Die CDU erlebt derzeit etwas Ähnliches wie die US-Republikaner vor zehn Jahren mit der Teaparty. 2012 kürte sie den mehrere hunderte Millionen Dollar schweren Mormonen-Bischof Mitt Romney zum Präsidentschaftskandidaten.
Genau wie Armin Laschet mit seinem homophoben dunkelkatholischen Opus-Dei-Einflüsterer Liminski, stand der GOPer in religiöser und gesellschaftlicher Hinsicht weit rechts vom durchschnittlichen Wähler. Nach außen hin war Romney aber der perfekte Establishment-Kandidat und sollte wie der CDU-Kanzlerkandidat 2021 auf die goldene Mitte zielen. Hüben wie drüben schwört man, nur in der Mitte würden Wahlen gewonnen.
An der republikanischen Basis mischten aber längst die rechtsextremen Teebeutler die Partei auf und verdrängten altgediente Abgeordnete aus ihren Wahlkreisen.
Die Journalisten Veit Medick, Timo Lehmann und Christoph Hickmann skizzieren viele Fälle, in denen kleine Maaßens, die wie die AfD klingen etablierte CDU-Parlamentarier aus dem Wahlkreis kegelten.
[…..] Die CDU hat Angst vor einer deutschen Tea-Party-Bewegung […..] In Thüringen tritt Hans-Georg Maaßen für den Bundestag an, ehemaliger Verfassungsschutzchef und neue Galionsfigur des rechten Parteiflügels. Und in mehreren Wahlkreisen wurden zuletzt liberale Abgeordnete von konservativen Herausforderern verdrängt, zum Beispiel der Sozialpolitiker Matthias Zimmer, 60, Mitglied des Bundestags seit 2009. Als er sich im Februar in Frankfurt am Main wieder um die Direktkandidatur bewarb, verlor er gegen den Wirtschaftspolitiker Axel Kaufmann, bislang Ortsvorsteher. […..] Über die CDU sagt Zimmer, es würden nun »Leute nach vorne gespült, die für eine vermeintliche Rückbesinnung auf bessere Zeiten stehen, für programmatische Eindeutigkeit und für Widerstand gegen das Establishment. Das hat einen populistischen Anstrich, nach dem Motto: Wir sind die wahre CDU, alles andere sind korrumpierte Politiker. Wir erleben eine totalitäre Versuchung in der Union«. […..] Meißen in Sachsen, […..] Sebastian Fischer, 39[…..] »Der Rechtsstaat muss auch mal Zähne zeigen«, sagt Fischer, wenn es um die Kriminalität von Flüchtlingen gehe. »2015 war ein Fehler«, sagt er – und meint damit Merkels Entscheidung, die Grenzen offen zu halten, die Arme auszubreiten. […..]. Im Wahlkreis 155 folgt er als Kandidat auf Thomas de Maizière. […..] Im Herbst wurde Landwirt Kees de Vries, liberaler Bundestagsabgeordneter aus Sachsen-Anhalt, von einem 34-jährigen Nobody überrascht. Im Brandenburger Wahlkreis Märkisch-Oderland-Barnim II verlor der Agrarpolitiker Hans-Georg von der Marwitz gegen eine 36-jährige Tierärztin. In Bielefeld wurde statt Michael Weber vom Arbeitnehmerflügel eine Unternehmerin aufgestellt – alle konservative, wirtschaftsnahe Kandidaten. Und in Berlin-Mitte kandidiert Ottilie Klein, der eine Nähe zur WerteUnion nachgesagt wird […..] Kleins Konkurrent, der schwarze Musikmanager Joe Chialo, musste […..] ausweichen. […..]
(DER SPIEGEL, 22.05.2021)
Der Meme-Generator Philipp Amthor sitzt seit 2017 für die CDU im Bundestag.
Zunächst machte er durch seine bizarre Optik und seine Jugend auf sich aufmerksam.
Erst auf den zweiten Blick merkte man, daß er ins Muster passt. Er trat als Abgeordneter in die römisch-katholische Kirche ein und präsentiert sich immer wieder als gesellschaftlicher Rechtsaußen. Die Homoehe lehnt er ebenso ab, wie Koalitionen mit den Grünen. Dafür ist er leidenschaftlicher Jäger, schaffte sich Waffen an und ermordet zum Spaß Tiere im Wald. Er gründete den „Konservativen Kreis“ in der CDU Mecklenburg-Vorpommern und wurde im Juni 2020 in den Diözesanrat des Erzbistums Berlin berufen. Dort wettert er gegen Gendersprache und fordert Abtreibungsverbot.
Schnell fand er Anschluss zu semikriminellen dubiosen KI-Betrügern und ließ sich großzügig für seine Augustus-Lobbydienste bezahlen. Aktienoptionen im Wert von 250.000 Euro strich der damals 26-Jährige ein. Für Amthors schändliches Verhalten gehörte er eigentlich vor einen Richter, zumindest aber aus der Partei geworfen.Nicht so die CDU Mecklenburg-Vorpommern, die ihn sogar zum Spitzenkandidaten der Landesliste für die Bundestagswahl beförderte.
Schamgefühl, Anstand, nirgends.
Amthor ist aber auch Jurist; er studierte an der Uni Greifswald mit einem Stipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung und bestand 2017 das erste Examen mit Prädikat.
Als ausgezeichneter Jurist erinnert Amthor an den heutigen Tag des Grundgesetzes – indem er den GG-Kommentar des Nationalsozialisten und SA-Aktivisten Theodor Maunz auf Instagram emporreckt.
[…] In der Hand hält Amthor darauf nicht eine Ausgabe des Grundgesetzes, sondern einen Gesetzeskommentar. Die gehören zum wichtigsten Handwerkszeug von Juristen. Einer der wichtigsten Grundgesetzkommentare, „Maunz-Dürig“, trägt noch immer den Namen des bedeutenden NS-Juristen Theodor Maunz - und genau den hält der studierte Jurist Amthor in den blauen Himmel über dem Reichstag. Maunz hat viele Generationen von Juristin:innen geprägt, denn sein Grundgesetzkommentar ist ein wichtiges Arbeitsmaterial für Verfassungsjuristen. Maunz war Professor für Öffentliches Recht an der Uni München und von 1954 bis 1964 Kultusminister in Bayern, aber er war eben auch ein wichtiger Vertreter des „NS-Rechtsdenkens“. Noch 1943 hatte er das Buch „Gestalt und Recht der Polizei“ veröffentlicht, in dem er rechtfertigt, dass „polizeiliche Schutzhaft auch zulässig ist nach einem freisprechenden Urteil oder nach Verbüßung einer gerichtlichen Strafe“. Genau das bedeute damals für viele Menschen Konzentrationslager oder Tod. […..]
Willkommen in der CDU 2021.
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