Darüber staune ich noch selbst; vorgestern habe ich indirekt Waffenproduktion gutgeheißen.
Beklagt, wie unfähig NATO und EU sind, der Ukraine die zugesagten eine Million Artilleriegranaten zu liefern.
Dabei bin ich habituell bis in die Haarspitzen antimilitaristisch veranlagt. Ich sehe das Leid, welches von Waffen verursacht wird, die destruktive Wirkung der Politik des Stärkeren.
Ich hasse Uniformen; vom grünfleckigen Tarnzeug der US-Ranger bis zu den kreischbunten Wamsen der Karnevalsspielmannszüge.
Niemals würde ich eine Waffe abfeuern; genauso wenig als Jäger auf der Tann mit dem Luftgewehr auf Rehkitze feuern, wie als Grenadier einer Panzerhaubitze auf 40 Kilometer entfernte russische Pioniere. Krieg ist so verwerflich, daß ich mich über jeden freue, der sich verweigert, der sich drückt oder desertiert. Der doofste Kriegsdienstverweigerer ist mir lieber als der schlaueste Soldat.
Die Uniformität, die Hierarchie, der Gehorsam, der Drill, die Befehlskette, der Patriotismus – am Soldatentum stößt mich jeder Aspekt ab.
In jeder Endzeitserie und jedem Hollywoodkampffilm – und davon gibt es sehr Gute, wie „Full Metal Jacket“ oder „Apocalypse Now“ oder „Black Hawk Down“ oder „Merry Christmas, Mr. Lawrence“ oder „Dances with Wolves“ oder „Lawrence of Arabia“ oder „Band of Brothers“ oder „Le vieux fusil“ oder „Birdy“ oder „Tigerland“ – bewundere ich durchaus die mutigen Figuren. Ich weiß aber, was für ein fürchterlich schlechter Soldat ich wäre. Ich stelle sogar den so extrem positiv konnotierten Begriff „Kameradschaft“ in Frage, weil ich in ihm eine blinde Form des „wir gegen die“ sehe. Ein System, in dem das Töten anderer mit einem Ansehensbonus verbunden ist.
So abartig und abstoßend der Krieg ist, so pazifistisch und antisoldatisch ich auch immer eingestellt bin: Es lässt sich nicht bestreiten, daß es menschengemachte Extremsituationen gibt, in denen Krieg nicht nur das kleinere Übel ist, sondern sogar notwendig ist. Ohne Krieg wäre Hitler nicht aufgehalten worden, ohne Krieg konnte man die „ethnischen Säuberungen“ der Serben in Bosnien nicht stoppen, ohne Krieg konnte man die Jesiden nicht vor dem IS retten, ohne Krieg ist Putins autokratische Expansion nicht zu stoppen, ohne Krieg kann Israel seine Bürger nicht davor bewahren, von der Hamas abgeschlachtet zu werden.
Das bedeutet nicht, daß diejenigen, die gerechtfertigt Krieg als Mittel einsetzen, selbst völlig unschuldig an der Situation sind, die sie in den Krieg zwingt, aber man darf manchmal nicht mehr pazifistisch-tatenlos wegsehen, wenn beispielsweise 1994 in Ruanda die Hutu-Mehrheit etwa 75 Prozent der in Ruanda lebenden Tutsi-Minderheit; insgesamt 800.000 bis 1.000.000 Menschen; massakriert.
Ich hasse den Gaza-Krieg, ich hasse den Ukraine-Krieg. Aber ich sehe keine realistische Chance, damit aufzuhören.
Aber auch „gerechte Kriege“ sind in anderer Hinsicht schlecht.
[….] Einen massiven Klimaschaden, den Russlands Krieg in der Ukraine angerichtet hat, errechnet die zivilgesellschaftlich organisierte internationale "Initiative on GHG accounting of war". Das schlimmste Einzelereignis ist für die Wissenschaftler die Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Juni 2023. Vor dem internationalen Strafgericht in Den Haag, der gegen Russlands Präsident Wladimir Putin einen Haftbefehl erlassen hat, könnte das noch zusätzlich als "Ökozid" verfolgt werden.
Der Bruch des Damms führte zu einer zerstörerischen Flut und einem Totalverlust dieses Wasserreservoirs. Weitere Großereignisse sind die Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines und die dadurch verursachten Treibhausgasemissionen, die ebenfalls in der Studie berücksichtigt wurden.
Insgesamt kommt die zivilgesellschaftlich organisierte Initiative in ihrer nunmehr dritten Studie über die Umweltfolgen des Ukraine-Kriegs zu dem Ergebnis, dass der Klimaschaden einem Äquivalent von 150 Millionen Tonnen CO2 entspricht, soviel wie die jährlichen CO2-Emissionen Belgiens.
Die Studie, die unter anderem sowohl vom ukrainischen Staat als auch von der European Climate Foundation und vom deutschen Wirtschafts- und Klimaschutzministerium gefördert worden ist, wird am Abend auf der UN-Klimakonferenz in Dubai vorgestellt.
Verursacht werden die Klimaschäden durch die Kriegshandlungen an sich, durch Truppentransporte und Fluchtbewegungen, aber auch zum Beispiel durch die Folgen von Gebäude-, Wald- und Landschaftsbränden und andere Naturzerstörungen. Den größten "Schadensposten" stellen nach Berechnungen der Autorinnen und Autoren der Studie jedoch die absehbaren Wiederaufbau-Emissionen dar.
Um zerstörte Häuser, Energie- und Industrieanlagen sowie Straßen- und Schienenwege wieder instand zu setzen, werden Zement und Stahl benötigt. Diese Baustoffe sind besonders energieintensiv, ihre Herstellung verursacht nach den Berechnungen der Initiative fast 55 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent.
Im Wiederaufbau sehen die Forscher aber auch eine Chance: wenn es der Ukraine gelänge, die Kriegsschäden ressourcenschonend und klimafreundlich durch die Reduktion von energieintensiven Materialien und die Verwendung klimafreundlicher Baustoffe zu beseitigen, ließe sich ein CO2-Einsparvolumen von bis zu 30 Prozent generieren. [….]
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