Sonntag, 28. April 2013

Wenn es einmal ins Rutschen gerät…



Einer der erstaunlichsten Aspekte des sexuellen Kindermissbrauchs der Katholischen Kirche ist die Unverfrorenheit, mit der Topkleriker wie der Salzburger Weihbischof Andreas Laun erklärten man haben ja vor 2010 gar nichts dagegen unternehmen KÖNNEN, weil man es ja gar nicht gewußt hätte. So etwas habe man sich noch nicht einmal vorstellen können. 
Sprachs und kam ohne Rüge davon. 
Daß seit vielen Jahren Politmagazine und zahlreiche Blogger von diesen Fällen berichtet hatten, daß die Kirche dies sehr wohl gewußt haben MUSS, da sie anwaltlich gegen die Opfer ihrer kinderfickenden Priester vorgegangen war, zahlreiche Schweigevereinbarungen getroffen und unzählige Pädophile in ihren Reihen wegen ihrer „Veranlagung“ munter von Pfarrei zu Pfarrei versetzt hatte, störte den Bischof nicht.
Bischöfe sehen sich über der Moral und über dem Recht stehend.
Das sehen rechte Hardliner des Episkopats (Tebarzt van Elst, Müller, Mixa) genauso wie die jovialen Liberaleren.
Der langjährige Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Karl Kardinal Lehmann tut aber nur so liberal. Er kann auch ganz anders.
Der langjährige Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Karl Kardinal Lehmann hat es offenbar vorgemacht, indem er gar aus dem Ausland Pädophile in sein Bistum holte und sie im Schnellverfahren zu Prietsern machte.
Im Mai 1992 war im Schweizerischen Polizeianzeiger ein Haftbefehl der Kantonspolizei Freiburg gegen einen kinderbefummelnden Mann ergangen. Zeugen haben von "Griffen an die Genitalien" berichtet. An dem Freiburger Gymnasium, wo er als Deutschlehrer tätig war, hatten betroffene Schüler in großen Lettern "Orat et masturbat" und "Master of masturbation" auf die Fassade geschrieben.
DIESEN Mann, der nach Informationen des SPIEGEL in der Schweiz wegen des Verdachts auf "Unzucht mit Kindern" zur Fahndung ausgeschrieben war, bat Kardinal Lehmann nach Mainz wo er einen 12-Monatigen Schnellkurs im Priesterseminar belegte.
Nach dem was man inzwischen über Vorgänge in Priesterseminaren weiß – St. Pölten läßt grüßen – ist es nicht verwunderlich, wie schnell sich der Kinderficker unter Katholiken wohlfühlte.
Im Oktober 1992 wurde er Diakon und dann 1993 vom Kardinal persönlich zum Priester geweiht.

Im Jahr 2007, also fünf Jahre nach den päpstlichen Leitlinien zum Kindesmissbrauch, die vorsahen pädophil übergriffige Priester zu melden, hatte der Mainzer Kardinal erklärt, wieso er sich nicht daran halten müsse – die Staatsanwaltschaften gefielen dem Herren im roten Kleid nicht.
O-Ton Karl Kardinal Lehmann, Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz:
„Die Staatsanwaltschaften in verschiedenen Städten sind auch recht verschieden. Soweit her mit der Objektivität allein ist es dann auch wieder nicht.“


Daß man sich selbst nicht an Gesetze zu halten braucht und die Staatsanwaltschaften nur ernst nehmen muß, wenn sie einem persönlich sympathisch sind, zeigt sich auch in der Hoeneß-Affäre.
Der steuerkriminelle Bayernchef meint ebenfalls die Objektivität der Staatsanwaltschaften abwägen zu dürfen.
Im September 2011 zündete der Brasilianer Breno, damals 21 Jahre alt und Verteidiger bei den Bayern, nach reichlich Alkoholgenuss sei- ne gemietete Villa in München-Grünwald an und wurde verhaftet. Hoeneß war des- halb wütend auf die Justiz und polterte öffentlich herum: „Was die Münchner Staatsanwaltschaft macht, ist eine absolute Katastrophe! Einen Haftbefehl zu erlassen gegen einen jungen Mann, der am Boden ist, der völlig fertig ist! Mit der albernen Begründung einer Verdunklungsgefahr – der kann gar kein Deutsch!“
(SPIEGEL Heft 18, 2013)

Die Ähnlichkeit des Verhaltens des Kirchenfürsten und des Fußballpräsidenten kommt nicht von ungefähr. 
Beide sitzen mächtigen Organisationen vor, die es gewohnt sind, daß Politiker vor ihnen buckeln. Sie sonnen sich im Wohlwollen der Massen und halten es für selbstverständlich adoriert zu werden.
 Journalisten berichten in aller Regel voller Wohlwollen.
Die Journaille neigt generell zu Einheitsmeinungen.
Sie haben in den Jahren 2002-2005 alle Rotgrün runtergeschrieben, sie haben 2009 und 2010 alle von und zu Guttenberg über den grünen Klee gelobt, sie bejubelten 2011 und 2012 alle Joachim Gauck und nun schreiben sie alle Steinbrück runter.
Journalisten sind Herdenwesen, die sich  - bis auf rühmliche Ausnahmen natürlich – am liebsten der vorherrschenden Meinung anschließen.

Politikern und anderen Promis werden Etiketten verpasst und fortan kommt kein Schreiberling mehr ohne das feste Konnotationsmuster aus. 
Viele Personen schleppen ein festes Adjektiv-Korsett mit sicher herum, das brav von der Presse aufgesagt wird, wenn sie über denjenigen berichten.
Man wird so gut wie nie einen Artikel über Claudia Roth lesen, in dem nicht eingeflochten wird, daß sie eine Nervensäge sei. Jürgen Trittin wird immer ein „arrogant“ untergeschoben, Schäuble ist „kompetent“, Steinbrück „beratungsresistent“, Käßmann „moralisches Vorbild“, von der Leyen „ehrgeizig“, etc.
Man kann es schon singen. 
Das ist wie bei schlechten Comedians, deren Witze immer darauf hinauslaufen, daß Günther Strack dick, Inge Meysel alt und Verona Feldbusch dumm ist.

In seltenen Fällen kippen diese festen Beschreibungsmuster allerdings.

Guido Westerwelle wurde jahrelang zwar als eitel wahrgenommen, aber immer bescheinigte man ihm enorme steuer- und wirtschaftspolitische Kompetenz.
Im Jahr 2010 stand er dann auf einmal als Kaiser ohne Kleider da, der außer dem Steuersenkungsversprechen eigentlich nie konkrete Politik gemacht hatte.
Auf einmal hatte er journalistische Scheiße am viel zu großen Schuh und jede seiner Aktivitäten wurde grundsätzlich extrem kritisch behandelt.

Auch das einwandfreie Ansehen der Katholischen Kirche und des „Wir-sind-Papst“-Ratzingers löste sich eines Tages in Wohlgefallen auf. 
Auf einmal begannen Journalisten aller Zeitungen darüber zu schreiben, daß es schon seit Jahrzehnten pädophile Übergriffe auf Kinder gab.
 Auf einmal wollten sie wissen, was eigentlich mit der Kirchensteuer passiere und wieso die Landeshaushalte noch hunderte Millionen nebenher für Kirchenpersonal locker machten.

Erstaunlich, aber wahr: 
Im Jahr 2012 begannen sogar die großen Fernsehsender und publikumsstärksten Zeitungen genauer bei Caritas und Diakonie zu recherchieren – und siehe da: Potzblitz, da steckten gar nicht die Kirchensteuern drin, sondern der Staat finanziert Kindergärten und Pflegeheime in kirchlicher Trägerschaft.
 Bei der Gelegenheit wurde der größeren Öffentlichkeit auch noch bekannt, daß 1,2 Millionen Angestellte der religiösen Sozialkonzerne gar keine vollen Arbeitnehmerrechte genießen, daß Moslems und Juden gar nicht erst eingestellt werden, daß man gefeuert werden kann, wenn man sich scheiden läßt.

Ganz besonders staunen Atheisten über diese „Enthüllungen“. 
Denn das sind unsere Basics.
 Das weiß jeder. 
DESWEGEN engagiert man sich ja gegen die Flut von Kirchenprivilegien, deswegen tut man seit vielen Jahren alles, um dieses Wissen zu verbreiten. 
Es gibt dazu hunderte Bücher, Myriaden Artikel und unzählige Blogs.

Sie haben aber immer nur eine kleine Schicht von ohnehin Kirchenfernen erreicht.
Erst 2010 begannen diese Tatsachen in die breitere Öffentlichkeit zu rutschen.
Zaghaft natürlich. 
Es sind nur wenige Politmagazine, die darüber berichten und in der Masse der TV-Talkshows darf bei Kirchenthemen maximal ein Atheist sitzen.
Man ist lieber unter sich und bauchpinselt Bischöfe und Pfarrer. 
Aber immerhin kommt es überhaupt vor, daß Ingrid Matthäus-Maier oder Carsten Frerk auch öffentlich gehört werden.

Dieses Schicksal könnte nun auch der CSU drohen – und das im doppelten Wahljahr, in dem sie Bundes- und Landtagswahlen zu bestehen hat.
Die sind ebenso, die Bayern. Mir san mir. Die haben nun einmal nicht die Mentalität des ehrlichen Hanseatischen Kaufmanns.
Focus und Süddeutsche hatten den „Fall Hoeneß“ ans Licht gebracht. Zur Selbstanzeige getrieben wurde er offenbar von STERN-Journalisten.
Morgen zieht der verschlafene SPIEGEL mit einer Titelgeschichte nach.
Und siehe da; Es geht doch. 
Auf einmal machen Journalisten ihren Job und fragen nach, recherchieren.
Und siehe da – unter dem CSU-Teppich liegt so viel Dreck, daß man noch viele Zeitungen damit füllen kann.
17 CSU-Landtagsabgeordnete haben ihre Verwandten mit Steuergeldern gepampert, der CSU-Fraktionsvorsitzende Schmid ist seinen Job los.
Der Mann, der selbst gerne Ministerpräsident werden wollte, befindet sich im freien Fall.
Vier Tage nach seinem Rücktritt als CSU-Fraktionsvorsitzender steht Georg Schmid mehr denn je unter Druck, seine Kandidatur für ein Landtagsmandat zurückzuziehen. Inzwischen wurde Schmid wegen des Verdachts auf Sozialversicherungsbetrug angezeigt, seitdem ist der Rückhalt für Schmid unter Parteikollegen auf nahezu Null gesunken.  "Mit dieser Anzeige hat die Sache eine neue Qualität", sagt ein einflussreicher CSU-Mann. "Schmid steht mit dem Rücken zur Wand. Alle erwarten einen freiwilligen Rückzug. Keiner will mit einem zur Wahl antreten, gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelt."

Nun will man auch noch gern wissen, welche CSU-Minister mit Herrn Hoeneß seine Strafanzeige diskutiert haben. 
Eine Menge Kungelbrüder der Landesregierung wußten seit Januar 2013 Bescheid.
Aber das Journalistische Auge sucht weiter, dreht sich schon nach Berlin.
CSU-Spezlwirtschaft auch im Bundestag.
Die CSU-Gehaltsaffäre um Mitarbeiter von Abgeordneten erreicht nun auch den Bundestag. Die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion und stellvertretende Generalsekretärin der CSU, Dorothee Bär, hat ihren jetzigen Ehemann vor der Heirat über Jahre als wissenschaftlichen Mitarbeiter in ihrem Berliner Abgeordnetenbüro beschäftigt. Nicht ganz unbedenklich erscheint dies mit Blick auf die Vorschriften des Bundestags. Paragraf 12 des Abgeordnetengesetzes verbietet es den Parlamentariern, Arbeitskosten für Verwandte, Ehe- oder Lebenspartner abzurechnen. Dasselbe gilt auch für Verlobte.

Seehofer is pissed.
Die 35-Jährige aus Ebelsbach in Unterfranken vermied es am Sonntag zu sagen, wie lange sie mit ihrem Mann vor der Hochzeit schon liiert war. Aber sie erklärte auf ihrer Internetseite, dass sie alles für rechtens hält. Ihre Argumentation: Das Gesetz schließe es nur für Eheleute und gleichgeschlechtliche Lebenspartner aus, nicht für Lebensgefährten. Damit, so Bär weiter, sei alles korrekt gewesen. Ob sie außerdem die Lebensgefährtin ihres Vaters mit Arbeit und Geld bedacht hat, ließ sie mit Verweis auf die Privatsphäre ihrer Eltern allerdings offen.
Sicher ist nur, dass ihr Parteichef Horst Seehofer bei der Vorstandsklausur in Andechs unmissverständlich erklärt hat, dass er Vergehen an der Stelle auf keinen Fall tolerieren werde. "Er hat Klartext gesprochen", hieß es. "Diese Dinge sind nicht mehr vermittelbar", begründete Seehofer seine scharfen Worte. Er verlange von jedem ein "Höchstmaß an Transparenz". Dem Vernehmen nach hat er sich besonders geärgert, dass fast täglich neue Details ans Licht kämen, weil die Abgeordneten auch ihm gegenüber nicht ehrlich gewesen waren.
(Mike Szymanski und Stefan Braun, SZ, 28.04.13)

Nun grabt mal schön weiter, Ihr Journalisten.

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