Donnerstag, 7. Januar 2021

Konsens-Ende

 

Es war fast wie 9/11 vor knapp 20 Jahren, die Ereignisse von gestern fesselten einen vor die amerikanischen Newssender wie CNN.

Seit fünf Jahren quälen wir uns damit verbale Superlative zu finden, um die immer drastischeren Abscheulichkeiten Trumps in Worte zu fassen.

Mein Dank gilt Don Lemon, der erfreulich deutlich wurde:
You go down in history, as the worst of the worst!“

Während der dramatischsten Phase, als der rechtsradikale Mob durch das Kapitol tobte, die Sicherheitskräfte völlig überfordert den Rückzug antraten, Abgeordneter beider Parteien zusammen gekauert zwischen den Sitzreihen um ihr Leben fürchteten und Donald Nero „borderline enthusiastic“ den Coup auch noch befeuerte, verloren auch seine engsten Staffer die Hoffnung diesen Irren noch bändigen zu können.

Via Twitter mit QAnon, Proud Boys und White Supremacy zu flirten, um Wählerstimmen zu generieren, sei doch etwas anderes, als selbst physisch bedroht zu werden, war die Lesart vieler Journalisten.

Diese gemeinsame Erfahrung und Gelegenheit mit den Kollegen jenseits der Parteigrenze in so einer Ausnahmelage zu sprechen, schweiße zusammen.

Die Pro-Trump-Rioters, die Geister, die Republikaner selbst gerufen hatten, wurden nicht nur gefährlich für das eigene Wohl, sondern waren auch eine extreme internationale Blamage für die USA. Iran, China und Russland lachen hämisch über Washington.

Nun rauften sich GOPer und Demokraten doch zusammen, verurteilten gemeinsam die Angriffe.

Die US-Senatoren und Trump-Fans Kelly Loeffler und James Lankford zogen beide ihre angekündigte Unterstützung für maximal moralisch verkommenen Heuchler Ted Cruz und Josh Hawley zurück, die ein öffentliches Spektakel anzettelten, indem sie den Verlesungen der Wahlmännerstimmen einiger Bundesstaaten widersprachen. Sie fachten den Mob an, obwohl sie als Spitzenjuristen wußten, daß es weder Wahlbetrug gab, noch die Möglichkeit bestand Bidens Vereidigung zu verhindern. Sie wollten aber Punkte sammeln bei dem Millionenheer der bewaffneten total fanatisierten US-Faschisten.

Setzte nun die Erkenntnis ein, daß Trump und die zwölf Traitor-Senatoren (bis zu 14 hatten zugesagt) zu weit gegangen waren?

Dafür gab es Anzeichen. Großartige Reden von eloquenten Demokraten wie Cory Booker.

Aber auch Lindsey Graham erklärte Trump nun nicht mehr zu unterstützen. Moscow-Mitch und sogar Mike Pence garantierten nun die Regierungsübernahme Joe Bidens in 14 Tagen.

Der zukünftige Präsident beschwor wie andere Staats- und Regierungschefs, insbesondere Macron, der versuchte gewaltsame Sturz der Demokratie wäre nicht Amerika.

Es ist der schärfste Vorwurf, den amerikanische Politiker machen können: „This is unamerican!“.

Nein, diese Nazi-Vandalen wären nicht Amerika! „We are so much better than this!” und “This is not the real America”.

Aber das sind nur fromme Wünsche!

Unglücklicherweise sind auch genau die Naziproleten, die zu Myriaden Trumps Aufrufen folgten das Parlament zu stürmen und die 74 Millionen Menschen, die trotz der grausamen letzten vier Jahre Trump wählten Amerikaner.

White Supremacy, race inequality, Demokratieverachtung, Waffenwahn, Gewalttätigkeit, Mitleidslosigkeit, Antihumanismus sind auch Amerika.

Selbst im US-Parlament, kurz nachdem es gestürmt wurde, fanden sich sofort wieder Republikaner, die den Nazi-Mob angefacht hatten, um die Demokratie zu attackieren.

 Am meisten sind die sechs Senatoren um Ted Cruz zu verachten und zu verdammen, weil sie es besser wissen und dennoch absichtlich Feuer an der Basis der US-Verfassung legen.

US-Senator Tommy Tuberville muss man hingegen zur Klasse der über 120 GOP-House-Abgeordneten rechnen.

[…..] Senators Josh Hawley of Missouri, Ted Cruz of Texas, Tommy Tuberville of Alabama, Cindy Hyde-Smith of Mississippi, Roger Marshall of Kansas and John Kennedy of Louisiana voted to overturn the results in Arizona, while 93 senators voted against. Mr. Hawley, Mr. Cruz, Mr. Tuberville, Ms. Hyde-Smith, Mr. Marshall and Senators Cynthia Lummis of Wyoming and Rick Scott of Florida voted to overturn the results in Pennsylvania, while 92 voted against it.

The House rejected the Arizona challenge by a vote of 303 to 121 and rejected the Pennsylvania challenge by a vote of 282 to 138. […..]

(NYT, 07.01.2021)

Die 121, respective 138 Lawmaker agieren nicht unbedingt wider besseres Wissens um des politischen Vorteils willen, sondern sie sind tatsächlich so vollkommen verblödet und durch rechtsextrem Propaganda-Medien verwirrt, daß sie wirklich glauben, ihr Idol Trump habe mit riesigem Vorsprung gewonnen und wurde durch böse Mächte betrogen: Von Kommunisten in China über Hugo Chávez († 5. März 2013 in Caracas), die Reptiloiden vom Aldebaran-Nebel bis hin zu den Pädophilen-Kellern, von denen Trumps QAnons fantasieren.

Mit diesen bösartigen Wahnsinnigen, die aber in großer Zahl von den ebenso realitätsentrückten 74 Millionen Trumpmericans in ihre Ämter gewählt werden, kann es eben keine Zusammenarbeit geben.

Die Bipartisanship, von der nun wieder so viele schwärmen, ist tot.

Daher kann ich die Beschwörung des so viel besseren Amerikas nicht mehr hören.

Dieses gute Amerika haben die Republikaner in den letzten 20 Jahren sukzessive zerstört und schließlich aufgelöst.

Der House-Abgeordnete Dan Kildee aus Michigan, Chief Deputy Whip of the House Democratic, zeigte sich daher gestern auch pessimistisch und verzweifelt angesichts der politischen Verhältnisse in Washington.

 

Herr Kildee hat völlig Recht. Man kann nicht mit Menschen zusammenarbeiten, die sich hartnäckig weigern die Realität anzuerkennen und Gewalt ausüben.

Balance of Power funktioniert nur, wenn sich beide politischen Gruppen im selben Universum aufhalten.

Checks and Balance funktionieren nicht, wenn eine Hälfte der Bevölkerung der Abgeordneten sich in eine rassistische Fantasiewelt geflüchtet haben, in der Mathematik und Naturgesetze nicht gelten.

Auch die US-Demokraten haben viel zu lange geglaubt, man könne mit diesen Republikanern zusammenarbeiten. Joe Biden nimmt offenbar immer noch an, er könne zum Präsidenten aller Amerikaner werden, Kompromisse mit den Moscow-Mitches im Kapitol finden und möglicherweise sogar eine halbwegs faire Berichterstattung der Medien des Trumpversums erfahren.

Aber das ist illusorisch.

Der zukünftige Mehrheitsfürher des Senats Chuck Schumer und Nancy Pelosi haben es verstanden. Sie fordern die GOP, insbesondere das Trump-Kabinett auf den durchgedrehten, hochgefährlichen IQ45 sofort nach dem 25. Verfassungszusatz abzusetzen. Anderenfalls werde  das House ein weiteres Impeachmentverfahren beginnen.

Und ja, natürlich wäre Trump ohnehin aus dem Amt ausgeschieden, bevor so ein Verfahren beendet würde, aber es hätte dennoch juristische Konsequenzen. So könnte ein a posteriori impeachter Donald Trump nicht zur US-Präsidentschaftswahl 2024 antreten.

Moscow-Mitches Ehefrau, Trumps Verkehrsministerin Elaine Chao ist aus Protest zurück getreten.

Der republikanische Abgeordnete Adam Kinzinger ruft dazu auf, den eigenen Präsidenten sofort abzusetzen.

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