Neben den üblichen politischen und religiösen Seiten, folge ich auf Instagram vielen Natur-Themen, weil dort der Fokus auf Photographie liegt. Darunter gibt es eine FSK18-Seite „wild.phobia“ mit 558.000 Followern, die ich schon oft entfolgen wollte, weil dort brutales Naturgeschehen gezeigt wird. Keine süßen Katzenbabys, sondern eher mal eine Großkatze, eine Löwin, die ein Kitz ermordet.
Das ist nichts für schwache Nerven, aber ich finde es wichtig, „die Natur“ nicht mit der kitschigen Haustierwelt zu verwechseln. Natur ist extrem grausam. Ein ewiges Fressen und Gefressen werden. Der liebe Gott griff eben nicht nur bei seiner „Krone der Schöpfung“, dem Killerparasiten des Planeten kräftig ins Klo, sondern versagte erst Recht bei den „niederen“ Kreaturen, die fast alle unter Entbehrungen und Hunger leben, um schließlich von einem Größeren und Stärkeren zerrissen und zerfleischt zu werden.
Das Zusammenspiel der Jäger und Gejagten ist allgemein betrachtet sagenhaft faszinierend. Nichts wird verschwendet. Niemand ist sicher. Für jede Abwehrtaktik, gibt es Spezialisten, die sie überwinden können. Die biblische Vorstellung der Arche Noah, in der ein Paar von jeder Art freundlich ausharrte, bis die Flut vorbei war, ist hanebüchener Blödsinn, die von völliger naturwissenschaftlicher Unkenntnis des Erzählers zeugt. Selbst die wenigen Tierarten an der absoluten Nahrungsspitze, die Top-Prädatoren, chillen keineswegs als faule Privatiers durchs Leben. Nehmen wir nur den König der Tiere: Die meisten Löwenbays werden nie erwachsen, zwei Drittel sterben bevor sie ein Jahr alt sind. Gern werden sie von fremden Löwenmännern totgebissen, die damit die Löwinnen wieder empfängnisbereit machen. Infantizid als Mittel, um seine eigenen Gene durchzusetzen. Erwachsene Löwen hungern und dursten meistens. Beute ist rar, Wasser erst Recht. In 90 bis 95% der Jagden entkommt das Opfer, obwohl die Jäger viel Energie aufwenden. Oft wird man brutal verletzt, weil Antilopen Hörner haben und Zebras heftig austreten. Selbst die extrem starken Löwenmänner sterben keines natürlichen Todes, weil sie in der Regel dauernd gegen andere Löwen kämpfen und sich dabei entsetzliche Fleischwunden zuziehen. Sie können 13, bis maximal 16 Jahre alt werden, aber das kommt selten vor, da sie eher von jüngeren Konkurrenten lebensgefährlich verletzt werden.
Wie wir schon in der Grundschule lernten, helfen diese Prädatoren dabei, die Beutetiere zu dezimieren, die sich sonst unkontrolliert vermehren würden, so daß sie sich nicht mehr ernähren könnten. Sie haben aber auch eine evolutionäre Funktion, indem sie die schwachen, humpelnden, einbeinigen, blinden oder schwerhörigen Gnus zuerst fressen. So überleben nur die stärksten Gnus so lange, um sich zu vermehren. Dadurch werden die Gnus immer mehr verbessert. Evolution ist ein Geniestreich, aber alles andere als Ponyhof. Anders als in der zivilisierten menschlichen Gemeinschaft überlebt der Sohn mit Trisomie 21 oder dem verkürzten Bein eben nicht, sondern wird als Erstes zu Nahrung des Nächstgrößeren umfunktioniert.
Wölfe, Canis lupus, sind faszinierende Viecher, die zwar nicht ganz so stark wie ein Tiger oder Braunbär sind, aber diesen physischen Nachteil durch ihr hochkomplexes Sozialverhalten so perfekt ausgleichen, daß sie an der Spitze der Nahrungskette stehen. Sie sind so wichtig für den Gesamttierbestand, daß sie als „Schlüsselspezies“ betrachtet werden.
[….] Der Wolf wird von vielen Autoren als Schlüsselspezies innerhalb eines Biotops betrachtet wegen des Einflusses auf die Populationen seiner Beutetiere (Populationsdynamik). Nach Untersuchungen zur Prädation von Wapitis im Yellowstone-Nationalpark erbeuten die Wölfe neben den bevorzugten Jungtieren auch ältere weibliche Individuen, von denen manche altersbedingte Krankheiten aufweisen. Das Erbeuten altersschwacher Tiere aus einer lokalen Population verringert die intraspezifische Konkurrenz um Nahrungspflanzen zugunsten der jüngeren Tiere. Die von den Wölfen nach dem Fressen liegen gelassenen Kadaverreste bieten zahlreichen Aasfressern eine breitere Nahrungsgrundlage. Im Yellowstone-Nationalpark sind rund ein Dutzend Tierarten Nachnutzer, unter anderem Bären, Adler und Rabenvögel. Die Anwesenheit von Wolfsrudeln verringert die Prädation durch andere Beutegreifer, sowohl bei wildlebenden Huftieren, als auch bei Weidetieren, denn sie beeinflusst die Populationen anderer Raubtiere mitunter negativ. Sie kann damit auf dem unterhalb liegenden Trophieniveau kleinere Arten begünstigen, so unter anderem durch die Trophische Kaskade vom Wolf zum Kojoten und Rotfuchs und deren Beutetieren in Nordamerika.[64][65] Die Regulierung der Pflanzenfresser als Konsumenten erster Ordnung wirkt sich günstig auf die Vegetation aus, unter anderem auf die Naturverjüngung in Waldbeständen. Hiervon profitieren andere Tierarten. [….]
Nach acht Millionen Jahren als Schlüsselspezies begann die Parasitenspezies Homo Sapiens vor 500 Jahren damit, Canis Lupus auszurotten.
Mitte des 19. Jahrhunderts war es geschafft.
[….] Um 1850 gab es praktisch keine frei lebenden Wölfe mehr. Vereinzelt auftauchende Exemplare wie der "Tiger von Sabrodt", der 1904 in der Lausitz erschossen wurde, waren vermutlich aus Wildparks, Zoos oder Zirkussen ausgebrochen. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg verirrten sich vereinzelte Wölfe ab und zu nach Deutschland, diese wurden allesamt überfahren oder erschossen. […]
Der Wolf wurde Opfer des Homo Sapiens, der wolfphobes Mobbing betrieb, indem er Lügengeschichten über den schlauen Vierbeiner verbreitete.
Da Wölfe sehr viel wandern und es keine Selbstschussgrenzlagen zum Warschauer Pakt mehr gibt, kommen vereinzelte Wölfe seit den 1990ern wieder nach Deutschland.
Eine zweiteilige Arte-Doku rekonstruierte 2015 auf faszinierende Weise die tausende Kilometer langen Wanderwege dreier Wölfe.
[….] Die drei Wanderwölfe Ligabue, Alan und Slavko überwinden bei ihrer Suche nach einer Partnerin atemberaubende Distanzen und bewältigen die tödlichen Barrieren der menschlichen Zivilisation. Von einem uralten Impuls getrieben, überqueren sie mehrspurige Autobahnen, reißende Flüsse und frostklirrende Gebirge. Bis heute ist es für die Wissenschaft ein Rätsel, warum immer wieder einzelne Wölfe plötzlich ihre Rudel verlassen und zu Wanderungen über mehr als 1.000 Kilometer aufbrechen. Diese Frage war auch der Grund für den Start mehrerer europäischer Forschungsprojekte. Und um eine Antwort zu finden, wurden die Wölfe Ligabue aus Italien, Alan aus Deutschland und Slavko aus Slowenien mit Sendern ausgestattet. Gemeinsam mit den Wolfsforschern Luigi Boitani, Francesca Marucco, Ilka Reinhardt und Hubert Potocnik hat man dann vier Jahre lang die Reisen der drei Wanderwölfe nachvollzogen. [….]
(Die Odyssee der einsamen Wölfe)
Eine faszinierende wissenschaftliche Dokumentation, die aber nie die echten Ligabue, Alan und Slavko zeigte, weil Wölfe so extrem scheu sind und so konsequent den Menschen meiden, daß sie selbst bei vierjährigen Recherchen nicht zu filmen waren. Gezeigt werden stattdessen zahme, trainierte Wölfe.
Nun könnte man als Mensch beschämt darüber sein, was dem Wolf angetan wurde und sich freuen, daß es wenigstens wieder ein paar hundert Tiere in Deutschland sind – auch wenn man sie nie antreffen wird.
Es gibt in Deutschland 22,3 Millionen Schweine und 49,6 Millionen Hennen.
Man könnte also meinen; ein Wolf pro 150.000 Schweinen, wäre verkraftbar. Das ist ein knapper Wolf auf einen halbe Million Menschen.
Hätte Mensch Moral und Anstand, würde er Schutzgebiete einrichten, um der einst ausgerotteten Schlüsselspezies wieder Lebensraum zu bieten.
Man kann aber auch so moralisch verkommen wie die CDU sein und sofort wieder Vorurteile schüren.
Wer wie Merz rassistische xenophobe Vorurteile gegen Kriegsflüchtlinge in die Welt setzt, schreckt natürlich nicht davor zurück, Tiere erneut ausrotten zu wollen, um die Wählerstimmen der Doofen zu gewinnen.
[…] Union will »wolfsfreie Zonen« in Deutschland
Der Umgang mit Wölfen ist ein Dauerstreitthema, nun positioniert sich die Unionsfraktion im Bundestag: Sie will die »rechtssichere Wolfsentnahme« erleichtern – auch ohne dass den Tieren Angriffe nachweisbar sind. Die Union will schärfere Maßnahmen gegen Wölfe in Deutschland ermöglichen. »In Arealen, in denen ein effektiver Herdenschutz technisch und zu vertretbaren Kosten nicht umzusetzen ist, (sind) wolfsfreie Zonen zu definieren«, heißt es in einem Antrag, den der Fraktionsvorstand von CDU/CSU im Bundestag am Montagabend beschlossen hat. Er liegt dem Nachrichtenportal »t-online« vor. »Hierzu zählen vor allem die beweideten Küsten- und Hochwasserdeiche sowie die Almregionen.« Wölfe stehen in Europa unter Schutz, seit einigen Jahren breiten sie sich in Deutschland wieder aus. Was Naturschützer freut, wird von vielen Schäfern und anderen Tierhaltern kritisiert. [….]
Offensichtlich wird man so Umfragekönig in Deutschland.
Während sich Scholz mit Gaspreisdeckeln, Ukrainekrieg, Energiewende und Atomkriegsgefahren müht, will Merz Wölfe abschießen lassen, die 99,99% der Menschen nie zu Gesicht bekommen. Dem Urnenpöbel gefällt es.
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