Meine Verwandten und Bekannten in den USA (Ohio, Georgia, New York) bestätigen in den letzten Tagen alle, wie froh sie über die Kandidatur von Kamala Harris sind. Erst nach dem Ausstieg Bidens aus dem Präsidentschaftswahlkampf, merkt man so richtig, wie sehr der alte Sturkopf die Demokraten lähmte und welchen Schaden er der Partei anrichtete.
Als Biden und Harris vorgestern auf Militärflughafen Joint Base Andrews erschienen, um die freigekauften Geiseln aus Russland und Belarus zu empfangen, war ich im ersten Moment irritiert und fragte mich, wieso da ein weißhaariger Geront klapperig umherstakst, bis mir einfiel, daß Biden immer noch als US-Präsident amtiert.
Ich bin gedanklich schon ganz bei Harris.
Die Umfragen drehen sich, Trump blamiert sich sogar noch mehr als üblich, sein „VP-pick“ ist ein Totalausfall und das Wahlkampfgeld sprudelt auf die demokratischen Konten.
Was soll da noch schief gehen am 05.11.2024?
Aber es gibt zwei Probleme:
Einerseits befinden sich in meiner US-Blase nur Demokraten. Mit meinen republikanischen Cousins in Kalifornien habe ich mich (selbstverständlich) überworfen und spreche schon seit Jahren nicht mehr mit dem gesamten Familienzweig.
Andererseits ist die Perspektive aus Europa immer zu sachlich und setzt fälschlicherweise halbwegs rationales Handeln der US-Wähler voraus.
Die Stimmung in NY, wo ich wähle, ist irrelevant. Dort steht das Ergebnis schon fest. Wunder des US-Wahlrechts: Mein Kreuz auf dem Wahlzettel hat keine Power.
In Georgia und Ohio ist es anders. Das sind wichtige Swingstates; dort können wenige Tausend Stimmen über den US-Präsidenten entscheiden. Und dort teilt man meinen europäischen Optimismus (noch?) nicht. Die allgemeine Stimmung ist zu schlecht, die Wähler sind zu schlecht informiert und die guten Bidenomics-Daten kommen beim einfachen Volk nicht an.
Der republikanische Hetze gegen Frauen, Einwanderer, Queere und POCs fällt auf fruchtbaren Boden.
Wir Amerikaner und Deutschen in Europa tut also gut daran, weiterhin das Allerschlimmste für die US-Wahlen zu erwarten. Zumal der orange Despot eine Niederlage niemals akzeptieren wird und seine fanatischen Jünger zu landesweiter Gewalt auffordern wird.
Bis dahin genieße ich aber ein paar angenehme Artikel, die mich dennoch träumen lassen.
[……] I promised you a blueprint and a strategy that, beginning today, working together, we can use to actually, once and for all, end the career of a political arsonist, the man who attempted to overthrow the duly-elected government of the United States of America, the 34-time convicted felon, self-admitted sexual abuser, and one-time Dean of Trump University: Donald J. Trump. [……]
[…..] Der wunde Punkt von Trump ist nicht in erster Linie, dass er politisch inakzeptabel wäre. Die Melange aus scharfer Anti-Einwanderungsrhetorik, Protektionismus und militärischer Zurückhaltung ist enorm populär, das zeigen alle Umfragen. Seine große Schwäche ist, dass er und die »MAGA«-Bewegung wie eine Freakshow wirken.
Eine Truppe, die immer mehr zum Magneten für Verschwörungstheoretiker, Glücksritter und Hochstapler wird und nun mit J.D. Vance auch noch einen Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten hat, der sich in rechten Krawallshows dazu hinreißen ließ, kinderlose Frauen als »Katzenladys« zu bezeichnen, die das Land in den Ruin trieben.
Der Ärger der Republikaner, dass die Demokraten sie nun einfach als »weird« bezeichnen, zeigt, wie treffend das Wort ist. […..]
[…..] Vor der US-Wahl: Trumps Sprachpatzer sorgen für Spekulationen über seine geistige Fitness
Medienberichten zufolge stolperte Trump bei einer Wahlkampfkundgebung in Atlanta über bestimmte Formulierungen. Er sprach „wrecking“ als „reckting,“ „mobs“ als „marbs“ aus und sagte „place“ statt „police“, bevor er sich korrigierte. Diese Ausrutscher lösten in den sozialen Medien Spekulationen über seine kognitiven Fähigkeiten aus. Einige Nutzer in den sozialen Medien bezeichneten die Aussetzer als „Pannen“ und äußerten Bedenken hinsichtlich Trumps Alter und geistiger Fitness.
Bei der Kundgebung behauptete Trump außerdem weiterhin fälschlicherweise, er habe Georgia 2020 gewonnen, einen Staat, den er gegen den späteren US-Präsidenten Joe Biden verloren hatte. Er nannte Biden „einen so schlechten Präzedenzfall“ statt „Präsident“, bevor er sich korrigierte und sagte, Harris sei „eine Person mit niedrigem IQ“. [….]
(Jekaterina Jalunina, 04.08.2024)
[….] “Excited..energized..honored..proud” - that’s how our delegation to the Democratic National Convention is feeling after casting our votes to nominate Kamala Harris as the Democratic candidate for President this year.“ [….]
(Martha McDevitt-Pugh, International Chair, Democrats Abroad, 04.08.2024)
[….] Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass der Wahlkampf in den USA mit der Kandidatin Kamala Harris ganz von vorne begonnen hat, dann hat diesen Beweis nun Donald Trump erbracht. Indem er nämlich versucht, dass für den 10. September fest vereinbarte TV-Duell zwischen den beiden Präsidentschaftskandidaten beim Sender ABC wieder abzusagen. Es ist ein nahezu unerklärlicher strategischer Fehler Trumps.
Seine Zusage sei hinfällig, argumentiert er sinngemäß, weil er nun gegen Harris antreten müsse, statt wie ursprünglich gedacht gegen Joe Biden. Im Lager der Demokraten dürften sie das mit großer Freude zur Kenntnis nehmen. Denn die Botschaft, die Trump damit aussendet, ist ja vor allem eine Respektsbekundung vor Kamala Harris. Man könnte auch eine Spur von Angst hineindeuten. […..]
[….] Für Kamala Harris, die bei der Wahl im November Donald Trump schlagen will, ist es das wichtigste Thema überhaupt. Sie hat sich immer für das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche ausgesprochen, als erste Vizepräsidentin besuchte sie eine Abtreibungsklinik.
Eine große Mehrheit der US-Bevölkerung hat sie dabei hinter sich. 63 Prozent finden laut einer Umfrage des Pew Research Center, dass Abbrüche in allen oder den meisten Fällen legal sein sollten. Unter den Anhängern der Demokraten sehen das 85 Prozent so, unter jenen der Republikaner immerhin 41 Prozent.
Für Trump ist das gefährlich. Immer wieder hat er damit angegeben, dass er persönlich das historische Supreme-Court-Urteil »gekillt« habe , das von 1973 an landesweit Abtreibungen ermöglicht hatte. In »Roe gegen Wade« hatte das Gericht festgestellt, dass das Recht auf Abbrüche von der US-Verfassung gedeckt ist. Erst die Ernennung dreier konservativer Richter durch Trump führte zu der Mehrheit im Supreme Court, die das Urteil 2022 wieder kippte. […..]
(DER SPIEGEL, 03.08.2024)
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