Nicht nur niemals die Wahrheit zu sagen, sondern auch noch so ungeheuerliche drastische Lügen aufzutischen, daß sie jedem sofort als Münchhausen-Monster auffallen und dazu auch noch das gesamte politische Streben auf den einen Zweck zu richten, nämlich sich die eigenen Taschen zu füllen, während man nebenher seinem blanken Menschenhass freien Lauf lässt, ist offenkundig eine äußerst erfolgreiche Strategie.
Damit bringt man es bis zum US-Präsidenten. Wird der mächtigste Mann der Welt.
Wenig verwunderlich also, daß diese Methoden von immer mehr GOPern übernommen werden. Sie haben, im Gegensatz zu Linken, Liberalen und Demokraten erkannt, daß sie ihre Wähler nahezu unendlich verarschen können.
Sie haben aber vor allem, im Gegensatz zu Linken, Liberalen und Demokraten erkannt, daß deren Gegenstrategie nutzlos ist.
Die linke, liberale und demokratische Welt reagiert auf diese monumentalen GOP-Lügengebirge mit Argumenten, Fact-Checks. Sie produziert Artikel, Memes, Videoclips, Interviews, in denen die dreisten Lügen der Faschisten „debunked“ werden. Entlarvt und richtiggestellt also.
Eine erbärmliche Strategie, die nur erfolgreich sein könnte, wenn sie a) überhaupt in den brauen Medienblasen ankäme und b) beim rasenden GOP-Mob Glaubwürdigkeit genösse.
Einige „liberal pundits“ verstehen wenigstens; Trumpmerikaner lesen nicht die New York Times, sehen keine Brian Tyler Cohen-Videos, gucken nicht MSNBC. Also gehen sie zu den Trump-Rallys und konfrontieren sie ganz direkt mit der Wahrheit.
Aber auch das nützt nichts, da die QTrumpliKKKans Fakten nicht glauben. Selbst, wenn man ihnen Trump-Aussagen, in denen er sich selbst widerspricht, vorliest oder als Video abspielt, erschüttert es nicht ihren fanatischen Glauben an den orangen Messias. Was nicht in ihr Weltbild passt, wird flugs zu „deep fake“ deklariert. Dieser Effekt entsteht durch die Social-Media-Blasen und ist unumkehrbar.
Jeder, der im Netz schon mit Grünen-hassenden, xenophoben oder covidiotischen Rechtsradikalen diskutieren wollte und seriöse Quellen (statistisches Bundesamt, RKI, Kriminalstatistik) zitierte, kennt das Hohnlachen, das einem entgegenschlägt.
George Santos, republikanischer Ex-Abgeordneter aus New York, kopierte das Trumpsche Konzept der maximalen Lügen und maximalen Hetze; brachte es damit bis zum prominenten Abgeordneten des US-Kongresses.
Zwei Drittel der Stimmen braucht es, um einen Abgeordneten auszuschließen. Die Hälfte der Republikaner musste also für den Rauswurf ihres eigenes Mannes mit den Demokraten stimmen. Das grenzt nicht nur an ein Wunder, sondern ist eins.
[….] Mit einer Mehrheit von 311 zu 114 Stimmen befürworteten die Abgeordneten, dass Santos sein Mandat verliert. Damit wurde die für diesen Schritt notwendige Zweidrittelmehrheit erreicht. Bemerkenswert ist, dass sich auch viele von Santos’ republikanischen Parteifreunden dem Mehrheitsvotum anschlossen. [….]
Der Bericht [des Ethikausschusses des Repräsentantenhauses] konstatierte, es gebe »hinreichende Beweise« dafür, dass Santos gegen das Strafrecht und andere Regeln verstoßen habe. »Der Abgeordnete Santos hat auf betrügerische Art versucht, jeden Aspekt seiner Kandidatur für das Repräsentantenhaus für seinen eigenen persönlichen finanziellen Profit auszunutzen.« So habe Santos »unverfroren« aus seiner Wahlkampfkasse »gestohlen«, heißt es in dem Bericht. Der Politiker mit brasilianischen Wurzeln soll unter anderem Wahlkampfmittel für den Kauf von Luxusartikeln des Modehauses Hermès, für Casinobesuche, Wochenendausflüge und Botoxbehandlungen ausgegeben haben. Santos war bei den als Midterms bekannten Zwischenwahlen im vergangenen Jahr in das Repräsentantenhaus gewählt worden. In der Folge gab es immer neue Enthüllungen über teils haarsträubende Falschangaben des Politikers unter anderem über seine Hochschulbildung, seinen Berufsweg, seine Familie und seine Religion. [….]
Wie konnte Santos in einer Partei, in der jede Bösartigkeit und jede Lüge bejubelt wird, dennoch stolpern?
Nun, er hat das Kleingedruckte nicht gelesen. Die totale kriminelle Narrenfreiheit gilt nur für weiße heterosexuelle GOPer. Als schwuler Halb-Latino waren ihm aber gewisse Grenzen gesetzt.
[….] Am Ende hatte selbst die Partei des Dauerlügners Donald Trump die Nase voll vom Dauerlügner George Santos. 105 Republikaner – fast die Hälfte der Fraktion – votierten mit 206 Demokraten für den sofortigen Ausschluss des Abgeordneten, in seltener Eintracht über ideologische Kluften hinaus. [….] George Santos? George Devolder? Anthony Devolder? George A. Devolder-Santos? [….] Doch seine Fans liebten ihn dafür, die treuesten hielten bis zuletzt zu ihm. Denn Santos, ein Geschöpf seiner Zeit, war der perfekte Ministrant des Maga-Kults – das »Maga-It-Girl« (»New York Magazine«): »Make America Great Again« via Scharlatanerie und Schneeballsystem. Er war Trump ohne die Bösartigkeit, aber mit Botulinumtoxin. »Ich benutze Botox und Filler, das ist kein Geheimnis«, sagte er, als der Ethikausschusses des Repräsentantenhauses herausfand, dass Santos, 35, sich mit Parteispenden das Gesicht straffen ließ. Die Parallelen zum frühen Trump, der wie Santos aus dem New Yorker Stadtteil Queens kommt, sind fast schon lachhaft. [….] Als er es 2022 im zweiten Anlauf schaffte, sprachen alle sofort von ihm, dem neuen Selfmade-Star der Kontroverse . Doch er blieb stets ein hinterbänklerischer Mini-Trump: narzisstisch, doch nichtssagend; eitel, doch ohne Trumps apokalpytischen Allmachts- und Rachegelüste. Santos’ Gelüste, mutmaßlich finanziert durch Wahlkampfspenden, zielten nicht auf bodenlose Anbetung. Sondern, wie sich herausstellte , auf die profaneren Klischees des Neureichtums: Luxushotels, Casinos in Las Vegas und Atlantic City, Hermès-Klamotten, 6000-Dollar-Schuhe und das nicht jugendfreie Schmuddel-Videoportal OnlyFans. [….] Santos’ Vergehen, belegte wie mutmaßliche, sind weniger schmierig, doch nicht minder handfest. Anfangs war das sogar noch amüsant: Der schwule Schwindler, dem der Drag-Name »Kitara Ravache« nachgesagt wurde, stieg auf zum Posterboy einer homophoben Fraktion voller Extremisten wie Marjorie Taylor Greene, die Transpersonen als »Männer in Frauenkleidern« beschimpft. Besser ließ sich die jüngste, absurde Generation von Kongress-Republikanern nicht darstellen.
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