Heute gedenkt man durch das Teilen von Memes. So hat man den Holokaust und Auschwitz auch in zehn Sekunden abgefertigt.
Ich will mich nicht zu sehr darüber echauffieren. Immerhin wird das Datum so überhaupt einer breiteren Masse in Erinnerung gebracht und außerdem sind viele dieser Bildchen mit Aussagen versehen, die konsensfähig und richtig sind.
„Wir tragen keine Verantwortung für die Konzentrationslager, aber die Verantwortung dafür, sie nicht zu vergessen/dafür zu sorgen, daß das nie wieder geschieht.“ Das dürften auch Teens und Twens verstehen.
Ich begrüße natürlich, daß das Thema Teil der Staatsraison ist.
Nach meinem Eindruck wird es sogar durch die politischen Ereignisse der letzten fünf Jahre immer präsenter. Wir haben wieder eine starke, in allen Landesparlamenten vertretene faschistische Partei in Deutschland, der Rechtsextremismus ist weltweit auf dem Vormarsch und in den USA schaffte es sogar ein ausgesprochener Rassist und Demagoge ins Weiße Haus, der in schönster Goebbels-Manier gegen die „Lügenpresse“ hetzte und von Typen mit Hakenkreuz-Tattoos bejubelt wurde.
Wir; also die Deutschen, die Europäer, der Westen; haben dabei versagt es nicht wieder soweit kommen zu lassen.
Immer wieder kommt es zu Pogrom-artigen Szenen. Es werden Minderheiten verachtet, Dunkelhäutige in regelrechten Hetzjagden durch Straßen gescheucht und Juden gegen sich besser nicht durch Kipa oder Schläfenlocken als solche zu erkennen, wenn s nicht Gefahr laufen wollen angegriffen zu werden. Jüdische Einrichtungen in Deutschland können nicht ungeschützt existieren.
Dabei ist 1945 noch nicht so lange her. Es gibt immer noch Zeitzeugen, die aus deutschen KZs berichten können.
Jedes Mal, wenn wie heute auf dem Hamburger Heiligengeistfeld eine 500 Pfund schwere englische Fliegerbombe gefunden wird und im Radius von 500 m alle Wohnungen evakuiert werden müssen, merken wir am eigenen Leib wie verdammt nah dran 75 Jahre sind.
Wer ein geistiges Klima in Deutschland zulässt, in dem eine Hamburgerin, die einen dunkelhäutigen Mann in eine Schule gehen lässt, sofort die Polizei ruft, die dann mit Blaulicht erscheint, um den vermeidlichen Einbrecher festzunehmen, der aber gar kein Einbrecher, sondern ein ganz gewöhnlicher Lehrer an jener Schule ist, hat als Nachfolger der Nazigeneration versagt.
[…..] Den Schrecken hat Philip Oprong Spenner noch nicht verwunden. „Ich war im Klassenzimmer, als ich plötzlich in die Visiere mehrerer Pistolen blickte, die auf mich gerichtet waren.“ Was war passiert? Der 22. November ist ein Sonntag. Normalerweise kein Arbeitstag für einen Lehrer. Doch wie viele seiner Kollegen an der Stadtteilschule Am Heidberg begibt sich auch Philip Oprong Spenner immer mal wieder am Wochenende in die Schule, um den Unterricht für den nächsten Tag vorzubereiten. „Wegen der Corona-Maßnahmen ist es nicht einfach, die Abstände im Lehrerzimmer einzuhalten. Ich musste viele Kopien machen und wusste, dass es am Montag schwierig werden würde, ohne von vielen Menschen umgeben zu sein und ohne die Kollegen und Kolleginnen zu nerven“, erzählt der 42-Jährige. Also kopiert Spenner die Zettel und bringt sie ein Stockwerk tiefer zum Klassenzimmer der 8a, um die Englisch-Aufgaben auf die Tische zu verteilen. Was Spenner nicht ahnt: Eine 14-jährige Passantin hat ihn durchs Fenster im Klassenraum gesehen und die Polizei alarmiert. Sie meldet, dass „sich ein schwarzer maskierter Mann darin aufhalte“, bestätigt eine Sprecherin der Polizei der MOPO. Dass eine blonde Kollegin von Spenner früher am Tag in der Schule war, hatte niemand bei der Polizei gemeldet. [….]
Offensichtlich haben wir uns immer noch viel zu wenig um die deutsche Vergangenheit, die Entstehung des Holokausts und die Bekämpfung des Rechtsextremismus gekümmert.
Immer noch weigert sich Deutschland den Völkermord an den Nama und Herero 1904-1908 juristisch zu verantworten und will auch nichts davon wissen Griechenland das unter deutscher Besatzung geraubte Geld zurück zu zahlen. Da werden auch sonst so integre Politiker wie Bundespräsident Steinmeier zu Verfechtern der „Schlußstrich“-Parolen.
(…..) In einer der unendlich
vielen Talkshowrunden zu Martin Walsers Holokaust-Keulen-Gejammer von 2002 saß
Prof. Eberhard Jäckel und sagte zu einem der Protagonisten der
„Schlußstrich“-Fraktion, die Beschäftigung mit dem Thema „Nationalsozialismus
in Deutschland“ sei schließlich freiwillig.
Keiner sei dazu gezwungen sich damit zu beschäftigen, keiner könne einen
„Schlußstrich“ verfügen und niemand könne ihn, Prof Jäckel, daran hindern
weiter zu dem Thema zu forschen.
Damit war die Phantomdiskussion sehr schön entlarvt.
Es gibt selbstverständlich in Deutschland keinen einheitlichen Wissensstand.
Immer mal wieder zeigen Studien; insbesondere in der ehemaligen DDR; ein
dramatisches historisches Unwissen. Breite Schichten der Jugend wissen rein gar
nichts über den Zweiten Weltkrieg und das Hitler-Regime.
Andererseits gibt es natürlich eine ganze Reihe Forscher und Interessierte, die
immer wieder neue Forschungsergebnisse begierig aufnehmen.
Verblüffender Weise verlangen also diejenigen einen „Schlußstrich“, bei denen
bisher ohnehin noch keinerlei Informationen zu dem Thema angekommen sind,
während die Personen, die überdurchschnittlich gut über jene Ereignissen
informiert sind, umso mehr nach weiteren Informationen gieren.
Das erinnert mich ein wenig an Bundestagsdebatten, die ich immer wieder
spannend finde.
Wer am lautesten behauptet „diese Politiker kann ich nicht mehr sehen“, ist in
der Regel jemand, der ohnehin nie eine Bundestagsdebatte guckt und gar nicht
weiß, daß es den Sender Phoenix gibt.
Wissen geriert Interesse, Nichtwissen geriert Desinteresse.
Je mehr Bücher man liest, desto bewußter wird einem wie wenige Bücher man
bisher gelesen hat, wie viel man bisher verpasst hat. (…..)
(Bier her, Biiie heee - oder ich fall umm!!!, 23. Oktober 2010)
Die vielleicht widerwärtigste Form des deutschen Rechtsextremismus nach der Vereinigung von 1990 sind die Salon-Faschisten des Schlages Alexander Gauland oder David Berger oder Donald Trump, die für ihren Hass auch Minderheiten - insbesondere Dunkelhäutige und Muslimische – den Staat Israel missbrauchen.
Das geht so:
1) David Berger hasst Muslime. 2) Bibi Netanjahu geht brutal gegen Islamisten
und Palästinenser vor. 3) Berger propagiert seine Israel-freundliche Haltung,
bzw Trump verlegt die US-Botschaft nach Jerusalem.
[…..] Wir sind pro-amerikanisch und pro-israelisch. Nicht nur aus einer wohlverstandenen historischen Verantwortung bzw. Dankbarkeit heraus, sondern auch, weil der moderne Staat Israel als einziger Staat im Nahen Osten weltweit ein Vorbild für die Abwehr des aggressiven Islam und dem gleichzeitigen Hochhalten von Menschenrechten und Demokratie ist. [….]
(DB/Phimosophila Penis)
Die Heuchelei ist enorm, denn gerade unter den Trump/AfD/PP-Anhängern konzentrieren sich die schlimmsten Antisemiten.
Nachdem in Charlottesville „Jews Will Not Replace US” gegrölt wurde, attestierte Trump ihnen “fine people” zu sein.
Den Randalierern vom 06.01.2021, die T-Shirts mit Hitlerportraits, Auschwitz-Parolen und dem besonders abscheulichen Akronym „6MANE“ (Sechs Millionen tote Juden sind nicht genug) trugen, bekundete Trump ihnen „we love you!“.
Berger lobt nicht nur Antisemiten, sondern produziert gleich selbst Judenhass, indem er auf seinem Blog kaum einen Tag vergehen lässt, an dem verschwörungstheoretische antisemitische Stereotypen verbreitet werden.
Er ist ganz offensichtlich manisch, wenn es um Menschen jüdischer Herkunft geht. Geifernd vor Hass greift er immer wieder George Soros an, den er als Wurzel aller Übel sieht. Natürlich war Soros laut PP auch Schuld daran, daß Bergers heißgeliebter Donald Trump das Präsidentenamt verlor.
In der nicht-antisemitischen deutschen Welt, weiß man gar nicht so genau welche Prominenten zufällig auch Juden sind. Bei PP hingegen wird das sehr genau registriert und so werden Gregor Gysi, Marina Weisband oder Annetta Kahane regelmäßig mit Hass überzogen.
Zum heutigen Holokaust-Gedenktag, feuert der AfD-Blog gleich drei judenfeindliche Artikel ab.
Ich kann das an dieser Stelle nicht zitieren, weil ich sonst in Ohnmacht falle.
Wer es mag, möge sich die drastische perfide Hetze gegen die 88-Jährige Charlotte Knoblauch ansehen.
Möge sich über Bergers Heuchelei, mit der er sich als Nicht-Nazi-Nationalist selbst preist.
[…..] Wer echten Nationalstolz bei den Deutschen wiedergewinnen will, auch um der von Antifa & Co tatsächlich schamlos instrumentalisierten Nazikeule und dem krankhaften Hass linksgrüner Kreise auf Deutschland etwas entgegen zu setzen, aber gleichzeitig die dunklen Stellen unserer Geschichte ausblenden und verstecken möchte, wird erbärmlich scheitern. […..]
(DB, 27.01.2021)
Möge sich die ekelerregende Geschichtsklitterung betrachten, mit der PP heute Kommunisten den Antisemitismus in die Schuhe schiebt – bekanntlich war das diametrale Gegenteil der Fall. Kommunisten haben Auschwitz befreit und gegen Hitler gekämpft, während Bergers Konservative und Christen Hitler förderten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen