Donnerstag, 31. Oktober 2024

Die vier Geißeln der Ukraine

Trump lügt fast immer. Das geschieht rein willkürlich und nimmt keinerlei Rücksicht auf vorherige Aussagen; er widerspricht sich nach Herzenslust selbst.

Er ist gar nicht in der Lage, Fakten auszusprechen, auch wenn sie offensichtlich sind.

Aber es gibt zwei Haupt-Antriebe für die Richtung seiner Lügen:

Erstens seine winzigen Testikel, die ihnen dazu zwingen, sich manisch selbst zu loben, zu erhöhen und nicht existente Leistungen zu erfinden.

Fährt man mit dem goldenen Fahrstuhl in sein goldenes Penthouse im New Yorker Trump-Tower, dem Wolkenkratzer mit 58 Etagen an der Fifth Avenue, Ecke 56th Street im Stadtbezirk Manhattan, muss man die Taste für den 68. Stock drücken.

Das Triplex (56., 57. und 58. Etage) verfügt laut Donald Trump selbst, über “33,000 sq ft (3.100 m2) plus roof space of 15,000 sq ft (1.400 m2), making a total of 48,000 sq ft (4.500 m2)”.   Tatsächlich misst das grauenvoll kitschig gestaltete goldene Ungetüm 1.000 m2.

In Kombination mit seiner Stupidität führt dieser Drang Minderwertigkeitskomplexe zu überkompensieren dazu, daß Trump bemerkenswert leicht zu manipulieren ist. Er liebt jeden, der ihn lobt und hasst jeden, der ihn kritisiert.

Der zweite ganz große Lügen-Antrieb besteht in Trumps tiefsitzenden Sadismus. Neben Eigenlob ist es seine größte Freude, vermeidlich Schwächere als ihn, leiden zu sehen. Schwarze, Frauen, Latinos, Juden, Muslime, Migranten, Schwule, Behinderte, Arme, Demokraten – er hasst sie alle wie die Pest und will ihnen immer Schmerzen zufügen.

Seine Charaktereigenschaften zusammen genommen sind maximal inkompatibel mit einer Demokratie und einem Rechtssystem, das faire Chancengleichheit vorsieht, in dem jede Stimme gleich viel wiegt. Es schmeckt ihm nicht, wenn politische Opponenten an ihm Kritik üben, ihn in Frage stellen und sein Wohl gar von den Stimmen Dunkelhäutiger oder Queerer abhängen soll.

Deswegen bewundert er Xi Jinping, Wladimir Putin und Kim Jong Un auch so sehr. Die bleiben de facto auf Lebenszeit im Amt, müssen sich nicht mit lästigen Wahlen plagen. Wenn der nordkoreanische Diktator 10.000 oder 30.000 Soldaten über 7.000 Kilometer westlich in die Ukraine schicken möchte, widerspricht ihm niemand. Es wird nur applaudiert.

Für Wolodymyr Selenskyj und Vitali Klitschko ist das ein Alptraum. Nun steht neben Putin auch die zweite große Pest, Kim, ante portas.

[…..] Bis zu 8000 nordkoreanische Soldaten stehen nach Angaben der Vereinigten Staaten in direkter Nähe der ukrainischen Grenze und könnten in den kommenden Tagen von Russland im Krieg eingesetzt werden. "Wir gehen jetzt davon aus, dass sich insgesamt etwa 10.000 nordkoreanische Soldaten in Russland befinden, und den neuesten Informationen zufolge wurden bis zu 8.000 dieser nordkoreanischen Streitkräfte in der Region Kursk stationiert", sagt US-Außenminister Antony Blinken.
Zwar habe die US-Regierung noch keine Kampfhandlungen der Nordkoreaner gegen ukrainische Streitkräfte gesehen, "aber wir gehen davon aus, dass dies in den nächsten Tagen geschieht", so Blinken weiter. Ein solcher Einsatz würde die Truppen zu legitimen Zielen im Krieg machen.  
[…..]

(MoPo Ticker, 31.10.2024)

Nordkorea ist eine Blackbox; vieles, das wir über Truppenstärke und Waffensystem zu wissen glauben, beruht auf Gerüchten. Daß der dritte Kim-Diktator aber massiv aufrüsten lässt, scheint sicher zu sein.

[….] Das Regime von Machthaber Kim Jong-un schickt Soldaten nach Russland und zeigt mit seinem jüngsten Raketentest, dass es Fortschritte bei der Aufrüstung macht. [….] In den USA findet am Dienstag die Präsidentschaftswahl statt. Zu diesem Ereignis bringt sich Nordkorea traditionell mit Vorführungen seiner Gefährlichkeit in Erinnerung. Kim Jong-un will wohl US-Wähler beeinflussen, damit sie für seinen Favoriten, den Diktatorenversteher Donald Trump, stimmen. [….] Der Raketentest vom Donnerstag war jedenfalls keine Überraschung. Es passt auch ins Bild, dass er kein Test wie jeder andere war. Japans Verteidigungsministerium berichtete, dass die ICBM nach 86 Minuten außerhalb der japanischen ausschließlichen Wirtschaftszone ins Japanische Meer gestürzt sei. Länger war noch keine nordkoreanische Rakete unterwegs. Sie erreichte eine Höhe von 7000 Kilometern. Experten gehen davon aus, dass Nordkorea mit solchen Raketen die USA treffen könnte. [….] Nordkoreas Militäravancen ziehen dieser Tage eigentlich schon genug Aufmerksamkeit auf sich. Tausende Soldaten hat Kim Jong-un nach Russland geschickt. Wahrscheinlich sollen sie in Wladimir Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine an der Front helfen. Dass die nordkoreanisch-russische Partnerschaft, besiegelt in diesem Juni, so weit gehen könnte, dass Nordkorea sogar aktiv als Drittstaat in Putins Krieg einsteigt, war so schnell nicht zu erwarten. Diese Waffenhilfe ist mehr als nur eine Provokation für die westliche Welt. Und mit dem Rekord-Raketentest vom Donnerstag hat Kim Jong-un mal wieder klargemacht, dass die Drohung mit Atomwaffen eine Säule seiner Politik ist. Trotzdem kann es sein, dass er sich noch einen großen Knall aufgehoben hat für diese US-Wahl. [….]

(Thomas Hahn, 31.10.2024)

Das dritte ukrainische Riesenproblem könnte am nächsten Dienstag auftauchen, wenn sich tatsächlich genügend intellektuell und moralisch Umnachtete finden, um Trump wieder zum US-Präsidenten zu wählen.

Nicht nur werden in dem Fall die Militärhilfen an die Ukraine eingestellt, sondern Putin und Kim bekommen einen weitere Alliierten. Trump liebt die beiden und hasst Selenskyj. Antirussische Sanktionen dürften bald der Vergangenheit angehören, der diplomatische Druck auf Moskau ist ohne die USA nicht aufrecht zu erhalten und insbesondere verschiebt sich die militärische Stärke massiv zu Gunsten Putins, wenn der Haupt-Waffenlieferant für Selenskyj ausfällt, während Moskau Myriaden frische Soldaten aus Pjöngjang bekommt.

Es gibt aber zu allem Übel noch einen vierten apokalyptischen Reiter gegen Kiew; und zwar in der Form der EU-Rechtspopulisten à la Putinella Wagenknecht und oder Viktor Orbán oder Robert Fico, die entweder schon an der Macht sind und innerhalb der EU für Putin arbeiten, oder aber, wie das prorussische BSW gerade anfängt, in Landesregierungen einzutreten, um dort maximal gegen die Ukraine zu agitieren.

Noch ist die Empörung groß über Sahra Sarrazin, es gibt gewichtige Warnungen auch nur an Koalitionen mit dem BSW zu denken. Aber CDU und SPD in Ostdeutschland knicken bereits ein und signalisieren dem Pöbel, gewillt zu sein, die Ukraine untergehen zu lassen.

Mittwoch, 30. Oktober 2024

Hasse hasst

Zur Kategorie der kulturpessimistisch-protestantischen Primitiv-Theologen gehört neben den Stars ihrer Zunft – Kässi und dem Hahne-Peter – auch der Abendblatt-Redakteur Edgar Hasse. Der 64-Jährige Kreuzfahrt-Seelsorger wuchs als Pfarrerssohn in der DDR auf und promovierte im zarten Alter von 50 Jahren an der Uni Greifswald in Theologie. Der arme Mann litt damals schon an einem schweren Grund-Irrtum: Er hält Luther und das Christentum für eine Kraft der Vernunft und Aufklärung, die im Widerstreit mit garstigen Atheisten für den Humanismus kämpft.

Offenbar hat ihm immer noch niemand gesagt, daß es sich genau andersherum verhält, daß Luther ein von fanatischem Hass zerfressener Antisemit war, der extrem obrigkeitsorientiert gegen leibeigene Bauern wetterte, die sich gegen ihre adeligen Herren auflehnten.


 Oder daß die protestantischen „deutschen Christen“ die feste Stütze Hitlers waren, die brutale antihumanistische Überzeugungen vertraten.

Dem Klischee entsprechend, sind Diaspora-Christen immer besonders missionarisch und so heimste der fromme Edgar laut Wikipedia schon lange vor seinen akademischen Meriten Kirchenpreise ein:

    1998 erhielt Hasse einen Preis der John-Templeton-Stiftung und der Konferenz Europäischer Kirchen.

    2001 erhielt er den Goldenen Kompass des Christlichen Medienverbundes KEP.

Unglücklicherweise saß Hasse nach dem Verlassen seiner kirchenfernen Heimatscholle, einem weiteren Großirrtum auf. Er wähnte sich in einer urprotestantischen Christenwelt; wie in Kansas oder Alabama. In Wahrheit war er aber in Hamburg gelandet; eine der säkularsten und atheistischsten Großstädte Europas. Die gelegentliche Konfrontation mit der Realität – Hamburger sind doch nicht zu 100% streng gläubige Pietisten – deprimiert Hasse. Kirchenschließungen und Kirchenaustritte in Hamburg? – Hasse ist geschockt.

(….) Die Intoleranz, die Misogynie, die Homophobie, die Lügen, der systematische Kindesmissbrauch, die Raffgier – all das sind für den derzeit frommsten Redakteur des Hamburger Abendblattes nur Petitessen.

Der evangelische Theologe Dr. Edgar S. Hasse, ist aber keiner, dem alles egal ist. Für ihn gibt es durchaus moralische Grenzen, die man nicht überschreiten darf. Da ist er sich mit seiner strunzfrommen Kollegin Marianne Max ganz einig:

[…..] Ein Kirchenaustritt ist verantwortungslos!   Seit der Vorstellung des Gutachtens zu den Missbrauchsfällen in München und Freising überlegen viele, aus der katholischen Kirche auszutreten. Das ist allerdings der falsche Weg.  [….]

(Marianne Max, 24.01.2022)

Hasse geht mit perfider Eloquenz vor, schreit die Leser nicht primitiv-plump an, wie die Kollegin Max. Sein Anliegen ist Dasselbe. Er geht aber den passiv-aggressiven Weg und kübelt subtil all seine Vorurteile gegen konfessionslose Menschen aus, die in seinem Weltbild alles verdorbene Egoisten sind.

[….] „Wir sind nicht mehr Papst“, wendet sich die „Bild“-Zeitung enttäuscht von Joseph Ratzinger ab. [….] Auch in der evangelischen Kirche, die ihre eigene Missbrauchsgeschichte hat, setzt sich die Austrittsbewegung fort. Dieses Jahr bringt religionssoziologisch einen Kipppunkt. Erstmals in der deutschen Geschichte wird nur noch weniger als die Hälfte der Deutschen einer der beiden großen Kirchen angehören. Christen sind auf dem Weg zur Minderheit in diesem Land.  Ich sehe diese Entwicklung mit Sorge. Die Demokratie braucht funktions­fähige Religionsgemeinschaften, die das jüdisch-christliche Wertefundament unserer Gesellschaft und die Frage nach Gott lebendig halten. Ein Land, das Gott vergisst, wird gottlos und damit unbarmherzig. Wir brauchen Gottes Bodenpersonal, das professionell vom Schöpfer dieser Welt und seiner Liebe erzählt, damit die Geschöpfe nicht selbst zu Göttern werden – im vermeintlichen Glauben, alles im Griff zu haben. Die Pandemie zeigt doch, wie verletzbar, sterblich, endlich wir sind.  Deshalb ist jedem Katholiken, jeder Katholikin Respekt zu zollen, die sagen: Wir bleiben! [….]

(Edgar S. Hasse, 25.01.2022)

Es ist noch nicht einmal klar, ob sich Hasse der ungeheuerlichen Unterstellungen bewußt ist, die er da verbreitet. Bemerkt er eigentlich, wie diskriminierend er sich äußert? Mal ganz abgesehen davon, daß er Lügen verbreitet, denn die Kirchen geben nur einen winzigen Teil ihres Geldes für Wohltätigkeit aus, alle ihre sozialen Einrichtungen werden weitgehend vom Staat finanziert. Wer also Gutes tun will, sollte sein Geld lieber jeder anderen Hilfsorganisation als der Kirche geben.

Gläubige = moralisch und hilfsbereit

Ungläubige = subhumane Egoisten ohne Mitgefühl.

So und nicht anders lauten die Wertvorstellung des typischen „Wir sind besser als die!“-Christen Hasse. (…)

(Harter Schlag für Hasse, 16.02.2022)

Ende Oktober 2024 entdeckt Hasse mit sicherem Gespür für die debilsten Protestanten-Thema einen legendären alten Käßmann-Rant, mit dem sie eindrucksvoll bewies, weswegen die evangelische Kirche dem Untergang geweiht ist.

(…..) Erinnert sich noch jemand an die Madonnas World-Tour „Confessions“ von 2006, als sie ein Lied wie Jesus ans Kreuz geschlagen sang und runde 200 Millionen Euro durch den Ticketverkauf einnahm?
Eine Eintrittskarte kostete durchschnittlich 200 Euro, so daß auch echte Fans gut umworben sein wollten, um so tief in die Tasche zu greifen.

Madonna ist aber ein Marketing-Genie und konnte sich auf ihre treuen Helfer auf den Kirchenkanzeln verlassen.

Die dümmste Bischöfin der Welt, Margot Käßmann, sprang bereitwillig ein, um Madonnas Kartenverkauf anzuheizen.  Käßmann kann aber auch richtig dumm - wie sie in der causa „Madonna“ bewies, als sie sich wie Hein Doof in der Marketing-Maschine der Groß-Sängerin verhedderte:
Während der vorletzten Madonna-Europa-Tournee konnte die Bischöfin kein Mikrofon auslassen und musste permanent ihren Senf zur Show abgeben.
Das ist an sich schon lächerlich und offenbart nur ihren Neid auf die ungleich erfolgreichere Kollegin, aber vor allen geht sie damit dem ältesten Madonna-Trick überhaupt auf dem Leim: Madonna hat immer Grenzen überschritten und genau so viel provoziert, bis die religiösen Eiferer zum Boykott aufriefen und damit den CD-Verkauf anheizten.
Nur Frau Käßmann hat es nach einem Vierteljahrhundert immer noch nicht begriffen.  Ich zitiere:
„Mich empört ihre (Madonnas, Red) anmaßende Selbstinszenierung, sich an die Stelle Jesu zu setzen. Das Kreuz ist für alle Christen das zentrale Symbol für das Leiden und Sterben Jesu. ... Es ging ihr um eine spektakuläre Bühnenshow, mit der sie 200 Millionen Dollar verdient hat, wie es heißt. ... Die arme Madonna! Sie sagt doch, sie sei tief religiös! Ich denke, Madonna hat das alles wenig interessiert. ...“

 (Plappermäulchen 27.12.2009)

In Unkenntnis des Streisand-Effektes wetterte sie gegen Madonna-Konzerte, Musikveranstaltungen am Karfreitag, Harry-Potter-Bücher und schließlich Halloween.

Den ewigen Salmon kennen wir alle.

(….) Die Kirchen stehen dem Geister- und Hexenboom mit „heidnischem“ Ursprung kritisch gegenüber. Katholiken fürchten, dass das besinnliche Totengedenken zu Allerheiligen von der allgegenwärtigen Spaß- und Konsumkultur verdrängt wird. Protestanten sehen ihren am 31. Oktober begangenen Reformationstag bedroht.[….]

Ebenfalls nicht lustig findet die frühere evangelische Landesbischöfin von Hannover, Margot Käßmann das orangefarbene Treiben. Sie empfindet Halloween in Deutschland als kommerziellen Humbug, wie die dpa meldete. Man könne überall nachlesen, wie der Halloween-Trubel in Deutschland entstanden sei: „Es ging darum, irgendwo im Kalender zwischen den Sommer-Grillpartys und dem 1. Advent noch ein Verkaufsevent mit allem möglichen Schnickschnack zu etablieren“, sagte Käßmann den „Ruhr Nachrichten“.

Sie betonte, Halloween sei gegen alle Grundüberzeugungen der Reformation: „(Reformator Martin, Anm.) Luther wollte Angst nehmen - vor Geistern, Gespenstern, dem Bösen, dem Teufel. Und heute? Da sind am 31. Oktober die Kinder in Gruselkostümen unterwegs. Das kann ich nicht ernst nehmen“, erklärte Käßmann.

(ORF 31.10.13)

Moral- und Konsumexpertin Käßmann (ging im Alter von 52 Jahren auf Steuerzahlerkosten in den Ruhestand) sticht selbst im Vergleich zu anderen Bischöfen durch extreme Selbstverliebtheit, Selbstüberschätzung und Aufdringlichkeit hervor.  Man wird wohl nicht Bischof, wenn man sich nicht selbst gerne reden hört und sich dazu berufen fühlt anderen seine Sicht der Dinge aufzudrängen. Aber man muß schon lange suchen, um eine Karrieretheologin zu finden, die geistig so minderbemittelt wie Käßmann ist.  Und wenn sie noch so wenig vom Thema versteht, Käßmann drängt immer allen ihre irrelevante Meinung auf – am liebsten in der Zeitung, die ihrem Intellekt am besten entspricht: Der BILD-Zeitung.

Käßmanns Bücher sind solch verworrenen Plattitüden-Ansammlungen, daß die Rezensenten wie Denis Scheck eigentlich Schmerzensgeld einfordern sollten.  Halloween ist für die EX-EKD-Chefin immer ein willkommener Anlaß sich in Szene zu setzen.

"Heute hängt das Herz der meisten Menschen anscheinend am Geld, am Haben", kritisierte Margot Käßmann mit deutlichen Worten übertriebenes Konsumdenken. "Konsum wird zur großen Religion: Ich konsumiere, also bin ich." Es fehle eine "Ethik des Genug."

Käßmann wies in ihrer Rede besonders auf die Verantwortung des Einzelnen für die Gesellschaft hin, auch die des einzelnen Unternehmers. "Die Einzelperson hat Bedeutung, sie muss ihr Gewissen schärfen und Verantwortung übernehmen." Gerade aus Sicht der Reformatoren sei weltliches Leben nicht etwa weniger wert gewesen als priesterliches oder klösterliches, vielmehr gehe es darum, "im Glauben zu leben, im Alltag der Welt." Niemand sei "Macher des eigenen Lebens, des Erfolgs", sagte die Theologin. Vielmehr solle jeder dankbar sein, dass er leisten und zum Gemeinwohl beitragen könne.

(HHAbla 31.10.13)

Die Millionärin Käßmann – alle ihre Bücher sind Bestseller – arbeitet übrigens nicht etwa ehrenamtlich als „Lutherbotschafterin“ der EKD, sondern sie wird von der EKD für Amt mit einem Büro in Berlin und einer zusätzlichen Personalstelle ausgestattet, ihr Gehalt – „anfangs“  ein halbes Bischofsgehalt – zahlt die Hannoversche Landeskirche.  Nun ist es eigentlich irrelevant und wenig ärgerlich, was Käßmann zu Halloween zu vermelden hat.

Die Welt wimmelt vor Irren mit bizarren Ansichten.

Wirklich schlimm an der Causa Käßmann ist, daß sie nach wie vor von der Presse wie das Orakel von Delphi behandelt wird.

Das Hamburger Abendblatt, immerhin eine der auflagenstärksten überregionalen seriösen Zeitungen widmet ihr gleich drei Seiten.

Schon auf dem TITEL grinst sie einem mit der Frage „Dürfen Christen Halloween feiern?“ entgegen. Nahezu wortgleich meldete sie sich auch schon 2008 in der WELT. Auf Seite Zwei des heutigen Abendblattes folgt der Leitartikel von Edgar S. Hasse zur Käßmann-Halloween-Kabale.

Schließlich im Hamburg-Teil auf s.) noch mal ein ausführlicher Artikel über Margots Konsum-Schelte.  Das ist wahrer Halloween-Horror. (….)

(Halloween, 31.10.2024)

Offenkundig gibt es bei Hasse keinerlei intellektuelle Weiterentwicklung. Im Gegenteil. Auch 2024 jammert er wie Käßmann über die heidnisch-gruseligen Umtriebe von heute und beschwört stattdessen die angeblichen Qualitäten des egomanen Menschenfeindes Luther.

[…..] Der bildgewaltige heidnische Kult erobert bereits vor dem 31. Oktober die Stadt. Warum das Gruselfest nicht mehr in die Zeit passt.

[…..] Das Verstörende an der inzwischen allgegenwärtigen Präsenz dieses heidnischen Kultes ist, wie bereitwillig und gedankenlos sich die Menschen diesem aus den USA kommenden, keltischen Brauch unterwerfen, der einzig und allein den Herstellern diverser Gruselartikel nützt. […..] Man reibt sich die Augen vor so viel Unsinn. Was vor Jahren, als die Halloween-Welle nach Deutschland schwappte, noch neu und unterhaltsam war, gerät heute aus meiner Sicht an die Grenze des schwer Erträglichen. Kaum einer, der den öffentlichen Raum betritt, der einkaufen, an Gärten vorbeiflanieren und im Fitnessclub trainieren will, kann sich diesem gottlos bildgewaltigen Kult entziehen. [Spricht er jetzt vom heidnischen Tannenbaumkult am 24.12.? – Tam.] Wie muss die unerwartete Präsenz von Totenköpfen und menschlichen Skeletten auf jene Bürgerinnen und Bürger wirken, die aus Kriegsgebieten einen Zufluchtsort in Deutschland gefunden haben? Auch allen, die gerade einen geliebten Menschen verloren haben, dürfte der Anblick menschlicher Skelette, und seien es explizit Nachbildungen, nicht guttun.

Halloween ist ein Kult ohne Trost, der nicht mehr in die Zeit passt. […..] Das Frappierende ist, dass die Menschen heutzutage von der Bildgewalt Halloweens mehr fasziniert sind als von der Kraft des Wortes. Genau dafür steht der Reformationstag am 31. Oktober. Er erinnert an ein Ereignis von europäischem Rang, denn der Reformator Martin Luther veröffentlichte an diesem Tag im Jahr 1517 an der Wittenberger Schlosskirche seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel. […..]  Das wünscht man den Fans von Halloween auch. Ganz im Sinne von Immanuel Kant und der Aufklärung möge man ihnen zurufen: „Sapere aude! Habt Mut, Euch Eures Verstandes zu bedienen!“ [….]

(Edgar S. Hasse, 30.10.2024)

Man möchte so einen verwirrten Religioten eigentlich ignorieren. Aber ausgerechnet die radikal anti-aufklärerische, restauratorische, menschenrechtsfeindliche Sklavenhalter- und Antisemitismus-Heimstatt Christentum, welche sich sagenhaft dreist heidnischer Rituale bedient – Osterfeuer/Weihnachtsbaum – als Vertreterin der Kantschen Aufklärung gegen heidnische Rituale aufzubauschen, ist so irre, daß Kant wirklich froh sein muss, bereits tot zu sein.

Ungeheuerlich, was Hasse für historische Fehlinformationen und Gaga-Deutungen abliefert. Erschreckend auch der Vergleich zu seinem elf Jahre alten Text, als er zwar auch schon schwer religiotisch schwurbelte und Luther drastisch verfälscht als Held der Aufklärung feierte, aber zu einer toleranten Co-Existenz zwischen Halloween und Christentum aufrief und genau das, was er selbst heute fordert, als Spaßverderben geißelte.

[…..] Kirche als Spaßverderber […..] Die Kirche geißelt Halloween. Dabei hat das Fest einiges gemeinsam mit Luthers Reformation.

Heute haben Spaßverderber Konjunktur. Wenn Kinder bei Dunkelheit in Gruselkostümen durch die Straßen ziehen und ausgehöhlte Kürbisse tumb leuchtend auf dem Fenstersims stehen, feiert halb Hamburg Halloween. Die spielerische Inszenierung aus der heidnisch-keltischen Geisterwelt in jener geheimnisvollen Nacht vor Allerheiligen ist mitten im digitalen Zeitalter höchst populär. Doch der heidnische Kult ruft mal wieder religiöse Kulturkämpfer auf den Plan. Mit Hinweis auf den heutigen Reformationstag, dem Gedenken an den Thesenanschlag Martin Luthers im Jahr 1517, kanzeln sie – wie jetzt Luther-Botschafterin Margot Käßmann bei ihrem Vortrag im Michel – den Volksbrauch als „kommerziellen Humbug“ ab.

Schade, dass bei den Lutheranern manchmal so schnell Schluss mit lustig ist. Denn eine friedliche Koexistenz zwischen Kürbiskult und Luthers Kirchenreform ist durchaus möglich – und nachdenkenswert. Schließlich spiegeln beide Feste, so grundverschieden sie auch sind, zwei Seiten der kollektiven Psyche. […..]

(Hasse, 31.10.2013)

Der Mann ist ein typischer Christ: Entkoppelt von Fakten, radikalisiert er sich mit zunehmenden Alter. Wie Hahne.

Dienstag, 29. Oktober 2024

Bezos, der Gummirücken

 Jeff Bezos, 60, besitzt gegenwärtig etwa 205 Milliarden Dollar und genießt als einer der superreichsten Menschen der Geschichte, das Privileg, anders als Normalverdiener, keine, oder nur minimale Steuern zu zahlen.

[…..] In 2007, Jeff Bezos, then a multibillionaire and now the world’s richest man, did not pay a penny in federal income taxes. He achieved the feat again in 2011. In 2018, Tesla founder Elon Musk, the second-richest person in the world, also paid no federal income taxes.

Michael Bloomberg managed to do the same in recent years. Billionaire investor Carl Icahn did it twice. George Soros paid no federal income tax three years in a row.  ProPublica has obtained a vast trove of Internal Revenue Service data on the tax returns of thousands of the nation’s wealthiest people, covering more than 15 years. The data provides an unprecedented look inside the financial lives of America’s titans, including Warren Buffett, Bill Gates, Rupert Murdoch and Mark Zuckerberg. It shows not just their income and taxes, but also their investments, stock trades, gambling winnings and even the results of audits.

Taken together, it demolishes the cornerstone myth of the American tax system: that everyone pays their fair share and the richest Americans pay the most. The IRS records show that the wealthiest can — perfectly legally — pay income taxes that are only a tiny fraction of the hundreds of millions, if not billions, their fortunes grow each year.

Many Americans live paycheck to paycheck, amassing little wealth and paying the federal government a percentage of their income that rises if they earn more. In recent years, the median American household earned about $70,000 annually and paid 14% in federal taxes. The highest income tax rate, 37%, kicked in this year, for couples, on earnings above $628,300. […..] We compared how much in taxes the 25 richest Americans paid each year to how much Forbes estimated their wealth grew in that same time period.

The results are stark. According to Forbes, those 25 people saw their worth rise a collective $401 billion from 2014 to 2018. They paid a total of $13.6 billion in federal income taxes in those five years, the IRS data shows. That’s a staggering sum, but it amounts to a true tax rate of only 3.4%.

It’s a completely different picture for middle-class Americans, for example, wage earners in their early 40s who have amassed a typical amount of wealth for people their age. From 2014 to 2018, such households saw their net worth expand by about $65,000 after taxes on average, mostly due to the rise in value of their homes. But because the vast bulk of their earnings were salaries, their tax bills were almost as much, nearly $62,000, over that five-year period. […..]

(Propublica, 08.06.2021)

Milliardär Donald Trump, der selbst auch schon in mehreren Jahren auf einen realen Steuersatz von 0% kam senkte die Unternehmenssteuern um Trillionen Dollar, will bei einer Wiederwahl den superultrareichen Fantastillionären weitere Trillionen Dollar Steuergeschenke machen.

Da sich mit seinem grenzenlosen Reichtum auch nahezu grenzenlose Macht ansammelt, die quasi ungetrübt von steuerlicher Solidarität kontinuierlich anwächst, kann sich der Neu-Floridaner Bezos so ziemlich alles leisten.

40 Milliarden Dollar bekam seine Ex-Frau MacKenzie Scott bei ihrer Scheidung im Jahr 2019, für gut 500 Millionen US-Dollar ließ er seine Segelyacht Koru bauen, für Luxusimmobilien auf der Insel Indian Creek bei Miami, besser bekannt als "Billionaire Bunker", bezahlte er weitere 500 Millionen Dollar und erwarb 2013 die renommierte liberale Washington Post zum Schnäppchenpreis von 250 Millionen Dollar.

[….] Im Februar 2017, gerade hatte Donald Trump das Weiße Haus bezogen, übernahm die »Washington Post« einen neuen Slogan: »Democracy Dies in Darkness«, Die Demokratie stirbt im Dunkeln, steht seither unter dem Namen der Zeitung. Es war eine Losung voller Pathos: Die Zeitung als Lampe, die die dunklen Ecken des Gemeinwesens ausleuchtet. Es war auch ein Bekenntnis des Multimilliardärs und Amazon-Gründers Jeff Bezos, der das Blatt 2013 übernommen hatte, zu mutigem Journalismus.  […..]

(SPON, 29.10.2024)

Der amerikanischen Tradition entsprechend hatte das editorial board der WaPo 2016 und 2020 Wahlempfehlungen für Clinton, bzw Biden ausgesprochen. In einer Demokratie ist das möglich und ein reicher Mann muss sich nicht davor fürchten, einen anderen Kandidaten, als den späteren Wahlsieger unterstützt zu haben. Der Präsident hat schließlich für alle Bürger gleichermaßen da zu sein und die Verfassung zu achten.

Trump aber ist kein Demokrat und wird bei einem Wahlsieg die Verfassung schleifen, um eine faschistische Trump-Diktatur ohne Gewaltenteilung zu errichten. Das kann für Bezos, der von staatlichen Aufträgen abhängig ist, durchaus unangenehm werden, wenn Potus #47 im Rachefurien-Modus auf Amazon losgeht. Also machte er es wie sein Bruder im Milliardärsamte Patrick Soon-Shiong bei der Los Angeles Time und verbot im devoten Verausbuckeln vor Donald Trump, pro-Harris-Stellungnahmen des editorial boards.

[….] Jeff Bezos war nicht damit einverstanden, dass seine Zeitung wie in den vergangenen dreieinhalb Jahrzehnten eine Wahlempfehlung aussprach. Die Redaktion hatte dieses endorsement, das wenig überraschend Kamala Harris gelten sollte, bereits vorbereitet, es durfte aber nicht erscheinen. Wie unter anderem die New York Times berichtet, musste der Chefredakteur Will Lewis die Entscheidung des Besitzers als Entscheidung der Chefredaktion verkünden. Nicht alle Leser waren von diesem Beispiel von journalistischem Mut erbaut. Bis Sonntagmittag sammelte die Website der Washington Post neben Lewis’ Erklärung mehr als 32 000 Kommentare, in denen das Verhalten der Zeitung in vielen Varianten als „Feigheit“ und „Schande“ bezeichnet wird; etliche Tausend nahmen die Erklärung zum Anlass, ihr Abonnement zu kündigen.

Wenige Tage zuvor hatte die Los Angeles Times ebenfalls verkündet, dass sie anders als bisher keine Wahlempfehlung aussprechen werde. 2015 war sie von Milliardär Patrick Soon-Shiong erworben worden, der sich jetzt gegen den Willen der Redaktion und damit gegen die Unterstützung von Harris aussprach.  [….] Der Totalitarismusforscher Timothy Snyder bezeichnet das Verhalten der Washington Post und der LA Times laut Guardian als „vorauseilenden Gehorsam“. Es ist aber vielleicht noch ein bisschen einfacher. Für den Kolumnisten Robert Kagan, der noch am Freitag nach zwanzig Jahren seinen Vertrag mit der Washington Post gelöst hat, zeigt sich da ein Junktim: Erst nachdem Bezos seine Zeitung neutralisiert hatte, habe sich Trump mit den Managern von Blue Origin getroffen, der Luftfahrtabteilung von Bezos, die ebenfalls auf Staatsaufträge hoffen darf. Wenn Trump die Wahl gewinne, so Kagan auf The Daily Beast, werde es in den Medien reichlich Selbstzensur geben, „lauter Kurswechsel, nur um der Bestrafung zu entgehen“. […..]

(Willy Winkler, 26.10.2024)

Während Trump und die Republikaner also die drei Säulen der US-Verfassung – Regierung, Parlament und unabhängige Justiz - aktiv zerstören, begeht die „vierte Gewalt“ vorsorglich Selbstmord, schneidet sich selbst die Hoden ab, läßt sich das Rückgrat entfernen und bejubelt den orange-bornierten Faschisten.

[….]  Die Feigheit des einen ist der Triumph der anderen. Nachdem die Washington Post, neben der New York Times die wichtigste Zeitung der USA, am vergangenen Freitag, elf Tage vor der Präsidentschaftswahl, bekanntgegeben hatte, dass sie mit einer fast 50-jährigen Tradition brechen und diesmal keine Wahlempfehlung aussprechen wolle, brach ein Sturm los. Innerhalb von 24 Stunden hatten 2000 Leserinnen und Leser ihr Abonnement gekündigt, wie die Webseite des National Public Radio (NPR) mit Berufung auf Mitarbeiter der Zeitung meldete. „Statistisch“ sei das nicht relevant, ließ sich ein Unternehmenssprecher vernehmen, aber bis Montagmittag hatte sich die Zahl bereits mehr als verhundertfacht. Die zeitungslesende Öffentlichkeit wollte diese Entscheidung nicht hinnehmen, die sie als Einknicken vor Donald Trump verstand, der wiederholt angekündigt hatte, dass er sich an seinen Feinden rächen werde.

Zu den Lieblingsgegnern Trumps gehören die Journalisten, die er bei jeder sich bietenden Gelegenheit als „Feinde des Volkes“ bezeichnet hat. Seine Opfer sind sie schon jetzt. 200 000 von zweieinhalb Millionen Auflage in Print und digital fallen nicht nur statistisch ins Gewicht, ein solcher Verlust an zahlender Kundschaft binnen weniger Tage träfe jede Zeitung und trifft besonders die ehrwürdige Post, die sich darauf beruft, dass ihre Reporter Carl Bernstein und Bob Woodward vor 50 Jahren einen Präsidenten zu Fall brachten, indem sie dessen „dirty tricks“ entlarvten. Die beiden Veteranen gaben auch gleich bekannt, mit dem Verzicht auf eine redaktionelle Empfehlung werde ignoriert, welche „Gefahr für die Demokratie Donald Trump darstellt“, die nicht zuletzt durch die ausführliche Berichterstattung der Zeitung erwiesen sei.  […..]

(SZ, 29.10.2024)

Die Edelfedern der LAT und WP sind empört, wütend und kämpferisch. Aber gegen die Macht des Geldes sind sie völlig hilflos.

[….] An die hochtrabende Losung »Democracy Dies in Darkness« erinnern nun viele. Ein Sturm der Entrüstung ist losgebrochen, seit die »Washington Post« am Freitag mit einer langen Tradition gebrochen und verkündet hat, keine offiziellen Empfehlungen bei Präsidentschaftswahlen mehr auszusprechen. Eine bereits vorbereitete Erklärung für Kamala Harris wurde verworfen.

Die überwiegend demokratisch gesinnte Leserschaft nahm das als Aussage zugunsten von Donald Trump auf, viele protestierten. 200.000 Abonnenten hätten bereits eine Kündigung ausgesprochen, meldete der Radiosender NPR, oder acht Prozent der Abomenge. Redakteure und Kolumnisten verließen das Blatt. Ex-Chefredakteur Marty Baron sprach  von »Feigheit, mit der Demokratie als Opfer«.

Die Entrüstung, dass nun sogar Bezos selbst Stellung nahm. In einer »Notiz des Eigentümers«  im eigenen Blatt wies der Milliardär Vorwürfe zurück. Er habe weder politischem Druck nachgegeben noch die Zeitung einem Interessenkonflikt geopfert – auch wenn er zugesteht, dass dieser Eindruck entstehen konnte. »Ich wünschte, wir hätten die Entscheidung früher getroffen, zeitlich weiter entfernt von den Wahlen und den Emotionen dazu«, schreibt Bezos. Sein Ziel sei es, das Vertrauen in die Zeitung zu stärken – Wahlempfehlungen stünden dem entgegen, sie schüfen den Eindruck von Voreingenommenheit.

Ein Vertrauensproblem hat Bezos derzeit tatsächlich, seine eigene Redaktion scheint ihm zu misstrauen. Man konnte und kann das auf den Seiten der Zeitung selbst nachlesen. Die »Washington Post« veröffentlichte einen Protestbrief von 21 Kolumnisten  und kritische Kommentare, und am Montag eine schonungslose Einordnung  der Entscheidung. »Milliardäre und CEOs sichern sich ab, während Trump mit Vergeltung droht«, lautete die Schlagzeile eines Artikels, der Bezos’ Entscheidung als Einknicken gegenüber Trump interpretierte und auflistete, welche Geschäftsinteressen des Zeitungseigentümers gefährdet seien. Amazon habe als Dienstleister für Cloud-Datenspeicherung Verträge mit der US-Regierung im Wert von Milliarden Dollar, und Bezos’ Raketenunternehmen Blue Origin Verträge mit den Weltraumtruppen und der Weltraumagentur Nasa. […..]

(SPON, 29.10.2024)

Montag, 28. Oktober 2024

Bleibt alles gleich bei der CDU

Meine politischen Überzeugungen bilde ich mir täglich bei der Zeitungslektüre aus.

Die Basis wurde durch die Haltung etabliert, die mir in meinem Elternhaus vorgelebt wurde. Als junger Teenager fand ich starke Betätigung der bereits gesäten Ansichten, a) durch meinen Konfirmanden-Unterricht, in dem mich der Pfarrer endgültig zum Atheisten machten und b) durch die JU-Gang meines Gymnasiums.

Die Schule am Rande Hamburgs war eine konservative Enklave im roten Hamburg. Der Schulleiter ein aktives CDU-Mitglied und mein Physiklehrer saß sogar für die CDU im Landesparlament. Daß der Mann ein Säufer und Sadist war, erlebte man täglich bei seinen Aufgabenstellungen und soll hier nicht weiter ausgebreitet werden; zumal er längst verstorben ist. Bezeichnend war aber, welche Art Schüler er als JU-Fanboys in seiner Tutanden-Gruppe um sich scharrte. Natürlich nur Jungs, die nicht nur alle gleichermaßen arrogant blasiert und häßlich waren, sondern die kurioserweise auch alle die Einheitsfigur ihres Tutors teilten: Pyknisch, feist, bräsig, kleine ungepflegte Hände, verschlafene, tief hängende glasige Augen, enorm breiter Arsch.

Phänotypische Eigenschaften, die ich später auch bei RCDS und Verbindungsbrüdern beobachtete.

Schon vor über 40 Jahren formulierte ich solche Beobachtungen einerseits scherzhaft – was kann man schon für sein Aussehen; no Bodyshaming! – andererseits selbst erstaunt, weil es tatsächlich ein konservatives Alleinstellungsmerkmal zu sein scheint, grotesk und adipös zu sein. Wer aussieht, wie Kohl, Strauß, Boris Johnson, Geert Wilders oder Donald Trump, ist eben kein Linksliberaler.

Bei der JU veränderten sich diese äußerlichen Anforderungen an ihre Führung offenbar nie.

Tilman Kuban (JU-Vorsitzender 2019-2022), Hermann Gröhe (1989-1994), Paul Ziemiak (2014-2019) – dick und/oder schräg (Philipp Amthor) muss es wohl sein.

Ich verstehe gar nicht, wie sich der gegenwärtige Chef Johannes Winkel darein mogeln konnte; der sieht viel besser aus, als sein Vorgänger.

Aber, wie gesagt, das sind Äußerlichkeiten und somit irrelevant.

Was mich aber wirklich an diesen rechten Jugend-Organisationen abstößt, ist ihr frenetischer Jubel für fiese alte Männer, die Hassbotschaften absondern.

Gegen Schwule. Gegen Frauen. Gegen Ausländer. Gegen Arme. Gegen Flüchtlinge. Gegen Kranke. Gegen Süchtige. Gegen Sinti und Roma. Gegen Obdachlose. Gegen Schwarze. Gegen Asiaten. Gegen Trans-Menschen. Gegen Bürgergeldempfänger. Gegen Ukrainer.

So wie Markus Söder, sich als Teenager stolz Strauß-Poster über das Bett hängte, in dem er zu masturbieren pflegte, bejubelten die JU-Teenager aus meiner Schule Helmut Kohl.

So bejubeln sie heute den ewig gestrigen Fritz Merz.

[….] Bei anderen politischen Jugendorganisationen knirscht es – nicht so bei der Jungen Union. Sie stellt sich auf ihrem Deutschlandtag geschlossen hinter den CDU-Chef und Kanzlerkandidaten. Und das, obwohl er eine Kernforderung des Nachwuchses ablehnt.

Es ist ein Auftritt wie bei einem Rockstar. Nebelmaschine, wummernde Musik, gezückte Handys und nicht endender Applaus. Während Friedrich Merz im Scheinwerferlicht durch die Messehalle zur Bühne läuft, halten die Delegierten um ihn herum Schilder mit seinem Namen in die Höhe. Hier muss der Kanzlerkandidat der Union niemanden mehr überzeugen. Für die Junge Union (JU) ist der CDU-Chef quasi schon Bundeskanzler. Wie zum Beweis steht das Wort Kanzler auch gleich in riesigen Buchstaben auf dem Bildschirm hinter seinem Rednerpult.  [….]

(Ann-Marlen Hoolt, 27.10.2024)

JUler sind habituell servil und verhalten sich gegenüber mächtigen Männern devot. So etwas erlebt man bei Grünen, Linken, Sozis eben nicht.

Der so stürmisch gefeierte CDU-Geront mäandert unterdessen, völlig unverändert wie seit 40 Jahren, zwischen gruppenbezogenen Menschenhass-Attacken hin und her. Immer noch ist unklar, ob er am meisten Frauen, Schwule, Grüne, oder Ausländer verachtet.

Auf dem DLT traf es mit der einzigartigen Merz-Borniertheit wieder die Frauen, deren JU-Versionen sich die Patschehändchen für den rechten Pascha wundklatschten.

[…] In einer Fragerunde versicherte Merz, er werde sich nicht für eine Liberalisierung des Paragrafen 218 zu Schwangerschaftsabbrüchen einsetzen. Ein Verbände-Bündnis hatte Mitte Oktober einen Entwurf zur Legalisierung von Abtreibungen vorgelegt. Dieser sieht vor, Schwangerschaftsabbrüche in den ersten 22 Wochen außerhalb des Strafgesetzbuchs zu regeln und die Gesetzesparagrafen, auf denen die Strafbarkeit beruht, abzuschaffen.   [….]

(dpa, 26.10.2024)

Hier ist Merz ganz Trump und Vance. Die dummerhaften Weiber sollen nicht selbst über ihren Körper entscheiden dürfen. Das ist Sache der alten Männer. Mehr Abtreibungen und mehr blutiges Leid für vergewaltigte Frauen sollen es sein.

[…..] Zur Frage der Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs sagt der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, dass man den Status Quo nicht ändern dürfe, weil "unser Land" dadurch mit einem "gesellschaftlichen Großkonflikt" konfrontiert würde. Diesen Konflikt könnten "wir überhaupt nicht gebrauchen". Der aktuellen "Kompromiss" (er meint §218 im Strafgesetzbuch zum Schwangerschaftsabbruch mit Ausnahmeregelung) - der "natürlich nicht jedermann (!) zufriedenstellt"- habe den "sozialen und gesellschaftlichen Frieden in Deutschland ermöglicht".

Nun ist die Haltung eines CDU-Politikers zum Thema Schwangerschaftsabbruch nicht überraschend und völlig legitim. Die Art und Weise, wie Friedrich Merz allerdings über Paragraph 218 und das Thema Schwangerschaftsabbruch spricht, lässt vermuten, dass er die Perspektive von Frauen und von behandelnden Ärzt:innen zu diesem Thema nicht kennt oder sich nicht eingehend damit beschäftigt hat.

Die Probleme, die dieser ach so friedvolle "Kompromiss" mit sich bringt - die Kriminalisierung von Frauen; die staatliche Kontrolle über die Körper von Frauen; die Erzählung, dass Frauen keine rationalen Entscheidungen treffen könnten; die rapide Abnahme von Ärzt:innen, die überhaupt noch Abbrüche vornehmen; die gesundheitlichen Risiken; die emotionalen Traumata, die Scham etc. - finden sich in seinem Lob über den "Kompromiss" nicht wieder. Dass er außerdem ausgerechnet "jedermann" sagt, ist nur eine Nebensache, es ist ihm möglicherweise herausgerutscht. Macht aber die Gesamtaussage nicht gerade besser. [….]

(Gilda Sahebi, 28.10.2024)

Sonntag, 27. Oktober 2024

Wagenknechts Wagenburg

Sahra Sarrazin interpretiert das Grundgesetz nach der speziellen Art des Saarländer Parteikiller-Ehepaars.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

Art 21

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

Die Millionärin Wagenknecht (allein in 2023 verdiente sie, außer ihren Diäten und Kostenpauschale in Höhe von gut 195.000 Euro, noch 800.000 Euro nebenher) versteht eine Partei hingegen, wie ein amerikanisches „political action committee“ (PAC), welches dazu bestimmt ist, ihr zu huldigen und Geld zu sammeln.

Zusammen mit Top-Verdiener Lafontaine, der sich schon von seinen BILD-Tantiemen eine ikonische Villa im saarländischen Oberlimberg anschaffte, für Sahra und sich ein weiteres Haus im Merziger Stadtteil Silwingen kaufte, dürfte Wagenknecht beim Einkaufen nicht dieselben Vibes wie ein Flüchtling aus Syrien fühlen.

Das BSW sammelt Millionen an Spenden ein, die nach Gutdünken der Alleinherrscherin verwendet werden.

[…] Lotte Salingré (60) und Thomas Stanger (67) aus Westmecklenburg sind die Millionenspender an das „Bündnis Sahra Wagenknecht“. Sie sind in der Hightech-Branche zu Geld gekommen, leben seit 20 Jahren an der Ostseeküste bei Wismar – und wollen, dass Sahra Wagenknechts neue Partei die gleichen Startchancen für die kommenden Wahlen bekommt wie etablierte politische Kräfte. Daher haben sie insgesamt fünf Million Euro ans BSW gespendet. [….]

(RND, 25.09.2024)

Sahra Sarrazin, die von sich behauptet, „den Faust“ auswendig gelernt zu haben, kennt sicherlich die berühmten Worte, „Ich bin der Geist, der stets verneint!“, die Goethe Mephisto im Studierzimmer sagen lässt.

Faust:

Bei euch, ihr Herrn, kann man das Wesen

Gewöhnlich aus dem Namen lesen,

Wo es sich allzu deutlich weist,

Wenn man euch Fliegengott, Verderber, Lügner heißt.

Nun gut, wer bist du denn?

Mephistopheles:

      Ein Teil von jener Kraft,

Die stets das Böse will und stets das Gute schafft.

Faust:

Was ist mit diesem Rätselwort gemeint?

Mephistopheles:

Ich bin der Geist, der stets verneint!

Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,

Ist wert, daß es zugrunde geht;

Drum besser wär's, daß nichts entstünde.

So ist denn alles, was ihr Sünde,

Zerstörung, kurz, das Böse nennt,

Mein eigentliches Element.

Faust:

Du nennst dich einen Teil, und stehst doch ganz vor mir?

Mephistopheles:

Bescheidne Wahrheit sprech ich dir.

Wenn sich der Mensch, die kleine Narrenwelt

Gewöhnlich für ein Ganzes hält –

Ich bin ein Teil des Teils, der anfangs alles war

Ein Teil der Finsternis, die sich das Licht gebar

Das stolze Licht, das nun der Mutter Nacht

Den alten Rang, den Raum ihr streitig macht,

Und doch gelingt's ihm nicht, da es, so viel es strebt,

Verhaftet an den Körpern klebt.

Von Körpern strömt's, die Körper macht es schön,

Ein Körper hemmt's auf seinem Gange;

So, hoff ich, dauert es nicht lange,

Und mit den Körpern wird's zugrunde gehn.

Faust:

Nun kenn ich deine würd'gen Pflichten!

Du kannst im Großen nichts vernichten

Und fängst es nun im Kleinen an.

Sahra Wagenknecht, die auch phänotypisch an den ikonischen Gründgens-Mephistopheles erinnert, versteht die Klassiker. Seit 30 Jahren sitzt sie in den Talkshow-Studios - Bescheidne Wahrheit sprech ich dir – und positioniert sich DAGEGEN! 

Sie ist immer gegen etwas, will etwas abschaffen, beenden, zerstören.

Die PDS, die Linke, das Ego-Projekt „Aufstehen!“, das BSW verstand Sahra Sarrazin stets aus destruktives Plattformen, die nach ihrer Pfeife zu tanzen hatten: So ist denn alles, was ihr Sünde, Zerstörung, kurz, das Böse nennt, Mein eigentliches Element.

Unfähig zu Solidarität, zur konstruktiven Mitarbeit, meidet sie den parlamentarischen Alltag, fehlt öfter als alle anderen Abgeordneten im Bundestag und hält sich konsequent von ihren Kollegen fern. Möglicherweise mag sie einfach keine anderen Menschen. Möglicherweise erkennt sie auch klug ihre eigenen Defizite. Sie ist so legendär humorlos, daß sie Ironie nicht versteht. Frotzeleien auf Augenhöhe, das Zwiegespräch liegen ihr gar nicht. Sie sendet. Sie empfängt nicht. Sie doziert und akzeptiert keinen Widerspruch. Man soll ihr applaudieren; sie lobpreisen. Ihr aber insbesondere gehorchen.

Gelingen kann das selbstverständlich nur in ewiger Opposition zu Allem. Die Mühen des Regierungsalltages sind für die Parteigründerin ausgeschlossen. Das Ringen um Kompromisse, auf Menschen zugehen, zuhören, sich selbst zurücknehmen – ein Grauen für die BSW-Chefin. Sie steht auf der Bühne und macht Ansagen. Sie fordert und verlangt. So eine sitzt nicht in Koalitionsrunden und macht Zugeständnisse.

Die Erfolge bei der Europawahl und den drei Ost-Landtagen waren ein schöner Ego-Boost, hatten aber in Brandenburg, Thüringen und Sachsen die höchst unangenehme Nebenwirkung, rechnerisch nicht beleidigt-besserwisserisch in der Opposition hocken bleiben zu können, sofern die Brandmauer zur AfD aufrecht erhalten wird. Das könnte aber zu einem äußerst unangenehmen Realitätstest ausarten und zu allem Übel wäre die habituelle Bestimmerin an Koalitionsdisziplin gebunden. Sie müsste an die Wähler denken, das Wohl der Thüringer, Sachsen und Brandenburger im Auge haben. Ein Unding für Wagenknecht, die immer nur an ihr eigenes Wohl denkt. Abgesehen von Putins Wohl.

Möglicherweise rechnete sie nicht damit, wie schnell die Ost-CDU-Landesverbände einknicken; sich ihr andienen. Sie hoffte, zusammen mit den braunen Kumpanen ihrer Freundin Alice Weidel, hinter der Brandmauer zu hocken, um „die Altparteien“ dafür zu geißeln, den Volkswillen zu ignorieren.

Nun soll sie aber plötzlich mitmachen? Ausgeschlossen. Also baut sie die Hürden so hoch, daß SPD und CDU daran scheitern müssen.

Der erste Pflock wurde in Sachsen eingeschlagen. Dort ließ Corona-Schwurblerin Wagenknecht, die Impfungen stets ablehnte, mit den Nazis stimmen.

[….]  Nachdem Teile der BSW-Fraktion im Sächsischen Landtag am Freitagmittag für den AfD-Antrag zur Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses gestimmt haben, hat die SPD Sachsen die Sondierungsgespräche unterbrochen. Es bestehe interner Klärungsbedarf, sagte ein Sprecher auf Nachfrage von MDR SACHSEN.

Die SPD-Landesvorsitzenden Kathrin Michel und Henning Homann erklärten: "Der heutige Schulterschluss von AfD und BSW bei der Abstimmung über einen Corona-Untersuchungsausschuss ist eine schwere Belastung für die laufenden Sondierungsgespräche. Die SPD wird deshalb bis zu einer Klärung der Spitzen die Verhandlungen in den Arbeitsgruppen aussetzen." [….]

(MDR, 26.10.2024)

Zudem diktiert das BSW den möglichen Brombeer-Landesregierungen maximal Putineske Außen- und Verteidigungspolitik. Dinge, die a) vollständig außerhalb der Bundesländer-Zuständigkeit stehen und b) diametral den Grundsätzen der SPD und CDU stehen. Der kleine xenophobe russische Schwanz will mit gleich drei großen Hunden wedeln.

Friedrich Merz musste von den sozialpolitischen Differenzen zwischen CDU und BSW wissen, hoffte aber mutmaßlich, die gesellschaftspolitischen Gemeinsamkeiten (Verachtung von Migranten und Queeren, TERF) könnten das kompensieren.

Seine zweite Fehleinschätzung lag darin, zu glauben, die halbwegs realpolitisch orientierten Landes-BSWler, könnten sich mit der Aussicht auf Kabinetts-Posten, von ihrer Führerin emanzipieren. Weit gefehlt. Merz, wie immer nicht die hellste politische Kerze, brauchte zwar ein paar Wochen länger, als andere, um zu kapieren, aber heute endlich klickerte es auch in seinem Hirn. Er analysiert nun zutreffend:

[….] In Dresden gab es Streit um einen Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung der Coronapandemie, in Erfurt liegen SPD, CDU und BSW wegen der Außenpolitik im Zwist. Jetzt hat CDU-Chef Friedrich Merz BSW-Chefin Sahra Wagenknecht ein Interesse an Regierungsbeteiligungen in ostdeutschen Bundesländern abgesprochen. »Frau Wagenknecht will gar nicht regieren«, sagte Merz in der ARD auf die Frage nach den stockenden Gesprächen des BSW über die Bildung von Koalitionen in Thüringen und Sachsen mit CDU und SPD.  »Sie will verhindern, dass dieses sogenannte Bündnis Sahra Wagenknecht in die politische Verantwortung kommt«, fügte der Unions-Kanzlerkandidat hinzu. Wagenknecht wolle vielmehr einen Bundestagswahlkampf führen, »in dem sie ständig Nein sagt und die Positionen von Russland und Putin vertritt«, sagte Merz. »Und das kann sie nicht gut, wenn sie zwischendurch auch in der politischen Verantwortung steht.«  [….]

(SPON, 27.10.2024)

Was dachte sich Merz denn vorher? Selbstverständlich sabotiert Wagenknecht genauso hartnäckig wie Lindner! Sie ist nur nicht so dumm, wie der FDP-Chef und tritt gar nicht erst in eine Regierungskoalition ein, weil sie weiß, dort entzaubert und als realpolitisch unfähige Phrasendrescherin enttarnt zu werden.

Daß er wieder einmal als Letzter die Lage kapierte, überspielt Merz, wie gewöhnlich, mit garstigen Attacken und schmollt Wagenknecht auf Kleinkind-Niveau entgegen, sie könne ja mit Bernd Höcke regieren, wenn ihr seine CDU nicht passe.

[….] Könne das BSW den Grenzen, die Merz formulierte nicht zustimmen, habe die Partei immer noch eine Mehrheit mit der AfD. "Dann kann Frau Wagenknecht gern den Schwenk machen und mit Herrn Höcke zusammen eine Regierung bilden", so Merz.  Merz bekräftigte außerdem seine Aussage aus dem vergangenen Jahr, dass er als Bundeskanzler den Verteidigungsetat genug aufstocken würde, um alleine daraus das Zwei-Prozent-Ziel der NATO zu erreichen. Es gehe nicht darum, ob er sich mit solchen Ausgaben beliebt mache, sondern um eine "realistische Lageeinschätzung".  […]

(ARD, 27.10.2024)

Möglicherweise hofft Merz, das BSW mit dieser Drohung zum Beidrehen bewegen zu können. Die Landes-CDU in Thüringen glaubt hingegen immer noch an die Brombeere. Die Zahlen ignoriert man tunlichst. Selbst wenn sich CDU, BSW und SPD in Erfurt auf einen Putin-freundlichen Koalitionsvertrag einigten, hätten sie nur 44 von 88 Stimmen und bräuchten außerdem noch die Linkepartei, mit der zu regieren, Merz kategorisch ausschließt.

Das wird nichts. Die SPD hat es begriffen. Dummerle Merz braucht noch etwas länger, weil er nicht zugeben kann, in welche idiotische Zwickmühle er sich mit seinem Diktum „AfD/Linke= Schlecht, BSW=Gut“ manövriert hat.


[….] SPD glaubt nicht mehr an eine "Brombeer-Koalition"

Die Gespräche über eine künftige Thüringer Regierungszusammenarbeit stecken in der Krise. Grund sind außenpolitische Forderungen des BSW. Aber während das BSW ein drohendes Aus zurückweist, sieht die SPD kaum noch Chancen. Anfang der Woche sollen die Verhandlungen fortgesetzt werden.

Die Gespräche über eine Regierungszusammenarbeit von CDU, BSW und SPD in Thüringen stecken in einer Krise. Grund sind die außenpolitischen Forderungen des Bündnis Sahra Wagenknecht. Seit Anfang der Woche haben die drei Parteien bislang erfolglos über den Wortlaut einer sogenannten Friedenspräambel verhandelt. Sie soll noch vor Beginn von Koalitionsverhandlungen feststehen.

Kritisiert wird vor allem die Einflussnahme von BSW-Bundeschefin Sahra Wagenknecht. Sie soll Kompromissvorschläge für die Präambel mehrfach abgelehnt haben. So sieht Thüringens SPD-Landeschef Georg Maier kaum noch Chancen für ein Regierungsbündnis mit CDU und BSW. Maier sagte MDR THÜRINGEN am Samstag, er habe nur noch wenig Hoffnung, dass es tatsächlich zu Regierungsverhandlungen komme.

Wagenknecht blockiert offenbar mühsam erreichten Kompromiss. Maier habe den starken Eindruck, dass BSW-Bundeschefin Sahra Wagenknecht durch Intervention von außen eine Thüringer Koalition aus CDU, BSW und SPD verhindern möchte. […..]

(TS, 27.10.2024)