Als Laie staunt man schon seit dem 2016ner Wahlkampf in den USA, wie durch Mikrotargeting und Social Media Bots Facebook und Twitter so manipuliert werden können, daß ein so offensichtlich ungeeigneter Kandidat wie Donald Trump, der mächtigste Mann der Welt werden konnte.
Die 2014 gegründete britische Cambridge Analytica (CA), eine Tochter der SCL Group, war als Datenanalyse-Krake in New York politisch gruselig gefährlich. Die CA verhalf 2015 Ted Cruz zur Präsidentschaftskandidatur, machte mutmaßlich Donald Trump zum Präsidenten und war vermutlich auch die maßgebliche Kraft hinter der katastrophalen Brexit-Abstimmung im Juni 2016.
Das ist solche technischen Möglichkeiten in der Social Media Welt überhaupt gibt, muss zutiefst verunsichern, da selbstverständlich gefährliche Autokraten zu dem Mittel greifen möchten, um ihre innenpolitischen, aber auch geostrategischen Pläne umzusetzen.
Ich weiß natürlich nicht, wo die Fäden zusammenlaufen, welche Maßnahmen Wladimir Putin oder der GRU-Nachrichtendienst (Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije) des russischen Militärs anschiebt, angeschoben hat und wie erfolgreich sie waren. Auch China, Nordkorea oder arabische Potentaten könnten versuchen „dem Westen“ bestimmte Meinungen einzupflanzen, oder die EU/NATO zu destabilisieren. Möglicherweise ist ihnen das sogar in den letzten Jahren weitgehend gelungen.
Die CA ging 2018 in Konkurs. Aber der russischen Inlandsgeheimdienst FSB, der Auslandsgeheimdienst KGB oder der GRU werden vermutlich wissen, wie CA vorging, ähnliches zu Stande bringen oder jemanden kennen, der es kann.
Wir Westler sind nicht sehr lernfähig und lassen nach wie vor schon unsere Kinder diverse Social-Media-Kanäle nutzen, sich ihre Welt zusammen googlen, ohne ihnen je beizubringen, wie man die Seriosität von Internetquellen einschätzt.
Vielleicht muss der Kreml auch keine CA-Nachfolgefirma bezahlen, um AfD, Linke und US-Republikaner auf russlandfreundlichen Kurs zu manipulieren.
Möglicherweise reicht es auch, die Büchse der Pandora einmal geöffnet zu haben, weil es genügend Idioten in der westlichen Medienwelt gibt, die als Meinungsmultiplikatoren an entscheidenden Stellen sitzen. Die müssen nicht fortlaufend bezahlt und manipuliert werden, um gegen ihren etwaigen guten Charakter böse Propaganda zu verbreiten.
Murdochs mächtiger weltumspannende Hetzmedienkonzern NewsCorp., an dem neben ihm der saudi-arabische Prinz al-Walid ibn Talal Al Saud und der dubiose Milliardär John Malone (Liberty Media) beteiligt sind, beeinflusst auch die öffentliche Meinung in England und Australien.
Insbesondere aber FOX-News in den USA, ist zu einer hochgefährlichen Shitshow verkommen, die mit enormer Reichweite übelste Verschwörungstheorien verbreitet und die gesamte republikanische Partei GOP kontrolliert.
Die rechtsextremen Anchors hetzten aus eigenem Antrieb, gespeist aus ihrer tiefen charakterlichen Schlechtigkeit das Land auf.
Die braucht Putin nicht mehr zu bezahlen.
[….] Jeden Abend um acht, Montag bis Freitag, ist Märchenstunde. Wobei das etwas zu gemütlich klingt. Das Wort Propaganda triff es eher. Mit Journalismus hat das, was Tucker Carlson in seiner Sendung bei Fox News anstellt, jedenfalls nicht mehr viel zu tun. Als Spiegel des Weltbilds eines gewissen Teils der amerikanischen Bevölkerung taugt die Sendung aber durchaus. Wer wissen will, was am rechten Rand in den USA gedacht wird - ein "Rand", der sehr weit in die Mitte ragt -, der sollte "Tucker Carlson Tonight" schauen.
Derzeit bekommen die Zuschauer dort vor allem ein Bild des Ukraine-Kriegs präsentiert, das von dem anderer amerikanischer und internationaler Medien deutlich abweicht. Carlson, ein jugendlich wirkender 52-Jähriger, der ein Talent zur Demagogie hat, hat sich relativ früh festgelegt, dass in diesem Konflikt die USA, die Nato und die Ukraine die Schuldigen, Wladimir Putin und Russland hingegen die Unschuldigen sind. Glaubt man Carlson, dann hat US-Präsident Joe Biden den Krieg vom Zaun gebrochen, um seine innenpolitische Misere zu vertuschen; oder um die USA wieder in einen teuren Konflikt in Übersee zu verstricken, bei dem amerikanische Jungs sterben und die Rüstungsindustrie gut verdient; oder um eine linksradikale, globalistische Agenda zu befördern; oder weil - das ist die jüngste Version - sein Sohn Hunter Biden in der Ukraine Biowaffenlabore finanziert habe. Die Erklärungen für Bidens Motive wechseln, aber der Vorwurf, den Carlson Abend für Abend erhebt, bleibt gleich: Biden treibt Amerika in einen Krieg gegen Russland. Dafür redeten er und die Demokraten den Bürgern ein, sie müssten Putin hassen. Aber er, das ist Carlsons zweite Botschaft, blicke durch den Nebel dieser Verschwörung. "Warum wollen die Demokraten, dass ihr Putin hasst?", fragt er seine Zuschauer. "Hat Putin alle Mittelklassejobs aus eurer Stadt nach Russland verlagert? Hat er eine weltweite Pandemie fabriziert, die eure Firma ruiniert hat? Bringt er euren Kindern bei, dass sie andere Rassen diskriminieren sollen? Stellt er Fentanyl her? Isst er Hunde?" [….] In Moskau wird das anders gesehen. Dort ist Tucker Carlson ein Star, das Staatsfernsehen strahlt immer wieder übersetzte Schnipsel aus seiner Sendung aus. Angeblich gibt es sogar eine schriftliche Anweisung an die staatsnahen Medien in Russland: Es sei, so heißt es darin, "unerlässlich, so viele Ausschnitte wie möglich aus den Sendungen des beliebten Fox-News-Moderators Tucker Carlson zu zeigen". [….]
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