Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.
Ja, der Trump-Prozess von New York, bei dem er schneller als allgemein erwartet in einem „clean swipe“, also einstimmig, in allen 34 Anklagepunkten schuldig gesprochen wurde. Von einer Jury aus 12 Menschen, die von Trumps Anwälten mitausgesucht wurde, unter denen sich zwei Juristen befanden und unter anderem ein Geschworener, der angab, seine Nachrichten ausschließlich über Trumps PR-Schleuder „Truth Social“ zu erhalten.
Wie schnell und eindeutig es letztlich ausging, überraschte mich.
Wie das Trump-Universum reagierte, entsprach hingegen zu 100% meinen Erwartungen: Sie drängeln sich noch mehr, um seinen Hintern zu küssen und überschütten ihn mit Geldspenden, weil sie entweder extrem verblödet und manipuliert sind (wie seine Wähler), oder extrem rückgratlose opportunistische Heuchler (wie seine Parteifreunde) sind. Oder beides.
[….] Wie Groupies liefen republikanische Abgeordnete und Senatoren zuletzt vor dem New Yorker Justizgebäude auf, während ihr Anführer drinnen auf der Anklagebank saß. Teil des Fanklubs war Mike Johnson, im Repräsentantenhaus der Sprecher von Trumps Gnaden. Auch sein Erzfeind aus dem Senat eilt nun zu Hilfe, Mitch McConnell, den Trump "alte Krähe" nennt. "Diese Anklage hätte gar nicht erst erhoben werden dürfen", schreibt er auf X. "Ich erwarte, dass die Verurteilung in der Berufung aufgehoben wird."
An dieser Stelle wäre erstens anzumerken, dass McConnell am Ende von Trumps Amtszeit im Kongress seine Amtsenthebung verhinderte. Andernfalls wäre der Politiker Trump am Ende gewesen. Damals sagte McConnell, dass sich die Justiz kümmern solle - jetzt stimmt er in den Chor jener ein, die den Rechtsspruch für parteiisch halten. Zweitens ist die große Echokammer der Wut dieses X, vormals Twitter, von Elon Musk. Trump würde ihn in seiner künftigen Regierung zu einem Berater machen.
Der Milliardär Musk, auch dies kurz zur Erinnerung, hatte vor einem Jahr mit Ron DeSantis dessen Bewerbung auf den Weg gebracht. DeSantis wurde von Trump penetrant beleidigt und gab dann schnell auf, nachdem er ungefähr 160 Millionen Dollar verpulvert hatte. Jetzt schimpft er in Musks Netzwerk und Trumps Sinne, dies sei "ein linker Staatsanwalt, ein parteiischer Richter und eine Jury, die eine der liberalsten Enklaven Amerikas widerspiegelt - alles in dem Bestreben, Donald Trump zu 'kriegen'".[….] Steinreiche Gönner an der Wall Street und dem Silicon Valley stehen ebenfalls an seiner Seite, im Zuge des 6. Januar 2021 mit dem Sturm aufs Kapitol hatte sich der eine oder andere erst abgewandt. "Dieses Urteil wird weniger als null Auswirkung auf meine Unterstützung haben", berichtete Bloomberg der Banker Omeed Malik, kürzlich Gastgeber einer Spendengala für Trump. Ein anderer Großspender, Andy Sabin, erklärt die Verhandlung gegen Trump laut New York Times zum "Schauprozess". In weniger als 24 Stunden nach der Verurteilung kamen in größeren und kleineren Spenden fast 35 Millionen Dollar für Trump zusammen.
Auch der Hedgefonds-Krösus Bill Ackman und der Magnat Steve Schwarzman öffnen offenbar die Kassen für den Milliardärskollegen Trump, der wegen umfangreicher Nebenkosten derzeit etwas klamm ist. Es scheint solchen Geschäftsleuten egal zu sein, dass ihrem Favoriten sexueller Missbrauch, Diffamierung und zweimal Betrug nachgewiesen wurde oder er wegen Verbrechen wie versuchter Wahlbeeinflussung und Verschwörung angeklagt ist. Sie setzen auf Trumps Sieg und verachten Biden. [….]
Zu dem Thema sind Myriaden Meinungsartikel erschienen; unnötig einen weiteren hinzuzufügen.
Ich glaube auch nicht an Einfluß auf die Wähler. Die GOPer wird nur noch radikaler werden. Aber ich halte es mit Peter Burghardt: Man kann Trump nicht nicht den Prozess machen, nur weil er Trump ist und sich im „complete nonsense mode“ befindet.
[….] Der Prozess hat Trump entzaubert, manchmal nickte er ein. Sein Wutausbruch zeigt, dass sein Comeback an die Macht ein Rachefeldzug wäre. Konservative Kommentatoren halten das historische Urteil für politisch und riskant. Aber viel gefährlicher wäre ein Präsident Trump, der über dem Gesetz steht. […..]
Trump reüssiert aber dennoch, weil er der größte Bullshitter ist und sich Bullshit schneller als seine Widerlegung verbreitet. Nach neun Jahren maximalen Bullshit-Talks, sind die 330 Millionen US-amerikanischen Menschen hoffnungslos im Bullshitsumpf versunken.
Der größte Blödmann des Monats sind aber die gesamten US-Medien!
Unfähig, irgendetwas aus ihren Fehlern, die Trump erst ins Oval Office brachten, zu lernen, wiederholen sie seit 2015 jeden Tag wieder ihre demokratiezerstörenden Fehlleistungen.
Die US-Medien sind die Impudenz des Monats Mai, weil sie auch im Jahr 2024 devot nach Trumps Regeln spielen, ihm ununterbrochen Medienpräsenz und Sendezeit verschaffen. Eifrig und servil übertragen sie nach Einschaltquoten gierend buchstäblich jeden Furz des hochkriminellen Orangen, der es damit erfolgreich schafft, ganz ohne politische Konzepte ins Weiße Haus zu schlittern.
Dank der US-Medien steht nicht Bidens Politik der letzten vier Jahre zur Abstimmung, sondern das verzerrte Schauerbild der Realität, welches Trump verbreitet.
Stoisch und unbelehrbar machen die US-Medien die gleichen Fehler wie in den Wahlkämpfen von 2026 und 2020, indem sie auch bei den abstrusesten und gefährlichen Lügengeschichten Trumps, immer live draufhalten, ihm kostenlose Sendezeit verschaffen und sein Narrativ verbreiten.
Wie würde die politische Landschaft wohl aussehen, wenn zumindest
die seriösen Medien nicht 24/7 über Trumps Lügenmärchen berichtet hätten,
sondern sich stattdessen ausschließlich mit politisch relevanten Themen, den
politischen Konzepten der Parteien und der Parlamentsarbeit beschäftigt hätten?
Wie würde die politische Landschaft wohl aussehen, wenn auch die „political
pundits“ außerhalb der großen Zeitungen und Medienhäuser, wie zB Brian Tyler
Cohen und David Pakman, nicht jeden Fehltritts Trumps, jede verunglückte Rede,
seinen strengen Körpergeruch, seine Flatulenz, seinen winzigen pilzförmigen
Penis, seine Inkontinenz und abstruse Schminke ausführlich ausgebreitet hätten,
sondern sich weitgehend mit den politischen Inhalten, respektive des völligen
Fehlens seriöser politischer GOP-Konzepte, beschäftigt hätten? Wie stünden wir
da, wenn wir all die unappetitlichen ekelhaften Details höchstens am Rande
mitbekommen hätten und stattdessen die Bilanz der Trump-Präsidentschaft mit der
Biden-Bilanz verglichen?
Wie könnte ein Strafgerichtsurteil gegen Trump wirken,
wenn nicht alle Medien von links bis rechts unablässig die gebullshitteten
Ansichten Trumps zu den Richtern, Staatsanwälten wiedergegeben hätten? Wenn man
einfach die Gerichte ihre Arbeit hätte machen lassen und nicht alle zwei
Minuten erneut gesendet hätte, wie Trump und seine orangen Arschkriecher Biden,
Soros und die kommunistische Verschwörer der demokratischen Partei als
angebliche Drahtzieher bepöbeln?
Aber nach wie vor beschreiten CNN und Co den Irrweg der gleichmäßig zu
berücksichtigenden beiden Seiten. Geht es um das Thema der Form der Erde,
bekommt ein Kugelerde-Vertreter die gleiche Sendezeit, wie ein Flacherdler. Der
Moderator bleibt neutral und die Zuschauer können sich aussuchen, was sie
glauben. Demnach ist die Erde vermutliche eine Ellipse.
Das ist FALSCH! CNN soll nicht den Mike Johnsons und Ted Cruz‘ und Lindsey Grahams Sendezeit geben, damit die hochgefährliche Lügenmärchen über die New Yorker Justiz verbreiten.
Sogar das Gericht selbst hatte im inzwischen berüchtigtem 15. Stock des Gebäudes eine eingezäunte Trump-Pöbel-Plattform eingerichtet, von der er jeden Prozesstag das Blaue vom Himmel herab log – immer speichelleckend live übertragen.
[….] Trump genoss sogar seine eigene Version der »White Bronco Chase«: Als er Mar-a-Lago verließ, sein Luxusdomizil in Florida, um sich der New Yorker Justiz zu »stellen«, verfolgten die Helikopter der Networks erst die Autokolonne von roter Ampel zu roter Ampel, dann seinen Jet bei Start und Landung, dann erneut seine Kolonne auf dem Weg vom La Guardia Airport zum Trump Tower an der Fifth Avenue.
Wozu? Die Bilder sagten nichts Neues. Im Gegenteil, sie verstopften einem das Hirn, blockierten wichtigere, doch visuell nicht so reizvolle Informationen, zum Beispiel Trumps gefährliche Drohungen gegen die Beteiligten des Verfahrens und ihre Familien. Die Bilder waren wie süchtig machende Süßigkeiten, die einen tiefen, endlosen Hunger stillen, aber nie sättigen – und einen so dazu treiben, noch mehr zuzugreifen, bis einem schlecht wird, derweil die Biokost liegen bleibt.
»In Amerika wird die Pressefreiheit oft als Freiheit ausgeübt, sich zur selben Zeit an exakt demselben Ort zu versammeln, ohne viel zu tun«, schreibt Eric Lach anlässlich der Trump-Anklage im »New Yorker« – der mehrere Reporter für das Thema abgestellt hat und am Mittwoch, dem Tag danach, vier Berichte darüber auf seiner Website postete.
Ausgelöst wurde der Rausch, wie so oft, von Trump selbst. Nur Stunden, nachdem er Mitte März fabuliert hatte, dass er drei Tage später verhaftet würde, bezogen die ersten Satellitentrucks Stellung, am Trump Tower in Midtown und am Gericht in Lower Manhattan. Dort markierten sie ihre Positionen auf dem Trottoir mit weißem Klebeband: ABC, CBS, NBC, AP. Andere lauerten am Seiteneingang der Staatsanwaltschaft. Eine kleine Zeitstadt wuchs heran. Das Wort »Indictment Watch« wurde geprägt, Anklagewacht. […..]
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