Montag, 30. Mai 2022

Wir elenden Heuchler

Angela Merkel ist nicht auf den Kopf gefallen. Anders als viele ihrer konservativen politischen Freunde; zum Beispiel George Bush, Silvio Berlusconi, Victor Orbán, Donald Trump oder Boris Johnson; war sie intellektuell in der Lage zu erkennen, welche Großprobleme auf uns zukommen.

Insbesondere nach dem Ende ihrer Kanzlerschaft hört man von verschiedenen ihrer Berater, wie sie sich intensiv in viele Themen einarbeitete. Sogar Virologen berichten, Merkel habe bei Briefings aufmerksam zugehört, konkret nachgefragt und daher auch bei den verschiedenen Pandemie-Krisentreffen, anders als beispielsweise Daniel Günther oder Armin Laschet durchaus das epidemiologische Geschehen verstanden und sich daher gern mit Peter Tschentscher verbündet, der ebenfalls „vom Fach“ ist.

Wenn Merkel erkannte, wie ein Problem wirklich pressierte, veranstaltete sie auf nationaler, europäischer oder noch höherer Ebene Gipfel, bei denen eine Lösung gefunden werden sollte.  Bildungsgipfel, Digitalisierungsgipfel, Pflegegipfel 2020 im Kanzleramt, Klimagipfel, Russland-Gipfel, Ukrainegipfel, Euro-Gipfel.

Ein Problem zu erkennen und eine Lösung zu finden, sind aber zwei verschiedene Dinge. In allen Fällen ging es auch um die finanziellen Interessen mächtiger Lobbyisten, die in der Regel eine vernünftige wissenschaftliche oder soziale Lösung blockierten. Spätestens auf den Gipfel hatte die Kanzlerin aber immer die Metamorphose von der Wissenschaftlerin zur Politikerin vollzogen, erkannte keinen kurzfristigen parteipolitischen Nutzen darin, mit Nachdruck auf eine Problemlösung zu dringen und verlor sofort wieder das Interesse.

Merkel stieß vieles an, gucke bei kleinsten Widerständen aber gleich wieder weg, so daß Deutschland und die Welt nach 16 Jahren ihrer Herrschaft in fast jeder Hinsicht schlechter dastehen. Sind wollte nie Risiken eingehen, ließ es laufen. Merkels außenpolitischer Berater berichtet heute, wie bewußt der Kanzlerin die Lage der Uiguren war.

[…..] Die Kanzlerin habe das Schicksal der Uiguren immer wieder gegenüber chinesischen Offiziellen zur Sprache gebracht, sagt Heusgen.  [….]

(DER SPIEGEL Nr. 22, 28.05.2022)

Als die chinesische Führung das achselzuckend abprallen ließ, war es Merkel auch gleich wieder egal und sie baute die Geschäfte mit dem Genozid-Regime weiter aus. Da sie klug genug war, es besser zu wissen, nenne ich ihr Nichthandeln noch verwerflicher als die Blockaden von Trump oder GWB, denn die beiden waren wirklich so dumm, keinen Handlungsbedarf zu erkennen.

Nun sitzen wir schön tief in der Scheiße, Deutschland ist nicht nur bei vielen modernen Zukunftstechnologien abgehängt, sondern wurde unter Merkel zudem auch noch hochgradig abhängig von den Schurkenregimen am Golf, am Bosporus, in Peking und Moskau.

Wir müssen tumb auf Halbleiter aus China warten, sind von chinesischer Mobiltelefontechnik abhängig, weil Merkels Minister nicht nur stupide in die Arme Chinas und Russlands steuerten, sondern auch aktiv dazu beitrugen die letzten Hersteller aus Deutschland zu vertreiben.

Deutschland kann nicht nur keine Klugtelefone herstellen und gab schon vor Jahren die einzigen Errichterschiffe zum Bau von Offshore-Windparks auf, sondern verdrängte insbesondere in den katastrophalen schwarzgelben Jahren 2009-2013 Solar- und Windenergie aus Deutschland, nachdem in diesen Grünen Techniken unter Gerd Schröder sogar Weltmarktführerschaft erreicht wurde.

(….) Deutsche müssen aber auch nicht alles können. Wozu auch; das wäre ja absurd in der globalisierten Welt, wenn man nicht auf das Knowhow und die Fähigkeiten derer, die es viel besser können, zugriffe.

Es gibt zum Beispiel keinen deutschen Energiekonzern, der in der Lage wäre Off-Shore-Windräder aufzustellen. RWE hat mal vor Jahren testweise zwei Errichterschiffe in Pusan bauen lassen, weigerte sich aber Rat von erfahrenen Ingenieuren anzunehmen und beauftragte einen Reeder mit dem Betrieb, der bisher nur Containerschiffe charterte.

Dilettantismus und Provinzialismus potenzierten sich so wunderbar, daß beide Schiffe nach zwei Jahren Hals über Kopf an eine chinesische Reederei verkauft wurden. Nun macht RWE eben wieder in Braunkohle, rodet den Hambacher Forst. Die modernen Technologien wurden aufgegeben. Hocheffektive Windräder auf hoher See errichten nun Briten und Dänen. Was soll’s? In Deutschland kann auch niemand ein Mobiltelefon herstellen oder ein Groß-Bauprojekt planen. Also lieber gleich das nächste mal in China anrufen, wenn Elbphilharmonie, BER oder Stuttgart21 geplant werden.  Traditionell ausgelacht werden auch die westdeutschen Schlapphüte.  (….)

(Wie der Herr, so sein Gescherr, 16.09.2018)

Peter Altmaier, Merkels Lieblingsminister zerstörte 100.000e Arbeitsplätze in der Photovoltaik- und Windkraft-Industrie, indem er die Förderungen auf Wunsch der Kohle- und Öl-Lobby abschaffte. Stattdessen führte er uns in die totale Abhängigkeit von Putins Gas- und Öl-Exporten.

[….] Vier wichtige Indikatoren für den Klimawandel haben nach dem neuen Klimazustandsbericht der Weltwetterorganisation (WMO) Rekordwerte erreicht. Das unterstreicht laut WMO die verheerenden Folgen der menschlichen Aktivitäten für die Ökosysteme, die eigentlich das Überleben der Menschheit sichern sollen. Rekorde gab es beim Anstieg des Meeresspiegels, dem Wärmeinhalt der Ozeane, der Versauerung der Meere und der Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre. Dabei handelt es sich vor allem um Kohlendioxid (CO2). Auch die Grenze von 1,5 Grad Erderwärmung rückt immer näher. Zumindest zeitweise könnte sie schon in den kommenden fünf Jahren erreicht werden, so die WMO. 2015, beim Pariser Klimaabkommen, galt es noch als praktisch ausgeschlossen, dass die Marke von 1,5 Grad innerhalb von fünf Jahren erreicht wird.

Der Klimawandel zum einen, aber auch der Krieg Russlands mit der Ukraine zeigen aktuell die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Überall wird deshalb nach Möglichkeiten gesucht, Sonne und Windkraft verstärkt zu nutzen. Deutschland, Dänemark, die Niederlande und Belgien haben vor kurzem den Nordsee-Windpakt unterzeichnet. Dadurch wollen die Länder das „grüne Kraftwerk Europas“ werden – vor allem durch die Weiterentwicklung von Offshore-Windenergie.

Dänemark will schon im Jahr 2028 seinen kompletten Strom aus Offshore-Wind gewinnen, dafür bauen die Dänen derzeit eine Energieinsel mit hunderten Windrädern und 10 Gigawatt Leistung. Dänemark kann damit Vorbild in Sachen Windkraft sein. Das Land hat diese Form der Energiegewinnung in den vergangenen 20 Jahren ausgebaut.

Währenddessen machen in Deutschland wichtige Werke dicht: Der Turbinenhersteller Nordex etwa schließt seine Rotorblattfertigung in Rostock. Das Unternehmen hatte Ende Februar angekündigt, die Rotorblattproduktion nach Asien zu verlegen. Die Produktion im Werk in Mecklenburg-Vorpommern soll Ende Juni 2022 enden. 600 der weltweit rund 8600 Mitarbeiter seien von der Entscheidung betroffen, teilte Nordex vor einigen Wochen mit. Nordex beklagte den zunehmenden Preiswettbewerb in der Branche, der zu hohem Kostendruck auf die Hersteller von Turbinen führe.

Bereits jetzt ist Wind der zweitwichtigste Energieträger – und trug 2021 mit mehr als einem Fünftel zur deutschen Stromerzeugung bei. Beim Ausbau der Windkraft hinkt die große Mehrheit der Bundesländer jedoch weit hinter den Zielen der Bundesregierung her. Im Verhältnis zur Fläche sind Bremen (0,21 Windräder pro Quadratkilometer) und Schleswig-Holstein (0,19) die Spitzenreiter beim Ausbau der Windenergie. In Berlin (0,01) und Baden-Württemberg (0,02) ist die Windrad-Dichte dagegen besonders gering, ebenso in Bayern (0,02). Auch weil dort für den Abstand zur nächsten Siedlung die sogenannte 10H-Regel gilt. Die besagt: Ein neues Windrad soll zur nächsten Siedlung einen Mindestabstand vom zehnfachen seiner Höhe einhalten. Eine moderne Anlage, die bis zu 250 Meter hoch sein kann, muss also mindestens 2,5 Kilometer von der nächsten Siedlung entfernt sein. Erst seit Ende April gibt es in Bayern Ausnahmen von der 10H-Regel.

Auch in Nordrhein-Westfalen müssen mindestens 1000 Meter zwischen neuen Windrädern und Wohngebieten liegen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) arbeitet laut Medienberichten derzeit an einem Gesetzentwurf, der die Abstandregeln in den Ländern aushebeln würde. Allerdings mit dem Zusatz, dass die bestehenden Mindestabstände „vorerst fortgelten können“. Dass der Entwurf so kommt, wie er jetzt kursiert, ist unwahrscheinlich. Widerstand kommt aus der FDP, berichtet die FAZ.

Der Niedergang der deutschen Windindustrie ist umso bedrückender, weil dabei die Fehler wiederholt werden, die schon bei der deutschen Solarbranche gemacht wurden. Volker Quaschning, Professor für regenerative Energiesysteme von der HTW Berlin, berichtet bei n-tv, wie zwischen 2012 und 2015 die damalige Bundesregierung die Solarindustrie behandelt hat und diese dann in großen Teilen nach China abgewandert ist: „Das waren verschiedene Bausteine. Es fing an mit einer Art Psychoterror. Die Bundesregierung hat klargemacht, dass der Ausbau der Solarenergie so nicht weitergehen kann. Peter Altmaier, der damalige Bundesumweltminister, hat sogar gesagt, dass man darüber nachdenkt, rückwirkend die Vergütung für Solarmodule zu kürzen.“

Auch das ARD-Magazin „Plusminus“ hat sich damit beschäftigt, wie die Zukunftsbranche Solar heruntergewirtschaftet und Deutschland vom Weltmarktführer zum Bittsteller wurde. Mit dem Resultat einer großen Abhängigkeit von China: Während Deutschland bei Erdgas vor dem Ukraine-Krieg zu 55 Prozent von Russland abhängig war, liegt die Abhängigkeit von China bei Solarzellen bei 95 Prozent. [….]

(ZDF, 27.05.2022)

Das Merkel-Deutschland richtet sich nur nach dem Mammon, der in China lockt. Nach 16 Jahren konservativer Herrschaft im Kanzleramt, steht Deutschland blamiert als die Kann-nichts-Republik da.

(….) Seit Helmut Schmidts Kanzlerschaft, stehen die deutschen Konservativen auf der Bremse des technischen Fortschritts.

Nach 40 Jahren des Schlafens, sind Merkels Untertanten dementsprechend bei fast allen Zukunftsthemen abgehängt.

In Deutschland gibt es keinen Computerhersteller mehr, niemand kann ein Mobiltelefon bauen und das Internet ist das langsamste Europas.

Konsequent haben konservative Politiker und die technikfeindlichen Grünen über Jahrzehnte den Fortschritt bei IT und Gentechnik blockiert.

Deutschland wird international ausgelacht, verliert kontinuierlich Marktanteile. Neue Patente kommen heute aus den USA und Asien. Tumbe deutsche Autolobbyisten haben immer nur die alten Errungenschaften von vor einem halben Jahrhundert konserviert. Elektromotoren, Chipherstellung, moderne Antriebstechnologien kommen nicht aus deutschen Fabriken; ganz zu schweigen von Künstlichen Intelligenzen, die die schöne neue Welt steuern. Über viele Jahrzehnte war die deutsche Pharma- und Chemieindustrie weltweit führend.

Wenn doch einmal etwas gelingt, wie der Corona-Impfstoff von Biontech, liegt es an den wenigen Einzelkämpfern außerhalb der Universitäten. Um das Serum schnell massenhaft herzustellen, musste Biontech mit dem amerikanischen Riesen Pfizer kooperieren. Deutschland als „Apotheke der Welt“ war einmal. Die wichtigsten Medikamente auf dem deutschen Markt kommen heute alle aus Indien. Zwischen Flensburg und Bodensee ist man noch nicht mal in der Lage Hygieneartikel wie FFP-Masken oder OP-Handschuhe zu fabrizieren.

Die Spitzenforschung in diesen Bereichen ist längst abgewandert, weil die deutschen Schulen und Universitäten von verschnarchten Fachfremden wie Anja Karliczek international den Anschluss verloren haben.

Die CDU vermochte es, die einstige technologische Führung zu verspielen, indem sie einseitig und tumb Technologien des letzten Jahrtausends – AKWs, Verbrenner-PKWs, Massentierhaltung – förderte und alles Fortschrittliche aus Deutschland vertrieb. Nun sind wir Europas Internet-Schlußlicht. Es ist unklar, ob der Rückstand noch aufzuholen ist. Ganz sicher sind aber die asiatischen Länder technisch längst uneinholbar enteilt. Nach 16 Jahren Merkel und unzähligen Bildungsgipfeln, können deutsche Schulen mit keinen Corona-Hygienekonzepten aufwarten, weil noch nicht einmal die Waschräume funktionieren.  Man arbeitet mit Matrizen, Overheadprojektoren und Erdkundekarten aus den 1960er Jahren. An dieses dubiose #Neuland ist in Schulen gar nicht zu denken. Dafür müsste man schließlich funktionierendes WLAN haben. Da es das nicht gibt, brauchen wir auch keine Computer-Hardware für Schüler. Es passt ins Bild, das international abgegeben wird. (…)

(Die Nann-Nix-Republik, 30.07.2021)

Nachdem die Deutschen es wie durch ein Wunder schafften, im Herbst 2021 die CDU aus dem Kanzleramt zu wählen, dauerte es nur wenige Monate und schon liegt die CDU schon wieder in allen Umfragen vorn. Der Urnenpöbel wünscht sich Fritze Merz aus dem letzten Jahrtausend aus Kanzler.

So wie wir bei der Migrationspolitik von Erdoğan abhängig sind, bei Energie von Putin und den Scharia-Regimen am Golf, steht es bei vielen Industrieprodukten um die Abhängigkeit von China. Ein Land, das gerade aktiv einen Genozid an den Uiguren begeht. Genau neben den Internierungslagern bei Ürümqi sind die meisten der 90.000 VW-Mitarbeiter in China beschäftigt. Der Autozulieferer Bosch beschäftigt 50.000 Menschen in China.

Dabei lässt sich die deutsche Wirtschaft, von den Milliardengewinnen geblendet, kräftig verarschen.

[…..]  Tatsächlich beförderte der Handel den Wandel in China – allerdings in eine andere Richtung als gedacht: Politisch entwickelte sich die Volksrepublik immer stärker in Richtung Autokratie und Überwachungsstaat, und wirtschaftlich verfolgte die Pekinger Führung eine Strategie der partiellen Autarkie. Sie sollte das Land Schritt für Schritt von ausländischer Technologie unabhängig machen, auch zulasten der deutschen Wirtschaft.  Die erste Branche, die das zu spüren bekam, war die deutsche Solarindustrie, die inzwischen von der hochsubventionierten chinesischen Konkurrenz aus dem Markt gedrängt wurde. Es folgten die Hersteller von Hochgeschwindigkeitszügen, die sich auf den Weltmärkten plötzlich einem staatlich gestützten chinesischen Monopolkonzern gegenübersahen. [….]

(DER SPIEGEL Nr. 22, 28.05.2022)

Im Moment sind wir ein wenig aufgeschreckt von den XinJiang-Files, die so eindrücklich beleuchten, wie eine Millionen Uiguren in China in Arbeitslagern gequält und getötet werden.

Als ob das so neu wäre. Als ob wir nicht alle wüßten, wie China mit den 3,5 Millionen Tibetern umgeht.  Aber China ist noch viel mächtiger als Russland. Wenn wir unsere angeblichen moralischen Maßstäbe in Peking verbalisieren würden, ginge das wirklich ans Portemonnaie.  Und so wichtig sind den Deutschen eine Million massakrierte Unschuldige nun wirklich nicht. Problematisch wird es erst, wenn der deutsche Reichtum leidet. Auch das wird passieren.

[…..] Chinaexperten sehen die deutsche Wirtschaft in einer »Truthahnfalle«. Vom Futter aus der Volksrepublik gemästet, nehmen viele Unternehmen nicht wahr, dass sie bereits zur Schlachtung vorgesehen sind. »Die Lage wird noch immer schöngeredet«, sagt Max Zenglein, Wirtschaftsexperte beim Mercator-Institut für Chinastudien (Merics) in Berlin. In der Ära Merkel sei die Politik zwar schrittweise von der allzu simplen Wandel-durch-Handel-Parole abgerückt. Zugleich aber habe Berlin daran festgehalten, in den Wirtschaftsbeziehungen einen Ausgleich für die wachsenden politischen Spannungen mit Peking zu sehen. »Der jetzigen Bundesregierung fällt es schwer, sich vom Merkel-Weg zu verabschieden«, sagt Zenglein.  [….]

(DER SPIEGEL Nr. 22, 28.05.2022)

Zu viel FDP, zu wenig SPD in der Regierung.

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