Die Zeitungen, das Internet sind voll davon, daher muss
ich die Geschichte nicht detailliert nacherzählen:
Ein halbes Jahrhundert lang gab es in den USA ein relativ liberales
Abtreibungsrecht, welches den Rechtsradikalen und Evangelikalen immer ein Dorn
im Auge war.
In einem geschickten PR-Coup verkaufen sie ihre Ablehnung als „Pro Life“, tun also so, als ob es ihnen darum ginge, (ungeborenes) Leben zu retten.
Das ist eine vierfache Lüge.
1. Unterstellt es, die „Pro Choice“-Anhänger wären gegen das Leben.
2. Führen Abtreibungsverbote sogar zu mehr Abtreibungen, weil schwangere Frauen so unter Druck gesetzt werden, daß sie sich nicht frei entscheiden können
3. Führen Abtreibungsverbote dazu, daß mehr Frauen bei illegalen Abtreibungen unter medizinisch nicht vertretbaren Bedingungen sterben.
4. Zeigen „Pro Life“-Aktivisten durch ihre gleichzeitige Unterstützung für Waffen, Folter und Todesstrafe, daß sie eben gerade nicht an der Erhaltung des Lebens an sich interessiert sind, sondern die Unterdrückung der freien Entscheidung von Frauen das eigentliche Motiv ist.
[….] Seit 1973 hatte es den Frauen ein verfassungsmäßiges Recht auf Schwangerschaftsabbrüche zugesprochen und den Bundesstaaten verboten, dieses einzuschränken. Nun wollen gemäß dem Entwurf fünf der neun Richter dieses Recht aufheben. "Ich bin echt sauer", sagt eine 14-jährige Schülerin aus Washington auf der Straße vor dem Gericht. "Wir haben so viel Fortschritt gemacht, und jetzt gehen wir wieder rückwärts. Das ist unfair, und dagegen will ich protestieren." Abtreibungen zu verbieten, könne Millionen Frauen das Leben kosten, sagt ihre Freundin. Sie nehme sonst nicht an Demonstrationen teil. "Aber das ist ein so wichtiges Thema." [….] Besonders jene aus Washington könnten in eine missliche Lage geraten: Die Stadt tickt politisch links, doch steht sie unter direkter Verwaltung des US-Kongresses. Sollten die Republikaner dort die Mehrheit erringen, könnten sie in der Hauptstadt Abtreibungen verbieten. Besonders Abgeordnete aus konservativen ländlichen Regionen machen sich einen Sport daraus, die ungeliebten Hauptstädter zu piesacken. Schon bisher darf Washington zum Beispiel mittellose Frauen nicht bei Abtreibungen unterstützen. [….] Wer aber bei den Zwischenwahlen profitieren wird, ist umstritten. Die Republikaner könnten den Kurswechsel im Abtreibungsrecht als ihren Erfolg verkaufen - und als Leistung von Donald Trump, der die Mehrheit an dem Gericht zu den Konservativen verschob. Zudem werden die Republikaner die Gelegenheit nutzen, in jedem Staat mit Abtreibungsverboten ihre Basis zu motivieren. In rund der Hälfte der Staaten haben sie bereits Gesetze eingeführt, die Schwangerschaftsabbrüche einschränken oder gleich ganz verbieten; in Kraft treten die meisten erst, falls der Supreme Court seine bisherige Haltung auch wirklich ändert. Das Abtreibungsrecht sei nur der Anfang, befürchtet MC Hammond, Anwältin in Washington: Das Gericht plane eine breite konservative Wende. Die Art und Weise, wie die veröffentlichte Mehrheitsmeinung begründet sei, stelle auch andere Rechte infrage, die in der Verfassung nicht erwähnt sind - etwa den Zugang zu Verhütungsmitteln oder die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Sie gründen alle auf demselben Verfassungsartikel, aus dem der Supreme Court bisher das Recht auf Abtreibung herleitete, sagt Hammond. [….]
Den ärgerlichsten Punkt an dieser konservativen Dominanz; die durch maßgeschneiderte Wahlverhinderungsgesetze, Gerrymandering und Betrug erlangte Möglichkeit, trotz Stimmenminderheiten, politische deutliche Mehrheiten zu bekommen, spricht aber Texas-Paul an: Es kommt nun so, wie lange prognostiziert, niemand sollte überrascht sein.
Jeder weiß, wie sehr das US-amerikanische Wahlrecht die Erzkonservativen bevorzugt. Um sicher zu gewinnen, braucht ein Demokrat nicht etwa 50,1% der Stimmen oder gar nur eine Stimme mehr als der republikanische Kandidat, sondern bis zu 10 Prozentpunkte Vorsprung.
[….] Republican senators haven’t represented a majority of the U.S. population since 1996 and haven’t together won a majority of Senate votes since 1998. Yet the GOP controlled the Senate from 1995 through 2007 (with a brief interregnum in 2001–02 after a party switch by Jim Jeffords) and again from 2015 until 2021. As Stephen Wolf observed in his write-up of the results, there have been consequences for this disconnect:
Five Supreme Court justices (and many more lower court judges) were confirmed by senates where the GOP majority was elected with less popular support than Democrats. Those right-wing hardliners are now poised to use their control over the court to attack voting rights and preserve Republican gerrymanders while striking down progressive policies. This same minority rule has also paved the way for massive tax cuts for the rich under George W. Bush and Donald Trump that have facilitated an explosion in economic inequality.
Thanks to the filibuster, of course, on many key measures, the 43.5 percent of voters represented by a Republican minority in the Senate have as much clout as the 44.7 percent represented by a Republican majority when the GOP won a trifecta four years ago. That’s why Democrats are trying to cram as much legislation as they can into a budget-reconciliation bill that cannot be filibustered and why the parliamentarian’s ruling on the scope of that bill is such a big deal for Americans trying to survive on minimum wage. [….]
All das ist lange bekannt und die US-Amerikaner hätten ein Mittel dagegen: Outnumbering.
Umfragen ergeben inzwischen regelmäßig deutliche bis überwältigende Mehrheiten für die Pro-Choice-Regelung, für die „gay marriage“, für die Cannabis-Legalisierung.
Aber eine relative Mehrheit der US-Amerikaner geht gar nicht wählen.
Diese über 100 Millionen Wahlberechtigten haben es verbockt.
Nun kommt die Quittung, mit der sich 74 Millionen fanatische Hass-Amerikaner gegen 182 Millionen ihrer Landsleute durchsetzen.
Aber ich meine, es ist doch eine andere Zeit als 1973.
Wollen sich die Frauen 2022 tatsächlich immer noch von
einer extrem heuchlerischen männlichen Minderheit vorschreiben lassen, was sie
mit ihrem Körper anzufangen haben?
Es ist in den USA dringend an der Zeit sich an Aristophanes‘ „Lysistrata“ zu erinnern. Schon von mehr als 24 Jahrhunderten (411 v. Chr.) gab es die Idee, Frauen könnten sich durch einen Sexstreik durchsetzen.
Abgesehen davon gibt es im Jahr 2022 auch viele Männer, die in dieser Frage an der Seite der Frauen stehen.
Ich rate meinen US-Landsfrauen: Lasst Euch das nicht gefallen, legt zur Not die gesamte Nation lahm.
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