In den Anfangsjahren des Privatfernsehens, waren wir von der
bunt-poppigen Vielfalt natürlich überwältigt.
Schließlich hatte es Jahrzehnte nur „Erstes, Zweites und
Drittes“ gegeben, deren Programmschemata man genau kannte.
Über eine längere Zeit gab es den stramm konservativen
Kirch-Springer Kohl-Block, der mit Sat1, Pro7 und Kabel1 auf reine Unterhaltung
setzte, kaum in Informationssendungen investierte, weitgehend auch auf
Nachrichten verzichtete, jedoch bei den sporadischen Magazin-Sendungen gar
nicht erst versuchte neutral zu wirken, sondern sich mit Sendungen wie Mertes‘ „Zur
Sache, Kanzler“ als CDU-Werbung verstand.
Kohl und Kirch waren privat und geschäftlich eng miteinander
verquickt.
Dem gegenüber standen „die Bertelsmänner“, zu denen RTL,
RTL2 und VOX zählten. Der alteingesessene mittelständische Gütersloher Verlag
Bertelsmann mit seinem modernen, aufgeschlossenen Patriarchen Reinhard Mohn
hatte in RTL, Gruner und Jahr, sowie den SPIEGEL investiert und sich damit auf
der eher liberalen Schiene positioniert. Bertelsmann kannte man bis daher eher
vom „Bertelsmann Buchclub“ und wußte, daß dort in der niedersächsischen Provinz
eine Druckerei betrieben wurde. Mohn hatte aber den richtigen Riecher und stieg
so zum international tätigen Milliardär auf.
Damals war es noch anrüchig, wenn seriöse Moderatoren der
öffentlich-rechtlichen Sender zu den Privaten wechselten.
Sat1-Zampano Fred Kogel hatte großen Einfluss auf die
Show-Szene, aber Günther Jauch ging doch spektakulär zu RTL und begründete es
ausdrücklich damit, daß er nicht verantworten könne für die Kirchgruppe zu
arbeiten, aber „mit den Bertelsmännern kann ich leben".
Der alte Reinhard Mohn engagierte sich gesellschaftlich,
sorgte sich um die Zukunft, gründete eine Stiftung und rüttelte immer mehr mit
modernen Ansichten seiner Studien auf.
Als der Philanthrop 2009 im Alter von 88 Jahren starb, gab
es zunächst etwas unübersichtliche Verhältnisse, da er sechs Kinder aus
verschiedenen Ehen hatte und das Vermögen in Stiftungen steckte.
Letztendlich bekam aber seine zweite und 20 Jahre jüngere
Frau Elizabeth „Liz“ die totale finanzielle Kontrolle über alles.
Sie ist Vorsitzende der Gesellschafterversammlung und des
Lenkungsausschusses der Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft, übt dort das Amt
der Familiensprecherin aus und ist Mitglied der Aufsichtsratsgremien von
Bertelsmann. Mohn ist daneben stellvertretende Vorsitzende des Vorstands und
des Kuratoriums der Bertelsmann Stiftung.
Witwe Liz tickt ganz anders als ihr liberaler Mann. Sie ist eine
enge Freundin Merkels und Unterstützerin der CDU.
Bis auf den SPIEGEL mit seiner hochkomplizierten
Eigentümerstruktur – über die Hälfte des Spiegel-Verlages gehört den
Mitarbeitern – gingen alle Medien des Bertelsmann-Konzerns auf deutlich
konservativeren Kurs.
Mit ihren Freundinnen Liz und Friede (Springer) hat Merkel
nun anders als ihr CDU-Vorgänger-Kanzler Kohl nicht nur die Hälfte der privaten
Boulevardmedien auf ihrer Seite, sondern fast alle.
Die berühmten Bertelsmann-Studien der reichen Stiftung gibt
es immer noch. Sie erregen nach wie vor sehr viel Aufmerksamkeit.
Aber wenn die „Bertelsmänner“ wie zuletzt spektakulär
fordern die Hälfte der deutschen Krankenhäuser zu schließen, begeistert das
nicht nur den zuständigen Gesundheitsminister Spahn, sondern weckt anders als
zu Reinhards Zeiten erhebliche Zweifel an der Objektivität.
[…..] Soll die Hälfte der Kliniken
geschlossen werden, um so angeblich die Gesundheitsversorgung zu verbessern?
Diese Forderung ist plump und falsch: Sie macht Angst
[…..] Ökonomisierung der Medizin ist ungut. Die
Medizin ist keine Wirtschaftsbranche wie jede andere. Für Kranke sind Faktoren
wichtig, die in betriebswirtschaftlichen Programmen keine oder kaum eine Rolle
spielen: Zeit, Geborgenheit, und (auch wenn es altmodisch klingt)
Barmherzigkeit. […..] Was zählt
eigentlich mehr, wenn Krankenhäuser an der Börse notiert sind: die Bedürfnisse
des Shareholders oder die des Patienten? […..] Der Münchner Pflegekritiker Claus
Fussek sagt daher, Pflege und Krankheit sind eigentlich "nicht börsen-
und renditefähig".
[…..] Die Art und Weise, wie jüngst die
Bertelsmann-Stiftung ihre Studie über eine Radikalreform des Krankenhauswesens
in die Gesellschaft knallte, war ein ungutes Exempel. Sie war
vertrauenszerstörend und angstmachend. Sie war ohne Sensibilität, ohne Empathie
und ohne regionale Differenzierung. Die Studie forderte, weit mehr als die
Hälfte aller Krankenhäuser zuzusperren und stattdessen auf Großkliniken zu
setzen - ganz im Interesse von Giganten wie der Rhön-Klinikum AG, in deren
Aufsichtsrat Liz Mohn sitzt, die stellvertretende Vorstandsvorsitzende
der Bertelsmann-Stiftung. […..]
Bertelsmann ist wahrlich keine links-liberale Stimme mehr
und erfreut heute eher die stramm Neoliberalen.
So darf man auch die neueste Bertelsmann-Studie verstehen:
Als Hofknicks und Warnung an die Konservativen!
Hilfe, die SPD-Minister dominieren die Groko und die die Gesetzgebung.
Hilfe, die SPD-Minister dominieren die Groko und die die Gesetzgebung.
Für Leser meines Blog kann das keine Überraschung sein.
Tagein tagaus bete ich das Mantra von den nicht nur unfähigen, sondern auch
faulen Unionsministern, die außer Besitzstandswahrung und Lobbyisten-Unterwürfigkeit gar keine eigene Agenda mehr haben.
Konservative würden nun den Namen „Spahn“ einwerfen, der sei
doch so umtriebig.
Ja, in der Tat, der kündigt viel an und macht großen Wirbel.
Ja, in der Tat, der kündigt viel an und macht großen Wirbel.
Allerdings geht es ihm nur um Eigen-PR; wie die Gesetze
umgesetzt werden ist im völlig egal. Alles, das Spahn tut, verpufft.
[….] Nach
eineinhalb Jahren im Gesundheitsministerium hat sich Spahn ein Image als Macher
erarbeitet, als einer, der nicht lange fackelt und auch die schwierigen Themen
anpackt. [….] Spahn will zeigen: Er sieht die Probleme und reagiert.
Nur ob seine Vorschläge wirklich etwas verbessern, wird sich erst
zeigen müssen.
Am Jahresanfang versprach Spahn 13 000 neue Stellen in der Pflege. Bis
jetzt sind es erst 300.
Interessant ist, dass Spahn inhaltliche Rückschläge in der öffentlichen
Debatte kaum belasten. Während sich andere Politiker im Kampf um einzelne
Vorschläge verhaken, perlen Niederlagen an Spahn ab. [….] "Ein
Gesetz zu machen, ist das eine", sagt Schmidt, "die Frage, wie es
umgesetzt wird, das andere." [….]
Dem ehrgeizigen Spahn dürfte das
nicht so wichtig sein. Denn dann ist er
vielleicht schon weitergezogen. […..]
Die Bertelsmänner haben sich diese Effektlosigkeit der Unions-Minister
genauer angesehen und die Arbeit des Groko-Kabinetts überprüft.
Das Ergebnis ist ein Desaster für die Parteichefs Söder und
Kramp-Karrenbauer.
Die SPD-Seite der Groko arbeitet höchst effektiv und seriös.
[….] Hält
die Große Koalition, was sie verspricht? Weitgehend ja - zu diesem Ergebnis
kommt eine neue Studie. [….] Demnach hat die Regierung aus Union und SPD
in ihren ersten 15 Monaten zahlreiche Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag
umgesetzt. 47 Prozent der Versprechen seien vollständig oder teilweise erfüllt,
14 Prozent "substanziell in Angriff genommen" worden. Das sei
deutlich mehr als die - ebenfalls schwarz-rote - Vorgängerregierung zur
Halbzeit geschafft hatte.
Die Autoren der Studie untersuchten 296 "echte Versprechen":
Vorhaben, bei denen sich klar überprüfen lässt, ob sie umgesetzt wurden. Ihr
Fazit: Die Bilanz der jetzigen Koalition sei "rekordverdächtig".
Sollte die Regierung in ihrem jetzigen Tempo weiterarbeiten, könnte sie bis zum
Ende der Legislaturperiode fast alle Versprechen eingelöst haben.
[….] Von den
296 Wahlversprechen stammen der Studie zufolge 73 (etwa ein Viertel) aus dem Wahlprogramm der SPD und 32 (elf Prozent)
aus denen von CDU und CSU. 46 Vorhaben (16 Prozent) finden sich in den
Programmen beider Koalitionspartner wieder. [….] Zwischen
Union und SPD ist die Umsetzungsbilanz ausgeglichen: Die SPD setzte der Studie
zufolge 33 der 73 Vorhaben um, die allein aus ihrem Wahlprogramm stammen (45
Prozent). Von den 32 unionsgeprägten Versprechen waren am 30. Juni, dem
Stichtag der Untersuchung, 14 umgesetzt worden (44 Prozent). [….]
Während für die CDUCSU die blamable Erkenntnis bleibt, daß
ihre Minister sehr viel schlechter als die Sozen arbeiten, müssen sich Totalversager
wie Andrea Nahles fragen lassen, wie zum Teufel sie es geschafft haben eine so
erfolgreiche Realpolitik als völliges Desaster zu erkaufen.
Viele SPD-Mitglieder wollen „nur noch raus aus der Groko“,
weil sie fest davon überzeugt sind, diese erreiche gar nichts oder setze nur
neoliberale Dinge um – obwohl das diametrale Gegenteil der Fall ist.
Das ist ein ganz neuer Spin des
Versagens der politischen Linken von 2019:
Wählerabschreckung durch Erfolg!
Enttäuschung auslösen durch Ehrlichkeit!
Die eigene Parteibasis frustrieren durch Effektivität.
Wählerabschreckung durch Erfolg!
Enttäuschung auslösen durch Ehrlichkeit!
Die eigene Parteibasis frustrieren durch Effektivität.
Sozial Schwache vergrätzen durch
Politik für sozial Schwache.
Die Groko arbeitet nicht nur gut,
sondern so viel besser als ihr Ruf, daß es schon an ein Wunder grenzt
demoskopisch so katastrophal dazustehen.
[…..] Die GroKo glänzt unbemerkt.
"Besser als ihr Ruf" betitelt die
Bertelsmann Stiftung ihre ausführliche Auswertung der Arbeit der Großen
Koalition und trifft damit den Kern der vorgestellten Forschungsergebnisse:
Viele Menschen sind demnach überzeugt, dass Koalitionsversprechen oft nicht
umgesetzt würden. [….]
Da setzt die Groko überwiegend und kontinuierlich ureigene
SPD-Forderungen um und in den Sozi-Basisgruppen auf Facebook
ziehen Jusos und Parteilinke über Scholz als „Schäuble 2.0“ her, ätzen er solle
endlich in die CDU übertreten.
Die SPD müsse die Groko sofort
verlassen, weil nur Unionspolitik gemacht werde.
Nichts könnte ferner der Wahrheit
sein. Aber die Linken scheinen sich in einer Trump-artigen Fakenews-Blase eingenistet
zu haben, in der sie nichts anderes tun, als die eigene Partei zu schädigen,
indem sie über die eigenen Minister herziehen und ihnen vorwerfen die Partei zu
schädigen.
Die SPD setzt zum Entsetzen der Rechten konsequent ihre
Forderungen durch und anschließend sind die Linken noch
entsetzter als die Rechten, weil sie fest davon überzeugt sind ihre Partei
setze in der Groko nichts durch.
Kann man sich nicht ausdenken.
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