Alle
Achtung.
Das ist
mal ein ordentlicher Shitstorm, den Walter Palmer, Dentist aus Minnesota
entfacht hat.
Wollte
nur mal einen netten kleinen touristischen Trip machen und steht nun als
Welt-Buhmann auf den Titelseiten der Boulevardblätter in fünf Kontinenten.
Gibt man
die Suchworte „Walter Palmer Dentist“ bei Google ein, bekommt man ungefähr
13.400.000 Ergebnisse.
Zahlreiche Prominente
haben den Zahnarzt nicht nur kritisiert, sondern regelrecht dämonisiert. Er sei
"Satan" (Rocker-Ehefrau Sharon Ozzbourne), die "armselige
Version eines menschlichen Wesens" (Model Cara Delevingne) oder schlicht
"krank" (Komiker Ricky Gervais). Von diesem Furor offenbar
angestachelt, veröffentlichten unzählige Menschen auf Facebook und Twitter
Gewaltphantasien und Morddrohungen.
Die
Tierschutzorganisation Peta ging sogar so weit, eine offizielle Erklärung
herauszugeben, in der sie die Todesstrafe für Palmer fordert: "Er muss
ausgeliefert, angeklagt und, idealerweise, aufgehängt werden."
Ich
frage mich schon, ob Palmer von Kim Jong Un oder Baschar al-Assad engagiert
wurde, weil sie mal von sich selbst ablenken und jemand anderes zur Hassfigur
des Planeten aufbauen wollten.
Die
Geschichte dazu dürfte inzwischen jeder kennen; daher nur in Telegramstil:
Palmer,
55, lebt in Eden Prairie im US-Bundesstaat
Minnesota, verheiratet, zwei Kinder frönt seinem Hobby Großwildjagd.
Tiere zu
erschießen ist sein Ding.
Beim Internationalen
Safari-Klub (Was es alles gibt…) brüstet sich der Zahnarzt mit einer Trophäen-Liste von 43
Tieren, z.B. Büffel, Puma, Elch und Eisbär.
Um einen
richtig großen Löwen abzuknallen, gab er rund 50.000 Dollar aus und heuerte Jagd-Organisator
Theo Bronkhorst an, der den Löwen „Cecil“ aus dem Hwange-Nationalpark in
Simbabwe lockte.
Gemeinsam
verfolgte man das 13 Jahre alte Tier über anderthalb Tage bis es Palmer gelang
ihn mit einer Armbrust (sic!) zu verwunden. Der Löwe war aber nicht tot,
flüchtete weiterhin, wurde schließlich doch noch von Palmer mit einem Gewehr
erschossen.
“They went hunting at night with a spotlight and they spotted Cecil,”
Johnny Rodrigues, a spokesman for the Zimbabwe Conservation Task Force, told
The Guardian. “They tied a dead animal to their vehicle to lure Cecil out of
the park and they scented an area about half a kilometre from the park.”
Rodrigues said Palmer first shot Cecil with a crossbow, but it did not
kill him. They then “tracked him down and found him 40 hours later” and shot
him with a rifle, Rodrigues said.
Palmer
posierte mit dem toten Körper, köpfte und häutete „Cecil“, ließ den Kadaver
liegen, flog zurück in die USA und brüstete sich mit seiner Tat bei seinen Safari-Freunden,
wie er es immer noch seinen „Heldentaten“
tut.
Mit seiner
Mega-Armbrust, die besonders schmerzend und brutal tötet, posierte Palmer auch
schon nach dem Killen anderer Tiere.
Palmer mit Leopard |
Nashörner zu töten ist angesichts ihrer de Facto-Ausrottung besonders verwerflich.
Palmer mit Nashorn |
Um kein
Missverständnis aufkommen zu lassen:
Ich
halte den Shitstorm für verdient und kann kein Mitleid dafür aufbringen, daß
der Mann jetzt wegen der wütenden Reaktionen seine Praxis schließen mußte.
(Seine
Mitarbeiter, die ihren Job verloren haben, können freilich nichts dafür.)
Das
Töten der Tiere wäre an sich schon den Shitstorm wert, aber daß diese elitären
Großwildjäger sich selbst auch noch als edle Sportsmänner und Helden darstellen
und von Ihresgleichen dafür bewundert werden, setzt dem Ganzen die Krone auf.
Wieso
nun aber ausgerechnet Palmer den Zorn des gesamten Internets abbekommt, ist
aber sehr fragwürdig.
Die
Story läßt sich von BILD und Co besonders gut verkaufen, weil „Cecil“ angeblich
der berühmteste und beliebteste Löwe Afrikas war.
Titelseite Mopo 30.07.2015 |
Palmer
verteidigt sich inzwischen mit einer „Unwissenheit schützt vor Strafe-Strategie“:
I had no idea that the lion I took was a known, local favorite, was collared and part of a study until the end of the hunt. I relied on the expertise of my local professional guides to ensure a legal hunt. I have not been contacted by authorities in Zimbabwe or in the U.S. about this situation, but will assist them in any inquiries they may have. Again, I deeply regret that my pursuit of an activity I love and practice responsibly and legally resulted in the taking of this lion.
(Walter
Palmer July 2015)
Und die
Süddeutsche Zeitung gibt sich als seriöses Rechercheblatt, indem sie
bezweifelt, daß “Cecil” wirklich so berühmt war. Das sei womöglich gewaltig
aufgebauscht von westlichen Medien. Die Münchner verweisen auf Alex Magaisa,
einen früheren Regierungsberater Simbabwes und Jura-Dozenten der Kent Law
School in England, der erklärte weder er, noch seine Bekannten hätten jemals von „Cecil“
gehört.
Hier
wird es nun allerdings wirklich unerträglich.
Ja,
selbstverständlich bauschen BILD und MOPO und ihre 27.000
Schwester-Boulevardmedien in aller Welt so eine Story auf. Die ist Gold wert,
weil sie jeden interessiert. Da wird natürlich ordentlich ausgeschmückt.
So
funktioniert die Medienwelt, weil die Konsumenten genauso doof sind, daß sie
auf solche Details anspringen.
Hat das
Vieh einen Namen, sieht besonders süß oder majestätisch aus, sprudeln die
Neurotransmitter in den Synapsen.
Nüchtern
betrachtet ist es natürlich von keinerlei moralischer Bedeutung, ob Cecil „Cecil“
oder irgendein Löwe war.
In
keinem Fall wäre Palmers Tat weniger schlimm.
Es hat
auch keine Bedeutung welches Tier er tötet.
Einen
Leoparden, ein Gnu oder eine Hyäne aus purem Vergnügen abzuknallen ist genauso
verwerflich.
Gerade
beim Tierschutz zeigt sich die ganze Janusköpfigkeit der Menschen.
Homo
Sapiens wird völlig willkürlich für andere Tiere aktiv.
Die Greenpeace-Kampagne
gegen das Niederknüppeln von Robbenbabys war deswegen weltweit so erfolgreich,
weil die weißen Heuler so ein niedliches Kindchenschema und süße Knopfaugen
haben.
Daß ein
paar Kilometer weiter Rentiere oder Wölfe abgeschossen werden interessiert
niemand.
Es gab
einen weltweiten Thunfischboykott, als Tierschützer darauf verwiesen, daß in
den Thunnetzen auch arme süße Delfine verenden.
Jeder liebt
Delfine wegen der TV-Serie „Flipper“ und weil sie diese netten Mundwinkel
haben, die Menschen als Lächeln interpretieren.
Für
Define werfen wir uns ins Zeug. Daß jährlich Millionen Haie durch das extrem
grausamen Finnen bestialisch gefoltert zu Tode kommen, interessiert kaum einen.
Wer weiß was „finning“ ist?
Dabei handelt es sich um
eine besonders perfide Grausamkeit des Homo Sapiens. Ob des Irrglaubens
Haifischflossen steigerten die Potenz, werden in allen Weltmeeren Haie mit
Langleinen gefischt, kurz raufgezogen und dann schneidet man den armen Viechern
während sie noch an der Leine hängen bei lebendigem Leibe die Finne
(Rückenflosse) und anderen Flossen ab und entsorgt sie im Meer. Der Hai lebt
dann immer noch, ist danach jedoch logischerweise schwimmunfähig und sinkt
erstickend im Todeskampf zu Boden, wo er qualvoll verendet.
Da ein Kilo Haifischflossen
an die 1000 Dollar bringt werden jährlich zwischen 100 und 200 Millionen Haie
gefinnt. Fast alle Bestände der größeren Arten sind um mindestens 90%
geschrumpft.
Das alles juckt uns nicht,
weil Haie nun mal kein süßes Kindchenschema zu bieten haben.
Dank Spielberg hält man
Haie immer noch für furchtbar gefährlich und berichtet über jeden Haibiss
weltweit.
Pro Jahr werden ungefähr
fünf Menschen durch Haie getötet.
Damit sind sie im Vergleich
zu Löwen sehr harmlos.
Löwen töten 50-100 Menschen
im Jahr.
Aber Löwen haben ein gutes
Image.
Bei ihnen akzeptiert jeder
Mensch voller Verständnis, daß sie die Top-Prädatoren des Landes sind und geht
ihnen aus dem Weg. Nicht einmal der Dümmste würde sich zu einem Löwenrudel
fahren lassen und vor ihren Nasen rumhopsen.
Haie sind die
Top-Prädatoren des Wassers, aber ihnen springt man vors Maul, plantscht umher
und ist zutiefst schockiert, wenn so ein Hai mal zuschnappt.
Homo sapiens hat großes
Glück, daß Haie viel vorsichtiger und friedlicher als Löwen sind.
Noch viel gefährlicher sind Nilpferde, die bei
ihren nächtlichen Landausflügen doppelt so viele Menschen killen wie Löwen.
Und selbst Nilpferde sind
noch harmlos im Vergleich zu Kokospalmen.
Das sind erst Mistdinger.
Es werden weltweit im Jahr unter zehn Menschen
von Haien getötet, während über hundert Sonnenbadende dadurch sterben, daß
ihnen am Strand eine Kokosnuss auf den Kopf fällt.
Nach dem
Blauflossen-Thunfisch, der mit einer Maximallänge von 4,5 Metern und einem
Maximalgewicht von über 650 Kilogramm ein unglaublich beindruckender
spezialisierter Fisch ist, fragt ohnehin keiner.
Jahrzehnte
kämpften Tierschützer für ein Verbot Hunde oder Katzen zu essen.
Wenn
heute bekannt wird, daß irgendwo im tiefsten Bayern oder der Schweiz nach alter
Tradition der alte Hofhund gekocht wird, sind alle entsetzt.
Völlig
absurderweise wird das Töten eines Hundes nicht akzeptiert – ausgerechnet auf
Bauernhöfen, die vom Tiere-Töten leben und sogar mit großzügiger staatlicher
Förderung Kühe, Schweine oder Gänse umbringen.
Schon gar
nicht nimmt es jemand Frau Merkel übel, daß sie seelenruhig weiterhin zulässt,
daß jeden Tag Millionen süße flauschige Küken lebendig
geschreddert werden – aus reiner Profitgier.
Ein
Shitstorm des Palmerischen Ausmaßes gegen nationale Regierungen, die das
Kükenschreddern zulassen, wäre angebrachter.
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