Annalena Baerbock fehlt es immer noch ein bißchen an Ernst und Seriosität. Sie konnte ihren Hang zur Schluderigkeit noch nicht ganz ablegen. Was wir im Wahlkampf erlebten - frisierter Lebenslauf, plagiiertes Buch, Versprecher – wird zwar weniger, ist aber noch nicht ganz ausgemerzt.
[….] Manchmal stoibert die Außenministerin [….] Allerdings neigt Baerbock manchmal dazu, zu stark zu überzeichnen, um einen Punkt zu machen. Das war schon bei ihrer Warnung vor "Volksaufständen" so oder als sie, gefragt nach der Taiwan-Reise Nancy Pelosis, ungeachtet der völkerrechtlichen Unterschiede, Parallelen zog zwischen dem Verhalten Chinas und dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Auch verirrt sie sich immer wieder in Bandwurmsätzen, die ihre Botschaften verkleistern und wie Edmund Stoiber klingen. Als Außenministerin tut sie sich und ihren Anliegen damit keinen Gefallen. Mehr sprachliche Präzision, ein Gedanke weniger, dafür konzise formuliert, darum sollte sie sich bemühen, ohne darüber ihre authentische Art aufzugeben. [….]
(Paul-Anton Krüger, 02.09.2022)
Diese gewisse Flappsigkeit kostete sie das Kanzleramt. Und die Vizekanzlerschaft. Zu Recht. Aber sie ist noch jung und sie ist nicht doof. Wenn sie von „Kobold“ statt „Kobalt“ spricht, ist das kein Zeichen mangelnder Qualifikation, wie es rechte Trolle darstellen, sondern bloß ein auf Unkonzentriertheit beruhender Versprecher. Wie Krüger ganz richtig feststellt, macht Baerbock sich leider unnötig angreifbar, weil sie nicht in einer gerechten Welt mit fairen Gegnern agiert, sondern in einer bösartigen Umgebung, in der die linksrechte Querfront sofort jeden Strohhalm ergreift, um auf die deutsche Außenministerin einzudreschen und damit gleichzeitig Putins Hintern zu küssen.
[….] Es wundert nicht, wenn sich jetzt Alice Weidel vom rechten Lager der AfD (deren Reden zur Ukraine Moskauer Propagandakanäle schon mal ins Russische übersetzen) und die Putin-Claqueurin Sevim Dağdelen von der Linken quasi zusammen auf Baerbock stürzen und ihren Rücktritt fordern. Dabei hat sie nur bei einer Podiumsdebatte am Mittwoch in Prag ihre völlig richtige Position bekräftigt, dass alle Sanktionen gegen Russland so angelegt sein müssen, dass man sie über Jahre durchhalten kann. [….]
(Paul-Anton Krüger, 02.09.2022)
Natürlich benutzt der Kreml Bots, Social Media-Fälschungen und Fake-Account, um ihre westeuropäischen Gegner zu destabilisieren.
[….] Unter den Hashtags #Hochverrat und #BaerbockRuecktritt ist in den Sozialen Medien eine heftige Debatte um Bundesaußenministerin Annalena Baerbock entbrannt. [….] Das Netz tobte, Politiker äußerten Kritik, Rücktrittsrufe wurden laut. "Gewählter Ministerin ist Wählerwille egal", schrieb etwa die Bundestagsabgeordnete der Linken Żaklin Nastic. AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel schrieb auf Twitter: "Der Rücktritt der Außenministerin ist überfällig. Wer ausdrücklich auf die Interessen der Wähler in Deutschland pfeift, hat in einem Ministeramt nichts mehr verloren." [….] Das Auswärtige Amt hingegen äußerte den Verdacht, dass es sich um gezielte Desinformation von pro-russischen Kanälen handelt. Der Ministeriumsbeauftragte für strategische Kommunikation im Auswärtigen Amt, Peter Ptassek, schrieb auf Twitter: "Der Klassiker: Sinnentstellend zusammengeschnittenes Video, geboostert von prorussischen Accounts und schon ist das Cyber-Instant-Gericht fertig, Desinformation von der Stange." [….] Eine erste Analyse deutet tatsächlich daraufhin, dass eine pro-russische Desinformationskampagne die Debatte um Baerbock forciert haben könnte. Die Analyse des Disinformation Situation Center, einer Koalition von Nichtregierungsorganisationen, die russische Desinformation verfolgt, hat Bemühungen Kreml-naher Accounts beobachtet, Baerbocks aus dem Kontext gerissenes Zitat sehr früh zu streuen. In der Studie heißt es: "Unsere vorläufige Analyse deutet darauf hin, dass eine dekontextualisierte Version von Baerbocks Zitat, eine manipulierte Version ihres Zitats und ein manipuliertes Video ihrer Aussage zuerst auf sozialen Medienkanälen erschienen, die mit dem Kreml verbunden sind." [….]
Der Kreml ist mit seiner destruktiven Desinformations-PR so erfolgreich, weil sich von Weidel bis Wagenknecht nützliche Idioten finden, die Putins Spiel weiterspinnen.
Ich weiß nicht, was diese AfD- und Linken-Politiker mehr disqualifiziert: Sind sie zu dumm, diese Fälschungen und Russlands Spiel zu erkennen? Oder aber wissen sie was da geschieht und entscheiden sich bewußt dazu, im Sinne Putins PR gegen die deutsche Regierung zu unternehmen?
Aber es kommt noch schlimmer. Auch die stramm konservative Lindner-Presse (Springer/Welt, bei der seine Frau Chefreporterin und seine Ex-Frau Chefredakteurin sind) verbreitet die Kreml-Lügen weiter.
[….] In den deutschsprachigen Sozialen Netzwerken wurde Baerbocks Zitat zunächst auf kleineren, anonymen Konten geteilt - schnell jedoch griffen es reichweitenstärkere Konten auf. Im rechtspopulistischen und verschwörungsideologischen Milieu wurde der Vorwurf an Baerbock dankend angenommen und verbreitet. AfD-Konten teilten das Video sogar mit dem Wasserzeichen des Telegram-Kanals von Russian American Daily. [….] Doch nicht nur rechte Agitatoren verbreiteten den Clip, auch Mitglieder der Linken und Medien befeuerten die Debatte. So titelte beispielsweise die "Welt" zunächst eine verzerrte Version des Zitats. [….] "Seit der Wahl ist Baerbock ein populäres Feindbild in rechtsextremen Kreisen, sie wird mit Falschinformationen und Verschwörungserzählungen attackiert", sagt Julia Smirnova, Analystin vom Institut für Strategischen Dialog (ISD). [….]
Das bleibt nicht ohne Folgen. Die Unterstützung für die Ukraine bröckelt.
[….] 77 Prozent der Bundesbürger sind einer Umfrage zufolge der Meinung, dass der Westen Verhandlungen über eine Beendigung des Ukraine-Kriegs anstoßen sollte. Das geht aus einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Forsa für das RTL/ntv-"Trendbarometer" hervor. [….] 26 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die Bundesregierung zur Unterstützung der Ukraine zu wenig unternimmt. 43 Prozent erachteten den Umfang der Unterstützung als gerade richtig. 25 Prozent waren der Meinung, die Bundesregierung tue zu viel für die Ukraine. Knapp ein Drittel der Bundesbürger (32 Prozent) sprach sich der Umfrage zufolge dafür aus, mehr schwere Waffen an die Ukraine zu liefern - auch wenn dies zulasten der Ausstattung der Bundeswehr ginge. Dagegen waren 62 Prozent der Bundesbürger der Meinung, dass Deutschland das nicht tun solle. [….]
Es ist wie ich immer prophezeite: Die Leidensfähigkeit der Deutschen ist mickrig. Die Heizperiode hat noch gar nicht angefangen und allein die Aussicht auf höhere Preise in der Mietnebenkostenabrechnung treibt die Menschen gegen die Ampel auf die Straße. Als ob es Baerbock und Scholz wären, die einen Krieg angezettelt hätten und damit die Energiepreise vervielfachten.
Gelbblaue Fähnchen raushängen ja, aber zahlen oder womöglich frieren für die Ukraine? Eher nein. Norstream2 zu öffnen erscheint vielen immer attraktiver.
[…] Natürlich wäre das jetzt ganz einfach, über die Handwerker aus dem Halle-Saalekreis und ihren offenen Brief an Olaf Scholz zu lachen. Oder Wolfgang Kubicki, die Mensch gewordene Stammtisch-Parole der FDP, als Außenseiter abzutun. Beide eint aber: Wenn sie lautstark die Öffnung der Gaspipeline Nord Stream 2 fordern, haben sie einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung auf ihrer Seite. 66 Prozent der Deutschen, das ergab kürzlich eine repräsentative Forsa-Umfrage, hätten kein Problem damit, die neue Röhre aus Russland zu öffnen. Sie hoffen mutmaßlich auf sinkende Gaspreise und einen Winter ohne Frieren und Verbote. [….]
Herrlich doof, diese Europäer, wird sich Wladimir Putin denken, während er die Gazprom-Rekordgewinne einstreicht.
[…] Wegen der massiv gestiegenen Preise für Gas und Öl hat der staatliche kontrollierte russische Energiekonzern Gazprom seine Geschäftsergebnisse nach eigenen Angaben in den ersten sechs Monaten dieses Jahres deutlich steigern können. Demnach erzielte Gazprom einen Rekordgewinn von 2,5 Billionen Rubel (umgerechnet 41,63 Milliarden Euro), wie das Unternehmen gestern Abend mitteilte. Das ist bereits mehr als der gesamte Gewinn des vergangenen Jahres. 2021 hatte der Konzern wegen der hohen Preise für Öl und Gas bereits einen Rekordgewinn von 2,09 Billionen Rubel (rund 27,5 Milliarden Euro) erreicht. […]
Schwere EU-Sanktionen gegen Russland. Russland exportiert viel weniger Gas und Öl. Russland verdient mehr denn je. Das hat ja ganz toll geklappt, Frau von der Leyen.
Die CDU-Präsidentin der EU ist seit geraumer Zeit untergetaucht und sieht planlos zu, wie ihr immer mehr rechts regierte Nationen (denen sie ihre Wahl verdankt) von der Fahne gehen.
Viktor Orbán blockierte die Sanktionen gegen Kriegstreiber Kyrill I., Putins wichtigsten Alliierten.
Sachsens Landesvater, von der Leyens Parteifreund Kretschmer, schert ebenfalls aus und zeigt der Ukraine den Stinkefinger.
Ungarn erhöht die Importe aus Russland deutlich.
[….] Der Außenminister reist nach Moskau, um über neue Gaslieferungen zu sprechen. Die relative Nähe seiner Regierung zum Kreml könnte dabei helfen. Budapest ist sehr abhängig von dem fossilen Brennstoff. Die Abhängigkeit von Gas zwingt zum Handeln. Im Falle Ungarns bedeutet das eine höhere Einfuhr aus Russland. Das kleine mitteleuropäische Land will 700 Millionen zusätzliche Kubikmeter Gas von Russland kaufen. Dies kündigte am Donnerstag die rechtskonservative Fidesz-Partei des Ministerpräsidenten Viktor Orbán an. Außenminister Peter Szijjarto wird noch im Laufe des heutigen Tages nach Moskau reisen, um über neue Gaslieferungen zu sprechen. [….]
Als nächstes verließ Bulgarien die ohnehin nicht mehr einheitliche EU-Linie.
[….] Bulgarien steht vor einer Zerreißprobe. Das EU-Land ist in der Gas-Versorgungskrise tief gespalten über den richtigen Umgang mit Russland und seinem staatlichen Energiekonzern Gazprom. Während der proeuropäischen Kräfte eine Wiederaufnahme des Liefervertrages mit dem Petersburger Energieriesen ablehnen, befürwortet die Übergangsregierung unter Ministerpräsidenten Galab Donew die umstrittenen Gespräche. "Als geschäftsführende Regierung wollen wir das zu Ende führen, was wir als Vereinbarung bereits haben", sagt der 55-jährige Ökonom in einem TV-Interview. Der langfristige Vertrag mit Gazprom läuft erst Ende 2022 aus. [….]
Mit Italien wird mit hoher Wahrscheinlichkeit bald auch das erste echte EU-Schwergewicht auf Russland zugehen.
[….] Der italienische Rechtspopulist Matteo Salvini hat die wegen des Ukraine-Krieges verhängten EU-Sanktionen gegen Russland in Frage gestellt. Mehrere Monate seien vergangen, und die Menschen würden ihre "Rechnungen doppelt und vierfach zahlen", während sich nach sieben Monaten Krieg "Russlands Kassen mit Geld füllen", sagte der Chef der rechtsradikalen Lega-Partei dem Radiosender RTL. [….]
Die Außentemperaturen in Europa sind noch sommerlich warm, die hohen Energiepreise sind noch gar nicht beim Verbraucher angekommen.
Und jetzt schon klappt die EU-Anti-Putin-Front zusammen.
Wie soll das erst werden, wenn die Deutschen in einem kalten Dezember und Januar wirklich frieren und die Industrie ihre Werke stilllegen muss?
Wladimir Putin kann sich entspannt zurücklehnen und abwarten.
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