Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.
Gekürt werden dieses mal die Herdenimmunitäts-Lockerer, die nach 2,3 Millionen Covid19-Toten, 454.000 Toten in den USA, 107.000 Toten in England, 59.000 Toten in Deutschland und 12.000 Toten in Schweden, immer noch meinen, man solle diese Pandemie lieber wie eine Grippe geschehen lassen.
Der Frust über das offensichtliche Versagen im deutschen Corona-Management tut sein Übriges.
Es sollten sich nur möglichst bald alle Kinder und gesunden Erwachsenen anstecken, um zu einer Herdenimmunität zu kommen.
Covid19 ist aber keine Grippe.
Bei einer Grippe liegt man nicht über viele Monate auf Intensivstationen an der Beatmungsmaschine, leidet an schweren langfristigen Folgen, weil alle Organe anfangen zu versagen.
Die 59.000 deutschen Covid19-Toten lassen sich auch deswegen nicht mit Grippe-Toten vergleichen, weil die umhergeisternden Todeszahlen für Grippe – 20.000 im Jahr? 25.000 im Jahr? – reine Schätzungen. Sie beruhen auf Hochrechnungen und sind nicht verifizierbar.
Die politischen Protagonisten des Herdenimmunitäts-Konzepts gehen ganz selbstverständlich davon aus, daß einmal Infizierte anschließend immun sind, niemand mehr anstecken, nicht erneut erkranken und daß Sars CoV2 immer gleich bleibt. All das ist aber fraglich und letzteres definitiv falsch.
Das Wunderkonzept „Herdenimmunität“ wurde bis vor wenigen Monaten in London und Stockholm probiert – mit fatalen Folgen.
Schweden ist kein guter Vergleich zu den Hauptbetroffenen, daß die Bevölkerungsdichte dort so gering ist und sich die Menschen automatisch weniger begegnen.
In England leben 274 Menschen pro Quadratkilometer, in den Niederlanden 504, Deutschland 235, Italien 203 und in Schweden sind es 25.
Betrachtet man die Todesfälle in Relation mit der Bevölkerung ist England mit 1.565 Toten pro eine Million auf Platz Drei der Flächenstaaten in der Welt, USA liegt auf Platz 8, Schweden auf Platz 21, Niederlande Platz 37, Deutschland Platz 41.
Wir alle haben schon so viel über Corona, die Infektionsverläufe und die verschiedenen Schutzstrategien gelernt, aber dennoch bleiben einige Unklarheiten. Gibt es bei Corona eine „sterilisierende Immunität“, kommt es zu Re-Infektionen, kann man Sars CoV2 wie Sars CoV1 vor 15 Jahren ausrotten? Werden wir jemals ohne Masken und Anstandsregeln leben können?
Dr. rer. nat. Mai Thi Nguyen-Kim, aka maiLab, erklärt diese Fragen viel besser als ich, daher empfehle ich dringend dieses Video anzusehen.
So viel kann ich verraten: Es wird nicht so kommen, daß durch die Impfungen bald alle immun sind und wir das Thema Pandemie hinter uns lassen können.
Die herdenimmunitäts-Gläubigen müssen ganz tapfer sein, wenn sie einen Blick nach Brasilien richten. In der brasilianischen Zweimillionenstadt Manaus wütete das Virus besonders stark. Über 100 Menschen starben pro Tag, vor den Krankenhäusern mussten Kühlcontainer für all die Leichen aufgestellt werden. Sieben Monate ging das so, bis sich das Infektionsgeschehen abflachte. Eine Studie mit Blutspendern hatte ergeben, daß sich mindestens 76% der Menschen in Manaus mit Sars CoV2 angesteckt hatte, ergo: Herdenimmunität. Zu einem sehr hohen Preis. Aber nun hätte man es wenigstens hinter sich, frohlockte man.
Im Dezember 2020 kam die Zweite Welle.
[….] Seit Wochen diskutieren Expertinnen und Experten über mögliche Gründe, warum es nun doch zu einem neuen, heftigen Ausbruch kommen konnte. Vergangene Woche hat eine Forschergruppe aus Brasilien, England und den USA einen Kommentar mit vier Erklärungsansätzen im Fachmagazin »The Lancet« veröffentlicht.
Ihre Überlegungen im Überblick:
1. Es wurde doch keine Herdenimmunität erreicht [….]
2. Die Immunität durch die erste Welle schwindet bereits [….] Klar ist, dass sich Menschen schon wenige Wochen nach einer durchgemachten Infektion noch mal mit Sars-CoV-2 anstecken können. [….]
3. Das Virus hat sich so stark verändert, dass die Immunität leidet [….]
4. Die neue Virusvariante ist deutlich ansteckender. [….]
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