Nach dem „Freispruch Zweiter Klasse“ für Donald Trump gehen weltweit die Kommentatoren hart mit den Republikanern ins Gericht.
Selbst die konservativsten Analysten sind entsetzt über den Abgrund von Amoral und Feigheit der GOP-Senatoren.
Der liberale Amerika-Korrespondent der SZ kann keinen Funken Hoffnung mehr für die GOP aufbringen.
[……] Die Republikaner sind nicht mehr zu retten. [……]
Das schändlichste Verhalten eines Präsidenten und die besten Beweise dafür reichen nicht für einen Schuldspruch, wenn es genügend Abgeordnete und Senatoren gibt, die, aus welchen Gründen auch immer, kein politisches Interesse an einer Verurteilung haben. Genau das ist in dieser Woche in Washington passiert. Hat Donald Trump den Mob aufgehetzt, der am 6. Januar das Kapitol gestürmt hat? Natürlich. Haben die Demokraten das bewiesen? Absolut. Hätte Trump daher wegen "Anstiftung zum Aufstand" verurteilt werden können und müssen? Auf jeden Fall. [……] Aber er wurde eben nicht verurteilt. Nur sieben der 50 republikanischen Senatorinnen und Senatoren schlossen sich den Demokraten an und stimmten für ein Schuldurteil. [……] Was soll man machen, wenn die Republikaner Trump partout nicht zur Rechenschaft ziehen wollen? Eine der absurdesten Vorstellungen des Prozesses lieferte der republikanische Fraktionschef im Senat, Mitch McConnell ab. "Nicht schuldig", tönte er in den Saal, als über das Urteil abgestimmt wurde. Ein paar Minuten später legte er dann in einer eloquenten Rede dar, dass Trump den Mob am 6. Januar natürlich zu Gewalt angestachelt habe. Zynischer und opportunistischer kann man Politik eigentlich kaum betreiben. [……] Gegen böse politische Geister wie Donald Trump gibt es in einer Demokratie nur eine Abhilfe - Wahlen. Es ist Aufgabe der republikanischen Wähler zu verhindern, dass Trump je wieder ihr Präsidentschaftskandidat wird. Und es ist, wenn die Republikaner dabei wieder versagen, Aufgabe der amerikanischen Wähler zu verhindern, dass Trump noch einmal Präsident wird. [….]Nun könnten nur noch die amerikanischen Wähler die Nation retten.
Für die rechten Funke-Zeitungen schreibt Leitartikler Dirk Hautkapp aus der Zentralredaktion eine Abrechnung.
[….] Donald Trump wollte einen durch seine ureigene Agitation groß und rasend gewordenen Mob als Brechstange gegen das Staatsgefüge einsetzen. [….] Daß der alleinige Urheber dieses nur durch glückliche Umstände gescheiterten Coup-Versuchs dafür nicht die ganze Härte des parlamentarischen Sanktionskastens zu spüren bekommt, ist Ausdruck eines Systems, in dem die Republikaner von Wächtern zu Totengräbern der Demokratie mutiert sind. [….]
Dass nur sieben von 50 Konservativen mit den Demokraten stimmten, die im Gegensatz zu Trumps fürchterlichen Winkeladvokaten eine lückenlose Beweiskette aufboten, zeigt die Dimension des moralischen Bankrotts einer Partei, die sich heute zu wesentlichen Teilen rechtsradikalen „Proud Boys“ und Verschwörungstheoretikern wie QAnon mehr verpflichtet fühlt als Abraham Lincoln. [….] Aber ohne die rückstandslose Ausbootung Trumps und die unmissverständliche Abgrenzung von sämtlichen Extremisten, man kann auch von Inlandsterroristen sprechen, kann die „Grand Old Party“ nicht gesunden. [….]
(WAZ/Abla/Morgenpost, etc, 15.02.2021)
Die Hoffnung auf Mut, Einsicht und Anstand bei der GOP gibt Hautkapp auf.
Stattdessen setzt er auf die Überzeugungskraft Joe Bidens. Durch erfolgreiches Regieren könne er große Teile der 74 Millionen Trump-Wähler eines Besseren belehren. Die würden dem Trumpismus abschwören und die feigen Republikaner bei den nächsten Wahlen abstrafen.
Wetzel und Hautkapp hoffen auf den Einfluss der vernünftigeren konservativen Wähler auf die radikalen GOP-Abgeordneten.
Sie sehen offenbar die Parlamentarier als Antreiber des faschistoiden Extremismus und der Irrationalität.
Tatsächlich gibt es unter ihnen absolute Fanatiker – Cruz, Hawley, Jordan, Greene, Gaetz, Brooks, McCarthy – die wie einst Goebbels die Wähler aufhetzen, sie regelrecht zu Gewalt, Unfrieden und antidemokratischen Verhalten jagen.
Stimmte dieser Einfluss-Vektor, der von Parlamentariern auf die Wähler zeigt, könnten sich die amerikanischen Bürger dieser Kraft des Bösen widersetzen, indem sie einfach nicht mehr die rechten Fanatiker der GOP in ihre Ämter wählen.
In Wahrheit ist es aber mindestens eins wechselseitiger Einfluss. Trump, FOX, Cruz, Hawley, Jordan, Greene, Gaetz, Brooks, McCarthy treiben die Wähler nach rechts.
Aber meiner Ansicht nach treiben die ihrerseits von social media und ultrarechten Verschwörungssendern Breitbart, FOX, Newsmax und OAN aufgehetzten Wähler die republikanischen Politiker nach rechts.
Die GOP-Basis ist so radikal ungebildet, rassistisch und rechtsextrem, daß GOP-Politiker, die einen Hauch von Anstand zeigen, in ihren Wahlkreisen sofort einen Aufstand fürchten müssen.
Zuletzt erlebte das die ultrakonservative Liz Cheney, Tochter des GOP-Rechtsaußens Dick Cheney, der als Vizepräsident Hauptkriegstreiber war.
Cheney steht in jeder politischen Frage am äußersten rechten Rand des Parteispektrums.
Als sie aber für das zweite Trump-Impeachment stimmte, machte die fanatische Trump-Basis Jagd auf sie. Don Junior und Matt Gaetz fielen in ihrem ultrakonservativen Bundestaats Wyoming ein und mischten die Basis so auf, daß Cheney womöglich auch bald durch einen QAnon-Fanatiker ersetzt wird, der an von Juden gesteuerte Space-Laser als Ursache für Waldbrände glaubt und voller Überzeugung berichtet, wie demokratische Parteigrößen in geheimen Kellern Kinder gefangen halten und aussaugen.
Marjorie Taylor Greene, die neue Ikone das absoluten GOP-Wahnsinns läßt frühere Schock-Gestalten wie Michele Bachmann und Sarah Palin wie hochgebildete Liberale wirken.
Ihre Ansichten sind aber lange bekannt und dennoch wurde sie mit 75% in ihrem Wahlkreis Rome, GA in den US-Kongress gewählt.
Bei so einer endgültig und unrettbar debilen Bevölkerung sind Hauptkapps und Wetzels Hoffnungen auf die amerikanischen Wähler, die die GOP zur Vernunft zwingen könnten, a priori zum Scheitern verurteilt.
Diese Menschen sind nicht heilbar und schon gar nicht belehrbar. Sie sind tatsächlich böse und borniert.
Da hilft nur selbstverschuldetes evolutionäres Ausmendeln, weil sie keine Masken tragen und Masken verweigern. Weil sie sich Opioide in die Venen jagen, ihre Geschwister heiraten, betrunken schon jedem Dreijährigen automatische Waffen in die Hand drücken, weil sie Junkfood fressen, oder durch ihre radikale Ablehnung einer Krankenversicherung in einen frühen Tod gehen.
Oder ein Meteorit.
René Pfister vom SPIEGEL besuchte wie so viele andere staunende Journalisten aus aller Welt Greenes Wahlkreis in Georgia. So viel kann ich verraten: Weite Teile der Bevölkerung sind so radikal verblödet, daß sie sich niemals von Greene und Trump distanzieren werden.
[…..] Im November wählte der 14. Bezirk Georgias Marjorie Taylor Greene
als neue Abgeordnete für den Kongress, und seither fallen Reporter in
die Stadt mit ihren 36 000 Einwohnern ein, als wäre dort ein Ufo gelandet.
Sie bestellen einen Latte an der Broad Street und fragen die Passanten,
wie sie auf die Idee kommen konnten, eine Frau zu wählen, die Nancy Pelosi,
der Chefin der Demokraten im Repräsentantenhaus, eine Kugel in den
Kopf wünschte. Und die der Meinung war, in Washington regiere eine satanische
Sekte, die Kindern das Blut abzapft.
Seit sich Donald Trump in sein Golfresort in Florida verzogen hat, ist
Marjorie Taylor Greene der neue Star der Rechten in Amerika. Greene hat
sich ein Haus in Rome gekauft, einer Stadt, in der die Restaurants trotz
Pandemie schon zum Frühstück rappelvoll sind. Es hat hier in der Gegend
kaum jemanden gestört, als mitten in Greenes Wahlkampf ein Video auftauchte,
in dem sie Black-Lives-Matter-Aktivisten mit Neonazis verglich und sagte,
wer den Islam und die Scharia möge, sollte am besten gar nicht in die USA
kommen, sondern da bleiben, wo »ihr eine Menge Frauen, Ziegen und Schafe
haben könnt«. Bei der Wahl am 3. November schlug Greene ihren demokratischen
Gegenkandidaten mit 74,7 Prozent der Stimmen. […..] Kathleen
Thorman blinzelt einen Tag danach in die milde Wintersonne Georgias
und sagt, Sorgen bereiteten ihr die Worte des neuen Präsidenten, nicht
die von Marjorie Taylor Greene. »Wir brauchen jemanden, der Amerika
schützt und uns vor dem Sozialismus bewahrt.« Thorman ist eine freundliche
Frau von 64 Jahren, um deren Hals ein Kreuz baumelt und die neun Kinder
großgezogen hat. […..] . Wie die meisten Republikaner hier
traut sie den Medien nicht über den Weg.
Thorman ist Vorsitzende der Republikanischen Partei in Gordon County,
das zu Greenes Wahlkreis gehört. Als sich Greene für den frei werdenden
Sitz im Kongress bewarb, war Thorman erst einmal skeptisch. Aber dann hörte
sie Greene reden: von der Gefahr, die drohe, wenn die Demokraten erst
einmal das Sagen hätten in Washington. Von den Flüchtlingen, die dann
das Land stürmen würden, und der staatlichen Krankenversicherung, von
der doch nur jene profitierten, die auf der faulen Haut lägen. […..] Die
»Ideale«, für die der Süden kämpfte, waren die Sklaverei und die Unterdrückung
der Schwarzen. […..] Rund ein Viertel der republikanischen
Anhänger glaubt, dass an den QAnon-Theorien etwas dran sei, wonach etwa
die Demokraten in Wahrheit eine satanische Sekte seien. Und mehr als
drei Viertel der republikanischen Anhänger sind der Meinung, Trump sei
am 3. November der Sieg gestohlen worden. »Trump won«, stand auf der Maske
Greenes, als sie am 3. Januar den Kongress betrat, um ihren Eid als Abgeordnete
abzulegen. Drei Tage später stürmte ein wütender Trump-Mob in das Herz
der amerikanischen Demokratie. […..]
(DER SPIEGEL, 13.02.2021)
Es wird Zeit, daß ich die deutsche Staatsbürgerschaft bekomme.
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