Wenn rechte Proleten, wie Alice Weidel oder Hubert Aiwanger, im Bierzelt unter frenetischem Jubel ihrer besoffenen Basis rumbrüllen, sind zwei Elemente immer gleich: Sie lügen und sie überschreiten die Grenze zur Satire so weit, daß man selbst als geübter Beobachter der rechtsextremen Szene zweifelt, ob es sich noch um Realität handelt, oder ob eine KI ein groteskes Deep-Fakevideo erstellt hat.
Sie wollen uns die Heimat kaputt machen!
Sie wollen uns die Schweinshaxe, die Bratwurst, das Schnitzel verbieten.
Und das sage ich ihnen; ich lasse mir nicht mein Schnitzel wegnehmen! Niemand geht an mein Schnitzel!
(Alice Weidel, September 2023)
So brüllte die Schweizer Lesbe in Gillamoos, mit der ihr ureigenen tiefsitzenden Bosheit in der Stimme, über ein frei erfundenes Verbot.
Was waren das für schöne Zeiten, als man noch so naiv war, sich nicht vorstellen zu können, ein Wahlvolk wäre jemals so vollkommen verblödet, um Mehrheiten für solche abstrusen und zutiefst unsympathischen Lügner zu generieren.
Klar, Hitler wurde auch mit demokratischen Mehrheiten gewählt, aber da gab es auch noch keine freien Informationen im Internet. Außerdem wurden die NSdAP-Erfolge von einer damals hochmodernen Propaganda-Abteilung des Joseph Goebbels orchestriert. Leni Riefenstahls extrem beeindruckende neue Techniken gelten auch 90 Jahre später noch als wegweisend. Die zig Millionen Nazi-Wähler in den 1920ern und 1930ern haben Hitler tatsächlich geglaubt.
Aber spätestens seit Donald Trump als Politiker
auftauchte, weiß man, daß es einer derart intelligenten PR-Strategie gar nicht
mehr bedarf. Auch ungebildete Schreihälse, die wie Clowns aussehen, sich
pausenlos selbst widersprechen und für jeden offensichtlich lügen, werden jetzt
von den Massen gefeiert.
Offensichtlich schreitet die allgemeine Volksverdummung rasant voran; Stichwort
„Negativer Flynn-Effekt“.
[….] Ende des Flynn-Effekts. Auch in den USA zeigt die Intelligenzkurve nach unten
In vielen Industrieländern scheinen die durchschnittlichen IQ-Testwerte seit Ende der 1990er-Jahre zu sinken – die Ursachen sind unklar. [….]
(Thomas Bergmayr, 16. März 2023)
So kann Markus Söder bei seinen über 100 Landtagswahlauftritten immer wieder, unter dem Jubel der CSU-Fans, seine Empörung über die Verbotsorgie der Grünen herunterrattern.
Der kleine Schönheitsfehler, daß nichts davon wahr ist, sondern nur bösartige CSU-Lügen sind, die immer wieder öffentlich widerlegt werden, schadet gar nicht.
CSU-Wähler sind nämlich entweder zu unterbelichtet für rudimentäre Medienkompetenz, oder, noch schlimmer, sie wissen, daß Söder sie anlügt.
Ganz am Anfang der Trump-Präsidentschaft, im Januar 2017, mussten sich seine öffentlichen Erklärer, wie Spicer und Conway noch beschämt verbiegen, um seine für jeden offensichtlichen Lügen – Stichwort „Crowd Size“ – als „alternative facts“ schönzureden. Das ist längst vorbei. Inzwischen preisen die Trump-Fans auch seine abenteuerlichsten Lügen als Ausweis dafür, ein genialer „Salesman“ zu sein.
Alice Weidel nutzt diesen Effekt, indem sie ungeniert gegen das nicht existente Schnitzelverbot anbrüllt. Fakten – gibt es so ein Fleischverbot, ja oder nein? – sind längst irrelevant. Es zählt nur noch, wie es die aufgeschaukelten Brüllhorden empfinden. Wenn diese sich über das Wurstverbot ärgern, ist das in der Söder/Trump/Aiwanger/Weidel-Welt ein reales und berechtigtes politisches Anliegen. Unabhängig davon, daß es gar kein Wurstverbot gibt.
Verlustängste sind reale Sorgen, auch wenn sie unberechtigt sind und künstlich erzeugt wurden. Das funktioniert offenbar sogar bei hochgradig absurden Behauptungen, die ausschließlich die imaginären Wahnvorstellungen des Redners illustrieren. Man denke an Trumps Besessenheit von Klospülungen. Es vergeht keine Rally, bei der er nicht detailliert über den Wasserdruck von Toilettenspülungen lamentiert, phonetisch das Rauschen imitiert und den Zuhörern ausführlich darlegt, wie oft er die Spülung drücken muss, um die riesigen Trump-Kackhaufen wegzuspülen.
Es ist sehr unwahrscheinlich, daß dies tatsächlich ein wahlentscheidendes Thema ist, welches 75 Millionen US-Bürger umtreibt.
Aber der öffentliche Diskurs ist derartig weit in absurde Sphären verschoben, daß der ehemaliger Inhaber und jetzige Bewerber um das mächtigste Amt der Welt, damit Millionen Fans zu Jubelstürmen veranlasst.
Durch die tätige Mithilfe der C-Parteivorsitzenden verschob sich der Diskurs aber nicht nur ins den Gaga-Bereich, sondern auch in den Tiefbraunen.
Man kann heute in Bayern gegen Juden agitieren und mit antisemitischer Haltung im Amt bleiben.
78 Jahre nach dem Kriegsende, nachdem Deutschland sechs Millionen Juden getötet, 25 Millionen Sowjetbürger umgebracht und insgesamt mehr als 60 Millionen Menschen in Europa massakriert hatte; nachdem ein ganzer Kontinent von Deutschen in Schutt und Asche gelegt wurde, bedauert die AfD-Chefin Weidel die Niederlage und wünscht sich offenbar, Hitler hätte gesiegt.
[…] Kritik kam dazu von Familienministerin Lisa Paus von den Grünen. „Weidel stellt die Befreiung von Nazi-Deutschland durch die Alliierten als Niederlage Deutschlands dar“, schrieb die Grünen-Politikerin auf X (vormals Twitter) und warnte vor einem Wiedererstarken des Faschismus hierzulande. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Susanne Ferschl zeigte sich „sehr irritiert“, ob der „Geschichtsklitterung, die Befreiung Deutschlands von den Nazis sei eine Niederlage gewesen“, wie sie auf X schrieb. Zugleich kritisierte sie, dass die Äußerung zunächst völlig unkommentiert blieb. „Das trägt zur rechten Diskurs-Verschiebung bei“, so Ferschl. [….]
Daß Rechtsextreme ungeheuerliche Äußerungen von sich geben, gab es in den letzten 70 Jahren immer wieder. Alles andere wäre auch verwunderlich – schließlich gab es in Deutschland immer einen festen Bodensatz von 10-20 Prozent Nazi-Fans.
Neu ist aber, daß solche Äußerungen von Spitzenpolitikern, anders als bei Hohmann oder Jenniger, keine Konsequenzen mehr haben. Ihnen nicht nur, nicht schaden, sondern wie im Falle Gauland, Weidel, Höcke, Aiwanger sogar noch mehr Zustimmung generieren.
[…..] Weidel, sonst über die Maßen loyal zu ihrem intellektuell ungleichen Kompagnon, trat Chrupalla mit einer Aussage voll ins Kreuz: Auf die Frage, warum sie nicht wie dieser am Empfang der russischen Botschaft am Tag der deutschen Kapitulation am 9. Mai teilgenommen hat, antwortete sie: Sie habe sich dagegen entschieden, "die Niederlage des eigenen Landes mit einer ehemaligen Besatzungsmacht zu befeiern". Dann hängte sie noch etwas Raunendes zu einer Fluchtgeschichte in ihrer Familie an. Sie kritisierte ihren Parteikollegen also nicht, weil dieser mit den Aggressoren des Ukraine-Kriegs die Gläser gehoben hatte. Sondern, weil eine "Niederlage Deutschlands" kein Grund zu feiern sei. […..] Dieser Satz von Alice Weidel ist eine Ungeheuerlichkeit. Er ist geschichtsvergessen und versucht, den Lauf der Geschichte und die Übereinkunft darüber, was der Tag des Kriegsendes ist, auf den Kopf zu stellen.
Es ist der extremste Satz, der aus der offiziellen Führung der AfD je zu hören war. Er ist viel schlimmer als Alexander Gaulands "Vogelschiss". Als solchen hatte der geschichtskundige damalige AfD-Vorsitzende und heutige Ehrenvorsitzende 2018 die Nazizeit in der 1.000-jährigen deutschen Geschichte bezeichnet und diese damit aufs Obszönste relativiert. Er ist viel schlimmer als das Hetzblatt, das der Freie-Wähler Chef Hubert Aiwanger in seinem Schulranzen trug. Weil ihn kein rotzlöffeliger Pennäler äußert, sondern eine Parteichefin in Amt und Würden und bei voll entwickeltem Verstand.
[…..] Was hätte sich Weidel denn gewünscht statt der Befreiung, die sie Niederlage nennt und Russland eben Sieg? Einen weiter geführten Angriffskrieg des Aggressors Deutschland, den Endsieg? Es bleibt einem die Spucke weg. Und es ist ein Armutszeugnis des öffentlichen Diskurses, wenn man die Aufregung um Aiwanger vergleicht mit der vergleichsweisen Ruhe nach Weidels fürchterlicher Einlassung. Das darf so nicht bleiben. Ohne Aiwanger damit zu exkulpieren: Das hier ist viel schlimmer. […..]
(Christoph Schwennicke, 11.09.2023)
Uns stehen abscheuliche Zeiten bevor.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen