Sonntag, 31. Dezember 2023

Akzeptable Tote.

 Auf die Frage nach dem höchsten Gut der deutschen Gesellschaft bekommt man verschiedene Antworten. Je nachdem, wen man fragt. Der Mammon? Wirtschaftliche Interessen? Fun? Macht?

Einige Antworten wären aber definitiv falsch: „Das menschliche Leben“, „Familie“ oder „die Würde des Menschen“. Diese „Werte“ ordnen wir nämlich ohne mit der Wimper zu zucken, pekuniären Aspekten unter.

Man könnte durchaus die Anzahl der Verkehrstoten drastisch reduzieren – durch Tempolimits.

Man könnte durchaus die Anzahl der MRSA-Toten drastisch reduzieren – durch Investitionen in die Krankenhaushygiene.

Man könnte durchaus die Anzahl der Drogentoten drastisch reduzieren – durch Entkriminalisierung.

Man könnte durchaus die Anzahl der Covid-Todesfälle drastisch reduzieren – durch strengere Kontaktbestimmungen.

Man könnte durchaus die Anzahl der Ertrunkenen im Mittelmeer drastisch reduzieren – durch Aufnahme der Fliehenden in Deutschland.

Man könnte durchaus die Anzahl der täglich verhungernden Kinder drastisch reduzieren – indem wir unsere Entwicklungshilfeausgaben aufstocken.

Aber dafür ist uns das menschliche Leben an sich nicht relevant genug.

Wir leisten uns stattdessen einen Bundesverkehrsminister der Porschepartei, dem der Fahrspaß der Autobahnraser wichtiger ist, als das Leben von 3.000 todgefahrenen Menschen.

[……] Bei 4,5 % aller Sterbefälle des Jahres 2022 (47 912 Verstorbene) lag eine sogenannte äußere Ursache und damit eine nicht-natürliche Todesursache vor. Dies war eine Steigerung um 10,9 % gegenüber dem Vorjahr (2021: 43 200 Verstorbene). Den höchsten Anstieg in dieser Gruppe der Todesursachen hatten Stürze mit +11,7 % auf 20 311 Verstorbene im Jahr 2022. Auch Transportmittelunfälle, dazu zählen insbesondere Straßenverkehrsunfälle, nahmen um 8,0 % auf 3 141 Fälle zu. Durch einen Suizid beendeten 10 119 Menschen ihr Leben, fast drei Viertel (74 % oder 7504 Verstorbene) davon waren Männer und etwas mehr als ein Viertel (26 % oder 2 615 Verstorbene) waren Frauen. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Suizide um 9,8 % (2021: 9 215 Fälle), allerdings lag der Anteil der Suizide an allen Todesursachen wie schon in den Vorjahren konstant bei etwa 1 %.   [….]

(Statistisches Bundesamt, PM Nr. 441 vom 15.11.2023)

Man kann das so machen. Man kann sich als Gesellschaft darauf einigen, daß einem der kollektive Spaß bei Formel1-Rennen, Oktoberfest, Fußballausschreitungen und Silvesterböllerei wichtiger ist, als Menschenleben. Dann haben eben einige wenige das Pech, ihr Leben für den Spaß der Masse lassen zu müssen.

Aber es wäre wünschenswert, sich ehrlich zu machen und nicht an anderer Stelle – wie bei den Themen Sterbehilfe, §219a, §218, oder Patientenverfügung – pathetisch überhöht, den Schutz menschlichen Lebens als ultima ratio aufzubauschen.

Tatsächlich ist das Leben an sich unschützbar, da wir alle sterben. Allein in Deutschland sterben jedes Jahr knapp eine Million Menschen.

Sterben ist die natürlichste Sache der Welt. Die meisten gezeugten Embryonen killt Gott selbst noch vor der Geburt. Mehr als 80% der befruchteten menschlichen Eizellen sterben schon im Mutterleib.

Das Leben ist eine durch Geschlechtsverkehr übertragene Krankheit, die zu 100% tödlich endet.

Oder wie der Amerikaner sagt:

    „Life sucks – and then you die“

Wir sterben also alle und zwar auf jeden Fall. Wir können lediglich Einfluss auf die Art des Sterbens nehmen.

Der Staat sollte sich nicht lächerlich machen, indem er so tut, als ließe sich das Sterben vermeiden.

Er sollte aber dafür sorgen, seine Bürger selbstbestimmt und unbeeinflusst über ihren eigenen Tod urteilen zu lassen.

Es ist völlig in Ordnung, sich mit einem Kopfschuss selbst zu töten. Aber es ist absolut Tabu, jemand anderen mit einem Kopfschuss zu töten.

Man darf sich zu Tode saufen. Man darf aber nicht volltrunken Auto fahren, weil man unbeteiligte Dritte tötet, die sich nicht totsaufen wollten.

Ein erwachsener mündiger Bürger muss legal Koks und Heroin konsumieren dürfen, weil er über sein eigenes Leben selbstbestimmt entscheiden darf. So wie er auch noch gefährlichere Dinge – Extremsportarten, Bergsteigen, Reiten, Boxen, Fallschirmspringen – praktizieren darf.

Er darf aber keinen Dritten zu solchen Aktivitäten zwingen.

Die Volksvertreter müssen entsprechend sinnvolle Regeln definieren. Wie viel Kollateralschaden menschlichen Lebens ist gesellschaftlich akzeptabel, damit alle noch ihren Spaß haben? Wie viel Aufwand müssen wir als Kollektiv tatsächlich treiben, um frühzeitige Tode zu vermeiden? Dabei plädiere ich dafür, prinzipiell jedes Leben als gleichwertig anzusehen. Konservative differenzieren dabei.

(…..) Ganz offensichtlich sind menschliche Leben gerade Konservativen und Christen kaum etwas wert.

Sonst wären sie nicht diejenigen, die am stärksten für Waffenexporte in Krisengebiete lobbyieren.

Würde man jedes menschliche Leben schützen wollen, hätten wir bundesweit Tempo 30, weil es damit unter Garantie Tausende Verkehrstote weniger gäbe.

Würde man jedes menschliche Leben schützen wollen, hätten wir andere Drogengesetze, die Süchtige nicht mehr zu Beschaffungskriminalität zwingen und sie an gestreckten und gepanschten Suchtmitteln krepieren ließen.

Würde man jedes menschliche Leben schützen wollen, hätten wir längst etwas unternommen, um die über 200 rechtsradikalen Morde zu verhindern.

Würde man jedes menschliche Leben schützen wollen, hätten wir keine Frontex-Pushbacks.

Würde man jedes menschliche Leben schützen wollen, wäre die Bundesmarine im Einsatz, um den Tod der (seit 2014) 27.000 Flüchtlinge im Mittelmeer zu verhindern.

Würde man jedes menschliche Leben schützen wollen, hätten wir keine 400.000-600.000 Infektionen mit dem Krankenhauskeim MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) und 20.000 MRSA-Todesfälle im Jahr in Deutschland. Es ist bloß eine Frage der Hygiene und der Kosten. So konnten die Niederlande MRSA besiegen. In Deutschland ist uns das zu teuer, also nehmen die Damen und Herren Lebensschützer 20.000 vermeidbare Tote achselzuckend hin.

Würde man jedes menschliche Leben schützen wollen, würden wir genug Geld investieren, um den Menschen in Pflegeheimen genug zu trinken zu geben, um nicht an Exsikkose zu sterben.

Diese Liste ließe sich fortsetzen. Es ist offensichtlich; auch das menschliche Leben von deutschen hellhäutigen Christen, ist uns in vielen Fällen vollkommen egal. (….)

(Selbstmord, 04.07.2023)

Offenkundig haben wir als deutsche Gesellschaft einen modus vivendi entwickelt, der eine Menge Tote, die man retten könnte, gern akzeptiert, weil uns der Rettungs-Aufwand zu groß wäre. Das ist im Einzelfall aber gar nicht trivial zu entscheiden. Wir versuchen mit großem Aufwand einen in Seenot geratenen Segler zu retten, setzen hunderte Polizisten ein, um verlorenen gegangene Wanderer aufzuspüren, lassen Hubschrauber aufsteigen, wenn ein Bergsteiger im Hochgebirge abstürzt.

Aber wieviel muss sich eine Gesellschaft die Rettung einzelner kosten lassen, wenn sie sich offenkundig ganz allein für ein großes Risiko entscheiden, indem zum Beispiel unerfahrene Hobbysegler bei schwerer See immer wieder starten. Wenn Extremskifahrer gezielt nach gesperrten supergefährlichen Pisten suchen?

Müsste man nicht für solche selbstverschuldeten Risiken Grenzwerte definieren?

Bei dritten mal starten die DGzRS nicht mehr zur Suche nach derselben Yacht? Wenn ein Klettermaxe schon fünfmal aus einer verschütteten Höhle ausgegraben wurde, lässt man ihn zukünftig dort verrecken?

Offenkundig akzeptieren wir gut 3.000 Straßenverkehrstote und führen nicht deutschlandweit Tempo 30 ein, weil Porsche-Lindis Fahrspaß ein höheres Gut ist.

Aber wenn es 10.000 Tote oder 100.000 Tote auf der Autobahn werden?

Böllern ist nicht beliebt, 60% der Deutschen wollen ein Verbot.


Aber der Spaß der Minderheit und der Reibach, den Lidl und Kaufland beim Verkauf von Kanonenschlägen machen, ist uns als Gesellschaft wichtiger. Wir akzeptieren zum Jahresende zwei oder drei Totgeböllerte und ein Dutzend abgesprengte Finger. Dafür kommt kein Knallerverbot.

Aber wie könnte man eine Grenze definieren? 100 durch Böller-getötete Kinder? 1.000? Ab wann sagen wir Stopp?

NACHTRAG:


 

Samstag, 30. Dezember 2023

Immerhin

 Das ist auch eine dieser Jahresendtraditionen der großen Medienhäuser. Jahresrückblicke, Liste der Toten, Diskussion über die Böllerei und anschließendes Echauffieren über Krawalle in der Silvesternacht.

Und das alle Jahre wieder. Unvermeidlich auch die Jahresenderkenntnis, zu viel zu klagen, es gäbe doch Anlass zum Optimismus. Klar; keine Zeitung möchte mit dem Image des ausschließlichen Überbringers schlechter Nachrichten behaftet sein.

[…] Alles Gute!

Mehr Schwung für die Energiewende. Eine Metropole, die näher zusammenrückt. Neue Chancen für scheinbar unheilbar Kranke. Es gibt genug Gründe, mit ein wenig Hoffnung in das neue Jahr zu blicken. [….] Auch mit dem Jahreswechsel ist wenig Erleichterung verbunden. Das Kämpfen und Sterben in der Ukraine und dem Nahen Osten wird weitergehen, und nur milde gestimmte Politgutachter werden darauf setzen, dass das einst als Fortschrittskoalition angetretene Regierungsbündnis in Berlin noch einen Teil der Erwartungen erfüllt, die es selbst geweckt hat. Trotz allem aber begegnet einem in der Welt keineswegs nur Tristesse und Dunkelheit. Ganz im Gegenteil. […..]

(SZ-Autorinnen und -Autoren, 30.12.2023)

Zu den großartigen Dingen, auf die wir uns freuen können, zählen laut SZ: 26. Juli 2024, dann beginnen die Olympischen Sommerspiele von Paris; der Beginn des Windkraftanlagenbaus sogar in Baden Württemberg, das bisher in 12 Jahren Grüner Regentschaft die erneuerbaren Energien komplett ausgebremst hatte; den friedlichen demokratischen Regierungswechsel in Liberia, Zulassung des Medikaments „Exa-cel“, das auf dem Crispr/Cas-System beruht und die vage Hoffnung auf einen Biden-Wahlsieg im November.

Mit Verlaub, ja, ich glaube auch an enorme Anwendungsmöglichkeiten der Crispr/Cas-Schere, aber bis damit Otto Normalverbraucher maßgeschneiderte Krebs- und Alzheimer-Medikamente bekommen kann, dauert es noch ein paar Jahrzehntchen. Alles andere sind sehr vage Hoffnungen, oder schlicht eine Pest, wie die Olympischen Spiele.

Bei den wirklich monumentalen Menschheitsbedrohungen – Krieg, Pandemie, Rechtsradikalismus, Verschwurbelung der Bevölkerung in Social-Media-Blasen, antidemokratischer Trend hin zu Autokraten, Klimakollaps, Artensterben, Umweltzerstörung, Ausbeutung der Lebensgrundlagen, massive Überbevölkerung, globale soziale Ungerechtigkeit – habe ich nicht nur keine Hoffnung auf Besserung, sondern bin fest von einer kontinuierlichen Verschlimmerung überzeugt. Homo Sapiens ist in der Masse nicht überlebensfähig. Möglicherweise wird man sich in den sehr wohlhabenden Arealen des Planeten – Nordeuropa und Nordamerika – noch ein paar Jahrzehnte gegen das Elend abschotten können und auf Kosten der verarmten Massen, der Erhitzung und der Ressourcenknappheit trotzen können. Die privilegierten Weißen mögen sich noch eine Zeit mit Scheuklappen in ihre Hygge-Welt zurückziehen können. Möglicherweise wird eine Megapandemie oder ein Atomweltkrieg ein früheres Ende unserer Trockennasenaffengattung besiegeln. In 100 Jahren wird aber alles vorbei sein. Wer heute noch Kinder bekommt, muss eine gehörige Portion Ignoranz oder Sadismus mitbringen. Denn ihre Leibesfrüchte werden in apokalyptischen Zeiten leiden müssen. Spätestens zu ihrem 30. Geburtstag werden auch die letzten Enklaven des Reichtums der Verelendung und der Grausamkeit weichen.

Je früher man sich von diesem Planeten verabschiedet, desto besser.

Aber anders als die dicken Wochen/Jahresend-Ausgaben der Zeitungen, will ich mit einer wirklich optimistisch stimmenden Meldung enden.

[….] 131 katholische Kirchen in fünf Jahren geschlossen

Bundesweit sind in den vergangenen fünf Jahren 131 katholische Kirchen geschlossen worden. 126 von diesen wurden auch profaniert, wie die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) mitteilte. Dabei werden die Gebäude dann offiziell entweiht.

Zum Jahresende trifft es nun zum ersten Mal in jüngster Zeit eine Kirche im Erzbistum München und Freising: Am 30. Dezember wird die Ebenhausener Kirche St. Benedikt in Schäftlarn profaniert - mit einem Gottesdient und einer anschließenden Lichterprozession.

Grund sind die Kosten. «Das asbesthaltige Dach und die durchfeuchtete Bausubstanz würden keine 60 Jahre nach Einweihung eine Instandsetzung erfordern, die finanziell nicht leistbar ist», schreibt das Erzbistum. «Die Profanierung von St. Benedikt ist beschlossen und steht bevor.» Was nach der Entweihung mit dem Gebäude geschehen soll, ist nach Angaben eines Bistumssprechers noch unklar.

Für das immer noch vergleichsweise reiche Münchner Erzbistum ist das ein ungewöhnlicher Schritt. St. Benedikt ist den Angaben zufolge die erste Kirche in jüngerer Zeit, die ohne Ersatzbau profaniert.   [….]

(dpa, 25.12.2023)

Hallelujah!

Wenn ich zu meinen Lebenszeiten die weitere politische Marginalisierung der misogynen homophoben antidemokratischen Kinderfi**ersekte noch weitererleben darf, bin ich schon zufrieden.

Freitag, 29. Dezember 2023

Heil Putin!

Mit seinem sicheren Gespür für den Griff ins Klo, hatte Wolfgang Schäuble den jugendlichen Rechtsaußen-Raffzahn Jens Spahn (AfD) im Jahr 2015 zu seinem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen ernannt. 

Expertise für das Thema hatte Spahn genauso wenig, wie sein Chef, aber sie hassten immerhin gemeinsam Ausländer, wie die Pest. So etwas verbindet ja schließlich.

Aus Jens Spahns Zeit in der Leitung des Finanzministeriums ist genau, wie aus den folgenden vier Jahren als Bundesgesundheitsminister; nicht eine einzige sinnvolle politische Tat bekannt. Dafür wirtschaftete er fleißig in die eigene Tasche, schuf sich ein privates millionenschweres Immobilien-Portfolio und frönte kontinuierlich seiner großen Leidenschaft – der xenophoben Hetze.

 […..] Sachsens Ministerpräsident Kretschmer will weder die Ukraine unterstützen noch Flüchtlinge aufnehmen. Das passt nicht zusammen. Ohnehin ist auffallend, was Kretschmer in seinen öffentlichen Äußerungen unterschlägt.

Bei seinem Wettlauf gegen die AfD hat sich der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer selbst rechts überholt. Die Zahl der Flüchtlinge sei zu hoch, twitterte er am Pfingstmontag. Sein Parteifreund Jens Spahn, Vizechef der Unionsfraktion, sprang ihm bei: "Unser Herz ist weit, aber die Möglichkeiten sind begrenzt - und im ganzen Land überlastet."  […..] Interessant ist, worüber Kretschmer nicht spricht. In seinem Interview ist von der Ukraine nicht mal beiläufig die Rede - dabei geht die Überlastung der Kommunen zu 80 Prozent auf Putins Angriffskrieg auf die Ukraine zurück, so der Migrationsexperte Gerald Knaus. Will Kretschmer die Ukrainerinnen und ihre Kinder zurückschicken, damit sie dem russischen Raketen- und Drohnenterror ausgeliefert sind?

"Die wichtigste Bekämpfung von Fluchtursachen ist, was Verteidigungsminister Boris Pistorius macht", sagt Knaus auch: "die Unterstützung der Ukraine". Genau die lehnt Kretschmer aber - auch das ist Teil seines Wettlaufs mit der AfD - ab.  […..]

(Hubertus Volmer, ntv, 30.05.2023)

[….] Spahn polarisiert mit Migrations-Vorstoß […..] […..] Spahn hatte in der „Bild am Sonntag“ deutlich gemacht, dass dies schon an der EU-Außengrenze geschehen müsse. Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann sagte dazu der „Welt“, nationale Abschottung und ungeregelte Verhältnisse an den EU-Außengrenzen seien keine Alternative. Für die Innenpolitikerin Lamya Kaddor von den Grünen „kann es keine Lösung sein, Menschenrechte auszusetzen, um Migration zu begrenzen“, wie sie der „Welt“ sagte. Spahn hatte dafür plädiert, in Europa 300.000 bis 500.000 Flüchtlinge im Jahr aufzunehmen und zu verteilen. Auswählen sollte die Menschen das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen UNHCR. „Deutschland braucht eine Pause von dieser völlig ungesteuerten Asyl-Migration“, hatte er erklärt. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr wurden laut UNHCR weltweit von Januar bis November 100.000 Menschen über solche Kontingente in anderen Ländern aufgenommen. Im Jahr davor waren es 63.190. […..]  Hinzu kommen seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 ungefähr eine Million Menschen aus diesem Land. […..] Die Co-Vorsitzende der Linken, Janine Wissler, nannte Spahns Äußerungen „rechtspopulistisches Geschwätz“. Sie sagte im Sender Welt TV: „Wenn Krieg, Elend und Vernichtung auf dieser Welt keine Pause machen, dann kann auch die humanitäre Aufnahme von Menschen keine Pause machen.“ Zudem gebe es gar keine unbegrenzte Migration. [….]

(MMerkur, 22.08.2023)

[….] Jens Spahn hatte eine Idee: Geflüchtete, die irregulär in die EU eingereist sind, will er „binnen 48 Stunden“ nach Ruanda oder Ghana abtransportieren. Die Menschen würden dann nicht in deutschen Unterkünften leben, bis es zum Asylverfahren kommt – sondern in einem sogenannten Drittstaat. Ziel: Geflüchtete sollen abgeschreckt werden, sich überhaupt auf den Weg nach Deutschland zu machen. „Wenn wir das vier, sechs, acht Wochen lang konsequent durchziehen, dann werden die Zahlen dramatisch zurückgehen“, sagte der CDU-Co-Chef in einem Interview. Ist das denn wirklich so einfach? Nein, sagen Expertinnen und Experten und kritisieren Spahn scharf.  [….]

(Peter Sieben, FR, 20.12.2023)

Wie Spahn, attackieren auch seine rechtslastigen Parteifreunde der FTZNFRTZ-Fraktion neben ihren üblichen Verdächtigen – Dunkelhäutigen, Muslimen, Armen – zunehmend Ukrainer. Während sie sich gleichzeitig, wie Kretschmer, bei Putin anbiedern und zunehmend gegen Ukrainer sticheln.

[….] Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm, hat sich dafür ausgesprochen, die Zahlung von Bürgergeld an neu angekommene Flüchtlinge aus der Ukraine zu beenden.  «Dass die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine alle sofort Bürgergeld erhalten, war damals, als es beschlossen wurde, von allen Beteiligten gut gemeint gewesen», sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete der Deutschen Presse-Agentur. Die Entscheidung habe sich aber, was die Bereitschaft zur Aufnahme einer Arbeit anbelangt, als kontraproduktiv erwiesen.   […..]

(ZEIT, 02.12.2023)


[…] Falsche Friedensengel spielen Putin in die Hände […..] Kretschmers Vorschlag, die Ukraine könne „vorübergehend“ auf Gebiete verzichten, sorgt für Wut in Kiew – und für Freude in Moskau.

Was Michael Kretschmer genau sagen wollte, weiß vielleicht nicht einmal der sächsische Ministerpräsident selbst. Erneut hat der CDU-Politiker sich zu Russlands Krieg gegen die Ukraine geäußert – und erneut eine klare und eindeutige Positionierung gegen einen Sieg des Kremls vermissen lassen.  Anders kann man den „vorübergehenden Gebietsverzicht“, den Kretschmer den Ukrainern nun nahe gelegt hat, jedenfalls kaum nennen. Kurz darauf behauptete Kretschmer dann, dass kein Teil der Ukraine russisch geworden sei und dann auch nicht werde. Das klingt zwar toll, ist aber Quatsch.

Im Wochentakt kommen Forderungen nach den „Verhandlungen“, die Putin gar nicht will. Würde die Ukraine den Kampf um ihre besetzten Gebiete aufgeben – oder aufgeben müssen, weil sie von westlichen Politikern dazu genötigt wird – hätte Russland gewonnen und sich erfolgreich vergrößert, wie ein Blick auf die seit 2014 annektierte Halbinsel Krim zeigt.   [….]

(David Schmitz, KSTA, 29.12.2023)

Die CDU strebt gen Putin-Rektum. Wie die US-Republikaner.

[….] Thüringens CDU-Chef Mario Voigt hat gefordert, neu ankommenden Geflüchteten aus der Ukraine kein Bürgergeld mehr auszuzahlen und bei allen ausländischen Bürgergeld-Beziehern die Finanzsituation genau zu prüfen. „Für neu aus der Ukraine ankommende Menschen muss die Praxis des sogenannten Rechtskreiswechsels aufgehoben werden“, sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). [….]

(MMerkur, 04.12.2023)

[….] CDU bringt Aussetzung des Bürgergelds ins Spiel

Die CDU schlägt Anreize oder gar Sanktionen vor, um Ukrainer zum Kriegsdienst zu überzeugen. »In Deutschland leben rund 200.000 ukrainische Männer im wehrfähigen Alter, die in der Ukraine bei der Unterstützung des Landes im Verteidigungskampf fehlen«, sagt CDU-Verteidigungsexperte Kiesewetter dem SPIEGEL.  [….]

(SPON, 21.12.2023)

[…..] Der stellvertretende Unionsfraktions-Vorsitzende im Bundestag, Wadephul, hat gefordert, den Wehrdienst-Appell des ukrainischen Verteidigungsministers in Deutschland zu unterstützen. [….]

(Deutschlandfunk, 22.12.2023)

Mit ihrem immer stärkeren Widerwillen, den Ukrainern gegen Putin zu helfen, stellt sich die Merz-Union auch in dieser causa hinter die US-Republikaner, die ihrerseits alles tun, um Putin zu helfen.

[…..] Die US-Regierung hat das vorerst letzte Hilfspaket für die Ukraine bereitgestellt. Sein Inhalt zeigt schon, was im Krieg gegen Russland derzeit die größten Probleme sind: Geliefert wird vor allem Munition für Artillerie und Raketenwerfer, die dringend an der Front benötigt wird. Schon jetzt kann die ukrainische Armee nur einen Bruchteil des Beschusses erwidern, mit dem die russischen Invasoren sie beharken. […..] Washington ist mit Abstand der größte Unterstützer Kiews. Wann die Ukraine mit weiterer Hilfe aus den USA rechnen kann, wird nun aber die große Frage sein. Denn die Republikaner im US-Kongress versuchen, Präsident Joe Biden mit der Blockade weiterer Hilfspakete zu einer Verschärfung des amerikanischen Asylrechts zu zwingen. Damit helfen sie aber vor allem den russischen Angreifern, die nun davon ausgehen können, dass die Munition auf ukrainischer Seite bald noch knapper wird, als sie es ohnehin schon ist. […..] Das Zögern und die Schläfrigkeit der Europäer kostet aber am Ende in der Ukraine Menschen das Leben - und gefährdet auch unsere eigene Sicherheit.   […..]

(Nicolas Freund, SZ, 28.12.2023)

Nicht zuletzt Merzens Haushaltsklage behindert zur Unzeit die deutschen Hilfsleistungen an Kiew.

Wie die CDUCSU auf EU-Ebene; Manfred Weber leistete aktive Wahlhilfe für die Faschistin Meloni, von der Leyen verschont PiS und Fidesz; legt auch die nationale CDUCSU die Axt an den demokratischen und den europäischen Gedanken, biedert sich bei ganz rechten Autokraten an.

[…..] Die massiven russischen Angriffe vom Freitag zeigen, dass Wladimir Putin keine Skrupel im Umgang mit seinem angeblichen Brudervolk kennt.

Nur selten schrecken Beobachter noch auf, denn die russischen Angriffe auf die Ukraine sind ja fast schon zur Routine geworden. Wenn auch zu einer traurigen. So etwa am Freitag, als Wladimir Putin gleich 158 Raketen, Marschflugkörper und mit Bomben bestückte Drohnen auf die Ukraine abfeuern ließ. Die Angriffe waren nach ukrainischen Angaben die umfangreichsten seit Beginn des russischen Überfalls am 24. Februar 2022. Die Verteidiger haben offenbar 114 von 158 Raketen und Drohnen abgeschossen. Doch westliche Luftabwehrsysteme können weder heute noch auf absehbare Zeit das ganze Land schützen. Entlarvend war ein Eingeständnis des ukrainischen Luftwaffensprechers: Demnach wurde von mehr als 300 mit vierfacher Schallgeschwindigkeit fliegenden russischen X-22-Marschflugkörpern bisher nicht einer abgeschossen. […..] Der Angriff vom Freitagmorgen zeigt einmal mehr, mit welcher Brutalität und Verachtung für das angebliche Brudervolk Putin seinen Krieg fortführt. Und darum sind alle Anstrengungen gerechtfertigt und notwendig, den zum blutrünstigen Diktator abgesunkenen Kremlherrn daran zu hindern, sein Ziel zu erreichen.  […..]

(Florian Hassel, SZ, 29.12.2023)


 

Erinnerungskultur.

 Nach der Zeitungslektüre von heute, muss ich den gestrigen Schäuble-Faden noch einmal aufnehmen. Sicher, wenn ein Mensch nach einem langen öffentlichen Leben stirbt, kann man in der ersten Retrospektive Milde walten lassen und muss nicht ausgerechnet dessen schlimmste Seite überbetonen.

Aber gibt es nicht Grenzen? Müssen auch die Grünen und die Linken, wie zB Baerbock und Pau, Schäuble-Lobhudelei-Verklärungen auf Instagram und X absetzen? Es waren schließlich keine Petitessen, die Wolfgang Schäuble in seinen fünf Dekaden politischer Destruktivität anrichtete. Damit meine ich nicht nur, daß er der größte Förderer der rechtsradikalen Hetzer Merz, Spahn und Amthor war, die nun ihrerseits wie Mühlsteine der Finsternis an Deutschlands Hals hängen.

Bei toten alten frommen Erzkonservativen fällt die Verklärung drastisch aus.

Der Rollstuhl half.

[…..] Schäuble aber räumte selbst einmal ein, dass ihm das Image des Politikers, der einen schweren Schicksalsschlag erlebt und überlebt hat, womöglich sogar nützte. Seine berühmte Rede vor dem Bundestag 1991, wo er für Berlin als künftige Hauptstadt plädierte, sei vielleicht auch deswegen so gut angekommen, weil er damals „im Rollstuhl noch viel erbarmungswürdiger“ ausgesehen habe als heute, sagte er mal in einem Fernseh­interview. Diesem blassen, schmalen Mann im Rollstuhl traute man nichts Unedles zu, er wirkte visionärer als die Bonn-Verfechter, die an Pendlerstress und Umzugskosten durch eine mögliche Verlagerung der Hauptstadt dachten. […..]

(Barbara Dribbusch, 28.12.2023)

Ähnliches Schönreden haben wir in Deutschland beim Tod des Kinderf*cker-Förderers Karl Kardinal Lehmann erlebt, der von links bis rechts in den höchsten Tönen gelobt wurde.  Offensichtlich sieht es die veröffentlichte Meinung immer noch als lässliche Sünde an Priester auf kleine Jungs zu hetzen, die diese vergewaltigen und dann anschließend die Täter nicht nur vor Strafverfolgung zu schützen, sondern ihnen neue Opfer zuzuführen.

(….) Sicherlich war Lehmann im deutschen Episkopat netter und freundlicher als die meisten anderen.  Aber bevor man ihn über den grünen Klee lobt, sollte man doch auch die Fakten berücksichtigen. Die sind aber eindeutig: Lehmann war ein Top-Lobbyist einer zutiefst antihumanen und raffgierigen Organisation.

[….] Kardinal Lehmann wettert erneut gegen Homo-"Propaganda"[….]

Nach Auffassung des 77-Jährigen muss es möglich sein, dass Lesben und Schwule verantwortlich in Einrichtungen der katholischen Kirche tätig sind – allerdings nur unter einer Voraussetzung: "Wenn sie mit ihrer Homosexualität nicht öffentlich Propaganda machen", so der Kardinal. Ist ein Coming-out schon "Propaganda"?

Ein Fortschritt? Wohl kaum. Die Aussage Lehmanns gibt nichts anderes als den Status quo wider. Versteckt lebende Schwule und Lesben bleiben schon jetzt in kirchlichen Einrichtungen weitgehend unbehelligt. Wagen sie es jedoch, sich etwa zu verpartnern, wird selbst die Putzfrau in einem Krankenhaus oder eine Erzieherin in einem Kindergarten entlassen. [….]

(Micha Schulze, 06.10.2013)

[….] Kardinal Lehmann sieht Parallelen von 800 Babyleichen und deutschen Kliniken

Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann sieht in dem Massengrab im irischen Tuam mit fast 800 Babyleichen Parallelen zur Praxis in deutschen Kliniken. Er kenne „den abschätzigen Umgang mit ungeborenem Leben nach dem Tod“ aus Gesprächen mit Krankenschwestern, die entgegen aller gesetzlichen Bestimmungen zur Assistenz bei Abtreibungen bereit sein mussten, schreibt der Mainzer Bischof in einem Beitrag für das Magazin „Cicero“ (Juliausgabe). „Wer redet bei uns über solche Unmenschlichkeiten? Ich denke etwa an die Behälter mit abgetriebenen Föten für die kosmetische Industrie.“ [...]

(Radio Vatican, Juni 2014)

Frau Nahles, ich wünsche mir eine Parteivorsitzende, die so einen Mann nicht überschwänglich lobt. (….)

(Der Schmerzensmann und die SPD-Katholibanin, 11.03.2018)

In der seit gestern aufwallen posthumen Schäuble-Manie findet man fast keine anderen Stimmen; es scheint als sei die veröffentlichte Meinung gleichgeschaltet. Es gibt ein beherrschendes homogenes Narrativ vom intelligenten, integren Europäer.

Eine der wenigen Ausnahmen ist die, wie immer großartige, Ulrike Herrmann.

[…..] Trotzdem war es ausgerechnet Schäuble, der Europa fast zerstört hätte – durch seine engstirnige Sparpolitik in der Eurokrise. Sie hat einen Schaden von Hunderten Milliarden Euro hinterlassen und zugleich die AfD gestärkt. Schäuble war von 2009 bis 2017 CDU-Finanzminister. Kaum hatte er sein neues Amt angetreten, fiel im Frühjahr 2010 auf, dass die drei Eurostaaten Griechenland, Portugal und Irland völlig überschuldet waren. […..]  Schäuble übertrieb es mit seiner Besserwisserei. Im Süden Europas, inklusive Frankreichs, wurde er dadurch zum Inbegriff des arroganten Deutschen.

Schäuble war Jurist und mit ökonomischen Problemen überfordert. In der Eurokrise agierte er nach dem Motto: Wer Schulden hat, ist schuld. Also war für ihn klar, dass Griechen, Portugiesen, Spanier und Italiener für ihre Kreditberge bestraft und zur Sparsamkeit gezwungen werden mussten. Doch die permanente Kürzungsorgie brachte nichts: Da die Wirtschaft in den Krisenländern einbrach, wurden die Schulden noch größer und nicht etwa kleiner. Vor allem Griechenland erlebte einen beispiellosen Absturz, sodass am Ende etwa 25 Prozent der Erwerbsfähigen arbeitslos waren. Im Januar 2015 kam dann die linkspopulistische Syriza an die Macht, weil sie versprochen hatte, den harten Sparkurs zu beenden. Neuer Finanzminister wurde Yanis Varoufakis, der sich an keinerlei diplomatische Konventionen hielt. Unter anderem schnitt Varoufakis heimlich Sitzungen mit, und diese Aufnahmen belegen eindeutig, dass die heutige EZB-Chefin (damals Direktorin des Internationalen Währungsfonds) Christine Lagarde und Schäuble genau wussten, dass die Sparprogramme für Griechenland ein Desaster sind. So räumte Lagarde beim ersten Treffen mit Varoufakis ein: „Sie haben recht. Die Vorgaben können nicht funktionieren. Aber Sie müssen verstehen, dass wir zu viel in dieses Programm investiert haben. Wir können es nicht aufgeben.“ Auch Schäuble sagte ganz offen, dass das Sparprogramm „schlecht“ für Griechenland sei. „Es ist nicht gut fürs Wachstum.“ Aber Schäuble hatte längst andere Pläne. Er wollte die Griechen dazu bringen, vorübergehend die Eurozone zu verlassen. „Sie müssen es nicht als einen Grexit sehen“, erklärte er Varoufakis. „Betrachten Sie es als eine Pause.“ […..]  Schäuble stellte sich den Euro also wie die Drehtür eines Kaufhauses vor: Man tritt ein, wieder aus, und irgendwann wieder ein. Doch so funktioniert die Gemeinschaftswährung nicht. Wären die Griechen zur Drachme zurückgekehrt, und sei es für kurze Zeit, wären sie sofort zum Spielball der Finanzmärkte geworden. Die Spekulanten hätten gegen die Drachme gewettet, sodass ihr Kurs ins Bodenlose gefallen wäre. […..]  Zum Glück kam es nicht zum „Grexit“, aber Schäubles Drohung reichte völlig, um europaweit Chaos zu stiften und Milliardenschäden zu hinterlassen. Sobald es nämlich denkbar wurde, dass ein Land die Eurozone verlassen könnte, begannen sich die Anleger zu fragen, ob noch andere Eurostaaten gefährdet sein könnten. Also begannen sie, ihre Papiere aus Italien, Spanien und sogar Frankreich abzustoßen, was wiederum die Zinsen für diese Länder in die Höhe trieb. […..] Doch Schäuble blieb stur. Dabei war seine Position unlogisch: Er war gern Finanzminister eines „Exportweltmeisters“, aber ein Überschuss im Außenhandel ist nur möglich, wenn anderswo ein Defizit existiert. Deutschland lebte davon, dass andere Länder Schulden machten, aber genau diese Schulden wollte Schäuble bestrafen.

 Internationale Ökonomen waren entsetzt, wie ahnungslos Schäuble in seinem Grexit-Wahn agierte. Der US-Ökonom und Nobelpreisträger Paul Krugman urteilte damals: „Schäuble lebt in einem Paralleluniversum. Niemand glaubt diesen Unsinn in den internationalen Organisationen.“ Da Schäuble die Eurokrise unablässig verschärfte, drängte sich bei vielen Deutschen der Eindruck auf, dass der Euro nicht funktionierte – was Gratiswerbung für die AfD war. 2013 wurde sie als Anti-Euro-Partei gegründet und zog 2017 erstmals mit 12,6 Prozent der Stimmen in den Bundestag ein. […..] Schäuble war beliebt bei den Deutschen, aber er hat dem Land und Europa schwer geschadet. […..]

(Ulrike Herrmann, 28.12.2023)

Die Bereitschaft, einen Ultrakonservativen wie Schäuble sofort schönzufärben und als edlen Mann umzuetikettieren, macht es noch einmal verständlicher, wie Deutsche mit politischen Verbrechern in der eigenen Familie, im Freundeskreis verfahren konnten. Wenn man schon einen Fremden, den man nicht persönlich kennt, trotz seiner Missetaten, so grundlos und enthusiastisch verehrt, funktioniert das bei denjenigen, zu denen man persönliche, emotionale Bindungen hat, erst Recht.

Wehrmachtssoldaten, Kinder-fi**ende Pfaffen, Nazis, Stasi-Offiziere, SED-Kader, NSDAP-Funktionäre, KZ-Aufseherinnen, SS-Truppen, Nazi-Richter, Gestapo-Beamte.

Alles nette Menschen.



Donnerstag, 28. Dezember 2023

Erlöst

Der unter paranoid-halluzinatorischer Schizophrenie leidende Attentäter Dieter Kaufmann, war natürlich schuldunfähig, als er am 12. Oktober 1990 mit Papas Revolver auf Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und seinen Personenschützer Klaus-Dieter Michalsky, der sich schützend vor Schäuble warf, feuerte.

Man muss das so deutlich sagen, weil Schäuble, im Gegensatz zum im selben Jahr fast tödlich von Adelheit Streidl verletzten Oskar Lafontaine, durch die Querschnittslähmung immer als Attentatsüberlebender sichtbar war.

Natürlich wünscht man niemanden, auch keinen völkisch-rechten äußerst unangenehmen Ex-Bundesfinanzministern wie Schäuble und Lafontaine, einen solchen Anschlag. Schäuble selbst sprach darüber recht unverblümt bis kokettierend, indem er beispielsweise sagte „ich bin ein Krüppel“. Wie er das in Wahrheit psychisch „bewältigte“, weiß ich nicht.

Politisch half es ihm aber enorm, im Rollstuhl zu sitzen, weil er dadurch stets eine Mischung aus Mitleid und Bewunderung für seine Tapferkeit erfuhr, die ihn nahezu immun dagegen machte, für seine Lügen und schweren politischen Fehlleistungen verantwortlich gemacht zu werden. Das hielt 33 Jahre an und wurde auch heute, am Tag nach seinem Tod, von den Wichtigen pawlowsch abgespult.

[…..] Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) schreibt in einer Erklärung: "Ich trauere um einen Politiker, der unser Land in vielfältiger Weise geprägt hat." […..] Sie habe seine Disziplin bewundert, "auch sich selbst gegenüber, die er trotz und mit seiner Querschnittlähmung nach einem Attentat aufbrachte".   […..]

(SZ, 27.12.2023)

Ausgerechnet Schäuble, der so viel und so ausdauernd log, wie in der deutschen jüngeren Vergangenheit nur Ursula von der Leyen, wurde vom Volk hartnäckig für einen ehrlichen und integren Typen gehalten.

Wäre er nie verletzt worden und ein normaler Ex-CDU-Minister, hätte er in der Merkel-Ära nie mehr ein Amt bekommen und schon gar nicht das des Finanzministers. Ausgerechnet.

(….) Der gegenwärtig wieder beliebteste Politiker überhaupt heißt Wolfgang Schäuble. Der Mann also, der Jahrzehnte als rechte Hand Kohls agierte, den am 2. Juli 1990 abgeschlossenen Einigungsvertrag zur Auflösung der DDR verhandelte.

Der Vertrag, der durch die unsägliche Treuhand die ostdeutsche Wirtschaft zu 99% in den Besitz Westdeutscher brachte und auf sonderbare Weise dafür sorgte, daß der Stasi-Oberst und sagenumwobene DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski (1932-2015) im Gegensatz zu so vielen kleinen Lichtern nicht einen Tag ins Gefängnis mußte und stattdessen in Saus und Braus in einer Villa am Tegernsee seinen Lebensabend verbringen durfte.

Schäuble ist auch derjenige, der in sagenhafter Dreistigkeit die Öffentlichkeit und auch direkt vom Rednerpult aus das Parlament belog.

 

[1999] erklärte Wolfgang Schäuble vor dem Bundestag, er habe nie Geld von dem Waffenlobbyisten Karl-Heinz Schreiber bekommen. Nach langer und intensiver Arbeit im Untersuchungsausschuss kommt dann aber ans Licht, dass er vor dem Parlament gelogen hat und sehr wohl Geld angenommen hat.

Wolfgang Schäuble musste nach dieser Geschichte zurücktreten. Heute ist er wieder da - als Finanzminister aller Deutschen. Kann man so einem Mann eigentlich noch Geld anvertrauen?

[1999] gab Christian Ströbele den entscheidenden Anlaß, dass Wolfgang Schäuble als Bundesinnenminister zurücktreten mußte, weil er auf Christians Vorhalt hin öffentlich geleugnet hatte, von dem zwielichtigen Karl-Heinz Schreiber für die CDU eine Barspende im Koffer angenommen zu haben. Und diese Lüge holte ihn bei seiner Kür zum Finanzminister nun nochmals ein.

(Christian Ströbele online)        

 

Schäuble sitzt seit 43 Jahren ununterbrochen im Bundestag.

Er ist bei seinen Mitarbeitern extrem unbeliebt, weil er menschlich unanständig ist und gerne andere schlecht aussehen lässt, um selbst in besserem Licht zu erscheinen. Unvergessen wie Schäuble im Jahr 2010 mit offen zur Schau getragenem Sadismus seinen Sprecher Michael Offer so sehr demütigte, daß dieser anschließend zurücktreten mußte.

 

Schäubles Verhalten hatte für Empörung bei Politikerkollegen gesorgt. Die Opposition warf dem Minister einen schlechten Stil vor. "So, wie sich Minister Schäuble aufgeführt hat, geht man mit Schutzbefohlenen nicht um", sagte Carsten Schneider, der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. "Es offenbart einen schlechten Stil, Mitarbeiter derart bloßzustellen." Der Finanzminister zeige damit, "wie frustriert er ist - und dies trotz guter Zahlen".

Auch Koalitionspolitiker echauffierten sich über das Verhalten Schäubles. Der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki hatte über das öffentliche Auftreten Schäubles gesagt: "Der Mann steht unter Drogen."

(SPON 09.11.2010)

 

Immer wieder wird er bei Lügen ertappt, aber als Polit-Oldie beruft er sich im Zweifelsfall auf Gedächtnislücken. So ist der Deutschen liebster Politiker – bis heute zeigt er keinerlei Scham dabei die Öffentlichkeit hinters Licht zu führen.

Das einzige, das Schäuble nicht tut, ist sein eigentlicher Job.

Die Aufgaben eines deutschen Finanzministers in einer GroKo mit gewaltigen Mehrheiten im Rücken, läßt er demonstrativ liegen. Auch hier sprudeln die Steuereinnahmen und der Schuldendeinst wird aufgrund der Nano-Zinsen unverdienterweise in den nächsten Jahren um 100 Milliarden Euro billiger als eingeplant.

Deutschlands Finanzschwierigkeiten liegen eher im System.

Die Milliarden kommen dort an, wo sie nicht verloren haben, fehlen bei den Bedürftigen und versickern in einem gewaltigen Steuergesetzgebungschaos.

Es gäbe keine bessere Gelegenheit diese Absurditäten endlich mal anzupacken.

Herr Schäuble hätte es dabei unendlich viel leichter als Kollege Varoufakis.

Seine Kassen sind voll und er hat eine überwältigende 80%-Parlamentsmehrheit im Rücken.

Dennoch tut Schäuble nichts, weil er offensichtlich zu faul oder zu feige ist.

Merkel und Schäuble machen sich beide vor den Lobbyisten in die Hose.

Da werden auch zu groteske Schwachsinnigkeiten nicht angefasst.

Schäuble ist ein fauler Arbeitsverweigerer, der einfachste Reformen zu Hause schon seit vielen Jahren aussitzt, während er aber umso rabiater von anderen – also zum Beispiel den Griechen – fordert endlich ihre Hausaufgaben zu machen.

Schon vor fünf Jahren (sic!) hatte ich eben diesen Sachverhalt kritisiert. Damals saß die Merkel-Westerwelle-Regierung auf einer großen Mehrheit, die sie lediglich dazu nutzte, das Mehrwertsteuerchaos noch zu vergrößern. Die nächsten fünf Jahre hat Schäuble aber kontinuierlich weiter durchgeschlafen. Dringend notwendige Reformen verschiebt der Minister oder sagt sie ganz ab.
Die Berechnung der Mehrwertsteuer, dieser Irrsinn im Quadrat, bleibt bestehen.


Offenbar fürchtet Schäuble, der zurzeit im Krankenhaus liegt, massive Widerstände gegen die Steuerpläne.
Der Regierung liegt ein Gutachten vor, wonach der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent allein für Lebensmittel gerechtfertigt sei. Die Vergünstigung beispielsweise für Schnittblumen, zahntechnische Leistungen oder Zeitungen seien dagegen steuerlich nicht zu begründen. Die Gutachter empfehlen, für diese Güter den vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent zu berechnen. Der Finanzminister will dieser Empfehlung nicht folgen. In der Koalition wird Schäubles Weigerung mit Verwunderung aufgenommen, da sich der Finanzminister die Gelegenheit entgehen lasse, die Staatskasse zu füllen.
Die Regierung vertagte eine Entscheidung in dieser Frage immer wieder. Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, dass eine Kommission den Katalog der ermäßigten Steuersätze überprüfen soll.
(Stuttgarter Zeitung 05.10.10)


Nun bleibt es bei dem Schilda-artigem Dickicht.
7% für Hotelübernachtungen, Windeln 19%, Rennpferde 7%, Apfelsaft 19 Prozent, aber Äpfel 7%. Aufgebrühter Kaffee 19 Prozent. Auf Kaffeebohnen, Haustauben, Bienen und Chicoree, Speisesalz (aber nicht in wäßriger Lösung!) gibt es 7 %.
Die schwarz-gelbe Steuersenkungskoalition hat in ihrem ersten Gesetz das Chaos noch vergrößert - wider alle Vernunft.
Inzwischen blickt keiner mehr durch und die Merkel-Regierung mit ihrer dicken Bundestagsmehrheit legt tatenlos die Hände in den Schoß.
Schäuble fällt aus und sagt Vereinfachungen ab.
  (….)

(Wen der Urnenpöbel liebt – Teil II, 29.12.2015)

Wie extrem Schäuble als Finanzminister zu Zeiten der vollen Kassen Deutschland schadete, indem er alle Reformen verweigerte, um seinem Schwarze-Null-Fetisch zu frönen, weiß man heute nur zu gut. Deutschland zerfällt, ist Europa-weit abgehängt, hockt auf einem nicht mehr einzuholenden Investitionsstau.

Schlimmer noch; Schäubles Schwäbische Hausfrau-Irrelehren wurden Teil des Mainstreams und sind inzwischen beim Urnenpöbel so beliebt, daß keine Regierung mehr das Richtige tun kann.

Schlimmer noch, Schäubles falsche, destruktive und gnadenlose Austeritätspolitik gegenüber Südeuropa, legte die Axt an den europäischen Gedanken. Maßgeblich von Schäuble beeinflusst, wurde Brüssel so unbeliebt, daß in allen 27 Mitgliedsstaaten antieuropäische Parteien stark wurden, die dem Brexit nacheifern.

(….) Schäuble drückt seine Austeritätspolitik durch, ohne daß es irgendwelche Belege dafür gäbe, daß es jemals in der Geschichte der Menschheit funktioniert hätte eine bankrotte Wirtschaft durch radikales Sparen und Abwürgen jedes Konjunkturimpulses mitten in der Krise wieder in Gang zu bringen.

Ich wiederhole es immer wieder:

Auch Deutschland steht heute so gut da, weil die Bundesregierung im Krisenjahr 2008 durch den SPD-Finanzminister Steinbrück genau das diametrale Gegenteil dessen tat, was man heute von Athen verlangt:

Es wurden massive Konjunkturprogramme aufgelegt, zig Milliarden Euro geliehen, um die stotternde Nachfrage wieder anzukurbeln. Merkel und Steinbrück fluteten die heimische Wirtschaft geradezu mit Geld – Beispiel Abwrackprämie.

Das was damals offensichtlich funktionierte, will man nun gerade NICHT für Griechenland, sondern setzt auf ein Rezept, das noch nie funktionierte, das Millionen in Armut treibt, Tausende Kinder hungern läßt. Ausgerechnet Merkel, die Frau mit dem vollen Hosenanzug, die ihren Wählern nicht die allergeringste Änderung zumuten mag, verlangt von den Griechen noch viel radikaler zu kürzen. Man stelle sich vor, was in Deutschland los wäre, wenn hier die Renten um 50% gekürzt würden und die Wähler daraufhin Obdach und Krankenversicherung verlören.

Ich wage sehr zu bezweifeln, daß sie bei der nächsten Wahl wieder CDU wählen würden, damit die noch grausamer spart. Und nun, Potzblitz, Überraschung, haben die griechischen Wähler gesagt: ES REICHT. Sie wollen endlich eine andere Politik. Eine Politik, die nicht fremdbestimmt ist und offensichtlich seit Jahren die Lage immer nur verschlimmert. (….)

(Der schöne Mann – Teil II, 16.02.2015)

Schäubles historisches Versagen kann gar nicht scharf genug verurteilt werden.

(….) In der Tat sitzt Griechenland deswegen mehr denn je in der Patsche, da es insbesondere von den Deutschen aufgezwungen jeden Cent an die ausländischen Gläubiger zahlen muß und für die eigene Wirtschaft keinerlei Impulse mehr setzen kann. […] […] Es gibt Solidarität in Europa.

Man könnte zusammenhalten und die Gemeinsamkeiten betonen.

Deutschland stört.

[…] […] Schäuble gibt den Imperator

[….] Griechenland knickt ein - und Deutschland sagt immer noch Nein. Mit der prompten Antwort auf den Athener Antrag übernimmt das Bundesfinanzministerium die Rolle des Bösewichts in der Euro-Gruppe. Es scheint, als sei ein Bruch der Währungsunion gewollt.

[….] […] Doch Schäuble hat den Niederländer, der bisher als sein Adlatus wahrgenommen wurde und ohnehin mit dem Job riskiert, als tragische Figur in die Geschichte Europas einzugehen, demontiert. Wenn Berlin den Athener Brief für indiskutabel hält, wozu sollen sich die Finanzminister noch treffen? [….]

(Arvid Kaiser, ManagerMagazin 19.02.2015)

 

Man versteht nicht, daß die deutsche Öffentlichkeit nicht versteht, daß die Griechen nicht verstehen, wieso diese gewaltigen Milliardensummen, die ihnen angeblich helfen sollen doch zu fast 80% direkt an den Finanzsektor abfließen – also unter anderem DEUTSCHEN BANKEN zu gewaltigen Gewinnen verhelfen.

 

Mindestens 77,12% der Programmmittel flossen direkt (über Bankenrekapitalisierung) oder indirekt (über Staatsanleihen) an den Finanzsektor.

(Fazit einer ausführlichen attac-Dokumentation 2013)

 

Schäuble schiebt das Geld nach wie vor den raffgierigen Banken, die die Krise verursacht haben, in den Rachen und beklagt sich, wenn sich die Griechen beklagen. […] Auch der lammfromme Sigmar Gabriel ärgert sich vernehmlich über das halsstarrige Agieren des Juristen Schäuble, der im Gegensatz zu dem renommierten Ökonomie-Professor Varoufakis über keinerlei Fachkenntnis in der Materie verfügt.

 

[…] Deutschland sagt „Nein“! Aber nicht alle sind damit einverstanden. Denn nachdem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine Verlängerung der Finanzhilfen für Griechenland abgelehnt hat, gibt es Kritik aus der eigenen Bundesregierung.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat verstimmt auf Schäubles Ablehnung reagiert. „Das schriftliche Angebot der griechischen Regierung zu Verhandlungen über die Fortsetzung des Reformprogramms ist ein erster Schritt in die richtige Richtung“, hieß es in Ministeriumskreisen. […]

(MoPo dpa 19.02.15)

 

Schäuble glaubt offensichtlich die Angelegenheit Europa als kleinkrämerischer Rechtsanwalt betrachten zu können, ohne gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge zu berücksichtigen und möchte zudem den rechtsnationalen Wählern in Deutschland Zucker geben.  (….)

(Schäbig, schäbiger, Schäuble, 19.02.2015)

Sein Rollstuhlbonus trug Schäuble aber nicht nur über seine zerstörerische, destruktive Finanzpolitik hinweg, sondern ließ Presse und Wähler auch fast vergessen, daß er in innenpolitischen und parteipolitischen Dingen mit sicherem Griff ins Klo stets auf das falsche Pferd setzte. Er wetterte gegen die Doppelstaatsbürgerschaft, da sie schizophren mache. Er pöbelte düster-national raunend gegen Christos Reichstagsverhüllung und – immerhin das rechne ich ihm positiv an – setzte quasi im Alleingang Armin Laschet als Kanzlerkandidat 2021 durch, womit er Olaf Scholz zum Regierungschef machte.

[….] Schäuble war ein großer Politiker, der große Fehler gemacht hat – es waren fünf, mindestens. Der erste große Fehler war sein Eintreten für eine Generalamnestie der Steuerbetrüger und der Schmiergeldempfänger im Flick-Skandal der Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts. Er propagierte die Amnestie damals, um Schaden von Helmut Kohl abzuwenden. Er tat dies aus Loyalität. Sein zweiter Fehler war die Zögerlichkeit und die Unvollständigkeit seiner Erklärungen zu einer 100 000-Mark-Spende des Waffenhändlers Schreiber. […] Sein dritter Fehler war es, dass er Kohl zu lange vertraute. Er hat sich an die Loyalitätsdevise gehalten, dass man ein Amt nicht nutzt, um gegen den zu arbeiten, der einen ins Amt berufen hat. […] Als Innenminister hat Schäuble nicht nur „die nötigen Freiheiten im Kampf gegen den Terrorismus“ verlangt, bis hin zur Rettungsfolter und zum Abschuss von entführten Zivilflugzeugen durch die Bundeswehr. Das Bundesverfassungsgericht hat dann ein solches Abschuss-Gesetz für verfassungswidrig erklärt. Er hat sich auch, und das war ein grober Fehler, in Überlegungen verirrt, ob man Terroristen nicht gezielt töten sollte. […]  

(Heribert Prantl, 27.12.2023)

Sicher, unmittelbar nach dem Tod eines wichtigen Mannes, darf man ihn etwas rosarot zeichnen. Aber wenn jemand persönlich so hinterhältig und politisch so destruktiv wie Schäuble war, sind die Lobhudeleien nicht angemessen.