Sag‘
mal, Süddeutsche Zeitung, wisst Ihr eigentlich was Ihr für einen Zeitaufwand
verursacht mit der exklusiven Berichterstattung über die „Paradise Papers“?
In der
gedruckten Ausgabe sind das 12 volle Zeitungsseiten, s.11 bis s.22.
400
Topjournalisten weltweit haben sich ein Jahr lang durch eine gewaltige Datenmenge von 13,4 Millionen Dokumenten.
Allein
die europäischen Superreichen bringen die EU mit ihren Steueroasen-Modellen um
jährlich eine Billion Euro = Tausend Milliarden Euro = 1.000.000.000.000,00
Euro Steuereinnahmen.
Man kann
der SZ nicht genug für diese Kärrnerarbeit danken diese ungeheuerlichen
Machenschaften mit einem gewaltigen Arbeitsaufwand aufzubereiten.
Also,
wer noch kein SZ-Abonnement hat; bitte jetzt nachholen, damit so ein
Spitzenjournalismus weiter existieren kann.
[….]
Erst kam "LuxLeaks", dann kamen
die "Panama Papers". Beide Skandale hat das Europaparlament minutiös
aufgearbeitet, manche Abgeordnete könnten inzwischen eigene
Steuerberatungsfirmen eröffnen. Und als sie im Oktober den Abschlussbericht zu
den "Panama Papers" verabschiedeten, stöhnten einige von ihnen
bereits: Das wird nicht die letzte große Enthüllung gewesen sein. Sie sollten
Recht behalten: Mit den "Paradise Papers" bekommen wir nun zum
dritten Mal seit 2014 einen tiefen Einblick in das internationale Geschäft mit
der Steuerflucht. Und manch einem mag es inzwischen zum Hals raushängen, wenn
das Fazit wieder einmal lautet: Arme und Normalverdiener bezahlen Steuern,
Reiche bezahlen Steuerberater - um dann fast nichts an den Fiskus abzuführen.
Braucht es also wirklich noch so ein Leak zum Thema Steuerbetrug? Reicht's
nicht langsam? Nein, tut es nicht! Tut es nie.
[….]
Erstens, weil die "Paradise
Papers" zeigen, dass nicht nur unsere Billigmöbel, unsere
Karamell-Latte-Kaffeekreationen oder unsere Smartphones von Steuervermeidern
kommen. Sondern auch unsere Laufschuhe, unsere Onlineglücksspiele, unsere
Rock-Hymnen und sogar unsere Deko-Tassen aus königlichem Porzellan. [….] Während Finanzjongleure in Banken und Börsen
Milliarden aufs Spiel setzen, um im Ernstfall vom Staat gerettet zu werden, mit
Geld, das Steuerzahler zur Verfügung stellen. Dass diesem Ungleichgewicht zum
Teil ein zutiefst unsoziales Verhalten einiger Firmen und Einzelpersonen
zugrunde liegt, darf nicht in Vergessenheit geraten. [….]
Während
die sprichwörtliche Krankenschwester gar keine Steuern hinterziehen kann, weil
ihr der entsprechende Anteil automatisch vom Lohn abgezogen wird, können
Multimillionäre und Milliardäre die durch ihren Lobbyeinfluss generierten
Steuerschlupflöcher nutzen, um sich der Solidarität zu entziehen.
[….]
Steuern zahlen nur Idioten und Arme.
Paradise Papers heißt
der Datenschatz, den ein weltweites Investigativteam ausgewertet hat. Ein
Glück, dass es solchen Journalismus gibt. Hier wird die Welt der Reichen
enthüllt, in der die Menschen zwar arm sind an Moral, Solidarität und
Pflichtgefühl - dafür aber ganz viel Geld und Macht besitzen. Im Vergleich zu
dieser Welt ist das Leben der anderen, die sich mit Staat und Steuern
herumschlagen, tatsächlich die Hölle. Es gibt noch etwas, das im Paradies
fehlt: das schlechte Gewissen. Denn wer reich ist und nicht teilen will, der
muss gar keine Gesetze brechen. Die Gesetze sind ja für ihn gemacht. [….] Offshorefonds und
Briefkastenfirmen, Trusts und Stiftungen - es dient alles vor allem einem Ziel:
den Staat nicht an den eigenen Gewinnen teilhaben zu lassen.
Und das Schönste -
jedenfalls aus der Sicht der Reichen: Sehr viele dieser Praktiken sind
vollkommen legal. Darauf beharrt auch die auf den Bermudas gegründete
Anwaltskanzlei Appleby, über die viele der infrage stehenden Geschäfte
ablaufen: alles legal. Kein Wunder. Hier ist nämlich kein Gesetzesbruch der
Skandal - sondern das Gesetz.
[….]
Die Ungleichheit der Vermögensverteilung
hat inzwischen groteske Züge angenommen: es gibt 1542 Dollar-Milliardäre auf
der Welt [….] Der Internationale Währungsfonds hat der Bundesregierung inzwischen
empfohlen, ihre reichsten Bürger höher zu besteuern, um der Ungleichheit
entgegenzuwirken. Aber auch die neue deutsche Regierung wird diesem Ruf nicht
folgen. Keine Vermögensteuer, nirgends. [….] Das System ist zutiefst krank. Es ist unmoralisch und unanständig. Die
Wut darauf wächst. Sie sucht sich nur die falschen Ziele. Der Hass der
Betrogenen gilt eher dem Kriegs- als dem Steuerflüchtling. Unser Planet ist ein
Paradies für Arschlöcher. [….]
Die
Zeitungen sind heute voll, um sich in die Beispiele der unmoralischen
Steuervermeider anzusehen.
Wie
konnte es passieren, daß in Deutschland durch „Sharedeals“ ausgerechnet die
Milliardäre bei Immobilienkäufen die Grunderwerbssteuer sparen?
Wieso
wurde nach acht Jahren Schäuble Deutschland selbst zu einer Steueroase, die so gut
wie nichts gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung tut?
Die
Antwort ist, daß die Wähler genau solche Politiker in ihre Ämter wählen. Dafür
hat der liebe Gott die FDP erfunden; die Partei mit der Gaga-Steuerpolitik zu Gunsten der Superreichen
und zum Schaden Deutschlands.
[….]
Auch deutsche Politiker tauchen in den
"Paradise Papers" auf. Beispielsweise der langjährige
Bundestagsabgeordnete Harald Leibrecht (FDP). Ausweislich der Daten ist Leibrecht
unter anderem Mitbesitzer einer Briefkastenfirma, die ein Schloss südlich von
London hält. Diese Beteiligung hat Leibrecht während seiner elfjährigen Zeit
als Abgeordneter nicht öffentlich gemacht. Auf Nachfrage erklärte er, den
Steuerbehörden sei die Konstruktion bekannt. Da er lediglich 25 Prozent an der
Firma halte, habe er auch nicht gegen Offenlegungspflichten verstoßen. [….]
Paul
Gauselmann, Träger des Bundesverdienstkreuzes erster Klasse und Finanzier der
FDP hatte die Hepatitisgelben dazu gebracht maßgeschneidert für
ihn Gesetze zu kreieren.
(…..) Jüngster Fall ist der Kauf einer für die Glücksspielmafia günstigen Regelung bei Wirtschaftsminister Rösler.
Die FDP ist in den letzten Jahren immer wieder willig und massiv für
die Automatenspiel-Industrie eingetreten.
Insbesondere
in Schleswig-Holstein durch Wolfgang Kubicki. Im Dezember 2011 stellte sich die
schwarzgelbe Regierung in Kiel sogar als einzige von 16 Landesregierungen gegen
den neuen Glücksspielstaatsvertrag, weil Kubicki der Wettmafia zu Diensten sein
wollte.
Im
Mai 2012 gab es dafür bei der Landtagswahl sensationelle 8,2% für die
FDP.
Dumm
für die Automatenlobby, daß Schwarzgelb dennoch knapp abgewählt wurde.
Aber
zum Glück (noch) nicht im Bund.
Die
Westfälische Familie Gauselmann von der Gauselmann-Gruppe, Deutschlands größter Herstellerin von
Geldspielautomaten ließ über verschlungene Wege der FDP mindestens 1,9
Millionen Euro zukommen.
Das
war bitter nötig, denn immer wieder gibt es Versuche der Wett- und
Glückspielmafia Fesseln anzulegen. Dank der Gauselmann-Zuwendung an die FDP ist
damit aber erst mal Schluß.
"Und jetzt kommt’s. Im Entwurf für ein neues
Geldwäschegesetz sollten eigentlich auch die Spielhallen stärker kontrolliert
werden. Dagegen hatte die Automatenlobby Protest eingelegt. Mit Erfolg, der
entsprechende Paragraph flog einfach raus aus dem Entwurf. An den Verhandlungen
beteiligt: Das Wirtschaftsministerium von FDP-Chef Philip Rösler."
(Georg
Restle, Monitor Nr. 639 vom 27.09.2012)
Zur Antwort der
Bundesregierung auf eine schriftliche Frage über die Umsetzung der
Spielverordnung erklärt die Drogenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion
Angelika Graf:
Die Bundesregierung schließt nicht aus, die
von ihr seit Jahren vollmundig angekündigte Novelle der Spielverordnung jetzt
komplett scheitern zu lassen.
Der Grund dafür: Der
Bundesrat hat es gewagt, den vielen Worten der Bundesregierung Taten folgen zu
lassen und ernsthafte Vorschläge für mehr Spielerschutz in die Novelle
aufzunehmen.
In seinem Beschluss
vom 5. Juli 2013 hat der Bundesrat eine Entschärfung der Geldspielautomaten
beschlossen, die mit mehreren Maßnahmen erfolgen soll. Unter anderem sollen das
Punktespiel und Autostarttasten verboten werden. Das Bundeswirtschaftsministerium
dagegen wollte diese bisher nicht eindeutig geregelten Funktionen, vor denen
alle Suchtexperten seit langem warnen, nachträglich legalisieren. Anders als
das Bundeswirtschaftsministerium hat sich der Bundesrat zudem für eine
deutliche Senkung der maximal möglichen Gewinne und Verluste an den Automaten
ausgesprochen.
Das
Bundeswirtschaftsministerium und Herr Rösler sind offenbar fest an der Leine
der Glücksspielbranche. Nach den Enthüllungen über wirtschaftliche und
finanzielle Beziehungen der FDP mit der Gauselmann AG im Herbst letzten Jahres
kann das allerdings nicht überraschen. Offenbar kann man sich bei der FDP
Gesetze erkaufen. Anders ist nicht zu erklären, warum Herr Rösler alle
Forderungen der Suchtexperten, alle Vorschläge der Länder und sogar die
Erkenntnisse aus dem vom Ministerium selbst veröffentlichten
Evaluierungsbericht zur letzten Novelle der Spielverordnung so hartnäckig
ignoriert. Vor allem, wenn das selbsterklärte Ziel der Novelle die Reduzierung
der Suchtgefahr ist.
Wie die Bundesregierung
in Antworten auf schriftliche Fragen einräumte, verhandelt das
Bundeswirtschaftsministerium sogar offenbar lieber bevorzugt mit der Branche
als mit den Ländern. So traf sich das Bundeswirtschaftsministerium bereits im
April am Tag vor einer wichtigen Sitzung der Arbeitsgruppe Spielverordnung mit
Branchenvertretern im Ministerium zum Austausch. Die Länder waren dagegen erst
am Tag nach der Sitzung eingeladen.
Der Milliardär Gauselmann, der der FDP freundlicherweise 1,9 Millionen Euro für ihre Dienste bezahlte, findet sich auch in den Paradise Papers wieder, wurde also durch Steuervermeidung noch viel reicher.
[….]
Paul Gauselmann konnte diese Entwicklung
nicht ignorieren. Er war der Automatenkönig, der Pate des deutschen
Glücksspiels, das sollte auch in Zukunft so bleiben. Anhand der internen
Unterlagen aus der Kanzlei Appleby lässt sich nun erstmals nachvollziehen, was
Gauselmann alles unternommen hat, um den Boom im Online-Geschäft nicht zu
verpassen. Sein Vorgehen zeigt, wie einfach es mithilfe findiger Anwälte sein
kann, die deutschen Glücksspielgesetze auszuhebeln.
Gauselmanns Vorstoß in
die Online-Welt beginnt 2008, da kauft er einen Hamburger Spiele-Entwickler,
die Edict Egaming. Kaum zwei Jahre später gründet er auf der Isle of Man einen
Ableger der Firma namens Edict IoM. [….]
Die Online-Zockerei ist auch für die
Kanzlei ein wichtiger Geschäftszweig. Appleby wirbt gar damit, die
Glücksspiel-Regulierung der Isle of Man mitgestaltet zu haben. In einem
Handbuch fürs Online-GlücksspielgeschäftBuch mit dem Titel "You
Can!", herausgegeben von Appleby, erfährt der Leser en détail, wie man
eine Online-Glücksspielfirma auf der Isle of Man gründet, lizenziert und
erfolgreich betreibt. […..]
Jamaika-Verhandler Wolfgang Kubicki, neben Lindner die einflussreichste FDP-Person der mutmaßlichen
neuen Bundesregierung, springt gleich für die ultrawohlhabenden FDP-Gönner in
die Bresche.
[…..]
Rechtstreues Verhalten sollte nicht
verunglimpft werden“
Nach der Vorstellung
von FDP-Vize Wolfgang Kubicki sollen Steuerzahler nicht dafür verunglimpft
werden, legale Ausweichmöglichkeiten zu nutzen. „Die sogenannten
Steuerschlupflöcher sind vom Gesetzgeber geschaffen worden. Man sollte
diejenigen, die sich rechtstreu verhalten, nicht diskreditieren“, sagte Kubicki
dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). [….] Solange es unterschiedliche
Körperschaftssteuersätze innerhalb der EU gebe, werde es auch
Firmenverlagerungen beispielsweise von Deutschland nach Irland geben. „Holland
erhebt keine Steuern auf Lizenzzahlungen, Deutschland schon. Das geht so nicht
weiter“, meinte Kubicki. [….]
Deutschland,
you’ll get what you want.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen