Sonntag, 27. September 2020

Apokalypse Jetzt

 

Das Mutterland der Demokratie, das berühmte System der Checks And Balance schien gegen alle Stürme gerüstet, über Jahrhunderte stabil.

Aber ein Viertel Jahrtausend funktionierte die US-Verfassung eben nicht für die Majorität, sondern nur für die Minderheit der weißen, christlichen, konservativen, heterosexuellen Männer.

Die Mehrheit aus Frauen, Native Americans, Ungläubigen, Schwarzen, Sklaven, asiatischen Amerikanern, Schwulen und Latinos kam unter die Räder. Entrechtet, diskriminiert, getötet.

Einige wenige Jahrzehnte schien die US-Verfassung sich auch auf das bunte und diverse Amerika zu erstrecken, aber die seit 20 Jahren immer extremistischer werdenden US-Republikaner und die Trump-Präsidentschaft rissen die Constitution nieder.

Das Wahlrecht mit massenhafter Wähler-Unterdrückung ermöglicht es Millionen den Demokraten zuneigende US-Amerikaner von der Wahl auszuschließen.

 

Das System ist derartig in Schieflage geraten, daß sogar ganz ohne illegale Mauscheleien ein Republikaner mit bis zu zehn Millionen Stimmen weniger als der demokratische Kandidat die Präsidentschaftswahl gewinnen kann. Um sicher eine Wahl zu gewinnen benötigen die Demokraten zehn Prozent mehr Stimmen als der Gegner.

Inzwischen ist es aber nicht nur das schiefe ungerechte Wahlrecht, welches US-Präsidentschaftswahlen so ungerecht macht. Es ist der oberste Verfassungsschützer selbst, nämlich der amtierende US-Präsident, der den innersten Kern der Demokratie zertrümmert, indem er den friedlichen Machtwechsel durch Wahlen in Frage stellt.

Die Trump-Nation befindet sich in einer veritablen Systemkrise; ihre Institutionen, die Kriege und Krisen überwanden, sind am Ende.

Der unbedingte Wille Trumps und der Republikaner nach dem Tod der Supreme-Court-Richterin Ruth Bader Ginsburg eine ultrafanatische systemverändernde Religiotin ins höchste Gericht zu schicken zeigt das nur zu deutlich. Schon bevor sie den Personalvorschlag Amy Coney Barrett kannten und daher noch gar nichts über die Eignung der Frau, die „das Reich Gottes aufzubauen“ will sagen konnten, tönten Chef-Senator McConnell und der Vorsitzende des Justizausschusses Graham bereits auf jeden Fall Trumps Kandidatin zu wählen.


  […..] Staaten wanken, wenn ihre Institutionen schwach und aus der Zeit gefallen sind. Die USA stellen gerade fest, dass ihre Institutionen in diesem Herbst in schwere Schieflage geraten - eben weil sie dem rauen Klima nicht mehr standhalten und veraltet sind. […..] Die Nachbesetzung einer Richterstelle für das Oberste Gericht ist im parteiisch aufgeladenen Rechtssystem der USA allemal ein unfriedlicher Augenblick, der gerne mal ein Jahr anhält. Die außergewöhnliche Trump-Präsidentschaft benutzt diesen Politisierungsturbo nun, um nicht nur die heiß ersehnte dritte Richterstelle auf die Seite der Konservativen zu schaufeln, sondern um jede Menge Beifang einzusammeln: Sie mobilisiert Wähler, sie treibt die Lager hübsch auseinander, sie diszipliniert die eigenen Senatoren. […..] Die Jahrhundertpräsidentschaft von Donald Trump hat Institutionen spröde werden lassen. Die Exekutive hat das Vertrauen der Bürger verloren, Corona hat ihr den Rest gegeben. Die Legislative hat längst den Anschein der Erhabenheit aufgegeben. Und die Präsidentschaft versöhnt nicht, sie verhöhnt.    Die USA zahlen nun einen beachtlichen Preis für ein hoffnungslos aus der Zeit gefallenes System. Das beginnt beim Wahlrecht, dessen Ungerechtigkeit von niemandem mehr bestritten wird. Das setzt sich fort in einer Administration, die nicht für faire, gleiche und gerechte Wahlen zu sorgen in der Lage ist. Das spiegelt sich in einer Wahlkarte, die durch Manipulation parteipolitisch festgelegt ist. Die Hauptstadt Washington hat mit einer größeren Wählerzahl als Vermont oder Wyoming überhaupt keine Stimme. […..] Die USA, das zeigt der Tod der Richterin Ruth Bader Ginsburg, haben ein Rechtsproblem, ein Strukturproblem, ein Systemproblem. Das sind zu viele Probleme auf einmal, erst recht vor einer Wahl. [……]

(Stefan Kornelius, 22.09.2020)

Die Demokraten stellen zwar eine Bevölkerungsmehrheit, sind aber dennoch den Republikaner meist unterlegen, weil sie über weniger Skrupellosigkeit und weniger kriminelle Energie verfügen.

So kann die GOP Macht konzentrieren, während sich irrlichternde Linke verzetteln und durch sinnloses Lamentieren einen ultrakonservativen Durchmarsch ermöglichen.


Würden doch Pelosis Demokraten endlich auch die Samthandschuhe ausziehen! Nur ganz grobe Klötze helfen gegen republikanische Politiker. Ihre 60 bis 70 Millionen vollkommen fanatisierten Wähler sind ohnehin für jedes vernunftbasierende Argument unzugänglich; für immer verloren im Gaga-Strudel der hassverzerrten Verschwörungstheorien.

[…..] Auf dem Spiel stehe, schrieb ein Kommentator in der Zeitung USA Today, "das politische Heil der Republik".   […..] Bei den Demokraten überwiegt dagegen die Wut. […..] Führende Vertreter der Demokraten drohten dem republikanischen Mehrheitsführer Mitch McConnell am Sonntag bereits mit Rache: Wenn die Republikaner über die Nachfolge Ginsburgs noch vor den Wahlen entschieden, die Demokraten aber die Kontrolle über den Senat erlangten, werde das Konsequenzen haben, sagte Chuck Schumer, der demokratische Fraktionschef im Senat: "Alles kommt auf den Tisch."   In demokratischen Kreisen kursiert bereits länger die Idee, den neunköpfigen Supreme Court um einige weitere Mitglieder aufzustocken. Indem man zwei oder vier zusätzliche progressive Richter ernenne, könne man die Balance des Gerichts nach links verschieben - so diese Theorie. […..]  "Wenn er 2020 eine Abstimmung durchführt", twitterte der Abgeordnete Joe Kennedy über Mitch McConnell, "dann stocken wir das Gericht 2021 auf." "Packing the court" nennt sich dieses Vorhaben im Amerikanischen. Das Politikportal Axios nannte es die "Armageddon-Option".[…..] Wäre der Filibuster erst einmal weg, könnten sich die Demokraten im Senat auch gleich daran machen, die Hauptstadt Washington sowie das US-Außengebiet Puerto Rico zu eigenständigen Bundesstaaten zu erklären - und ihnen je zwei Sitze im Senat zuzugestehen, die vermutlich von Demokraten besetzt würden. Auch daran denken Vertreter der Opposition, wenn sie wie Chuck Schumer sagen, dass "alles auf dem Tisch" sei.   Und als wäre diese Drohkulisse noch nicht groß genug, deutete Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsentantenhauses, in einem TV-Interview vom Sonntag an, dass sie auch die Möglichkeit eines neuen Impeachment-Verfahrens nicht ausschließe - entweder gegen Trump oder gegen seinen Justizminister William Barr. […..]

(Alan Cassidy, 21.09.2020)

 Natürlich werden die Demokraten wie immer zu feige sein für die nukleare Option. Das zeigt sich nirgends besser als in der Auswahl ihres Kandidaten Joe Biden. Der Nette, der sich damit brüstet Kompromisse aushandeln zu können, mit den Republikanern zusammen arbeiten zu können.

Als hätten nicht bereits die verlorenen ersten vier Jahre der Obama-Präsidentschaft gezeigt, daß jede Ehre, jeder Anstand aus der GOP getilgt wären. Daß Zusammenarbeit mit ihnen nicht möglich ist, daß sie immer ihre Partei-Interessen über das Land und die Lobbyinteressen der Superreichen und Evangelikalen stets über Partei-Interessen stellen.

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