Dienstag, 10. September 2024

Von der Befriedigung des gemeinsamen Hassens.

Trump, AfD, David Berger, Merz, Söder, Seehofer, Julian Reichelt, BILD, SPRINGER, Ulf Poschardt – sie alle eint das wohlige Gefühl, endlich ihrem Rassismus freie Bahn zu lassen und dabei eine Mehrheit des Urnenpöbels hinter sich zu wissen.


Gerade der CDU-Vorsitzende scheint es sichtlich zu genießen, rechtsradikale Sprüche rauszuhauen, die man über Jahrzehnte nur von der NPD kannte. Er schießt vor den Brandenburger Landtagswahlen am 22.09.2024 rechts an BSW und AfD vorbei und zeigt ein Feuerwerk rechtspopulistischer ausländerfeindlicher Hetze. Merz ist ein wahrer Menschenhasser.

Was könnte man auch anderes vom dem Chef der C-Partei erwarten? Christlich war schon immer das Emblem, unter dem faschistische Regime ihrem gruppenbezogenen Menschenhass frönten.

Der stellvertretende Chefredakteur des Hamburger Abendblattes kann sein Glück über die Abkehr von humanistischer Politik gar nicht fassen – findet allerdings auch ein Haar in der Suppe: Die böse CDU-Kanzlerin Merkel habe die Grenzen geöffnet.

Denn im Kern ist es die Ampel, die Merkels Migrationspolitik endlich korrigiert. Bizarr mutet an, dass die Union – also die Partei, die das Problem zu verantworten hat – der Ampel Ultimaten setzt.

(Matthias Iken, FUNKE, 10.09.2024)

Was Herr Iken hier behauptet stimmt zwar hinten und vorn nicht – aber was kümmern schon lästige Fakten, wenn man gerade so genüßlich gegen Ausländer hetzt?

(….)  Den Nazis – Rassisten/Demagogen/Lügner haben keinen euphemistischeren Begriff verdient  - ist es gelungen ein Narrativ zu etablieren, nach dem Angela Merkel im Jahr 2015 urplötzlich die Grenzen geöffnet habe, um Millionen Flüchtlinge ins Land einzuladen.

Dies wird inzwischen durchaus auch von seriösen Medien fahrlässig so übernommen, auch wenn sich Merkel, gelegentlich sogar assistiert von Christian Lindner wehrt und richtigstellt.

Die Grenzen waren natürlich im Jahr 2015 schon lange „auf“. Die generelle Reisefreiheit ohne irgendwelche Grenzkontrollen ist schließlich der Kern des Schenkenabkommens und der EU.  Die Grenzen waren also weder 2015, noch 2014 oder 2013 jemals geschlossen!  Es gab keine Kontrollen, die Merkel hätte abstellen können, keine Grenzbäume, die von der Bundesregierung hochgezogen worden wären.

[….] Während die AfD Merkel als Eidbrecherin bezeichnet, nennt Grünen-Politiker Konstantin von Notz die Theorie, Merkel habe die Grenzen geöffnet, die "Dolchstoßlegende unserer Zeit".

Formulierung Grenzöffnung "grundfalsch" [….] 1985 hatten Frankreich, die Niederlande, Belgien, Luxemburg und Deutschland das Schengen-Übereinkommen unterzeichnet, das den schrittweisen Abbau der Personenkontrollen an den Binnengrenzen zwischen den Vertragsstaaten vorsieht. Seit 1995 ist dieses Abkommen in Kraft und die stationären Grenzkontrollen sind abgeschafft. Heute umfasst der Schengen-Raum mit 26 Staaten fast alle EU-Mitglieder und einige nicht EU-Länder.  Kolja Schwartz von der ARD-Rechtsredaktion stellte daher bereits im April 2016 fest: Die Formulierung, Merkel habe die Grenzen geöffnet, sei "grundfalsch, weil es schon seit Jahren keine geschlossenen Grenzen mehr gibt innerhalb des so genannten Schengen-Raums. Es konnten also im Jahr 2015 auch keine Grenzen geöffnet werden." [….]

(Faktenfinder, Tagesschau, 18.06.2018)

Man kann das alles detailliert nachlesen, wenn man an Fakten interessiert ist. Zum Beispiel in der ZEIT, ebenfalls unter der irreführenden Überschrift „Grenzöffnung“.

[….] In Angela Merkels Büro im siebten Stock des Kanzleramts trifft sich die "Morgenlage", die Runde ihrer engsten Mitarbeiter. [….] Aber die Stimmung an diesem Morgen ist angespannt, die Seelen sind aufgeraut. Zwei Tage zuvor ist an einem türkischen Strand der leblose Körper eines Dreijährigen gefunden worden, rotes T-Shirt, Gesicht nach unten – ertrunken im Mittelmeer, auf der Flucht nach Europa. Acht Tage zuvor hat man in Österreich, auf einem Seitenstreifen der Autobahn A4, einen Lastwagen mit 71 Leichen entdeckt: 59 Männer, acht Frauen, vier Kinder, alle erstickt. Und dann sind da die Bilder vom Bahnhof in Budapest, seit Tagen schon kann man sie im deutschen Fernsehen sehen. Die Flüchtlingskrise sei kein europäisches Problem, sondern ein deutsches, hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán am Vortag gesagt. Im Kanzleramt sehen sie das völlig anders, und dieser Konflikt, diese wechselseitigen Schuldzuweisungen, werden das ganze Wochenende bestimmen. [….]

(Protokoll, 04.09.2015, ZEIT)

Wer nicht ganz so bösartig wie die AfD-Nazis ist oder es gar als „Bahnhofklatscher“ oder „Rotgrünversiffter“ begrüßt heimatvertriebenen in Deutschland Asyl zu geben, ist Merkel heute dankbar und schreibt diese Entscheidungen ihrer christlichen Grundüberzeugung zu. Das ist natürlich schon deswegen Unsinn, weil sich Merkel in den folgenden drei Jahren mit maximalem antihumanen Impetus mühte alle Grenzen zu blockieren, den Flüchtlingen das Leben schwer zu machen, Familien zu trennen, Kinder von ihren Eltern wegzureißen, bestens Integrierte Migranten abzuschieben und jedes Jahr tausende unschuldige Menschen im Mittelmeer elend ersaufen zu lassen. Dennoch sitzt beispielsweise auch die bedeutende und kompetente CNN-Journalistin Christiane Amanpour der Legende von einer christlich überzeugten Gut-Kanzlerin auf und befragt zum Ende ihres CDU-Vorsitzes den SZ-Journalisten Stefan Kornelius dazu.

[….] AMANPOUR: [….] Because clearly, you remember way back in 2000, you quoted it, she quoted it, she talked about her vision as being the market plus humanity. So, she's obviously a conservative economist, if I could put it that way, but she has tried to have a compassionate, Christian, humane government and policy.  And of course, we saw that when she allowed these immigrants fleeing war and devastation in their own country in 2015 to come in. That seems to  have backfired on her. How does she go forward with that very issue now?
KORNELIUS: Well, on immigration issue, you are right. It totally backfired and she not only was liberal or welcoming to those migrants because she was liberal mind or had an open heart, but because she's a very pragmatic and clear-thinking woman. Not the German chancellor, not a single politician in Europe would have been able to stop 15,000 migrants a day crossing the German border.
So, I guess she didn't close the borders or didn't send them back for several reasons. She would have destabilized vast parts of east and southeast Europe, she would have sent an extremely devastating message about Germany's culture to the outside world. And she couldn't have lived up to the promises in the end anyway because those people would have turned around and come through the back door. You cannot seal off Germany. This is not possible.
So, what she did is she put in policies in place with Turkey, with other neighboring countries across the Mediterranean and Northern Africa to
basically channel this flow of migrants and actually trickle it down. It's definitely it's too many people coming to Europe. Now, that took time.
And that was the basic mistake, she communicated badly and she now pays a huge price for that.  She lost power for that in Germany. This is the single issue which has turned against her and it will be the issue which she will be compelled to deal with for the remaining time in her office. But
[….] things she could do or have to do with European unity, with the rise of populism in Europe.
[….]

(CNN, 02.11.2018)

Ich stimme Stefan Kornelius in dieser causa vollständig zu. Der Syrienkrieg lief damals schon 5 Jahre, Millionenfaches Sterben fand statt, Kinder lagen krepiert an den Mittelmeerstränden rum und Merkel musste erkannt haben, daß es keinen EU-Konsens gibt die Flüchtlinge zu verteilen und anzuerkennen.

Sie wird einfach abgewogen haben, daß eine abrupte Grenzschließung a) technisch und rechtlich unmöglich war und b) aus den drei von Kornelius genannten Gründen noch schlimmer gewesen wäre.

Dafür musste sie weder multikulti-freundlich, humanistisch oder christlich eingestellt sein. Sie musste nur in ihrer bisherigen Amtszeit alle Bemühungen für einen Frieden im Irak/Syrien in den Sand gesetzt haben  - das war bereits geschehen – und fahrlässig die europäische Solidarität ruiniert haben, indem sie Hardliner wie Hans Peter Friedrich das Dublin-Abkommen betonieren ließ, damit den Südländern den Stinkefinger zeigte, nachdem Hardliner Schäuble ihnen durch das Austeritätsdiktat ebenfalls den Stinkefinger gezeigt hatte – auch das war 2015 bereits passiert. Nun konnte Merkel keine schnelle Hilfe von anderen Ländern mehr erwarten. (….)

(Interessiert zwar niemanden, aber Fakten, 04.11.2018

Beim mutmaßlich nächsten Bundeskanzler kommt einiges zusammen. Er hasst ja nicht nur Ausländer, sondern auch Schwule, die Grünen, Klimaschützer, Olaf Scholz, Angela Merkel und ganz allgemein seriöse Politik. Daher pöbelt er nur.

Um konkretes Gestalten der Politik ging es Merz aber ohnehin nie. Nur um seine xenophobe Show. Daher rannten die beleidigten CDUler auch schon nach wenigen Stunden weg vom „Migrationsgipfel“ mit den Ampelparteien. Ihnen geht es nur darum, die Menschen aufzuhetzen und damit das politische Klima in Deutschland zu vergiften. Problem- und Lösungsorientierte Politik schadet dabei nur.

[…..]   Merz ist wie in kleines Kind beleidigt vom Tisch aufgestanden. Das war ein peinliches Drama die letzten Tage.

In den letzten Tagen hat Friedrich Merz allen die Schuld gegeben. Das Dublin-System ist geltendes europäisches Recht, egal, was Merz sich so wünscht. Ich erwarte jetzt von ihm, dass Merz seine Parteikollegin von der Leyen in Brüssel anruft und sie auffordert, Vertragsverletzungsverfahren gegen die Staaten einzuleiten, die Europarecht nicht einhalten. Ganz konkret die Dublin Verordnung.

Diese Kompetenz hat die Kommissionspräsidentin, nach meinem Wissen CDU-Mitglied. Damit könnte Friedrich Merz tatsächlich ein Problem lösen. Und sich damit auch um ein funktionierendes europäisches System mit fairen Asylverfahren statt um illegale Pushbacks bemühen. […..]

(Julian Pahlke, Mitglied des Bundestages, B90/Grüne, 10.09.2024)

Es ist nur so furchtbar widerlich, daß dieses migrantenfeindliche Spiel so gut funktioniert. Der Urnenpöbel durchschaut es nicht, lässt sich bereitwillig in Wallung bringen und rennt dann den Hetzern von AfD, BSW, CDU, CSU und FW hinterher. Dieses Volk ist nicht reif für die Demokratie und bejubelt diejenigen, die Probleme verursachen und verschärfen.

[….] Auf welchem Niveau ist die politische Asyldebatte in Deutschland bloß angekommen? Der Migrationsgipfel von Regierung und Opposition, Bund und Ländern am Dienstag wurde zum unwürdigen Schauspiel. Mehr als um eine Lösung der Probleme an Deutschlands Grenzen scheint es inzwischen darum zu gehen, vor den wichtigen Landtagswahlen in Brandenburg nicht den Schwarzen Peter für ein Scheitern der Gespräche zu bekommen.

Man sei ja bereit, über eine gemeinsame Lösung zu verhandeln, hatte die Union vor den finalen Gesprächen behauptet – allerdings nur dann, wenn die Regierung ihr zuvor schriftlich gibt, dass sie die Forderungen von CDU und CSU erfüllt. Man sei zu Gesprächen bereit, entgegnete die Regierung. Die Forderungen werde man erfüllen – allerdings keinesfalls verraten, wie. Dass beide Seiten am Nachmittag nicht zusammen kamen, war keine Überraschung mehr.  Die Verhandlungslinien der Parteistrategen waren offensichtlich: Die Union wollte raus aus den Gesprächen. Wäre die größte Oppositionspartei mit der Bundesregierung übereingekommen, gemeinsame Maßnahmen in der Migrationspolitik zu ergreifen, wäre sie ab sofort in der Öffentlichkeit mitverantwortlich für alles, was schiefgeht in der Asylpolitik. Mit Blick auf die Bundestagswahlen im nächsten Jahr kein wünschenswertes Szenario für Unions-Chef Friedrich Merz. […..]

(Markus Basler, 10.09.2024)

Natürlich betreibt eine Regierung mit Grünen und SPD keine Politik, die europäische Rechtsnormen und die Verfassung verletzt. Auch wenn Merz und Co noch so laut nach illegalen Maßnahmen schreien. Einfach alle Einreisewilligen an den Grenzen wegjagen, geht nicht. Schon jetzt zeigen sich Deutschlands Nachbarn entsetzt!

[….] Deutschlands Nachbarn würden ihrerseits wohl mit verstärkten Kontrollen und Zurückweisungen reagieren und Länder wie Italien verhindern wollen, dass Geflohene zurück in ihr Land kommen. Österreich hat bereits angekündigt, keine Geflüchteten aufzunehmen, die an der deutschen Grenze stranden. Der freie Schengen-Raum und das gerade mühsam ausgehandelte gemeinsame europäische Asylsystem wären in Gefahr. Es droht die Rückkehr der Kleinstaaterei in Europa.

Schon im Herbst 2015 loteten Beamte im damals unionsgeführten Innenministerium aus, wohin eine Politik der Zurückweisung – die es damals nicht gab, als Geflüchtete zu Hunderttausenden nach Deutschland kamen – am Ende führen würde. „Zurückweisung wäre nur unmittelbar an der Grenzlinie möglich, was in vollem Umfang kräftemäßig kaum leistbar ist“, räumten die Beamten ein. Die Flüchtlinge würden solche Kontrollen dann über die „grüne Grenze“ umgehen. Der Plan verschwand in der Schublade. […..]

(Markus Basler, 10.09.2024)

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