Donnerstag, 20. April 2023

Lindner schaufelt unser Grab.

 

Wenn ich nicht ohnehin schon total desillusioniert wäre, würde ich jetzt angesichts der katastrophal falschen Weichenstellung der FDP-Minister heulen.

Die deutsche Autoindustrie ist hoffnungslos abgehängt und Verkehrsminister Wissing will sie mit seinem E-Fuels-Verbrenner-Irrsinn weiter in die Vergangenheit katapultieren, nur um ein paar ewig-gestrige superreiche Porschefans (wie Christian Lindner) zu befriedigen.

[….] Deutschland tüftelt an E-Fuels, China baut die Zukunft [….] Auf der Automesse Shanghai sehen deutsche Topmanager nur noch die Rücklichter: Chinesische Hersteller feiern Erfolge mit Elektroautos für die Massen. Der hiesige Kult um den Verbrennungsmotor wirkt zunehmend grotesk. [….] Es ist der bekannte Sound deutscher Automanager: Alles dreht sich um China, den größten Absatzmarkt in der Branche und wundersamen Quell ihrer Profite. Seit Jahren bewundern die Firmenlenker das Land. Zunehmend aber fürchten sie es auch für das Tempo seines Wandels – schleichen sie selbst doch hinterher.  Pünktlich zur Messe hat dieser Wandel eine symbolische Marke erreicht. Im ersten Quartal 2023 verlor die Marke VW, die seit den Achtzigerjahren maßgeblich die Volksrepublik motorisiert hatte, erstmals die Führung im Neuwagengeschäft an einen einheimischen Wettbewerber: den Batteriespezialisten BYD, der im E-Auto-Markt dominiert, mit Abstand vor anderen chinesischen Marken und Tesla. [….] Tatsächlich aber wenden sich entscheidende Märkte wie China noch schneller vom Verbrenner ab, wie sich in Shanghai zeigt. Damit schrumpfen auch die Chancen, dass synthetische Kraftstoffe im Auto der Zukunft jemals gefragt sind. [….] Deshalb ist der politische Zickzackkurs der Ampelkoalition in Berlin so gefährlich: Wer den Wandel scheut und sich alle Optionen offenhält wird darin bestärkt, wenn eine Regierungspartei sogar nach Subventionen für E-Fuels ruft. Kommt eines Tages das kalte Aus für den Verbrenner, rollen womöglich schon allzu viele Europäer in chinesischen Elektroautos über die Straßen. [….]

(Arvid Haitsch, SPON, 19.04.2023)

Absolut grotesk; die deutsche Digitalisierung humpelt anderen Nationen 20 Jahre hinterher und der zuständige FDP-Digitalisierungsminister Wissing erkennt noch nicht mal, daß wir ein Problem haben. Unfähig sich die Zukunft vorzustellen, scheitert der Hepatisgelbe aber schon gegenwartsblind daran, zu begreifen womit sich moderne Wettbewerber beschäftigen.

[….] E-Fuels. [….] Es handelt sich wohl um eine Art Trick, die Lebenszeit des Verbrennungsmotors zu verlängern; [….] Es bestürzt mich, was in Deutschland technologisch für wichtig gehalten wird, wie darüber breitenwirksam debattiert wird und vor allem, was dabei auf der Strecke bleibt.  In anderen, digital aufgeklärteren Teilen der Welt ist das große Technikthema der Stunde nicht Auto, sondern Auto-GPT. Von der künstlichen Intelligenz (KI) namens ChatGPT haben inzwischen doch einige gehört; Ende November 2022 wurde sie vorgestellt, schon heute ist sie aus dem Arbeitsalltag vieler digitalaffiner Büromenschen kaum mehr wegzudenken. KI hat die Wissensarbeitenden im Sturm erobert, ungefähr wie Google vor 20 Jahren. Und jetzt ist Auto-GPT da. [….] Auto-GPT ist einer der ersten Bausteine auf dem Weg zu einer sogenannten AGI, einer Artificial General Intelligence. [….] Dass hierzulande über E-Fuels gefühlt eintausendmal lautstärker gestritten wird, ist deshalb umso ernüchternder. Überraschend ist es nicht. [….] Schade nur, dass die chinesischen Marktanteile deutscher Hersteller bei E-Autos eher aussehen wie Rundungsfehler; die meisten liegen unter einem Prozent. Unter den zehn meistverkauften Elektroautos 2022 war kein deutscher Hersteller, nur chinesische Modelle und ein paar versprengte Teslas. [….]

Dass hier so wenig über Entwicklungen wie Auto-GPT gesprochen wird, kann leider bedeuten, dass sie in vielen entscheidenden Köpfen zwischen Politik und Wirtschaft kaum angekommen sind. Womit dieses Land in die nächste, durch Unterlassen selbst gegrabene Grube zu stürzen droht: den Anschluss zu verpassen, was die nächste Stufe der Digitalisierung durch KI angeht. Vielleicht ist Deutschland in 20 Jahren deshalb kein reiches Land mehr. Aber immerhin haben wir dann noch Autos mit E-Fuel. [….]

(Sascha Lobo; 19.04.2023)

Lindner vertritt ein so antiquiertes neoliberales Politik- und Wirtschaftsbild, daß selbst der geistig in den 1990ern stehen gebliebene Friedrich Merz, den altbackenen FDP-Destruktionsklopper „schwarze Null“ hinter sich lässt.

(……) Lindner muss einen Bildungs-Doppelwumms bereitstellen und auf seinen Schwarze-Null-Fetisch verzichten. Ein ausgeglichener Haushalt nützt im Zeitalter der Inflation und Totalverblödung gar nichts, wenn damit die deutsche ökonomische Zukunft abgewürgt wird. (…..)

(Unbildung, 19.04.2023)

Mit dieser FDP in der Bundesregierung schaufeln wir uns unser Grab. Die FDP sollte sich statt „Partei der Besserverdienenden“ lieber umbenennen in „No Future-Partei“.

[….] Langsam wird es einsam um Christian Lindner, denn in Person von Friedrich Merz verlässt nun offenbar der letzte Mitinsasse jenes steuerpolitische Gefängnis, in das sich FDP und Union selbst eingesperrt haben. Die CDU, so sagt es zumindest eine parteiinterne Fachkommission, ist bereit, einen höheren Spitzensteuersatz zu akzeptieren, wenn im Gegenzug die Abgabenlast für Normalverdiener gesenkt wird.

[….] Die Steuerlast insgesamt [….] ist aber ungleich verteilt, da die Belastung ausgerechnet im unteren und mittleren Einkommensbereich mit jedem weiteren verdienten Euro besonders stark steigt. Eine Partei wie die FDP, die sich angeblich dem Leistungsprinzip verschrieben hat, müsste dagegen eigentlich jeden Tag Sturm laufen.

Dass die CDU zudem die Erbschaft- und Schenkungsteuer reformieren will, macht die Sache noch besser. Denn nichts ist so ungerecht wie das geltende System, bei dem Erben einfacher Einfamilienhäuser oft höher besteuert werden als jene, denen zig Millionen in den Schoß fallen. Nichts veranschaulicht die Misere so sehr wie der Fall Mathias Döpfner, der sich Springer-Aktien im Wert von einer Milliarde Euro schenken ließ - steuerfrei.

Auch die CDU hat noch ein ordentliches Stück Strecke vor sich, bevor das Ziel einer gerechten und zukunftstauglichen Steuerreform erreicht ist. Anders als Lindner hat sie sich aber immerhin auf den Weg gemacht. […]

(Claus Hulverscheidt, SZ, 18.04.2023)

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