Also, die taz ist zwar immer noch völlig ZU RECHT für ihre genialen Titelseiten und Überschriften berühmt, aber heute finde ich Barbara Oertels Kommentar zum Kirchen-Exodus wenig subtil.
Aber der Reihe nach. Es gibt die ersten 2024er Zahlen zu der Mitgliederentwicklung bei der beiden großen deutschen Kirchen. Ich habe ja wenig zu lachen in dieser politischen Weltlage; da gehören die neuesten Austrittszahlen zu den wenigen positiven Highlights.
Highlights, auf die man sich wenigstens verlassen kann. Denn bei den beiden Kirchen geht es immer zuverlässig bergab.
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Dieses Mal allerdings, also für das Jahr 2024, macht sich verhaltener Optimismus breit. Mehrere Bistümer melden keinen neuen Rekord. Die Kurve hat sich ein wenig abgeflacht. Innerhalb von zwölf Monaten gingen nämlich nur 1,1 Millionen Seelen flöten. Da gilt es sorgfältig zwischen Beschwichtigung und kontrollierter Panik abzuwägen. Es ist ein bißchen wie nach einer Bundestagswahl, wenn die großen Parteien jeweils acht Prozentpunkte verloren haben, aber in der Berliner Runde von Stabilisierung und Optimismus prahlen, weil sie laut einer Umfrage auch zehn Prozentpunkte hätten verlieren können und in Relation dazu, schließlich 20% besser abgeschnitten hätten.
[….] Einmal im Jahr melden die großen Kirchen die unvermeidliche Negativnachricht: Wir sind schon wieder weniger geworden. Zwar ist die Zahl der Kirchenaustritte insgesamt leicht rückläufig. Trotzdem haben die evangelische und die katholische Kirche im Jahr 2024, rechnet man Todesfälle mit ein, zusammen mehr als eine Million Mitglieder verloren.
Die Austritte allein bewegen sich mit insgesamt rund 670 000 im sechsstelligen Bereich. Wie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die katholische Deutsche Bischofskonferenz (DBK) am Donnerstag gemeinsam mitteilten, gehörten Ende 2024 noch 37,8 Millionen Menschen einer der beiden großen Kirchen an. Ende 2023 waren es noch 38,9 Millionen.
Die katholische Kirche hat 321 611 Mitglieder verloren, im Jahr 2023 waren 402 694 Katholikinnen und Katholiken ausgetreten. Den bisherigen Höchstwert an Austritten verzeichnete die katholische Statistik für das Jahr 2022. Damals hatten mehr als 520 000 Menschen die katholische Kirche verlassen. Bitter für die katholische Kirche ist, dass die Gesamtzahl ihrer Mitglieder in Deutschland nun erstmals unter die 20-Millionen-Marke gesunken ist, auf rund 19,7. Und: Das Erzbistum Köln hat seinen Titel als mitgliederstärkste deutsche Diözese an das Bistum Münster verloren.
Auch die evangelische Kirche bleibt weiter auf Schrumpfkurs: Bis zum 31. Dezember 2024 waren 345 000 Protestanten ausgetreten. Im Jahr 2023 waren es 380 000. Hinzu kommen 335 000 verstorbene Kirchenmitglieder. [….]
Die BischöfInnen haben einen guten stabilen Humor, wenn sie angesichts ihrer offenkundigen, gerade in harten Zahlen dargelegten, gesellschaftlichen Irrelevanz, ihre gesellschaftliche Relevanz beschwören.
[….] Die Menschen hätten nach wie vor hohe Erwartungen an die Kirche, vor allem in den Bereichen Bildung, Erziehung, Caritas und soziale Verantwortung, sagt Bätzing: „Es gilt, Zukunftsfelder zu identifizieren, die nah an der Lebenswirklichkeit der Menschen sind – besonders an jungen Menschen und ihren Familien.“ [….] Kirchen würden weiterhin gebraucht, sagt auch die EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs, insbesondere in diesen krisenhaften Zeiten. [….]
Hihi. Pflichtschuldig werden nun Überlegungen angestellt, woran es liegen mag.
Könnte es womöglich etwas mit der einmaligen Heuchelei, der antidemokratischen menschenrechtsfeindlichen Haltung und dem notorischen Drang zur sexuellen und psychischen Vergewaltigung von Kindern zu tun haben? Oder liegt es doch eher an der beispiellosen Geld- und Machtgier?
Hier kommt nun die eingangs erwähnte tazerin Oertel ins Spiel, die auch ahnt, Kinderfick**ei, sowie das hartnäckige Vertuschen und die Verhöhnung der Opfer, könnte womöglich latent Image-schädigend wirken.
[….] Ein bisschen Schwund ist immer, weiß der Volksmund, doch hier geht es mittlerweile um ganz andere Dimensionen. Beiden Kirchen laufen ihre Schäfchen in Scharen davon. [….] Da, wo es mit dem Glauben nicht mehr so weit her ist, wird Glaubwürdigkeit immer wichtiger. Und auch die hat bei beiden Kirchen merklich gelitten. Genannt seien an dieser Stelle allen voran die zahlreichen Fälle sexuellen Missbrauchs. Von einer umfassenden Aufarbeitung kann bislang kaum die Rede sein, was die Betroffenen, aber nicht nur sie, als weitere Demütigung empfinden müssen. Ein wirkliches Bemühen, seinem/r Nächsten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, sieht anders aus. [….]
Aber der eigentliche Oertels-Klopfer kommt erst noch: Im Versiegen der staatlichen Mittel, hahaha, läge auch eine Chance, hihihi, man könne doch auf die vom Staat eingetriebenen Kirchensteuer-Milliarden, hohoho, verzichten, HÖHÖHÖ, und mit anderen Methoden, wie in den anderen Ländern, Einnahmen generieren, hehehe, sich selbst um das Eintrieben der Milliarden kümmern. Finanzielle Knappheit fördere die Kreativität – BRÜLL!
Die Zehn Gebote, Jesus, den Katechismus, Gott – OK, all das mag verhandelbar sein in den Kirchen. Aber sie geben kein Geld her! Raffgier ist nun wirklich der wichtigste Daseinszweck der Religioten.
[….] Die Gotteshäuser sind gefühlt wie real nicht gerade im finanziell niederschwelligen Bereich unterwegs.
Die Kirchensteuer hinterlässt bei Berufstätigen mit überschaubarem Einkommen durchaus ihre Spuren im ohnehin nicht prall gefüllten Portemonnaie. Auch, dass der Staat die Abgabe einzieht – ein Relikt vom Anfang des 19. Jahrhunderts – erschließt sich vielen schon längst nicht mehr. Zumal Vater Staat einen Teil des Obolus für sich einbehält. [….]. Warum nicht die Kirchen durch freiwillige Spenden alimentieren? Oder, wie beispielsweise bei Vereinen, Beiträge von den Mitgliedern direkt einziehen[….] Überhaupt: Klamme Kassen setzen ja manchmal ganz kreative Ideen frei. [….]
Schade, auch Oertel kommt nicht auf den einzig naheliegenden Gedanken: Der Kirche zu ihrem schleichenden Tod zu gratulieren und den Trend endlich als positive Entwicklung zu begreifen. Stattdessen framt auch sie die Säkularisierung fälschlicherweise als etwas Negatives, das es zu bedauern gelte. Schade.
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