Sonntag, 19. November 2017

2000 Jahre Europäer.

Das wirklich Unangenehme am Christentum ist der starke Drang zu missionieren in Verbindung mit der heute noch von Ratzinger verlangten Maxime „extra ecclesiam nulla salus“.
So haben Christen 1500 Jahre lang nicht nur andere Kontinente erobert, sondern dabei auch jedes Mal systematisch die vorgefundenen Kulturen zerstört.
Ja, Mongolen agierten auch imperialistisch. Die Inka eroberten Nachbarreiche, muslimische Kalife besetzten Jahrhundertelang Spanien.
Aber sie alle waren klug genug die neu entdeckten Länder als kulturelle Bereicherung zu verstehen, integrierten sie in ihre und ließen Toleranz walten.
So kam es zur kulturellen und wissenschaftlichen Blüte des Islams und des Inkareiches – während Christentum pur in Europa 1000 Jahre finsteres Mittelalter, Rückschritt und Kampf gegen Wissenschaft und Erkenntnis bedeuteten.
Hätte die elende Katholische Kirche nicht 1500 Jahre lang Wissenschaftler verfolgt und hingerichtet, wäre die Menschheit schon vor Jahrhunderten zum Mond geflogen und hätte inzwischen die großen Hunger- und Energieprobleme überwunden – so lautet ein beliebtes Gedankenexperiment in hypothetischer Geschichte.

In den Kalifaten mit Sitz in Bagdad und Konstantinopel, denen Abu Bakr al-Baghdadi nun nacheifert wurde erheblich liberaler geherrscht, als es der IS jetzt tut. Und natürlich auch erheblich liberaler, als es Christliche Herrscher der Zeit taten.
Es gab bei Hofe berühmte schwule Dichter, jüdische Minister und Christliche Gelehrte. Deswegen haben wir ja jetzt in Syrien, Irak und Ägypten Millionen Christen!

 […] Mehr als 750 Jahre ist es her, dass zuletzt ein Kalif am Tigris regierte. […] Das Leben am Hofe der Kalifen von Bagdad hatte nur wenig gemein mit dem, was die Dschihadisten unter einer islamischen Ordnung verstehen. Die Hauptstadt des Reichs war jahrhundertelang nicht nur das Zentrum der Wissenschaften und Künste, sondern auch ein Sündenbabel.
Viele Kalifen, in deren Fußstapfen nun die ISIS-Terroristen treten wollen, liebten den Wein und junge Männer. Und sie beschäftigten Hofpoeten, die das ausschweifende Leben am Tigris-Ufer in Verse packten. Der bekannteste Dichter jener Zeit war Abu Nuwas, der Ende des achten, Anfang des neunten Jahrhunderts zu Zeiten des legendären Kalifen Harun al-Raschid lebte und ein enger Vertrauter des Herrschers war. Er verfasste viele Wein- und Liebesgedichte, zumeist in homoerotischer Form. […] Der Sohn von Harun al-Raschid und Nachfolger auf dem Kalifenthron, al-Amin, trieb es noch bunter. Laut den Überlieferungen der Hofschreiber unterhielt er einen ganzen Harem mit jungen Männern und ließ allabendlich Eunuchen für sich tanzen und singen. […] Alkohol und Glücksspiel waren keineswegs nur das Privileg der reichen Oberschicht. Auch das gemeine Volk zog es in Trinkhäuser und Cafés, in denen es Wein tranken und Backgammon spielte.
Jenseits dieser Ausschweifungen war Bagdad im achten und neunten Jahrhundert unter den Kalifen die Welthauptstadt für Astrologen und Mediziner, Philosophen und Mathematiker. Christliche und Jüdische Wissenschaftler hatten daran entscheidenden Anteil. Und die Stadt war nicht zuletzt Austragungsort erhitzter innerislamischer Debatten über den Koran. […]

„Der Islam“ war tolerant und duldete nicht nur Andersgläubige, sondern fühlte sich verpflichtet sie aus Gastfreundschaft zu schützen.
Das berühmteste Beispiel dafür ist sicherlich die Maurische Hochkultur in Spanien, als unter Islamischer Kontrolle Wissenschaft und Kunst aufblühten, weil Christen und Juden akzeptiert waren. Dadurch konnten sich im schönsten Multikulti die Wissenschaften gegenseitig befruchten. Daher waren Astronomie, Mathematik und Medizin in Islamischen Herrschaftsbereich Jahrhunderte vor dem Christentum in Nordeuropa.

Die iberische Halbinsel erlebte in den sieben Jahrhunderten maurischer Herrschaft eine beispiellose kulturelle Blüte, bevor mit Isabella der Katholischen alles zerschlagen wurde, Inquisition und Judenverfolgung das Bild bestimmten.
Blüte ist durchaus wörtlich zu verstehen - die islamischen Einwanderer hatten nämlich auch den Blumentopf erfunden und brachten bunte Pflanzen nach Spanien. Sie legten Gärten an.
Ebenfalls aus Arabien importiert wurde die Gitarre - man stelle sich den Flamenco ohne Gitarren und bunte Stoffe vor - so sähe er wohl heute aus, wenn Spanien nur unter Christlichen Einfluss gestanden hätte.

Weitere heute nicht mehr wegzudenkende islamische Errungenschaften sind:
Mehrstöckige Architektur, Burgenbau, Liedgut, Farbige Stoffe, Zuckerrohranbau, Schulwesen, Übernahme der Papierproduktion aus China, Brieftaubenkommunikation, Schach, Kristallglas, golddurchwirkte Stoffe, Muster.


Die Christen sind beleidigt, ob ihrer eigenen Doofheit.

Die Araber brachten eine derartige Hochkultur hervor, daß die wissenschaftsfeindlichen Christen im Vatikan dies als eine Bedrohung ansahen, auf die sie mit Gewalt reagierten.

Die Kirche fängt an, Forschung mit arabischen Grundlagen zu verbieten und lässt Forscher deswegen in den Kerker werfen oder sogar mit dem Tod bestrafen.
Die Kirche beginnt ihre Weltzensur gegen die überlegene islamische Lebensweise und technische Entwicklung.

500 Jahre Krise nannte Sebastian Schoepp seine feuilletonistische Analyse dieses destruktiven Christlichen Debakels in Spanien.

Unglücklicherweise kann das christlich geprägte Abendland sich nun nicht mehr zurückziehen und „nachhaltigeren“ Kulturen in Asien, Südamerika oder Afrika das Zepter überlassen, weil Europa dort inzwischen alles nachhaltig kaputt gemacht hatte.
Das einst völlig homo-tolerante Afrika begeistert sich jetzt für Schwulenverfolgung und Todesstrafe, weil 200 Jahre christliche Mission aus Europa die natürliche Humanität gründlich ausgetrieben haben.
Der Islam passte sich nach 100 Jahren christlicher Genozid-Attacken auf islamisch regierte Länder schließlich an und wehrte sich, wurde aufgrund der fortwährenden aggressiven Angriffskriege der Christen selbst kriegerisch.

Kriegerisches Denken, Intoleranz und Hetze wird man erst los, wenn man Religionen ganz überwindet.
Die friedlichsten und glücklichsten Gesellschaften sind die Skandinavischen mit den höchsten Atheistenanteilen. Je säkularer, desto friedlicher.
Was passiert, wenn christliche Eiferer wieder etwas zu sagen haben, erleben wir in Washington unter Trump und Pence: Homoverfolgung, Rassismus und Xenophobie erleben einen neuen Frühling.

[….] Trump Votes For Death Penalty For Being Gay
President Trump and his administration just voted against a United Nations ban on the death penalty for being gay, making the United States of America (it’s hard to think this is actually really happening) just one of 13 other countries in the world to oppose such a historic vote.
A few other notable countries who voted against the ban were China, Iraq and Saudi Arabia, and Egypt. [….]

So erfreulich es ist, wenn nach 2000 Jahren europäischen Papsttums endlich im Jahr 2013 auch ein anderer Kontinent bei dieser Personalie zum Zug kommt, so sind paradoxerweise viele europäische Christen gegenwärtig liberaler als Asiatische, Amerikanische und Afrikanische.
Bergoglio ist ohnehin weniger exotisch als man Europäer denken; schließlich waren seine Eltern Italiener; Italienisch ist seine Muttersprache.
Um den Vatikan weiter zu liberalisieren wäre es wünschenswert die Weltkirchentendenz weiter zu spinnen. Eine Frau kommt für das Amt grundsätzlich nicht in Frage, aber Ausländer schon.

Nach 500 Jahren ausschließlich italienischen Päpsten war der Pole von 1978 ein Schock, der Deutsche von 2005 schon etwas weniger, da er nach 25 Jahren in der Kurie eine vatikanische Staatsbürgerschaft besaß und seit Jahrzehnten in Italien lebte.
Nach dem Halbitaliener könnte mal etwas Farbe in den vatikanischen Palast einziehen.
Ein Papst aus Afrika? Dafür standen die Chancen 2005 besser als 2013, weil Wojtila jede Menge nicht europäische Bischöfe als Kardinäle kreierte.
Ratzinger hingegen mag keine Dunkelhäutigen und erhob fast nur Europäer zu Kardinälen.
Und die prozentual wenigen schwarzen Kardinäle sind natürlich ultrakonservative Knochen, die Atheisten und Schwule nicht nur hassen – wie ihre europäischen Brüder im Amte, sondern mindestens auch bestrafen wollen.

Robert Kardinal Sarah (*1945 in Guinea) wurde 1979 von Papst Johannes Paul II. zum Erzbischof von Conakry in Guinea ernannt  und 2001 als „Sekretär der Kongregation für die Evangelisierung der Völker“ in den Vatikan versetzt.
Papst Benedikt XVI. ernannte ihn 2010 zum mächtigen Präsidenten des Päpstlichen Rates „Cor Unum“ und erhob ihn zum Kardinaldiakon. Auch unter Bergoglio konnte der ultrakonservative Schwulenhasser weiter aufsteigen. 2014 ernannte ihn Papst Franziskus zum Kardinalpräfekten der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung.
Zusammen mit der amerikanischen Bannon-Freund Raymond Leo Kardinal Burke bildet er das dunkle Duo des Traditionalismus.

[…..] Die Kirche stehe zwischen IS- und Gender-Ideologie, behauptet der Kardinal. Beide seien desgleichen "dämonischen Ursprungs". "Was Nazifaschismus und Kommunismus im 20. Jahrhundert waren", so Sarah, "sind homosexuelle und Abtreibungs-Ideologien des Westens und Islamischer Fundamentalismus heute." [….]

[….] Die Kirche befinde sich zwischen dem Götzendienst westlicher Freiheit und dem islamischen Fundamentalismus, beides seien "apokalyptische Bestien", ergänzte Sarah. "Wir befinden uns, um einen Slogan zu benutzen, zwischen 'Gender-Ideologie und IS'", sagte Sarah mit Blick auf die Terrormiliz IS. Der Theologe aus Guinea gilt als Speerspitze der Konservativen und ist für seine radikalen Aussagen bekannt.
Die größten Bedrohungen für die Kirche seien auf der einen Seite schnelle und leichte Scheidungen, Abtreibungen und die Homo-Ehe. Auf der anderen Seite stünde "die Pseudofamilie im ideologisierten Islam, die Polygamie, eine Abwertung der Frau, sexuelle Sklaverei, und die Kinderheirat legitimiert". [….]

Peter Kodwo Appiah Kardinal Turkson aus Ghana steht Sarah in seinem Hass auf Schwule nicht nach, liebäugelt sogar öffentlich mit der Todesstrafe für Homosexuelle. Der von Wojtila 2003 zum mächtigen Kardinalpriester erhobene vatikanische Strippenzieher sitzt in zehn Kongregationen und päpstlichen Räten.

Als Atheist wünsche ich mir natürlich einen zukünftigen Papst Arinze, Turkson oder Sarah, weil so einer zumindest in aufgeklärten Ländern die Menschen noch schneller aus der Kirche treiben würde.

Für Fans der RKK ist das allerdings eine weniger angenehme Vorstellung.

[….] Großes Aufsehen hat Kardinal Robert Sarah mit seinem neuen Interview erregt, in dem der bekannte Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung warnt: "Wir laufen Gefahr, die heiligen Geheimnisse auf gute Gefühle zu reduzieren". [….]
Ich glaube, daß wir Opfer der durch die Mediengesellschaft verbreiteten Oberflächlichkeit, des Egoismus und des verweltlichten Geistes sind. [….] Gott ist still, der Teufel ist laut. Seit jeher versucht Satan, seine Lügen unter der Maske einer trügerischen und lauten Geschäftigkeit zu verbergen. Dem Christen ist es aufgetragen, nicht von der Welt zu sein. Es gehört zu seinem Leben, sich von den Geräuschen der Welt abzuwenden, vom Lärm, der zügellos dahineilt, um uns vom Wesentlichen abzulenken: von Gott. [….] Das ist der tiefe Grund für die schrecklichen Verbrechen oder für die Verachtung und den Haß der Moderne gegen die stillen Wesen, die die ungeborenen Kinder sind, die Kranken oder die Sterbenden. [….]

Freunde des Katholizismus sollten sich lieber wieder einen Italiener als Papst wünschen. Ich nehme Sarah.

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