Oppositionsparteien auch - etwa bei Abläufen im Parlament oder Verfahren in der Geschäftsordnung. [….]

(RBB, 12.04.2025)

Die mit Rechtsextremisten sympathisierenden Kräfte in der CDU nehmen stark zu und werden durch die Koalition mit einer angeblich so gut verhandelnden SPD immer unzufriedener. Spahn könnte ihre Beruhigungspille werden.

Freitag, 11. April 2025

Hoffen auf die Fehler der anderen

Wie sich Europa gegenüber den großen globalen Playern USA und China, sowie in militärischer Hinsicht auch Russland, behaupten soll, weiß ich nicht.

Natürlich, die addierte Bevölkerungszahl und die addierte Wirtschaftsleistung sollte uns zu einem wichtigen Faktor machen.

Wir sind viel weniger als die Chinesen, aber mehr als die USAner. (Russland 144 Millionen Einwohner)

Beim Bruttoinlandsprodukt liegt die EU mit 17 Billionen Dollar nur noch auf Platz drei hinter den USA (27,4 Billionen) und China (17,8 Billionen), aber wir sind immerhin noch eine relevante Größe. Im Gegensatz zu Russland mit zwei Billionen US-Dollar.

Flächenmäßig sind wir lütsch mit gerade mal 4.500.000 km². China (9.600.000 km²) und die USA (9.800.000 km²) sind mehr als doppelt so groß. Russland ist der Riese mit 17.100.000 km².

Die wahren Kraftverhältnisse kann man nicht anhand der genannten Kennzahlen beziffern, da die Softpower eine große Rolle spielt. Weltweit führt die USA dort mit enormen Abstand. Die Kinder in Ruanda oder Chile oder Tibet eifern US-amerikanischen Stars und Marken und Ideen nach. Da spielt China fast gar keine Rolle.

Relevant ist unbedingt die militärische Stärke, bei der die EU mit den anderen drei Großen nicht im Entferntesten mithalten kann.

Schließlich hemmt die EU ganz entscheidend ihr fragiles föderales Machtsystem.

Xi und Putin sind Diktatoren, die allein herrschen. Ihr Wort ist Gesetz. Die USA sind nur noch formal eine Demokratie. De facto regiert Trump bereits autokratisch. Laut Verfassung könnte er zwar sein Amt verlieren, aber dazu müssten Teile seiner Partei mitspielen und die Fanatiker hielten selbst nach dem Kapitolsturm und dem zweiten Impeachment eisern zu ihm.

Wenn man sich Trump, Putin und Xi als voll armierte Elitesoldaten vorstellt, steht von der Leyen daneben, wie ein mageres Kleinkind im Lendenschutz mit bloßen Fäusten.

Die EU wurde  2008, 2014, 2017, 2022 und 2025 eindringlich gewarnt und wußte, was zu tun ist, weil es ihre einzige Überlebenschance ist: Zusammenrücken, nationale Egoismen aufgeben, Kompetenzen nach Brüssel geben, Einstimmigkeitsprinzip abschaffen, außenpolitisch mit einer Stimme sprechen, massiv in eine gemeinsame Armee investieren.

Wir sind aber bisher an diesen Aufgaben nicht nur gescheitert, sondern sind erheblich weiter ins Hintertreffen geraten. Der Brexit, Orbán, Fico und die Rechtsextremisten im EU-Parlament sind allesamt Selbstkastrationen im Ringen mit China, Russland und den USA.

Wir, die EU-Bürger, die Wähler sind dabei eindeutig die Schuldigen, da wir uns mit unserer sagenhaften Bräsigkeit und Borniertheit selbst ins europäische Knie schießen. Niemand hat 51,89 % der britischen Wählenden gezwungen, beim EU-Mitgliedschaftsreferendum am 23. Juni 2016, für den Austritt und den daraus zwingenden ökonomischen Niedergang zu stimmen.

Aus eigener Kraft können wir uns nicht aufraffen, die EU fit für die Globalisierung zu machen. Dazu ist der Urnenpöbel einfach zu dämlich.

Unsere letzte Chance liegt im US-Urnenpöbel, der noch viel dämlicher ist und am 05.November 2024 Project25-Trump zum zweiten mal nicht nur ins Weiße Haus wählte, sondern ihm in beiden Parlamentskammern dazu jeweils eine absolute Mehrheit bescherte.

Die Dämlichkeit ihres orangen Messias übertrifft die EU-Dämlichkeit so deutlich, daß wir durch tumbe Passivität an relativer Stärke gewinnen. Mit dem irren Peter Navarro und seinem Zollwahn schwächt Trump die USA, wie es kein Konkurrent von außen könnte.

[….] Zugegeben, Liz Truss ließ kein Pappschild anfertigen, um ihre waghalsige Wirtschaftspolitik zu erklären. Sie erhob auch keine Zölle, sondern verkündete radikale Steuersenkungen auf Pump. Dennoch fühlen sich viele Briten beim Blick in die USA gerade an die verhängnisvollen Tage im Herbst 2022 erinnert, in denen sie die britische Wirtschaft zum Absturz brachte.

Kaum hatte Truss damals ihre Möbel in die Downing Street geschafft, zwang sie ihrem Land ein ähnliches riskantes Experiment auf, wie es nun der US-Präsident mit seiner radikalen Zollpolitik wagt. Der Versuch endete im Desaster.  Die Märkte rebellierten. Truss entließ ihren Finanzminister und trat nach nur 45 Tagen im Amt schließlich selbst zurück. Die Boulevardzeitung »Daily Star« wettete auf dem Höhepunkt der Krise, dass Truss schneller zurücktrete, als ein Salatkopf welken würde. Der Spitzname »Lettuce Liz« war geboren.

Manche Beobachter in London fragen sich nun, welches Gemüse für Trump steht. Vielleicht ein Kürbis, witzelte Journalist Lewis Goodall in seinem Podcast.   Die Parallelen zum Drama in Washington sind frappierend. Donald Trump erlebt seinen Liz-Truss-Moment.  [….]

(Steffen Lüdke, SPON, 11.04.2025)

Die EU gewinnt automatisch in dem Maße das Vertrauen der internationalen Anleger, wie Trump die US-Börsen talibanisiert und die Geldgeber der USA (China, Japan, Belgien) ihre Bonds auf den Markt werfen. Trump ist so extrem verblödet, daß er trotz seiner fast autokratischen Macht, im ökonomisch mit Abstand stärksten Staat der Welt, nun an seine Grenzen gerät. Zhou Bo, Oberst a. D. der Volksbefreiungsarmee, ist Senior Fellow am Zentrum für Internationale Sicherheit und Strategie der Tsinghua-Universität in Peking, sieht es pragmatisch.

[….] Die USA befinden sich im Niedergang. Nach dem Zweiten Weltkrieg machten sie 50 Prozent der Weltwirtschaft aus, heute ist es nur noch ein Viertel. Dieser Rückgang verläuft langsam und ist vor allem relativ. Doch wer glaubt am stärksten an den eigenen Abstieg? Nicht China, sondern die Amerikaner selbst. Trump wurde gewählt, weil er Amerika als „in der Krise“ bezeichnete und versprach, die USA wieder großzumachen. Vor der Pandemie hieß es, China würde die USA bald überholen. Heute wird weniger darüber gesprochen, aber es ist immer noch nicht unmöglich, insbesondere wenn China sein Potenzial besser nutzt, beispielsweise in den Bereichen KI und Robotik. Aber ob China Nummer eins wird, ist zweitrangig. Der Abstand schrumpft, und genau deshalb sollten die USA umdenken.

Sind die Zölle eine strategische Chance für China?

Natürlich sind sie das. Wie Napoleon sagte: Wenn dein Feind einen Fehler macht, störe ihn nicht. Die USA sind nicht unser Feind. Aber wer diesen Wettbewerb als strategisch sieht, könnte so denken. Trumps Kurs bringt China näher an andere Staaten. Trotz bestehender Probleme verbindet diese neue Bedrohung auch China und die EU. [….]

(SZ, 11.04.2025)

Donnerstag, 10. April 2025

Der Mann, der nie den Schritt in die Seriosität schaffte

Das wird ihm nicht gefallen. Nun ist er nur noch der peinliche Typ, der den Streisand-Effekt gegenüber der Titanicnachweisen will.

[….] Free-Speech-Visionär Christian Lindner will einen TITANIC-Titel verbieten lassen, denn es ist besser, Satire falsch zu verstehen, als sie nicht zu verstehen.  Jetzt Totalverweigerer sanktionieren und endgültige Satire unterstützen!  [….]

(Titanic vs. Lindner)        

Vermutlich wurde nie ein Mann so sehr geliebt, wie Christian Lindner von Christian Lindner. Für ihn war es selbstverständlich, mit den mächtigsten und berühmtesten Personen dieses Planeten zu verkehren: Milei, Musk, Trump. Großzügig bot er an, sich dazu herabzulassen, mit ihnen zu parlieren, den armen Unwissenden zu erklären, wie der Lindnerismus die Welt retten wird. Es wird ihm für immer unverständlich bleiben, wieso die Größten dieser Welt nicht auf sein Angebot eingingen und ihn gar nicht treffen wollten.

Er versteht sich selbst als das Zentralgestirn des Universums. Nicht mehr in der Politik vorzukommen, schmerzt gar fürchterlich.

Nun schafft er es nur noch mit der Kraft seiner Lenden in die Yellowpress:

[…..] Das Familienglück ist ein neuer Höhepunkt in der Beziehung des Paares. Lindner und Lehfeldt lernten sich 2018 kennen – er war damals Partei- und Fraktionschef der FDP im Bundestag, sie Reporterin bei RTL. Für Lindner zog Lehfeldt von Köln nach Berlin. 2022 heirateten sie auf Sylt, in der kleinen Kirche am Ortsrand von Keitum.

Auf ihren Instagram-Kanälen veröffentlichten Lindner und Lehfeldt ein Schwarz-Weiß-Foto einer Babyhand, die von zwei Erwachsenenhänden umschlossen ist. Dazu schrieben sie: «Vor wenigen Tagen sind wir Eltern unseres ersten Kindes geworden. Wir sind überglücklich und fühlen große Dankbarkeit, dass wir jetzt eine Familie sind.» Dazu posteten sie ein Herz-Emoji. Das Paar bedankte sich zudem «von Herzen für die große Anteilnahme und die vielen Glückwünsche», die sie erreicht hätten.   [….]
(SPON, 10.04.2025)

Angesichts der geballten Form von weltpolitischen Großkrisen, ist es natürlich dramatisch, ausgerechnet jetzt vom Regierungsazubi Merz und seinen dummerhaften Dödeln angeführt zu werden. Wir hätten Scholz und Habeck behalten können und stünden damit jetzt viel besser da. Aber RotGrün hatte keine Chance mit der hepatitisgelben Pest im Nacken.

Niemand kann mir nachsagen, daß ich Lindner nicht schon immer verachtet, bekämpft und beschimpft hätte.

Aber angesichts von Krieg und Klima und Trump, fällt noch mehr ins Gewicht, wie froh Deutschland sein muss, diesen Destruktionsagenten los zu sein.

Volker Wissing, während des Bestehens der Ampel treuer FDP-Gefolgsmann und vorbildlich lobbyhöriger Minusminister, offenbart erst jetzt die Abgründe, die sich in der täglichen „Arbeit“ mit Lindner auftun.

[…..] Verkehrsminister Volker Wissing hat der FDP-Führung um Parteichef Christian Lindner vorgeworfen, den Bruch der Ampel-Regierung gezielt herbeigeführt zu haben. Er sei „davon überzeugt, dass diese Koalition hätte weiterbestehen können, wenn man sie gewollt hätte“, sagte der parteilose Politiker im Podcast „Meine schwerste Entscheidung “ unserer Redaktion. „Man wollte nicht diese Konflikte nach außen, diese Streitereien beenden. Das war nicht gewollt, und für mich war immer klar, dass es so enden kann und dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass es so enden wird“, machte Wissing deutlich. Aber es sei gewesen, als redete man an eine Wand. […..] Wenn man in der Ampel einen Kompromiss aushandeln und positiv vertreten wollte, habe man „als Grünenversteher oder irgendwie als Freund der SPD“ gegolten, kritisierte Wissing. Diese destruktive Haltung führte er auf Lindner zurück: „Also, ich glaube, Lindner hatte immer die Angst, dass wenn wir zu konstruktiv sind, dass die FDP dann als nicht mehr existent oder vergrünt oder jetzt auch links oder so was wahrgenommen wird.“ Er sei selbst da „etwas optimistischer und nicht so ängstlich“ gewesen wie sein Parteichef.

[…..] Die Nacht des Ampel-Bruchs habe ihm körperlich zugesetzt, berichtete Wissing. Eigentlich sei er sehr robust, „aber an diesem Abend habe ich mich wirklich physisch sehr gequält“, weil er alles für falsch gehalten habe. Es sei falsch gewesen, dass die FDP ein Papier zur Wirtschaftswende mit Maximalforderungen an die Koalitionspartner geschrieben habe. „Es war falsch, dass wir keine Einigung für den Haushalt gefunden haben. Es war falsch, Neuwahlen zu provozieren. Ich fand alles falsch.“

Seit dem Ampel-Bruch herrscht zwischen Lindner und Wissing absolute Funkstille. […..]

(Abendblatt Podcast, 10.04.2025)

Mögen sich Lindner und Lehfeldt als Comedy-Duo mit der Titanic battlen und Instagram mit Babybildern zuspammen; solange sie der Politik weit fernbleiben, bin ich glücklich.