Dienstag, 14. Juli 2015

Wenn es mal etwas länger dauert.

Konservative deutsche Politiker mögen die Türkei nicht.
Vor allem wegen der Türken.
Die sind so rückständig.
Frauen dürfen da nicht in der ersten Reihe der Politik mitmachen.
 In Deutschland wurde hingegen FRAU Merkel Kanzlerin.
(Das war im Jahr 2005 - also nur 17 Jahre nachdem im islamischen Staat Pakistan Benazir Bhutto Regierungschefin wurde und 12 Jahre nachdem in der islamischen Türkei Tansu Çiller Ministerpräsidentin wurde.)
Die leben da irgendwie noch auf dem Dorf.
(Istanbul hat 14,5 Millionen Einwohner)
Die türkische Wirtschaft ist so rückständig.
(Kontinuierlich über 5% BIP-Wachstum seit 1980)

Aber daß die Türkei 100 Jahre nach dem Massaker an der Armeniern immer noch nicht dazu stehen will, ist wirklich mies.
(Daß Deutschland sich genauso beharrlich weigert den fast gleichzeitigen deutschen Völkermord an den Herero, Nama, Damara und San anzuerkennen und deren wenige überlebende Nachfahren in Namibia im Stich lässt, wird dabei gern ausgeblendet. Auch Merkels Regierung will sich nicht zu dem Völkermord bekennen, zahlt keinerlei Entschädigung und als eine Namibische Delegation im Jahr 2011 wenigstens 20 der insgesamt 3000 in der Berliner Charité befindlichen Herero-Totenschädel zurück nehmen wollte, verhielt sich Westerwelles Staatssekretärin Cornelia Pieper derart arrogant und frech, daß sie vom entsetzen Publikum ausgebuht wurde und flüchtete.)

Ja, es kann schon mal länger dauern in Deutschland.

Gegenwärtig sitzt in einem Gerichtsaal in Lüneburg der 93-Jährige ehemalige SS-Unterscharführer Oskar Gröning, da nach gerade mal lumpigen 70 Jahren der deutschen Justiz eingefallen war, daß es irgendwie nicht so ganz in Ordnung war in Auschwitz-Birkenau an der Rampe gestanden zu haben und 300.000 Menschen in die Gaskammer geschickt zu haben.

Daß die Deutschen 1941 in Griechenland eine Zwangsanleihe eintrieben, etwa
70.000 griechische Soldaten und 480.000 griechische Zivilisten töteten und zudem auch noch nicht ihre Schulden aus dem ERSTEN Weltkrieg beglichen, wird heute auf einen Gegenwert von etwa 280 Milliarden Euro Entschädigung subsummiert.
Aber 70 Jahre nach dem Zweiten und 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg ist Merkel noch nicht so weit jetzt schon auf solche Forderungen zu reagieren.

Das kann halt alles mal dauern.

Die Katholische Kirchen brauchte bekanntlich Jahrhunderte, um zuzugeben, daß ihr stramm geozentrisches Weltbild, für das sie Anhänger der Idee die Sonne könnte im Mittelpunk des Planetensystems stehen reihenweise umbringen ließen, vielleicht doch nicht ganz richtig war.
Bei anderen Fragen – Kumpanei mit Nazis und faschistischen Terrorregimen, Millionenfacher Mord im Zuge der Kolonialisierungen und Missionierungen, Hexenverfolgung, Inquisition, Sklaverei, Kinderfolter in kirchlichen Heimen, etc pp – sieht die Kirche noch gar keinen Handlungsbedarf.

Ähnlich sieht es in Amerika aus.
Auch hier dauert es gelegentlich.
Rund 120.000 Japanisch-stämmige Amerikaner wurden während des zweiten Weltkrieges durch die War Relocation Authority aus rein rassistischen Gründen enteignet und in Konzentrationslager gesteckt.
Es dauerte 50 Jahre bist 1992 G.H. Bush formell sein Bedauern aussprach.
Gedenkstätten sind inzwischen geplant, aber noch nicht gebaut.

Beim Philippinisch-Amerikanischen Kolonialkrieg Krieg von 1899 bis 1902 kamen etwa eine Million Filipinos (20 % der damaligen Bevölkerung) ums Leben, weil sie es gewagt hatten sich selbst unabhängig regieren zu wollen.
Als Massenmörder und „Schlächter Asiens“ ging der US-General John Joseph Pershing in die Geschichte ein. Pershing (1860-1948) war einer von nur zwei Menschen, die den höchsten möglichen militärischen Rang der USA innehatten; er war General of the Armies of the United States.
Bis heute wird der Mann in den USA so verehrt, daß der schwerste Kampfpanzer (M26 Pershing) und die Pershing-Atomraketen nach ihm benannt wurden.
Lumpige 380 Millionen Dollar flossen zwischen 1947 und 1950 als Entschädigungen. Also etwa $3,80 pro Ermordeten und das 50 Jahre später.

Vietnam liegt hingegen „erst“ 40 Jahre  zurück.
Für die unfassbaren Grausamkeiten der USA und die Millionen Toten floss noch überhaupt keine offizielle Entschädigung.
Dioxin-Opfer werden vom Weißen Haus und dem darin sitzenden Friedensnobelpreisträger demonstrativ ignoriert.

Zwischen 1960 und 1975 töten die Amerikaner vermutlich rund 5 Millionen Vietnamesen und verstümmelten und entstellten weitere Millionen.
21 000 Quadratkilometer Land wurden durch das berüchtigte „Agent Orange“ vernichtet und dauerhaft verseucht.
(Das ist eine Größenordnung zwischen Nordirland und Belgien)
80 Millionen Liter Herbizide mit darin enthaltenen 600 Kilogramm Dioxin, hergestellt von Monsanto und Dow Chemical versprühten sie USA über Vietnam.
Ein Milliardstel Gramm gilt als tödlich. 4,5 Millionen Menschen wurde direkt dem Supergift ausgesetzt.
Amerika führte einen totalen Krieg gegen Mensch, Tier, Umwelt, Vieh, und Landwirtschaft.
Das besonders perfide:
Es wäre völlig unproblematisch gewesen die Entlaubungsmittel auch ohne das hochkrebserregende Dioxin herzustellen, aber everybodys Darling John F Kennedy und das US-Militär WOLLTEN das Supergift enthalten haben.

An irgendeine Art der Entschädigung ist noch nicht zu denken.

[…] Die Chancen, dass die US-Regierung je bereit sein wird, Schadenersatz an Vietnam zu zahlen, schätzt [Kenneth Feinberg, in den USA einer der bekanntesten Anwälte für Schadensersatzfälle] als sehr gering ein. "Das ist eine politische und keine juristische Frage, ich kann mir das aber kaum vorstellen. Die amerikanische Regierung will ja noch nicht einmal ihren eigenen Soldaten eine Entschädigung zahlen."
[…] Die juristische Aufarbeitung des Vietnamkriegs und die Frage der Entschädigung ist längst nicht abgeschlossen und höchst kompliziert. Weil die Regierung der USA grundsätzlich nicht verklagt werden kann, wenn es um Entscheidungen im Kriegsfall geht - also auch um den Einsatz von Agent Orange - müssen sich die Opfer an die Hersteller halten. Dass allein die zur Verantwortung gezogen werden, stößt bei Juristen jedoch auf Kritik. "Obwohl eigentlich klar ist, dass aus juristischer Sicht die amerikanische Regierung die Verantwortung für den Einsatz von Agent Orange trägt und nicht die Hersteller", meinte der Jurist Harald Koch von der Berliner Humboldt Universität. Vor Gericht gelte aber nach wie vor oft die Doktrin, dass der König nichts falsch machen könne.
Während die US-Regierung bis heute keinen Schadenersatz gezahlt hat, haben die Hersteller inzwischen etwa 215 Millionen Dollar an die Opfer und ihre Verbände überwiesen. Das meiste davon kam von den größten Herstellern, den US-Konzernen Dow Chemical und Monsanto, der Rest von einer Reihe kleinerer Chemiefirmen. Das Geld bekamen Kriegsveteranen aus den USA, Australien und Neuseeland. Vietnamesische Kläger gingen dagegen leer aus. US-Gerichte wiesen deren Verfahrens-Anträge zurück.



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